RE:Sentius 10
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Saturninus, C. cos. 4 n. Chr. | |||
Band II A,2 (1923) S. 1527–1528 | |||
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10) C. Sentius Saturninus, Consul des J. 4 n. Chr. Sein Name lautet in den Datierungen nach seinem Consulat: C. Sentiu[s... Sa]turn(inus) Fasti Cap. CIL I2 p. 29;[1] Γ. Σέντιος Γ. υἱ(ὸς) Σατορνῖνος Dio ind. l. LV; C. Sentius Saturninus CIL XI 1421,[2] 52 = Dessau 140; C. Sentius Sat. Fasti Arv. (min. XIV) CIL I² p. 70; C. Sent. [Saturn.] Not. d. scavi 1902, 268 = Bull. com. XXX 75 (Fastenfragment); C. Sentius Fasti Gabini (min. XI) ebd. p. 68. CIL VI 33544.[3] Vell. II 103. Cassiod. Chron. (Mommsen Chron. min. II p. 136); [C. S]entius CIL X 893;[4] Saturninus Chronogr. a. 354. Vgl. Mommsen CIL I² p. 164f. Chron. min. III p. 501. Vaglieri Diz. epigr. II 936.
S. war ein Sohn und zwar, wie sein Pränomen lehrt, der erstgeborene des C. Sentius Saturninus, Consuls im J. 735 = 19 (Nr. 9). Er befand sich bei seinem Vater, als dieser die Provinz Syrien verwaltete. Wir finden die drei Söhne des Statthalters bei dem Gerichtshof, der (wohl im J. 747 = 7) über die Söhne des Herodes das Urteil fällte; gleich ihrem Vater stimmten sie für Freispruch (Joseph. ant. XVI 368f.; bell. I 541; s. Nr. 9). Da anzunehmen ist, daß S. und sein Bruder früh zum Consulate gelangten, werden beide zur Zeit der syrischen Legation des Vaters im Alter von 20–25 Jahren gestanden haben; demnach könnten sie damals sehr wohl Militärtribunen der syrischen Legionen gewesen sein (vgl. Nr. 9). Im J. 757 = 4 n. Chr. war S. eponymer Consul zusammen mit Sex. Aelius Catus (die Belegstellen sind oben angeführt). In ihre Amtszeit fiel der Tod des Gaius Caesar am 21. Februar, anläßlich dessen sie ein Iustitium ansagten (CIL XI 1421[2] = Dessau 140. CIL I² p. 62 Fasti Cuprenses, p. 68 = XIV 2801 Fasti Gab. IX 5290; s. o. Bd. X S. 369), und die Adoption des Tiberius sowie des Agrippa Postumus am 26. Juni (CIL I² p. 62 Fasti Cupr., p. 243 Fasti Amitern. Vell. II 103, 3 und sonst; vgl. CIL P p. 320; o. Bd. X S. 369. 488). Die beiden Consuln waren die Urheber der Lex Aelia Sentia, die das Recht der Manumission beschränkte und damit die Erlangung des römischen Bürgerrechtes erschwerte (die Belegstellen aus der juristischen Literatur sind bei Haenel Corpus legum p. 20–22 verzeichnet); ihr Antrag entsprach den Absichten des Augustus, der die Bürgerschaft vor der Beimischung fremder Elemente bewahren wollte (vgl. Dio LV 13, 7. Suet. Aug. 40, 3, o. Bd. X S. 370). Am 1. Juli legten die Consuln ihr Amt nieder; sie wurden abgelöst von Cn. Sentius Saturninus, dem Bruder des S., und C. Clodius Licinus (CIL I² p. 29. 68. 70. Not. d. scavi 1902, 268; s. Nr. 11).
In Kolumbarieninschriften, die unweit von der Porta Praenestina zutage gefördert wurden, werden C. Sentius Saturnin(i) l(ibertus) Primus (CIL VI 6124),[5] Sentia C. l. Symbiusa (VI 6126), ferner ein Sklave und eine Sklavin des Cn. Sentius Saturninus (VI 6125) genannt; da die Kolumbarien aus augusteischer Zeit stammen, sind die Herren wahrscheinlich die beiden Consuln des J. 4 (vgl. CIL VI p. 982).[6] Auch Sentia C. l. Artimisia (VI 16208) war vermutlich eine Freigelassene des S., der demnach trotz seines Gesetzes mit Manumissionen nicht allzu sparsam vorgegangen zu sein scheint. [1528] Josephus berichtet (ant. XVIII 66–84 = Zon. VI 5) von zwei Skandalaffären, die sich unter Tiberius zutrugen. Der reiche römische Ritter Decius Mundus war in heißer Liebe für Paulina entbrannt, eine junge und schöne Dame von vornehmer Abkunft, die mit Saturninus, einem ihr an Rang gleichstehenden Manne, vermählt war. Da seine Liebe unerwidert blieb, benützte er die Blindgläubigkeit der Dame, die eine leidenschaftliche Isisanbeterin war, um ihr im Heiligtum der Allmutter in der Gestalt des Gottes Anubis beizuwohnen. Als sie einige Tage nachher aus seinem eigenen Munde von dem dreisten Betrug erfuhr, eilte sie verzweifelt zu ihrem Gatten, der sofort dem Kaiser Mitteilung machte. Tiberius hielt ein strenges Strafgericht über die Schuldigen (ant. 66–80; vgl. o. Bd. IV S. 2278). Unmittelbar danach erzählt Josephus von einer anderen vornehmen Dame Namens Fulvia, deren Gemahl er gleichfalls Saturninus nennt (ant. 83), daß ihre Hinneigung zum Judentum von einem Gaunerkonsortium ausgenützt wurde, um ihr Gelder und Kostbarkeiten, die für den Tempel in Jerusalem bestimmt waren, zu entlocken. Ihr Gatte, der zu den Freunden des Kaisers gehörte (ant. 83), zeigte diesem den Betrug an; die Folge war die Ausweisung der Juden aus Rom und die Verschickung von 4000 jungen, zum Militärdienst gepreßten Juden nach Sardinien (ant. 81–84; vgl. Tae. ann. II 85. Philo leg. ad Gaium 159ff. Suet. Ti. 36; in dem Falle der Fulvia scheint Josephus kompromittierende Umstände vertuscht zu haben, während er das Gegenstück mit großer Breite ausmalt). Da Tacitus (a. a. O.) von dem Senatsbeschluß de sacris Aegyptiis Iudaicisque pellendis zum J. 19 berichtet, werden die beiden peinlichen Vorfälle gleichfalls in dieses oder in das vorangehende Jahr gehören (vgl. o. Bd. IV S. 2278. Vogelstein-Rieger Gesch. d. Juden in Rom I 14f.). Wohl nur auf ein Versehen des Josephus ist es zurückzuführen, daß der Gatte der düpierten Dame beidemal Saturninus genannt wird (Dessau PIR III 176 nr. 159. Stein o. Bd. VII S. 284 Nr. 114); denn wären die beiden Männer nahe Verwandte gewesen, hätte er dies nicht verschwiegen. Das Kognomen Saturninus findet sich in dieser Zeit nur in zwei vornehmen Familien, bei den Sentiern und Volusiern, doch kommt der damalige Repräsentant des letzteren Hauses, L. Volusius Saturninus, Consul 3 n. Chr., kaum in Betracht, da er im J. 19 wohl schon mit Cornelia aus dem Geschlechte der Scipionen vermählt war (s. o. Bd. IV S. 1598 Nr. 423). Von den drei Sentischen Brüdern (an die Dessau a. a. O. und Stein o. Bd. IV S. 2278. VII S. 284 denken) kämen entweder unser Gaius oder Lucius (Nr. 13) in Frage, da Gnaeus von 17–21 im Orient weilte (s. Nr. 11).