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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/101

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Diese Art der Aufstellung hatte den unleugbaren Vorzug, daß der Besucher der Ausstellung sofort wußte, wohin er sich zu wenden habe, um bestimmte Arbeiten zu betrachten. Sie brachte indessen auch einen Nachteil mit sich, daß nämlich manche Stücke der Sammlung unbeachtet blieben, die dieses Los vielleicht nicht verdienten. –

Die eben geschilderte Verteilung der Räume wurde trotz der veränderten Lokalität auch nach 1791 in ihren Grundzügen festgehalten. So noch zu Beginn des der Betrachtung vorliegenden Zeitraumes. 1801 und 1802 finden wir im zweiten Zimmer vorzugsweise die Arbeiten von Schülern der Dresdner Akademie und der Meißner Zeichenschule, im dritten die der Architekten und der Leipziger Scholaren, im fünften die der Professoren. Die übrigen Räume waren größtenteils mit Werken selbständiger (meist Dresdner) Künstler ausgestattet.

In den folgenden Jahrzehnten erlitt die eingebürgerte Anordnung nur insofern eine Veränderung, als Neueinrichtungen innerhalb der Akademie selbst Veranlassung dazu gaben. Es ist hier notwendig, einen Blick auf die Organisation der Kunstanstalt zu tun, wie sie seit 1816 vorliegt.

Die Akademie war in drei Klassen gegliedert. Die erste, unterste Klasse enthielt zunächst die sogenannte „Industrieschule“, die 1816 von der Freimaurerloge Asträa als Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge gestiftet und mit der Akademie verbunden wurde. Sie diente der Unterweisung junger Leute, die sich nicht zu Künstlern ausbilden wollten. 1828 wurde die Schule unter dem Namen „Technische Bildungsanstalt“ in drei selbständige Klassen ausgebaut und, von der Akademie losgelöst, unter einen eigenen Direktor gestellt, während der bisherige Zeichenmeister, der Lehrer bei der Akademie Johann August Linke, an ihr tätig blieb.[1] Zum Unterschiede von der Industrieschule nannte man die unterste Klasse der Akademie, die jeder angehende Künstler durchmachen mußte, um entweder das Figurenzeichnen oder die Landschaftszeichnung zu erlernen, die „Kunstschule“. Diesen Namen behielt die Klasse auch nach 1828. – In der zweiten, mittelsten Klasse übten sich die fortgeschritteneren Kunstjünger im Zeichnen nach Gipsabgüssen und Antiken und hörten Vorlesungen bei dem gelehrten Kenner des Altertums, Hofrat Karl August Böttiger, über Archäologie der Kunst. – In der dritten, obersten Klasse studierten sie sodann im Modellsaale nach der Natur und in der Gemäldegalerie nach den dortigen Meisterwerken. – Auf diese Weise fanden Maler, Bildhauer und Kupferstecher ihre Ausbildung. Der Unterricht in der Architektur ging zunächst nur nebenher – bis 1814 war der Hofbaumeister und Professor Hölzer der einzige Lehrer für dieses Fach –, bis Anfang 1819 mit der vom Könige Friedrich August (durch Reskript vom 26. Dezember 1818) vollzogenen Begründung der Bauschule auch diesem Zweige der Kunst seine selbständige Stellung gesichert und der Ausbau der Akademie vollendet wurde. Durch die seit dem neuen Etat vom 4. Dezember 1816 flüssig gewordenen Geldmittel ward es auch talentvollen jungen Künstlern ermöglicht, ihre Ausbildung durch eine Studienreise nach Italien zu vertiefen und zu vervollständigen. Nur erwartete man von ihnen, daß sie durch Einsendung von Proben ihrer Tätigkeit den in der Fremde angewandten Fleiß bewiesen.

Es wurde jetzt immer schwieriger, bei den Ausstellungen die hergebrachten Grundsätze für die Anordnung zu befolgen. Dennoch wurden sie beibehalten. Die Aufstellung gestaltete sich – abgesehen von geringen Abweichungen – in den Jahren 1803 bis 1829 ungefähr folgendermaßen: Die erste Abteilung des Ausstellungssaales wurde zum weitaus größten Teile durch die von Meißen und Leipzig eingesandten Gegenstände ausgefüllt. 1806 bis 1812 fand man auch die Risse der Schüler Hölzers hier, und von 1826 an wurden die von Stipendiaten aus Rom überschickten Studien hier eingereiht. Das an die erste Abteilung sich anschließende Hinterzimmer zeigte die Versuche von Zöglingen der Dresdner Erziehungsanstalten, unter denen die katholischen Schulen, das Freimaurerinstitut zu Friedrichstadt und die Neustädter Polizei-Armenschule regelmäßig vertreten waren. Dazu kam seit 1816 die Industrieschule, seit 1821 die Bauschule. Im zweiten Seitenzimmer war der Kunstschule ihr Platz angewiesen. Die Arbeiten der selbständigen Dresdner und auswärtigen Künstler sowie der Dresdner Akademieschüler wurden größtenteils in der zweiten Abteilung untergebracht oder hingen zerstreut in den bisher genannten Räumen. Die dritte Abteilung des Saales endlich blieb nach wie vor für die Werke der Akademielehrer reserviert, zu denen sich bei der allmählich wachsenden Beteiligung von auswärts auch die eingelieferten Schöpfungen hervorragender nichtsächsischer Meister gesellten.

Seit 1830 erkannte man die Unbrauchbarkeit des alten Schemas, das bei der Fülle der Eingänge doch immer durchbrochen werden mußte, und legte daher auf die Äußerlichkeit der Anordnung hinfort keinen Wert mehr.

4. Die Aussteller.

In der obigen Ausführung sind schon die

Korporationen und Personen genannt worden, die an den


  1. Vgl. M. B. Lindau a. a. O. S. 832 f. Die Schule erhielt 1828 den „Gartensaal“ auf der Brühlischen Terrasse, der später Rietschel als Atelier diente und dann abgebrochen wurde, s. Gurlitt a. a. O. S. 522.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/101&oldid=- (Version vom 8.1.2025)