Romanzen vom Rosenkranz/Romanze I: Rosablankens Traum
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In des ernsten Tales Büschen
Ist die Nachtigall entschlafen,
Mondenschein muß auch verblühen,
Wehet schon der Frühe Atem.
Einsam freudig seine Wache
Phosphorus, der Held der Frühe,
Strahlend, ernsthaft, sinnend, harrend.
Und es geht mit leisen Füßen,
Rosablanka aus der Hütte,
Um die Sonne zu erwarten.
Nieder sitzt sie an der Türe
Und blickt betend in den Garten,
An dem Dach die Schwalbe raschelt.
Auf den Schattenkelchen glühen
Milden Taues Diamanten;
Sind es Tränen, sind es Küsse,
„Morgenstern, o sei gegrüßet,
Jetzt und in dem Tode, Amen!“
Weissagt auch die fromme Schwalbe,
Und des Traumes schwülen Flügel
Spannt sie über Rosablanken.
Auf der goldnen Locke Fülle,
Sinkt ihr schlummernd Haupt zurücke,
Himmelsspiegel wird die Wange.
Schüchtern um die rosgen Füße
Ihr der Tau die Traumflut sammelt,
Dunkle Schlummersegel spannet.
Und der Traum spielt, sie berückend,
Auf der Wimpern goldnen Strahlen,
Die zum Schlummer sind entzücket
Und es kreuziget die Süße
Fromm gewohnt sich Stirn und Wange,
Legt in Gottes Hand die Zügel
Der nachtwandelnden Gedanken.
Nieder zu des Tales Garten
Durch die Nebelwege düster
Sieht sie einen Jüngling wallen.
Zu des Gartens Rosengrüften,
Eilet Rosablanka schüchtern;
Jener folget ihrem Pfade,
In der Rechten einen Spaten,
Also hell und finster war er.
Und sie pflückt gebückt in Züchten
Süße Blümlein, die noch schlafen,
Die unschuldgen, ohne Sünde,
Da sie scheu den Kranz schon ründet,
Steht vor ihr der trübe Wandrer,
Spricht: „Wohl selig sind die Blüten,
Die du tötetest im Schlafe;
Die in Unschuld sind empfangen,
Die nicht traf der Fluch der Sünde,
Starben selig vor dem Apfel.
Aber uns tut not zu büßen,
Zu dem Gottesraub verführet,
Den sie teilte mit dem Manne.
Und so hat der Herr erzürnet
An die Erde uns gebannet;
Nach dem göttlichen Erbarmen.
Mit dem Fleische ist die Sünde
Aus der Erde aufgegangen;
In der Mutter muß ich wühlen,
Und vor Rosablankens Füßen
Hat die Erde ihn umfangen.
Sinken auch des Tales Schatten;
Aus den Gründen zu den Hügeln
Tritt die Nebelwoge wachsend.
Trüb getürmt auf düstern Füßen
Schwingt die Nacht auf seinen Rücken,
Kalt die Nebelfäuste ballend.
Trügend rüstet sich der Lügner
Mit dem Sonnengott zum Kampfe,
Flammet aus den Ozeanen.
Seinen Spiegel stellt er lügend
In der Dünste giftgem Walle
Antichristisch ihm genüber;
Wo der Traum in irdschen Gründen
Barg den Mann, will Rosablanke
Ganz in tiefer Angst entzücket
Ihren Blumenkranz begraben.
Reckt sich eine bunte Schlange,
Und mit heilgem Mut gerüstet
Betet bebend Rosablanke:
„Sei verflucht, du Geist der Lügen,
O Maria, sei gegrüßet,
Mutter Gottes, voller Gnaden!
Gießt sich aus ein Meer des Glanzes:
Semper virgo, ave, salve!
Und der Jungfrau Heldenfüße
Traten auf das Haupt der Schlange;
Kindisch ihre Schuld zu sühnen
Aber auf des Tales Hügeln
Glüht die Sonne, und es wallen
Schon die Bienen nach den Blüten,
Und es eilt die fromme Schwalbe,
Auf dem Spiegel klarer Wasser,
Und beträufelt mit dem Flügel
Anmerkungen des Herausgebers
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