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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/106

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Die Eigenart eines jeden dieser akademischen Lehrer, die im Vorstehenden Erwähnung gefunden haben, spiegelte sich in ihren Arbeiten wieder, mit denen sie mehr oder weniger stark auf den Ausstellungen vertreten waren. Neben Leistungen ersten Ranges mußten andere dabei naturgemäß zurücktreten, obgleich nicht zu leugnen ist, daß die meisten Akademielehrer in dem behandelten Zeitraume gerade ihre reifsten Werke darboten und dadurch die Ausstellungen zu wirklich vorwärtsweisenden machten.

c) Die selbständigen Dresdner Maler.

Schüler und Lehrer der Akademie bildeten die überwiegende Mehrheit unter den Ausstellern. Eine weitere verhältnismäßig zahlreiche Gruppe machten die selbständigen Dresdner Maler aus, die, teilweise frühere Schüler der Akademie, sich in der Hauptstadt niedergelassen hatten. Sie waren zum größten Teile Landschaftsmaler oder Porträtisten. Unter ihnen finden sich ebenfalls tüchtige Meister. So ragt unter den Bildnismalern der auch vom Hofe viel beschäftigte Jude Jeremias David Alexander Fiorino[1] hervor, der noch in der Dresdner Galerie mit feinen Miniaturen vertreten ist. Aus der großen Zahl der Landschafter seien nur einige herausgehoben: so der seinerzeit gefeierte Feuermaler Oldendorp, von dem man noch Bilder im Freiberger Altertumsmuseum sieht (andere wurden leider 1861 aus dem sogenannten „Vorrat“ der Königlichen Gemäldegalerie versteigert); ferner der von Goethe hochgeschätzte Carl Kaaz, Gottlieb Samuel Stamm aus Meißen, Jakob Mechau († 1808) aus Leipzig u. a. Mit Anerkennung seien hier auch die Glieder der alten Dresdner Künstlerfamilie Friedrich erwähnt, die Blumen, Früchte und Insekten in sauberster Ausführung dem Beschauer zeigten, meist nur kleine Blätter, wie deren das Königliche Kupferstichkabinet noch einige aufweist. Andere Dresdner Maler, wie Base, Laurin, Senf, waren zugleich als Lehrer in adligen und bürgerlichen Familien tätig und stellten neben eigenen Arbeiten auch die ihrer Zöglinge zur Beurteilung.

Die Ausstellungen boten den Dresdner Künstlern oftmals die einzige Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit zu empfehlen. Daher wurde wiederholt ein Wunsch laut, dem W. A. Lindau 1820 in seinem „Neuen Gemählde von Dresden“ öffentlich Ausdruck gab: daß den Werken der lebenden Künstler Dresdens ein „eigener Saal“ geöffnet werde, in dem jeder, „was er der Beschauung wert hielte, nach Belieben fortdauernd ausstellen könnte“ – also eine permanente Ausstellung lokaler Art, wie sie jetzt etwa die Kunstsalons bieten. Man versprach sich von dieser Einrichtung großen, namentlich ideellen Gewinn, da bisher manches Werk, das man „mehr als einmal beschauen möchte, unbekannt und ungewürdigt bliebe“, höchstens in der Werkstatt des Künstlers selbst zu sehen wäre. Das Dürerjahr 1828 erfüllte endlich diese Wünsche: der Sächsische Kunstverein ward begründet, der sich die Ausstellung und den Ankauf von Werken heimischer Künstler zur besonderen Aufgabe machte. Von der segensreichen Tätigkeit dieses Vereins legen einerseits die ihn betreffenden Aktenstücke im Dresdner Ratsarchiv, anderseits die in der „Bilderchronik“ vereinigten Kupferstich- Reproduktionen der angekauften Kunstwerke ein beredtes Zeugnis ab. Im Jahre 1829 erwarb der Verein zwanzig, im Jahre 1830 achtundzwanzig solcher Kunsterzeugnisse, vorzugsweise Gemälde. Damit ward einer großen Anzahl selbständiger Dresdner Künstler geholfen.

Ehe es jedoch so weit kam, versuchten einige aus eigenen Mitteln dem Übelstande abzuhelfen, indem sie in ihren Ateliers oder in öffentlichen Lokalen Privatausstellungen ihrer Arbeiten veranstalteten. Dies tat z. B. 1810 der obengenannte Oldendorp. Ebenso zeigte Fräulein Therese aus dem Winckell Anfang März 1809 die Kopien, die sie in Paris nach berühmten Originalen gefertigt hatte, und von denen ein Teil nach dem Tode der Künstlerin (1867) an das Bautzner Stiebermuseum abgegeben wurde.

d) Auswärtige Kunstgenossen.

Man könnte es den Dresdner Künstlern unter den geschilderten beengenden Verhältnissen nicht verdenken, wenn sie dem Eindringen auswärtiger Kunstgenossen in die Dresdner Ausstellungen mit geteilten Empfindungen zusahen.

Die Beteiligung Fremder an den Kunstausstellungen war im Anfang der behandelten Periode sehr gering, steigerte sich aber von Jahr zu Jahr – ein Beweis für das wachsende Ansehen, das diese Veranstaltungen auch außerhalb Sachsens sich erwarben. 1811 schon wird es besonders gerühmt, daß „auch viele fremde und der hier bestehenden Malerakademie durch nichts verwandte Künstler“ der Ausstellung durch ihre Beiträge „manche Zierde verliehen“. Aus sächsischen Städten, wie Freiberg, Chemnitz, Bautzen, trafen öfters Zusendungen ein, aber ebenso aus Stuttgart, Breslau, Prag, Hannover, Frankfurt, Wien. Italien war wiederholt durch römische und neapolitanische

Kunstjünger vertreten, 1823 lieferte auch ein Professor der


  1. Fiorino ist am 3. Mai 1797 zu Cassel geboren. Er studierte zunächst auf der Akademie seiner Vaterstadt unter Nahl, seit 1818 in Dresden. Hier verblieb er auch als Bildnismaler bis zu seinem Tode, 22. Juni 1847. Arbeiten von ihm befinden sich in öffentlichem und privatem Besitze zu Dresden, Cassel, Frankfurt a. M. und London. Die Angaben in Woermanns Katalog der Königl. Gemäldegalerie zu Dresden sind nach Obigem zu berichtigen und zu ergänzen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/106&oldid=- (Version vom 10.1.2025)