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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/62

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unter genauer Beobachtung aller Innungsgebote das Handwerk weiter treiben, die vorhandenen Lehrjungen, aber keine mehr, auslernen und zwei Gesellen halten. Freiten sie aus dem Handwerk, gingen sie aller Gerechtigkeit verlustig. (Art. 3.) Wer muten wollte, mußte 12 Jahre Lehr- und Wanderzeit bescheinigen, sowie Geburts- und Lehrbrief vorlegen, dabei auch zum ersten Quartal des Mutjahres 12 Groschen erlegen, dann dreimal 2 Groschen. Während der Mutzeit hatte er bei einem Goldschmied zu arbeiten. Da nur einer auf einmal zur Mutung zugelassen wurde, hatten Meisterssöhne und Einheirater den Vorrang.

Der längste Artikel ist nun dem Meisterstück, gleichsam dem Allerheiligsten, gewidmet. Hier ist die Übereinstimmung mit den Forderungen in anderen Städten sehr erklärlich. Eine Anlehnung der Dresdner Ordnung an die Nürnberger ist schon seit dem 16. Jahrhundert zu beobachten. Dresdner Gesellen wanderten dahin, Nürnberger kamen nach Dresden und ließen sich hier nieder. Allenthalben ist die Anfertigung von 3 Gegenständen gefordert worden: eine größere Silberschmiedearbeit, eine kleinere Gold- und Juwelierarbeit und das Stechen eines Siegels. Und so wird schon 1542 in Dresden „ein Trinkgeschirr, ein güldener Ring und ein Sigill mit Helm und Schild“ verlangt. 1556 heißt es nun vom Trinkgeschirr ausführlicher: „eine Eckeley-Blume[1], inwendig mit einer Spitzen laut einer Visierung (d. i. Zeichnung) aus freier Hand gemacht; ein güldenen Ring mit einem Stein, daran er einen Gulden verdienen kann, und darzu ein Siegel schneiden mit Schild und Helm“. 1645 noch deutlicher: „Soll er machen ein Trinkgeschirr wie eine Ackeley-Blume[1], inwendig mit einer Spitzen, die über das halbe Corpus (den eigentlichen Becher) reicht, das Corpus aus freier Hand geschlagen, und nichts daran gelötet und mit Deckel und Fuß sambt der Kleidung (d. i. das erhaben gearbeitete Außenkleid des Bechers) gleich des Handwerks Visierung machen und verfertigen“. Der Ring sollte mit einem Demant oder einem Rubin versetzt sein und „wohl 2 Taler“ zu verdienen geben.

Über den Umfang und die Schwere des Akeleibechers werden keine Vorschriften gemacht. Es sei daran erinnert, daß das Trinkgeschirr des Meisterstückes in Freiberg[2] „uf drei Mark am Gewichte und nicht mehr als drei Lot drüber oder drunter sei“. Die Berliner Innung verlangt 1597[3] einen Acaley-Becher mit 6 Possen (d. h. langen, spitzauslaufenden Zügen) und drei possichten Füßen von mindestens 36 Lot gut 13lötig Silber. 1635 erklären die Berliner Goldschmiede in einer Streitsache: für 32 Lot Silber und mit 24 Talern Unkosten sei dies Meisterstück herzustellen.

Wer sich einen Begriff von einem solchen Trinkbecher machen will, der lasse sich im Grünen Gewölbe den Innungspokal der Dresdner Goldschmiedeinnung (Silber- oder Buffetzimmer Nr. 156) und den vom Dresdner Meister Georg Mond um 1600 verfertigten hohen Pokal (ebenda Nr. 185[4]) eingehender zeigen. Die im Innern befindliche hohe sechskantige Spitze, die nach innen getrieben werden mußte, bot jedenfalls besondere technische Schwierigkeiten und wurde deshalb verlangt; ob dies auch später streng befolgt worden ist, steht dahin, denn es sind wohl nur diese zwei Dresdner Akeleibecher mit inwendigen Spitzen bekannt[5].

Diese drei Arbeiten – Becher, Ring, Siegel – hatte der Einwerber in eines Ältesten Laden in 13 Wochen ohne irgendwelche Hilfe anzufertigen, dem Meister „vor Kohlen und andere Sachen, so er darzu bedarf, die Zeit über, so lange er daran machet, wöchentlich einen halben Taler zu geben“. Die Innung hatte dann unter allerhand Sicherungen zu prüfen und ihre Entscheidung zu treffen. Wiederholung oder völliges Aufgeben der Sache war natürlich vorgesehen. (Art. 5.) Hatte der Einwerber bestanden und seine 30, bez. 15 Taler gezahlt, so wurde er als Meister aufgenommen. Die Festlichkeiten, die dabei stattfanden, gehen nicht aus den Artikeln, sondern aus den Jahresrechnungen der Innungsbücher[6] hervor.

Artikel 6 bestimmte die Annahme von nicht mehr als zwei Lehrjungen, die Gebühren, die Lehrzeit (wenigstens 5 Jahre) und eine etwa notwendig werdende Änderung der Lehre. Über die Pflichten des Meisters gegen den Jungen ist nichts zu lesen; dies war dem Lehrvertrag mit den Eltern überlassen. Die Artikel 7, 13 und 14 handeln vom Verhältnis zu den Gesellen.


  1. a b Gemeint ist, wie es in Nürnberg 1531, auch in Berlin, verlangt war, die Form der violetblauen Agleiblume (aquilegia), deren innerer Teil der Glockenblume ähnelt, daher die Becher auch Glockenblumenbecher genannt wurden; nach unten hat der Aglei, wie der Rittersporn, hakenförmige Sporen.
  2. Konrad Knebel, die Freiberger Goldschmiede-Innung, ihre Meister und deren Werke. 1895. S. 4.
  3. Friedrich Sarre, a. a. Ort S. 19.
  4. J. und A. Erbstein, das Königliche Grüne Gewölbe. 1884. S. 89, 90.
  5. Schriftliche Mitteilung des Herrn Prof. Marc Rosenberg in Karlsruhe.
  6. Von den Innungsbüchern, die das Verzeichnis der Meister, den Zugang von neuen Meistern, die Ein- u. Ausschreibung von Lehrlingen, jährliche Inventuren, die Einnahmen und Ausgaben enthalten, sind auf dem Ratsarchiv, unter Goldschmiede 147a, erhalten die Bände für 1573–1593; 1612–1648; 1676–1711; 1711–1740; 1743–1757; 1768–1814; 1816–1847. Für die Lücken sind Protokollbände wichtig. Die einzelnen Bände werden von mir nicht zitiert. Die Belegstellen für meine Angaben finden sich unter den einzelnen Jahren. – Das Rechnungsjahr lief von Trinitatis zu Trinitatis.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/62&oldid=- (Version vom 4.3.2025)