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Romanzen vom Rosenkranz/Romanze XIV: Apo und Meliore

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Romanzen vom Rosenkranz
Romanze XV: Meliore und Biondetta – Biondettens hohes Lied »
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[244]

Apo und Meliore

Durch die stillen Straßen schreiten
Apo und Meliore hin,
Gleiche Pfade führen beide
Zu dem Turm, zur Tänzerin.

5
Wo das Mondgefild sich breitet

Um des Brandes Trümmer hin,
Ruht ihr Weg, und tief erweitet
Fühlt Meliore seinen Sinn.

Und er spricht zum ernsten Meister,

10
Den er bei der Rechten nimmt:

„Selig, wer gleich dir die Geister
Leicht nach seinem Willen stimmt.

Spricht, o Herr! auf welche Weise
Reißest du mich jetzt zur dir?

15
Da du heut im lauten Kreise

Also hart begegnet mir?

Da du zürntest mir im Streite,
Sieh, da scheute ich dich nicht;
Jetzo friedlich dir zur Seite

20
Alle Kühnheit mir gebricht.


Daß der, den ich erst geleitet
Zu des Pietro Garten hin,

[245]

Wieder mir zur Seite schreitet,
Will mir nimmer in den Sinn.

25
Sprich, wie soll ich nur begreifen

Deiner Künste tiefe List,
Daß ich hier dich kann ergreifen,
Der erst dort vor kurzer Frist.

Meister sprich, und dann verzeihe,

30
Daß ich also heut mit Schimpf

Traf des hohen Hauptes Weihe;
Zeige deines Herzens Glimpf!

Kenntest du des Jünglings Leiden,
Der so kühn dich heut bestritt,

35
Ach, du würdest Trost bereiten

Mir, der deinen Zorn erlitt.

Lasse mich zum Kerker weichen,
Dem das Feuer mich entriß,
Kannst du mir die Hand nicht reichen,

40
Daß mir deine Gunst gewiß!“


Apo gab die Hand: „Dein Eifer,“
Spricht er, „wisse, war mir lieb;
Herrlich wirst du, wenn du reifer,
Denn dich treibet hoher Trieb.

45
Doch es muß vor der Gemeine

Leiden, wer zutage springt,
Daß nicht aus dem Chor alleine
Einer andre Weise singt.

Ob du würdig könntest leiden,[1]

50
War zu forschen ich gewillt;

Nebst dem Schwerte zu dem Streiten
Führe auch der Mann das Schild.

[246]

Und nun nenn ich dich den Meinen,
Zeigte dir mein Doppelbild;

55
Wird der dritte dir erscheinen,

Ist das Ganze dir enthüllt.

Zeugnisgebende sind dreie,
Und die dreie eines sind;
Du hast einen Grad der Weihe,

60
Noch bist du ein blindes Kind.


Wisse, der Dreieinigkeiten
Schweben in dem Zirkel viel;
Wer sie alle kann durchschreiten,
Dreht den Zirkel hin zum Ziel.

65
Doch nun laß uns andre Kreise,

Die uns näher liegen, ziehn,
Daß ich tätig dir beweise,
Wie ich dir gewogen bin.

Einsam sind wir und alleine,

70
Ich und du und die Begier;

Sprich, nach welchem Zauberweine
Lechzt die trockne Zunge dir?

Fein ist diese Zeit; es schweifet
Süß das trunkne Mondenlicht;

75
Wer jetzt nach den Äpfeln greifet,

Der verfehlt die reifen nicht.

Von der Venus Tau bereifet,
Schwillt der Früchte süß Gewicht:
Sage, welche Lust gereifet

80
Dir aus heißem Busen bricht“ –


„O, mein hoher Herr und Meister,
Du bist weis,“ Meliore spricht,

[247]

„Und es reichen alle Geister
Deinen Augen gern ihr Licht.

85
Sehe, hier stehn wir im Freien,

Unterm hohen Wolkenschild,
Und des Brands Ruinen streuen
Auf den Plan ihr Schattenbild.

Kannst du aus der Sterne Reihen

90
Sagen, ob die Zukunft hier

Andre Schatten wird verleihen
Dieses Platzes hoher Zier?

Ob nicht seinen Schatten breiten
Hier ein heilger Tempel wird,

95
Wo wir jetzt durch Trümmer schreiten,

Die des Wassers Flut durchirrt?“

Doch Apone sprach: „O schweige,
Anderes begehr von mir,
Daß ich anderes dir zeige,

100
Was mir lieber ist und dir!


Denn nicht diese toten Steine
Heben zu dem Licht den Blick;
Nur des Lichtes Sohn alleine
Liest gestirnet sein Geschick.

105
Geisterschwer erblühn die Zeiten

Heute aus dem Sterngefild,
Durch den reichen Himmel schreiten
Seh ich wunderbar Gebild.

Denn die Jungfrau hebt den Schleier,

110
Und der Widder freudig springt,

Und der Stier erhebt sich freier,
Da der Schwan verbuhlet singt.

[248]

Und die Zwillinge, sie weinen,
Da die eine Wage sinkt,

115
Und der Steinbock will nicht scheinen,

Weil der Schütz den Bogen schwingt.

Amors Pfeil der Pfeil heut gleichet,
Sieh, wie er zur Jungfrau zielt;
Wie der Fisch zum Fische streichet

120
Und in Wogenschimmer spielt.


Nach des Bechers süßem Weine
Greift der Wassermann und trinkt,
Bär und Hund, der groß und kleine,
Tanzen, der Triangel klingt.

125
Pegasus mit Wiehern schreiet

Zu dem kleinen Pferde hier,
Des Zentauren Lust sich zweiet
Zu der Jungfrau, zu dem Tier.

Und der Walfisch, ein Hochzeiter,

130
Jauchzend im Eridan springt,

Und das Schiff, es flagget heiter,
In dem Pol sein Ruder klingt.

Bei dem Hasen jagdlich schweifen
Sehe ich Orions Licht,

135
Doch vor ihm die Flucht ergreifen

Heute die Plejaden nicht.

Liebend denket er mit Schweigen
Der Hyperboreerin,
Und vor Herkuls Seele streichen

140
Alle Thespiaden hin.


Cepheus, Cassiopeia neigen
Liebend zueinander sich,

[249]

Und Andromeda erreichen
Seh den starken Perseus ich.

145
Freudig laut der Fuhrmann geißelt,

Und das Böcklein zu ihm springt,
Und der Löwe lustgekräuselt
Seinen Schweif zur Jungfrau schwingt.

Wie im Paradiese schweifet

150
Dort die Schlange lustgeringt;

Weil die Feigen sind gereifet,
Hoch der Rab den Becher schwingt.

Frei strömt, wie zur Hochzeitsfeier,
Berenicens Locke hin,

155
Und im Klang von Orpheus Leier

Schaukelt trunken der Delphin.

Den Antinous umkreisend,
Hoch des Adlers Fittig klingt,
Der, sie von der Erde reißend,

160
Götterknaben aufwärts schwingt.


Eine Schlange tragend weilen
Seh den Polyides ich,
Minos lehrte sie ihn heilen,
Dich zu heilen lehrt sie mich.

165
In der Nordkron goldne Reife

Eine Myrte süß sich schlingt,
Und der Drach mit brünstgem Schweife
Heiß den kalten Pol umringt.

Zu geheimer Liebe Feier

170
Hell des Altars Glut entglimmt;

Die Südkrone schimmert freier,
Und in Lust der Südfisch schwimmt.

[250]

Ihre Scheren brünstig breiten
Krebs und Skorpion zum Licht,

175
Und der Wolf in Himmelsweiden

Trübt der Lämmer Quelle nicht.

Also glühend sind die Zeiten,
Also brünstig ist das Licht,
Wie die Rose, die den Bräuten

180
Venus durch die Locken flicht.


Die Granate senkt gereifet
Ihrer Kerne Goldgewicht,
Trunken durch die Blätter schweifet
Amor, der sie taumelnd bricht.

185
Selig ist wohl der zu heißen,

Der in Liebe selig ist;
Sprich, kann ich dich selig preisen,
Der du also liebend bist?

Meliore, sei der meine;

190
Sage ohne Hinterlist,

Ob Biondette je die deine
Ganz und gar gewesen ist?

Ob dein selger Mund alleine
Ihres Leibes Rosen bricht,

195
In der Augen Sonnenscheine,

In des Busens Mondenlicht?

Ob du in die Wollustkreise
Ihrer Mitternächte blickst,
Daß dich jauchzend an sich reiße,

200
Die entzücket du entzückst?“


Doch entsetzet hier den Meister
Meliore unterbricht;

[251]

„Bei dem Gott der selgen Geister
Schwöre ich: das tat ich nicht!

205
Und will einer des sich preisen,

Ich nenn einen Teufel ihn;
Will mit Händen den zerreißen,
Der sie solcher Schmach geziehn!

Gott und Vater! wüßt ich einen

210
Solches denkend, sein Gehirn

Schlüg ich ihm mit kotgen Steinen
Aus der unverschämten Stirn!

Denn die Sterne sind nicht reiner,
Als der Leib Biondettens ist,

215
Und der Schoß, er war nicht reiner,

Der empfangen Jesum Christ!

Doch du machst aus Weltenkreisen,
Wo der Engel Palmen schwingt,
Und, den Ewigen zu preisen,

220
Gloria die Sphäre singt,


Einen Tummelplatz der Heiden,
Wo die Sünde Lanzen bricht,
Und ein ekles Wolluststreiten,
Dem die Geilheit Kränze flicht!

225
Könntest du mir auch beweisen,

So sei meiner Liebe Ziel,
Möge mich der Stern zerreißen,
Der jetzt dort vom Himmel fiel!“

Also sprach er, und es breitet

230
Apo seinen Mantel hin,

Fing den Stern, der niedergleitet:
„Sieh, was dir ein Stern erschien!

[252]

In dem trüben, kalten Schleime
Hier, erkennest du das Licht?

235
Stürzend durch des Himmels Räume

Wahrlich, dies erschlägt dich nicht!

Alles ist nicht Gold, was gleißet,
Und was glühend dir erschien,
Sich als faules Holz erweiset,

240
Nahest du dem Wunder kühn.


Und das eben macht den Weisen,
Daß er in dem Sonnenlicht
Kann die Mitternacht beweisen,
In dem Leichten das Gewicht.

245
Daß selbst in des Lichtes Leichte

Er die Wucht, die niederzieht,
In dem Abgrund auch das Seichte,
In dem Seichten Abgrund sieht.

Sollt ich dich nicht selig preisen,

250
Wäre solch ein Weib dein Spiel?

Um die Erde möcht ich reisen
Nach so wunderbarem Ziel!

Doch die Jugend möchte steigen,
Um den Himmel zu erfliehn,

255
Und das Alter muß sich neigen,

Sieht ihn an der Erde blühn.

Willst du nun die Lust erreichen,
Die dir durch die Adern rinnt,
Einen Trank will ich dir reichen,

260
Der dir ihre Gunst gewinnt.


Läßt du dir das Recht entreißen,
Das dir Lust und Jugend gibt,

[253]

Wird dich schwer der Neid zerreißen,
Wenn sie andern sich ergibt.

265
Daß zum Falle sie gereifet,

Seh in ihren Sternen ich,
Wenn kein andrer sie ergreifet,
Nenne einen Lügner mich!“ –

„Den möcht ich jetzt gleich dich heißen,“

270
Zürnend nun Meliore spricht,

„Solche Unschuld kann nicht gleißen,
Gottes ist ihr Angesicht!

Körner streust du; ich soll gleiten,
Aber Gott erhalte mich!

275
Sündflut aller Eitelkeiten,

Hier vor Gott verfluch ich dich!

Ja, gleich leicht magst du beweisen,
Diesen Himmel ernst und still
Sehest du vom Blitz zerreißen

280
Und von donnerndem Gebrüll;


Und die Stadt im Mondenscheine
Fülle jetzt der wilde Krieg,
Und daß jetzt, wo wir alleine,
Weit ein Feld voll Leichen lieg;

285
Daß Bologna ihre weite,

Hochgetürmte, feste Stirn
Niederbeuge jetzt im Streite
Vor dem himmlischen Gestirn!

Daß du doppelt kannst erscheinen,

290
Weil ichs sah, bewiest du mir;

Doch Biondettens Schuld verneinen,
Selbst sie sehend, würd ich dir!“ –

[254]

„Malst du an die Wand den Teufel,“
Apo zu dem Jüngling spricht,

295
„Hält er dir auch ohne Zweifel

Zu der Malerei das Licht!“

Sprachs. Und plötzlich donnernd steiget
Um den Mond die Finsternis,
Und so weit der Himmel reichet,

300
Hell ein Blitz die Nacht zerriß.


Und rings durch die Stadt verbreitet
Sich ein tosend Stahlgeklirr;
Näher, immer näher streitet
Her der Stimmen Kampfgewirr.

305
Meliore bebt. Es schreiten

Tausend Bürger in den Ring,
Und mit Wut von allen Seiten
Hebet sich das Schwertgekling.

Und es sinket Reih auf Reihe

310
Auf dem blutgen Mordgefild,

Daß von Wut- und Wehgeschreie
Laut ertost das Wolkenschild.

Weh! da stürzen auf die Streiter
Rings Bolognas Türme hin,

315
Doch sie kämpfen immer weiter,

Nichts erschrecket ihren Grimm!

Zu den Füßen seinem Meister
Sinnlos hin Meliore sinkt,
Bis das Spiel der bösen Geister

320
Dieser in den Abgrund winkt.


Und von Schrecken ganz gebleichet
Richtet auf der Jüngling sich:

[255]

„Du hast Böses mir gezeiget,
Meister, nun entlasse mich!“

325
Apo spricht: „Du prophezeitest

Dieser Stadt dies Ungeschick,
Weil du sie so toll vereidest
Für Biondettens Tugendglück.

In der Wage liegen beide,

330
Leg dich zu der Tänzerin;

Daß dein Vaterland nicht leide,
Gebe dich der Freude hin!

Größre Wunder könnt ich zeigen –
Eines Wortes leicht Gewicht,

335
Eines nichtgen Blickes Steigen

Führt oft her ein schwer Gericht.

Und so stehn die Himmelszeichen:
Es erfüllt sich dies Gesicht,
Brichst du von Biondettens Zweigen

340
Heut die reifen Früchte nicht!“ –


„Läßt so leicht vom Himmel reißen
Dieses Landes Schicksal sich,“
Spricht Meliore, „will verheißen
Eine schönre Zukunft ich!

345
Hohe Nacht, ihr Sternenreiche,

Mond, du keusches Angesicht,
Euch Biondetten ich vergleiche,
Sie weicht euch an Friede nicht.

Und so fest und ungebeuget

350
Stehet ihrer Tugend Zier,

Als einst fromm ein Tempel steiget
Aus des Brands Ruinen hier!

[256]

Sieh! beweget sind die Steine,
Ordnen auf zu Mauern sich;

355
Diese Geister sind die meinen,

Und ihr Meister bin auch ich!

Freudig auf die Pfeiler steigen;
Hörst du, wie Biondette singt?
Wie nach ihrer Harfe Reigen

360
Stein auf Stein zum Himmel dringt?


Wie nach ihren Melodeien
Kuppel sich an Kuppel ringt,
Und die Säule ihre Reihen
Mit dem Palmenknauf verschlingt?

365
Der Kapellen Einsamkeiten

Ordnen sich in Harmonie;
Wo die Töne sich durchschneiden,
Wölbt des Chores Halle sie.

Wo die Töne höher steigen,

370
Heben sich die Türme spitz,

Die zum Firmamente reichen
Mit der Kreuze goldnem Blitz.

Wo sie sich zur Tiefe neigen,
Zu der Grüfte Labyrinth,

375
Seh ich trauernd niederschleichen

Still der Treppen Steingewind.

Heilig scherzt in tausend Weisen
Blum um Blume, Bild um Bild,
Und, die Meisterin zu preisen,

380
Widerhall dem Stein entquillt.


In der Kerzen selgem Scheine
Bebt der Altar feierlich,

[257]

Und gleich einem Frühlingshaine
Füllt das Haus mit Jubel sich.

385
Silbernem Gefäß entkreisend

Süß der Weihrauch aufwärts dringt,
Und des Himmels Tor aufreißend
Hochgesang in Wonne ringt.

Sieh, wie zu des Tempels Weihe

390
Rings die frommen Bürger ziehn;

Meister! Gott uns Trost verleihe,
Laß uns betend niederknien!“

Spricht Meliore, und den Meister
Will er an dem Mantel ziehn;

395
Helfet! alle guten Geister!

Er sieht vor sich doppelt ihn!

Einer trägt ein Feuerzeichen
Auf der hohen, dunklen Stirn,
Kalt sie sich die Hände reichen,

400
Und es bebet das Gestirn.


Lachend sie von dannen schleichen,
Sieh, da kehrt das Mondenlicht;
Durch das nächtlich tiefe Schweigen
Meliors Stimme bricht:

405
„Weh! Bologna, weh! Sich neigen

Sah ich deiner Türme Zier,
Sah ein blutig Feld der Leichen
Über deinem Herzen hier!

Weh! in deinen Eingeweiden

410
Reget sich ein Drachenkind,

Und es streun die dunklen Zeiten
Deine Asche in den Wind!

[258]

O, wie muß ich den beneiden,
Der den Stamm, des Sohn er ist,

415
Kennt, daß er den Fluch der Leiden

Nicht in seinem Schuldbuch liest!

Einen Schuldgen suchend, reißen
Um das Schiff die Stürme sich;
Weh! ich kann mich des nicht preisen,

420
Daß den Fluch nicht trage ich!


O Allmächtiger, o zeige,
Ob der Sünde ich entspring,
Daß ich zu der Flut mich neige
Und ein sühnend Opfer bring!“

425
Also fleht er um ein Zeichen,

Und sein Flehen ihm gelingt:
Durch das tiefe nächtge Schweigen
Hell die Totenglocke klingt.

Und der Glocke Schall geleitet

430
Zu Biondettens Wohnung ihn;

Wo der Baum die Schatten breitet,
Kniet er bei dem Altar hin.

„Herr! die Seele, die jetzt streitet,
Richt in deinem Zorne nicht;

435
Herr! die Seele, die jetzt scheidet,

Sehe bald dein Angesicht!“

Und er höret an dem Zeichen,
Daß ein Weib gestorben ist,
Weil die Zahl der Glockenstreiche

440
Zweimal unterbrochen ist.


„Jacopones frommem Weibe
Wohl das dunkle Auge bricht.

[259]

Ob ich gehe, ob ich bleibe?“
Bang der Jüngling zu sich spricht.

445
„Denn nicht lang mehr kann verweilen

Die geliebte Tänzerin;
Sah ich sie, dann will ich eilen
Tröstend zu dem Bruder hin.

Ach, schon hör ich aus der Weite

450
Leichter Füße Flügelschritt!“

Von der monderhellten Seite
Bang er in den Schatten tritt.

„Soll ich singen, soll ich schweigen,
Wenn sie mir vorüberzieht?

455
Gerne gäb ich ihr ein Zeichen,

Daß ein Liebender sie sieht!“

Doch ein dunkler Fechter schreitet
In dem Schatten vor ihn hin,
Und zum Kampfe schnell bereitet

460
Meliore sich gen ihn.


Aber in des Degen Kreisen
Seine Klinge ihm zerspringt,
Ihn durchbohrt des Feindes Eisen,
Und er spricht, indem er sinkt:

465
„Herr! die Seele, die jetzt streitet,

Richt in deinem Zorne nicht;
Herr! die Seele, die jetzt scheidet,
Sehe bald dein Angesicht!“

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [403] In den Strophen 13 bis 16 läßt der Dichter Apo freimaurerische Grundsätze und Geheimlehren zum besten geben und sich als Anhänger der Rosenkreuzerei zeigen, von der Brentano in seinem Briefe an Runge (Einführung) und in den Notizen spricht.
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