RE:Ius Italicum
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Italische Sonderrechte gegenüber den Provinzen | |||
Band X,1 (1918) S. 1238–1253 | |||
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Ius Italicum.
Geschichtliches. Der Ausdruck i. I., der erst in der Kaiserzeit (am frühesten bei Plin. n. h. III 25. 139) auftritt und da stets ein Privileg außerhalb Italiens liegender, provinzialer Gemeinden bezeichnet, hat zur Voraussetzung das Vorhandensein einer italischen Rechtsgemeinschaft, wie sie in den letzten Jahrhunderten der Republik zwischen Römern und Latinern im Gegensatze zu den Provinzen sich herausgebildet und einerseits durch die Erstreckung des römischen Bürgerrechts auf die ganze Halbinsel (seit Caesar), andererseits durch die Feststellung der italischen Landesgrenzen unter Augustus territoriale Geschlossenheit gewonnen hat; vgl. besonders Mommsen St.-R. III 627ff. Diese Rechtsgemeinschaft bleibt fortbestehen, obschon römische und latinische Gemeinden in immer größerer Zahl auf dem Provinzboden begründet werden, und nimmt je länger je mehr den Charakter einer privilegierten Stellung Italiens gegenüber den Provinzen an; diese äußert sich sowohl auf privatrechtlichem Gebiete – hier namentlich im Bodenrecht, aber auch in Normen anderer Art, die ausdrücklich nur für Italien erlassen oder von der Rechtswissenschaft auf Italien allein bezogen worden sind – als auch im Bereiche der Verwaltung, wo die Privilegien Italiens zuletzt noch von Augustus wesentlich vermehrt wurden, und dem des Sakralwesens.
Schon frühzeitig jedoch begegnen Versuche, gewisse Sonderrechte Italiens, namentlich des ager Romanus, auf anderen Boden zu übertragen. Nach Servius Aen. II 178 wurde die Veranstaltung der Auspicien in der Provinz, um dem Magistrat den oft weiten Rückweg nach Rom zu ersparen, durch eine Rechtsfiktion ermöglicht: constitutum est, ut unus locus de captivo agro Romanus fieret in ea provincia, in qua bellabatur. Ähnliches scheint in späterer Zeit von jedem Lager römischer Bürgertruppen gegolten zu haben, da auf dessen Boden die Auspicien eingeholt werden konnten (vgl. v. Domaszewski Westd. Ztschr. XIV 1895, 112f.). Die ersten überseeischen Kolonien Roms, die gracchische Gründung Iunonia auf der Stätte des zerstörten Karthago (122 v. Chr.) und die im J. 118 v. Chr. abgeführte Kolonie Narbo wurden auf einem Boden angelegt, der des quiritischen Eigentums fähig und mithin [1239] dem ager Romanus gleichgestellt war; vgl. Mommsen Ges. Schriften I 119. 123. Kornemann o. Bd. IV S. 579. Klingmüller Philol. LXIX (1910) 82f. Doch zeigt die bald erfolgte Auflassung, wie es scheint, beider Kolonien den hartnäckigen Widerstand der Senatsaristokratie gegen die Errichtung vollberechtigter Bürgerkolonien außerhalb Italiens.
Das i. I., durch dessen Verleihung, wie wir sehen werden, ein ganzer Komplex italischer Sonderrechte übertragen wurde, ist uns insofern zuerst für die Zeit des Augustus bezeugt, als auf diesen das italische Recht verschiedener Städte (so von Berytus, der liburnischen Gemeinden, Antipolis u. a.) zurückzuführen sein wird. Zu der Entstehung der Institution wird damals einerseits der Wunsch mitgewirkt haben, gewissen Gebieten, die bisher zu Gallia Transpadana gerechnet wurden, nunmehr aber infolge der neuen Abgrenzung Italiens durch Augustus in den Bereich Illyricums, bezw. der Gallia Narbonensis fielen, die bisher genossenen Rechtsvorteile nicht zu entziehen (dies gilt für Liburnien und Antipolis; s. u. S. 1247). Andererseits wurden unter Augustus wieder zahlreiche überseeische Kolonien errichtet, von welchen man so manche den italischen nach Tunlichkeit gleichzusetzen wünschte; dies wird namentlich gelten von den Ansiedlungen der durch die Veteranen der Triumvirn aus Italien verdrängten Bewohner. Es ist vielleicht kein Zufall, daß die auf diese Weise entstandenen Kolonien Dyrrhachium und Philippi (Cass. Dio LI 4) das italische Recht besessen haben.
Eine Stadt für Stadt durchgeführte Untersuchung über die jeweilige Vorstufe des italischen Rechtes und die Zeit seiner Verleihung verspricht mancherlei Ergebnisse, soll jedoch hier nicht unternommen werden. Während die früheren Kaiser damit ziemlich sparsam umgegangen zu sein scheinen, waren Septimius Severus und seine nächsten Nachfolger um so freigebiger, jedenfalls in dem Bestreben, auch durch diese Maßnahme die Gleichstellung Italiens und der Provinzen zu befördern. Namentlich Städte in Afrika, Syrien und Dacien wurden damals mit dem i. I. ausgezeichnet. In den östlichen Provinzen ist das i. I. einiger Kolonien kein besonders einflußreicher Faktor der Romanisierung gewesen (vgl. Kubitschek Wien. Stud. XXIV 1902, 681). Wohl aber mag zum Aufblühen der römischen Rechtsschule zu Berytus (Syrien) gerade das i. I. dieser Kolonie mitten in der Sphäre des Provinzrechtes nicht wenig beigetragen haben; vgl. im allgemeinen Mitteis Reichsrecht und Volksrecht 147.
Die Voraussetzung E. Herzogs (Gesch. und System II 1, 528), daß die Constitutio Antoniniana auch hinsichtlich des i. I. neue Verhältnisse begründet habe, ist durch deren neuerdings aus einem Gießener Papyrus gewonnene genauere Kenntnis hinfällig. Dagegen ist die öffentlich-rechtliche Geltung des i. I. im Laufe des 3. Jhdts. schrittweise beseitigt worden durch die zunehmende Unterwerfung aller bisher exempten Gebiete, darunter auch Italiens selbst, unter statthalterliche Aufsicht und die Hand in Hand damit gehende Aufhebung der Steuerbefreiungen, welche durch die diokletianisch-konstantinische Neuordnung vollendet wurde. Seitdem blieben nur noch [1240] die privatrechtlichen Wirkungen des i. I., vor allem die Mancipations- und Usucapionsfähigkeit des Bodens, aufrecht. In dieser Einschränkung wurde das i. I. neben den Prärogativen des alten Rom (darunter auch Steuerfreiheit) der neuen Hauptstadt Konstantinopel verliehen (s. u.). In der Folge hat die Gesetzgebung der christlichen Kaiser, vor allem Iustinians, die letzten Reste der Sonderstellung Italiens und seines Bodens im Privatrechte teils ausdrücklich aufgehoben, teils bedeutungslos gemacht, so daß die Institution des i. I. als veraltet erscheint.
Antike Zeugnisse. Hauptstellen sind Plin. n. h. III 25 (Hispania citerior). 189 (Liburnia). Dig. L 15, 1 (Ulpianus). 6 (Celsus). 7 (Gaius). 8 (Paulus), mit Aufzählung zahlreicher Städte in den westlichen und östlichen Provinzen; doch sind weder die Angaben des Plinius noch die der Juristen etwa als für die betreffende Zeit erschöpfend anzusehen. Für Konstantinopel s. Sozom. hist. eccl. VII 9 (u. S. 1244). Cod. Theod. XIV 13, 1 (Valentinianus, Valens und Gratianus; J. 368). Cod. Iust. XI 21, 1 (Honorius und Theodosius II.; J. 421). – Bei Cass. Dio XLVIII 12, 5 (Gallia Togata) ἐς τὸν τῆς Ἰταλίας νομὸν ἐσεγέγραπτο (eine ähnliche Wendung ebd. LX 17) ist nur irrtümlich statt νομόν (so jetzt auch Boissevain) νόμον gelesen und als i. I. gedeutet worden; vgl. dagegen Heisterbergk Philol. L (1891) 637ff. Abgesehen von der Ἰταλικὴ κολωνία Nikopolis (s. u.) wird das i. I. in Inschriften nicht erwähnt; vgl. Mommsen Ges. Schriften III 120f. Marquardt St.-V. I² 90, 8.
Dem Verzeichnis Kornemanns o. Bd. IV S. 580f., welches nur die coloniae iuris Italici (30) und Konstantinopel anführt, sind folgende Gemeinden beizufügen.
Coloniae civ. Rom. Bithynia-Pontus: Apamea (Myrleanorum), Sinope; Cilicia: Selinus (Traianopolis), sämtlich nach dem klaren Zusammenhang bei Ulp. Dig. L 15, 1, 10. 11. – Cappadocia: Nikopolis am Lykos (Metropolis von Klein-Armenien; sonst als Kolonie nicht bezeugt), Bull. hell. XXXIII (1909) 35 n. 13 (Mitte des 3. Jhdts.) ἡ μητρό[πολις] καὶ δὶς [ν]εχ[κόρος] Νικοπολιτῶν [Ἰτ]α[λ]ικὴ κολωνία. – Syria: Palmyra nach Ulpian a. a. O. § 5; vgl. Kornemann o. Bd. IV S. 553 n. 278. Heisterbergk Name u. Begriff 125f., 5.
Municipium civ. Rom. Macedonia: Stobi nach Paulus Dig. L 15, 8, 8; vgl. Mommsen St.-R. III 808, 1 gegenüber Heisterbergk Phil. L 648. Kornemann o. Bd. IV S. 549 n. 246.
Oppidum Latinum. Gallia Narb.: Antipolis (vgl. Plin. n. h. III 35) nach Strab. IV 184 (τῶν Ἰταλιωτίδων ἐξετάζεται); u. S. 1249.
Gemeinden unbekannter Rechtsstellung. Dalmatia (Liburnia): Alveria (Plin. Alutae ist zu Alveritae zu verbessern, s. u. S. 1250), Flanona, Lopsica, Varvaria, sämtlich im Conventus Scardonitanus, nach Plin. n. h. III 139 (vgl. ebd. 130. 140; u. S. 1241. 1246f. 1250).
Außer Kornemann a. a. O. geben Verzeichnisse Mommsen St.-R. III 807f., 5 (mit Einbeziehung der coloniae immunes und jener mit Marsyas-Bildern). Jullian in Daremberg-Saglio Dict, des ant. III 1, 746, 7. 8. E. de Ruggiero Dizion. epigr. II 443f. C. Halfan [1241] Essai sur l’administr. des prov. sénator. 117, 4.
Inhalt des i. I. Das als i. I. (Plin. n. h. III 25: ius Italiae) bezeichnete Vorrecht wurde verliehen von den Kaisern auf Grund ihres (ursprünglich dem populus Romanus zustehenden) Reservatrechtes, die Rechtsverhältnisse der reichsangehörigen Gemeinden zu ordnen, jedenfalls durch eine lex data. Da das i. I. die beste einer Gemeinde überhaupt erreichbare Rechtsstellung ist, so sind die Städte, welche es erhalten, in der überwiegenden Mehrzahl coloniae civium Romanorum (vgl. Italicae coloniae res publica Dig. L 15, 1, 2; Ἰταλικὴ κολωνία Nikopolis s. o. S. 1240). Dabei konnte dieser Vorzug entweder sogleich bei der Gründung der Kolonie, bezw. Verleihung des Kolonietitels an die betreffende Stadt, oder aber zu einem späteren Zeitpunkte verliehen werden; letzteres war anscheinend seltener, ist aber z. B. für Heliopolis (Dig. ebd. 1. 1, 2), Karthago, Utica, Leptis magna (ebd. 1. 8,11) gesichert. Aber auch den municipia civ. Rom. (z. B. Stobi) war das i. I. zugänglich, ebenso wohl auch latinischen Gemeinden (wie Antipolis); vgl. auch Mommsen Herm. XIX (1884) 78 (= Ges. Schr. VI 93). Unsicher ist der rechtliche Charakter der liburnischen Gemeinden bei Plin. n. h. III 139 (s. o.); doch werden sie gewiß nicht peregrin gewesen sein, wie Mommsen St.-R. III 808 (vgl. 631f., 4) vermutet, zumal sie nochmals bei Plin. III 130 (X. Region Italiens) in einer Liste erscheinen, die zweifellos aus der in erster Reihe dem italischen Census dienenden discriptio Italiae des Augustus geschöpft ist (u. S. 1246f.). Man kann also auch in diesem Falle nur an römische Bürger oder Latiner denken. Daß das i. I. nicht an eine bestimmte Kategorie reichsangehöriger Städte (z. B. Bürgerkolonien) gebunden war, zeigt doch wohl auch seine Verleihung an die neue Reichshauptstadt Konstantinopel, die auch darin dem alten Rom gleichgestellt sein sollte (dagegen allerdings Heisterbergk Philol. L 651. Kornemann o. Bd. IV S. 567. 581).
Über Wesen und Inhalt des italischen Rechtes sind verschiedene Ansichten geäußert worden; einen kurzen Überblick über die älteren, von welchen die Theorie v. Savignys mit einigen Modifikationen noch heute maßgebend ist, gibt z. B. P. Willems Droit public⁷ 510, 2f. In neuerer Zeit vertrat Heisterbergk in mehreren Untersuchungen (s. u.), welche trotz großen gelehrten Apparates in ihrer Spitzfindigkeit wenig überzeugen, die Annahme, das i. I. habe niemals ein dem ganzen Lande Italien eigenes Recht (namentlich die Fähigkeit des Bodens zum quiritischen Eigentum) bezeichnet, sondern sei nur eine abgekürzte Benennung für ius coloniae Italicae, worunter er die tatsächlich und zufällig auf Italien beschränkt gebliebene Bürgerkolonie (colonia antiquitus Romana) im Gegensatz zu den Militärkolonien versteht. Einer ausführlicheren Widerlegung dieser gewaltsamen Konstruktion enthebt der oben versuchte Nachweis, daß das i. I. keineswegs auf die Bürgerkolonien beschränkt erscheint Ebensowenig ist es nötig, mit Mommsen St-R. III 631f., 2. 4. 807f. neben einem gewöhnlichen, mit dem Kolonialprivilegium verknüpften i. I., welches außer dem Bodenrecht noch andere Privilegien [1242] umfaßt, ein besonderes lediglich auf den Boden und seine Commercium-Fähigkeit sich beziehendes italisches Recht für die liburnischen Gemeinden und die Latinerstadt Antipolis anzunehmen.
Im allgemeinen zeigt die neuere Forschung die Tendenz, das i. I. auf das Bodenrecht (Fähigkeit zum Grundeigentum ex iure Quiritium und Immunität) einzuschränken. Daß darin jedoch sicher noch mehr, zum mindesten das Privileg weitgehender Selbstverwaltung ohne Oberaufsicht des Statthalters enthalten war (so z. B. Marquardt St.-V. I² 90f.), soll im folgenden nachgewiesen werden. Es scheint mir sehr verlockend, das i. I. entsprechend seinem Namen noch weiter zu fassen und darin die Gesamtheit der italischen Rechtsverhältnisse und in und für Italien geltenden Rechtsnormen privater und öffentlicher Natur zu erkennen, die durch besonderes Privileg in Bausch und Bogen auf eine in der Provinz gelegene Gemeinde übertragen wurde. Für diese Möglichkeit sprechen allerdings gewisse Anhaltspunkte (besonders u. S. 1244), die aber zu einem strikten Nachweise noch nicht ausreichen. Jedenfalls sind die unter dem Namen i. I. gewährten Sonderrechte solcher Art, daß sie, wie zum Teil auch aus dem folgenden zu ersehen ist, ebenso auf römische Bürger wie auf Latiner, auf Kolonien wie Municipien Anwendung finden können.
1. Fähigkeit des Bodens, im quiritischen Eigentum zu stehen. Bekanntlich hat sich in der späteren Republik der Grundsatz entwickelt, daß der Provinzboden im unveräußerlichen Staatseigentum (dominium populi Romani) und deshalb außerhalb des ius civile, somit auch des quiritischen Eigentums und seiner Erwerbs- und Veräußerungsarten (vor allem der mancipatio) stehe; dem einzelnen Privaten, auch wenn er römischer Bürger ist, kommt am solum provinciale lediglich ein Besitz- und Nutzungsrecht (possessio oder usus fructus) zu. Die allmähliche Ausbildung dieser folgenreichen Rechtsanschauung behandelt neuerdings F. Klingmüller Philol. LXIX (1910) 71–113; s. auch Mitteis Reichsrecht u. Volksrecht 112.
Von dieser rechtlichen Qualität des Bodens in den Provinzen gibt es Ausnahmen. Die Fähigkeit der Grundstücke zum quiritischen Eigentum in den gracchischen Kolonien Karthago und Narbo, die übrigens nur kurzen Bestand hatten (s. o. S. 1238f.), liegt zeitlich noch vor der Ausbildung des obigen Grundsatzes und bleibt daher hier besser außer Betracht. Dagegen erscheint in der Kaiserzeit auch auf bodenrechtliche Verhältnisse anwendbar ein dafür wenig beachteter Satz des Ulpianus regul. 19, 4: mancipatio locum habet inter cives Romanos et Latinos coloniarios Latinosque Iunianos eosque peregrinos, quibus commercium datum est. Mommsen St.-R. III 631f., 4 denkt bei diesen peregrini an die liburnischen Gemeinden mit i. I.; doch ist deren Peregrinität kaum glaublich (o. S. 1241). Dagegen gehören in diesen Zusammenhang, was bisher meines Wissens nicht bemerkt ist, drei Mancipationsurkunden unter den Wachstafeln des Fundes von Alburnus maior (Dada), CIL III p. 937ff. (vgl. Suppl. p. 2215) n. VI–VIII (= Bruns Fontes⁷ 328ff. n. 130. 131. 133. Girard Textes de droit [1243] rom.⁴ 843ff. n. 1. 2. 4). Sie sind anerkanntermaßen in bester Form ausgestellt, nur weisen die Namen der Beteiligten zum großen Teile unzweideutig auf Peregrine hin (Mommsen CIL III p. 923), die teils untereinander, teils mit römischen Bürgern das Kaufgeschäft abschließen, bezw. dabei als Zeugen dienen. Man neigt daher zu der Ansicht, daß das mancipio accepit nur durch gedankenlose Benutzung eines für römische Bürger bestimmten Formulars in den Text gekommen sei; so auch O. Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 796f. Indessen ergibt sich bei Heranziehung der Ulpianstelle, daß alles in bester Ordnung ist und wir hier jene peregrinos, qui commercium habent urkundlich bezeugt vor uns haben. Unter den drei Urkunden bezieht sich die eine (CIL III p. 944 nr. VIII. Bruns nr. 133. Girard nr. 4), datiert vom 6. Mai 159, auf die Mancipation der Hälfte eines Hauses zu Alburnus maior, also einer unbeweglichen Sache, wobei auch von der Möglichkeit eines usu capere die Rede ist. Entsprechend der Fähigkeit der peregrinen Ortseinwohner zum commercium war also auch der Boden in diesem Vicus nicht solum provinciale, für welches Mancipation und Usucapion als Erwerbsarten unzulässig waren (vgl. Agennius Urbicus, wohl nach Frontinus, de controv. agr. p. 62 = p. 36, 5 ed. Lachm. = I p. 23, 16 ed. Thulin: sed nec mancipatio eorum legitima potest esse), sondern fähig im vollen Eigentum seiner Inhaber und zwar ex iure Quiritium zu stehen, womit zweifellos auch die Immunität von staatlichen Steuern sich verband. Wenn in der letzterwähnten Mancipationsurkunde trotzdem vereinbart ist, daß der Verkäufer pro ea domu tributa usque ad recensum pendat, so kann sich dies nur auf interne Gemeindeabgaben beziehen, wie denn selbst der Wasserzins als tributum bezeichnet wird (Gromat. p. 349 levia tributa). Es liegt hier unzweifelhaft eine der Maßregeln vor, welche die schon von Traian energisch eingeleitete Kolonisation von Dacien fördern sollten; schwerlich war sie auf Alburnus maior, wo man hauptsächlich Pirusten aus Süddalmatien angesiedelt hatte (o. Bd. I S. 1338), beschränkt. Wir haben darin – das scheint in diesem Zusammenhange besonders zu beachten – eine Vorstufe des i. I. zu erkennen, welches für alle größeren Bürgergemeinden Daciens, darunter auch für die von Marc Aurel begründete, Alburnus nächstbenachbarte colonia Aurelia Apulum (o. Bd. IV S. 547f. Nr. 234), durch Ulpianus (Dig. L 15, 1, 8. 9) bezeugt ist.
Eine weitere, wichtigere und verbreitetere Ausnahme von dem Grundsatze des Staatseigentums am solum provinciale war gegeben durch das i. I., dem wir nach vorstehender zum Verständnis notwendiger Abschweifung uns wieder zuwenden. Der Grund und Boden der damit ausgestatteten Gemeinden wird vermöge des ihnen verliehenen besonderen Rechtscharakters dem solum Italicum (praedia Italica) gleichgestellt und besitzt gleich diesem (vgl. Gai. inst. I 120. II 27. 31. 46. Cod. Iust. VII 31, 1) die Fähigkeit, im dominium ex iure Quiritium zu stehen und an den damit verbundenen Erwerbs- und Veräußerungsarten teilzunehmen (s. Sozom. hist eccl. VII 9, u. S. 1244). Demgemäß konnten die in dem betreffenden Gemeindegebiet begriffenen [1244] Grundstücke, wie irgend ein fundus Italicus, Gegenstand einer mancipatio, usucapio (vgl. J. Partsch Die longi temporis praescriptio 1906, 106), vindicatio ex iure Quiritium, in iure cessio sein. Jedenfalls war auch das Verbot der Veräußerung italischer Dotalgrundstücke (Gai. inst. II 63) auf sie anwendbar, vielleicht auch die auf italischem Boden geltende Behandlung des Schatzfundes. Auch die dem Provinzboden abgehende Fähigkeit, locus sacer, bzw. religiosus zu sein und zur praedii subsignatio zu dienen, wird durch das i. I. gewährt worden sein (M. Voigt Röm. Rechtsgesch. II 402). Aus dem i. I. mehrerer Städte Liburniens (Plin. n. h. III 139; o. S. 1240) erklärt es sich, daß deren Grundstücke an der sonst auf Italien beschränkten obligatio praediorum für Zwecke der Alimentarstiftungen teilnehmen konnten; so ist m. E. zu verstehen der procurator alimentorum, per Transpadum, Histriam, Liburniam in zwei Inschriften des 3. Jhdts. (CIL III 249 = 6753 = Dessau 1396. CIL VIII 822 = Dessau 1347; vgl. O. Hirschfeld Verw.-Beamte² 221, 3 n. 3).
Ob und welche andere nicht unmittelbar mit der Bodenqualität verknüpften Rechtsvorzüge Italiens in den Gemeinden mit i. I. galten, ist eine Streitfrage; man kann dabei z. B. an die Befreiung des sponsor und fidepromissor in Italia acceptus nach zwei Jahren (Gai. inst. III 121) denken, dann an die in ihrem Wesen wohl nicht genauer faßbare exceptio annalis Italici contractus (von Iustinian im J. 530 aufgehoben, Cod. Iust. VII 40, vgl. VII 31. 1, 1; dazu O. Karlowa Festgabe zum 50. Jahrestage der Doctorpromotion E. I. Bekkers. Berlin 1899, 72ff.), an die Excusation der Bürger italischer Municipien beim Vorhandensein von vier Kindern (vgl. Walter Gesch. des röm. Rechts I³ 483f. und dagegen Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 580f.); eine Reihe anderer Vermutungen über diesen Punkt erörtert Puchta Cursus der Inst. 10 238f.; vgl. auch M. Voigt a. a. O. II 402. Am einfachsten wäre es, eine Übertragung der gesamten in und für Italien gültigen privatrechtlichen Satzungen auf die Gemeinden iuris Italici anzunehmen. Einen gewissen Anhaltspunkt dafür scheint Sozom. hist. eccl. VII 9 zu bieten, der für das mit i. I. begabte Konstantinopel (o. S. 1240) ohne ausdrückliche Einschränkung auf Immobilien bezeugt: ἀλλὰ καὶ τὰ συμβόλαια κατὰ τὰ νόμινα τῶν ἐν Ἰταλίᾳ Ῥωμαίων ἐκρίνετο καὶ τὰ δίκαια καὶ τὰ γέρα παρὰ πάντα ἑκατέρᾳ ἰσάζετο (in der Constitution vom J. 421, Cod. Iust. XI 21, 1, werden in ähnlicher Weise das i. I. und die Vorrechte ipsius Romae veteris nebeneinander für Konstantinopel bekräftigt). Auf Sonderrechte, die über die res soli hinausgehen, könnte auch Ulpianus Digest. L 15, 8, 3 hinweisen: Laodicia in Syria et Berytos in Phoenice iuris Italici sunt et solum eorum. (anders Karlowa I 580).
Die zivilen Wirkungen des i. I., besonders die Fähigkeit des Bodens zur Mancipation und Usucapion, blieben wenigstens teilweise noch in der Zeit seit Diokletian aufrecht, als die damit ehedem verbundenen öffentlich-rechtlichen Vorzüge (s. u. Abschn. 2. 3) zweifellos erloschen waren. Doch ist in dieser Epoche der Gegensatz zwischen italischem und provinzialem Boden in stetigem [1245] Schwinden begriffen; so ist vielleicht schon im Zeitalter Diokletians die longi temporis praescriptio auch auf italische Immobilien übertragen worden (Partsch a. a. O. 151). Dieser Prozeß führte schließlich zur völligen Verschmelzung der Präscription mit der Usucapion (Cod. Iust. VII 31, 1 vom J. 531), und die Institutionen Iustinians II 1, 40 sprechen daraufhin von den stipendiaria et tributaria praedia, quae in provinciis sunt, inter quae nec non Italica praedia ex nostra constitutione nulla differentia est. Doch erhielt sich, wie die ravennatischen Papyri und andere Urkunden bezeugen, für Italien mit seinem fundus Italicus noch immer die Mancipation als Formalakt der Eigentumsübertragung, selbst noch in die nachiustinianische Zeit hinein, und dieser Umstand mag wohl der Grund sein, weshalb das i. I. noch in den Digesten und im Cod. Iust. berücksichtigt erscheint.
2. Steuerfreiheit des Bodens. Die Steuer der republikanischen und der Kaiserzeit ist nach römischer Auffassung wesentlich die dem Grundherrn für die Bodennutzung zustehende Abgabe. Es ist also der römische Boden, wenn er im vollen Privateigentum steht, davon befreit, wenn er der Gemeinde gehört, steuerpflichtig (Mommsen Abriß des röm. Staatsrechtes² 284f.). Letzteres gilt vor allem von dem Provinzboden, der ja in seiner Gesamtheit als unveräußerliches Staatseigentum betrachtet wurde; an dieser Steuerpflicht des fundus provincialis änderte auch die Bürgereigenschaft des Inhabers, ja selbst die Assignation an römische Bürger als Kolonen nichts. Mit dem eigentlichen Bodenzins (vectigal, stipendium, tributum soli) erscheint in den Provinzen die sogenannte Kopfsteuer (tributum capitis), welche die für den Landbau verwendeten Arbeitskräfte und das Vieh ergreift (Mommsen St.-R. III 229, 1) und wohl zu unterscheiden ist von der häufig auch als ,Kopfsteuer‘ bezeichneten Abgabe (ἐπικεφάλιον) gewisser rechtlich zurückgesetzter Bevölkerungsklassen (vor allem der dediticii).
Die bevorrechtete Stellung, welche Italien in der späteren Republik und unter dem Principat gegenüber den Provinzen einnimmt, beruht vorzugsweise auf der Abgabenfreiheit des Bodens; durch die Gewährung des i. I. wird letztere nun auch auf die betreffenden Gemeindegebiete in den Provinzen erstreckt, als die unmittelbare Konsequenz aus der Fähigkeit des Bodens, im vollen Eigentum ex iure Quiritium zu stehen. Von Caesarea in Palästina heißt es bei Paulus Digest. L 15, 8, 7: divus Vespasianus Caesarienses colonos fecit non adiecto, ut et iuris Italici essent, sed tributum his remisit capitis; sed divus Titus etiam solum immune factum interpretatus est. Auch durch die Begünstigung des Titus ist Caesarea des i. I., welches mehr als die bloße Immunität enthielt, nicht teilhaft geworden; Ulpian Digest. L 15, 1, 6 bezeugt dies obendrein ausdrücklich; aber nichtsdestoweniger ergibt sich aus Paulus, daß die Befreiung von der Boden- und Kopfsteuer als eine der wesentlichsten Wirkungen des i. I. betrachtet wurde. Ebendarauf führen die Erwähnungen immuner Gemeinden neben den mit i. I. ausgestatteten bei Plinius (n. h. III 189) und Paulus (Digest. L 15, 8 pr.) [1246] und der Gegensatz bei letzterem a. a. O. 8, 5: divus Antoninus Antiochenses colonos fecit salvis tributis (vgl. Mommsen St.-R. III 809, 3).
In diesem Zusammenhang ist die Freiheit von Truppenlagern und Besatzungen zu erwähnen. Dieser ebenso wirtschaftlich wie politisch wichtige Vorzug der italischen Städte seit Augustus, der ähnlich zu beurteilen sein wird wie das entsprechende Vorrecht der civitates liberae, bzw. foederatae peregriner Verfassung (Mommsen St.-R. III 690. 1199 mit A. 3), muß auch für die Städte italischen Rechtes in den Provinzen und ihr Gebiet gegolten haben. Wir kennen in den ersten zwei Jahrhunderten der Kaiserzeit keine solche Stadt, die mit einer Garnison von Legionen oder Auxilien belegt gewesen wäre; aber dies mag vielleicht deshalb weniger ins Gewicht fallen, weil es bis auf Hadrian überhaupt vermieden wurde, die militärischen Hauptquartiere in eine römisch geordnete Stadt zu legen (Mommsen Herm. VII 1873, 301f. = Ges. Schriften VI 178f.). Andererseits konnten im Bedarfsfalle solche Truppenteile, die in Italien und Rom selbst stehen durften, auch in einer Stadt italischen Rechtes dauernd einquartiert werden. So befand sich in Lugdunum bis auf Septimius Severus eine cohors urbana; vgl. Mommsen Herm. XVI (1881) 643ff. (= Ges. Schriften VI 12ff.); Ephem. epigr. V p. 118ff. (= ebd. VIII 415ff.). O. Hirschfeld CIL XIII 1 p. 250; Kl. Schrift. 436 mit A. 4. 593. Die entsprechende Erscheinung, daß in Karthago, welches erst durch Septimius Severus italisches Recht empfing (Digest. L 15, 8, 11), schon in früherer Zeit eine cohors urbana als Besatzung stand (Mommsen Eph. epigr. a. a. O. A. v. Domaszewski Philol. LXVI 1907, 167ff. Hirschfeld Kl. Schriften 593), könnte vielleicht ebenfalls aus einer schon vorher vorhandenen Immunität, die auch die Freiheit von der Einquartierungslast in sich schloß, sich erklären. Erst Septimius Severus, der kein Bedenken trug, eine Legion in der Nähe Roms ihr Standquartier beziehen zu lassen, hat dem in unmittelbarer Nähe eines Legionslagers gelegenen Patavissensium vicus (Potaissa in Dacien) zugleich mit der Erhebung zur Kolonie das i. I. verliehen (Digest. L 15, 1, 9); auch Apulum (Digest. ebd.), in ähnlicher Nachbarschaft, wird schwerlich vor der Zeit der Severe das nämliche Privilegium erlangt haben.
Durch die Freiheit des Bodens von Abgaben und Lasten scheidet die Gemeinde iuris Italici streng genommen aus dem Bereich des provinzialen Census aus und unterliegt eigentlich der italischen Schätzung. Diese Folgerung ist, wenigstens in augustischer Zeit, gezogen bei den liburnischen Gemeinden iuris Italici; diese erscheinen, ebenso wie die dortigen immunes (z. B. die Asseriates) in einer Liste bei Plin. n. h. III 130, die auf die discriptio Italiae des Augustus zurückgeht (vgl. III 46), unter den Städten der X. italischen Region, eine Zuweisung, die hauptsächlich für den Census von Bedeutung ist; vgl. im allgemeinen Mommsen Festschr. f. H. Kiepert (Berlin 1898) 103 (= Ges. Schriften V 277f.), der allerdings S. 103, 4 (= 278, 4) den vorliegenden Fall anders beurteilt. Die nämlichen Gemeinden werden in einer anderen Liste (Plin. III 139), die [1247] nach Cuntz Jahrb. f. Philol. Suppl. XVII 515ff. in der Zeit des Claudius entstanden sein dürfte, unter den Städten des Conventus Scardonitanus in Liburnien (Illyricum) aufgezählt. Vielleicht hat übrigens W. Kubitschek recht, wenn er diese eigentümliche Rechtslage der liburnischen Gemeinden darauf zurückführt, daß Gallia Transpadana unter Caesar über Istrien hinaus, wo Augustus an der Arsia die neue italische Grenze zog, bis in die Gegend von Iader (Zara) sich erstreckt hätte (De Rom. tribuum origine, Abh. d. arch.-epigr. Seminares Wien III 1882, 81ff., dazu Tab. I). Ferner ist Lugdunum, die Hauptstadt der Tres Galliae, offenbar wegen seines italischen Rechtes abgesondert von der Provinz Gallia Lugdunensis censiert worden, CIL II 4121 (= Dessau 1145): censitor prov(inciae) Lugd(unensis), item Lugdunensium; dazu O. Hirschfeld Verw.-Beamte² 58; Comment. philol. in honorem Th. Mommseni 441, 32 (= Kl. Schrift. 378f., 2). Die Sonderstellung der mit dem i. I. begabten Gemeinden im Census drückt sich auch darin aus, daß dieses sowohl von Paulus wie Ulpianus in ihren Schriften de censibus, nach ihrem Vorgange dann in den Digesten unter der gleichen Überschrift behandelt wurde.
Seit Beginn der Kaiserzeit finden wir eine Reihe von Städten nicht nur peregrinen Rechtes, sondern auch römischer Ordnung als immunes bezeichnet, so einen Teil der eben erwähnten liburnischen Gemeinden bei Plin. n. h. III 139 (vgl. 130), dann eine Anzahl von Kolonien (verzeichnet bei Kornemann o. Bd. IV S. 580) in Spanien, Mauretanien und Syrien; vgl. Mommsen St.-R. III 807. E. de Ruggiero Diz. epigr. II 442. Kornemann a. a. O. 579f. C. Jullian in Daremberg-Saglio Dict. des ant. III 1, 416. Ziegler o. Bd. IX S. 1134f. Die Verschiedenheit der bloßen Immunität und des i. I. erscheint schon in unserer Überlieferung hervorgehoben. Die sehr verderbt überlieferte Darlegung des späten Gromatikers Agennius Urbicus, die indessen nach Lachmann wahrscheinlich auf eine gute ältere Vorlage (Frontinus) zurückgeht, p. 62, 15ff. (vgl. p. 35, 15ff.) ed. Lachmann (= Corpus agrimens. Rom. rec. C. Thulin I 1 p. 23, 5ff., dessen abweichende Auffassung und Herstellung mich jedoch nicht überzeugt hat) unterscheidet anscheinend in den Provinzen agros colonicos eiusdem (Hs. quidem) iuris wie in Italien, dann colonicos stipendiarii (zu erg. iuris), qui sunt immunes, endlich colonicos stipendiarios schlechthin; dazu Mommsen St.-R. III 807, 3. Aus den Zeugnissen des Ulpianus und Paulus in den Digesten (o. S. 1245) ergibt sich, daß die Kolonien Caesarea und Aelia Capitolina in Palästina immun, aber nicht iuris Italici waren. Wenn Ilici (Hispania citerior) bei Plin. n. h. III 19 colonia immunis ist, dagegen nach Paul. Dig. L 15, 8 pr. das i. I. besitzt, so liegt hier wohl eine Vermehrung seiner Privilegien vor. Dementsprechend sind auch bei Plin. III 139 and Paul. Dig. a. a. O. l. 8 pr. die zusammen genannten Städte iuris Italici und immunes auseinanderzuhalten. Die Behauptung Mommsens St.-R. III 807, 4, wonach bei Plinius und in den Digesten colonia immunis gleichbedeutend gebraucht sei mit colonia iuris Italici, ist unbegründet. Der Unterschied [1248] beider Kategorien liegt in folgendem: der Boden einer immunen Gemeinde – gleichviel, ob sie peregrines oder römisches Recht besitzt – bleibt grundsätzlich solum provinciale und ist nur durch besonderes, wohl jederzeit widerrufliches Privileg von der Steuer befreit; dagegen ist die Immunität der Gemeinden iuris Italici nur eine Seite ihrer bevorzugten Rechtsstellung, die öffentlichrechtliche Folgerung aus der Fähigkeit ihres Bodens, als solum Italicum im vollen Eigentum ex iure Quiritium zu stehen.
Als die diokletianisch-konstantinische Neuordnung Italien (mit alleiniger Ausnahme Roms) selbst der Besteuerung unterwarf, wird jedenfalls auch in den Provinzen jede Immunität des Bodens, soweit sie noch Bestand hatte, aufgehört haben. Die ausnahmsweise Immunität der neuen Reichshauptstadt Konstantinopel (vgl.Themist. ad Valent. 9) hat ihren Rechtsgrund nicht mehr in ihrem i. I., sondern in der Gleichstellung mit der alten Hauptstadt.
3. Freiheit in der Selbstverwaltung, besonders von der Oberaufsicht des Statthalters. Das von Marquardt St.-V. I² 89f. behauptete Vorhandensein einer besonderen Gruppe von Freistädten in den Provinzen, welche nicht peregrinen Rechtes (civitates liberae), sondern römische Bürgergemeinden waren, wird – wie ich glaube, nicht mit Recht – in Abrede gestellt einerseits von Mommsen St.-R. III 810f., der die Kontrolle des Statthalters so gut wie ausnahmslos auf alle Bürgergemeinden erstreckt, andererseits von J. Toutain Mél. d’arch. XVIII (1898) 141ff., der den Bürgerkolonien der Kaiserzeit auch in den Provinzen samt und sonders die libertas (αὐτονομία, ἐλευθερία) als höchstes Maß der Selbstverwaltung innerhalb des Reichsorganismus zuschreibt (zustimmend Kornemann o. Bd. IV S. 581 f.; dagegen Liebenam Städteverw. 464, 5). Es ist in vorhinein schwer abzusehen, warum nicht einzelne Bürgergemeinden in den Provinzen von der Oberaufsicht des Statthalters befreit sein konnten, während doch ein solches Vorrecht einer größeren Anzahl peregriner Gemeinden (den civitates foederatae, bezw. liberae), ja auch latinischen Städten zugestanden war; für letztere bietet ein Beispiel Nemausus in Gallia Narb. nach Strab. IV 187: οὐδ’ ὑπὸ τοῖς προστάγμασι τῶν ἐκ τῆς Ῥώμης στρατηγῶν ἐστι τὸ ἔθνος τοῦτο, dazu O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Wien, phil.-hist. Kl. CIII (1883) 295, 2 (= Kl. Schrift 67f., 5); CIL XII p. 381. Von den bei Mommsen St.-R. III 793f., 4. 811, 1 angeführten und verworfenen Instanzen sind nicht alle eindeutig; doch tritt wenigstens bei Paus. VII 18, 7 die ἐλευθερία der Bürgerkolonie Patrae deutlich hervor: Αγουστος … ἔδωκε μὲν ἐλευθέροις Ἀχαοῶν μόνοις τοῖς Πατρεῦσιν εἶναι, ἔδωκε δὲ καὶ ⟨ἐς⟩ τὰ ἄλλα γέρα σφίσιν, ὁπόσα τοῖς ἀποίκοις νέμειν οἱ Ῥωμαῖοι νομίζουσιν; die von Kornemann (a. a. O. 549 n. 248. 582) gebilligte Erklärung Henzes, wonach hier eine Doppelgemeinde, eine civitas libera der Achaei Patrenses und eine römische Bürgerkolonie, anzunehmen sei, hält einer Prüfung des Zusammenhanges nicht stand. Auch anderes von Mommsen Angeführtes, so die colonia Iulia Hippo (Diarrytos), die auf Münzen Hippo libera heißt (vgl. auch Kornemann S. 533 n. 124), die [1249] κολωνία Ἀσκ[άλων]ἡ πιστὴ καὶ ἐλευθέρα in einem Papyrus vom J. 359 (BGU 316. Mitteis Chrestom. 303f. n. 271; Z. 2f.), hervorgegangen aus einem vormaligen oppidum liberum (Plin. n. h. V 68), das municipium Septimium liberum Aulodes (CIL VIII 14355), scheint mir die libertas einzelner Bürgerstädte zu sichern. Die Unabhängigkeit der augustischen Kolonie Cremna (Pisidien) vom Statthalter ergibt sich aus dem Gegensatz bei Strab. XII 569: τὴν μὲν οὖν Κρῆμναν ἄποικοι Ῥωμαίων ἔχουσιν, ἡ Σαγαλασσὸς δ’ ἐστὶν ὑπὸ τῷ αὐτῷ ἡγεμόνι τῶν Ῥωμαίων, ὑφ’ ᾧ καὶ ἡ Ἀμύντου βασιλεία πᾶσα. Nicht ganz wertlos erscheint endlich, wie noch unten (S. 1250f.) ausgeführt wird, das Zeugnis des Servius über die Bedeutung der Marsyas-Statuen als signum liberae civitatis; nachweisbar sind solche nur für römische Bürgergemeinden (Kolonien und Municipien; darunter auch das eben angeführte Cremna), die wir demnach wohl als liberae in Anspruch nehmen dürfen. Ähnlich wie in den meisten (nicht allen) peregrinen civitates liberae (Mommsen St.-R. III 682. 684. Kuhn Stadt, und bürgerl. Verf. II 31), wird auch in den römischen Bürgergemeinden die libertas in der Regel mit der Abgabenfreiheit (immunitas) verbunden gewesen sein, da eine Steuerpflicht ohne tiefergehende Kompetenz der Statthalter nur schwer gedacht werden kann.
Was nun die Gemeinden mit italischem Recht anbelangt, so wird die Befreiung ihrer Selbstverwaltung von der statthalterlichen Aufsicht schon durch ihre sonstige Gleichstellung mit jenen Italiens nahegelegt. Doch wird wenigstens in drei Fällen diese Annahme durch die Überlieferung bestätigt Die Kolonie italischen Rechtes Lugdunum scheint nicht nur in betreff des Census (o. S. 1247), sondern auch der Verwaltung eine Sonderstellung außerhalb der gallischen Provinzen eingenommen zu haben; darauf weisen Sen. epist. 91, 10: civitas … opulenta ornamentumque provinciarum, quibus et inserta erat et excepta (dazu O. Hirschfeld Comment. philol. in hon. Th. Mommseni 441 mit A. 32 = Kl. Schriften 378f. mit A. 2. Rostowzew Röm. Mitt. XIII 1898, 116, 1) und die Einrichtung eines besonderen kaiserlichen Procurators für die Stadt (CIG 3888; vgl. Hirschfeld Verw.-Beamte² 58). In ähnlicher Weise wird wohl auch die Darlegung des Strab. IV 184 über Antipolis (nach Plin. n. h. III 35 oppidum Latinum) zu verstehen sein; obzwar ἐν τοῖς τῆς Ναρβωνίτιδος μέρεσι gelegen, ἡ … Ἀντίπολις τῶν Ἰταλιωτίδων ἐξετάζεται, κριθεῖσα (verderbt!) πρὸς τοὺς Μασσαλιώτας καὶ ἐλευθερωθεῖσα τῶν παρ’ ἐκείνων προσταγμάτων. Nach Ulp. Dig. L 15, 1, 10 war auch die augustische Kolonie Apamea in Bithynien eine Stadt italischen Rechtes; als nun der jüngere Plinius (epist. X 47, 1) Einsicht in die städtischen Rechnungen nehmen wollte, wurde ihm entgegengehalten: rationes coloniae … numquam … esse lectas ab ullo proconsulum; habuisse privilegium et vetustissimum morem arbitrio suo rem publicam administrare; auf seine diesbezügliche Anfrage erwidert Kaiser Traianus (ebd. 48), ohne sich auf eine Prüfung der Rechtslage einzulassen, Plinius solle trotzdem die Einsicht in die Bücher ex mea (des Kaisers) voluntate salvis quae habent privilegiis vornehmen; vgl. Mommsen St-R. [1250] III 810f. Man erkennt daraus die privilegierte Selbstverwaltung der Stadt, ihre libertas, für welche übrigens auch Marsyas-Münzen sprechen (u. S. 1251), und wird zugleich schließen dürfen, daß die Kompetenz des legatus Augusti pro praetore ad corrigendum statum (kürzer Corrector) – dieser entsprach im wesentlichen das außerordentliche Mandat des Plinius in der Senatsprovinz Pontus-Bithynia (s. näheres o. Bd. IV S. 1647f.) – nicht bloß auf die peregrinen civitates liberae (ebd. 1646ff.), sondern auch auf etwa vorhandene ,freie‘ Bürgergemeinden sich erstreckte. Auch die Beförderung von civitates foederatae (wie Tyrus und Laodicea in Syrien durch Severus und Caracalla, Dig. L 15, 1 pr. 3; vgl. ebd. 1. 8, 3. 4; dazu Mommsen 684, 1) oder einer freien und immunen Kolonie (wie Utica in Afrika durch Severus und Caracalla, Dig. ebd. 8, 11; dazu Marquardt St.-V. I² 92, 1) zu Kolonien mit i. I. zeigt deutlich genug, daß letzteres die libertas in sich einschloß. Natürlich ist diese Freiheit der Selbstverwaltung seit der Epoche Traians in zunehmendem Maße geschmälert und schließlich ganz beseitigt worden.
Dagegen ist auch für die Städte italischen Rechtes das Statthaltergericht die berufene Instanz der Rechtsprechung gewesen. Nach Plin. n. h. III 25 war Carthago (nova) der Gerichtsort auch für die zwei Kolonien mit i. I. Acci und Libisosa; ebd. III 139 werden die Gemeinden desselben Rechtes in Liburnien dem Conventus Scardonitanus zugerechnet. Die Inschrift CIL III Suppl. 9938 (= Dessau 5951) nennt fünf Männer, welche iudices dati a M. Pompeio Silvano Ug(ato) Aug(usti) pro pr(aetore) (im J. 69 n. Chr.) inter rem p(ublicam) Asseriatium et rem p(ublicamj Alveritarum in re praesenti per [sententi]am suam determinaverunt; zur Lage von Alveria vgl. Tomaschek o. Bd. I S. 1704. Die Alveritae sind, was bisher meines Wissens noch nicht erkannt ist, identisch mit den Alutae (zu verbessern Alveritae) in der liburnischen Liste Plin. n. h. III 139 und mit den Alutrenses (zu verbessern Alverienses) in der Liste der X. Region Italiens ebd. III 130 (vgl. o. S. 1246f.; dazu Bd. I S. 1707) und haben somit nach Plin. 139 das i. I., was nicht hindert, daß sie in dem Grenzstreit mit den immunes Asseriates (Plin. n. h. III 139; vgl. auch o. Bd. I S. 1746. Liebl und Wilberg Österr. Jahresh. XI 1908 Beibl. 20ff.) der Jurisdiktion des Legaten von Dalmatien unterworfen waren.
Auf Münzen von acht Kolonien, die nachweisbar italisches Recht besaßen, erscheint als besonderes Wahrzeichen der Marsyas; dieser ist außerdem für 13 andere Bürgergemeinden (Kolonien, aber auch Municipien, z. B. Verecunda in Numidien, Coela in Thrakien, trotz den übel angebrachten Interpretationskünsten Heisterbergks Philol. I. 648f.), für welche i. I. nicht bezeugt wird, teils durch Münzbilder, teils durch Inschriften gesichert (s. u.); es war dies ein auf dem Forum der Stadt errichtetes Bild des Satyrs Marsyas (in Cremna und Olbasa auch deus Maro oder Maron genannt). Von Servius wird der Marsyas unter Hinweis auf seinen Herrn und Beschützer Liber pater als signum … liberae civitatis (Aen. III 20) oder libertatis indicium gedeutet, [1251] qui erecta manu testatur nihil urbi deesse (IV 58; vgl. auch Macrob. Sat. III 12; Mythogr. Vatic. III 9, 13. 12, 1). Dagegen wird er seit J. Eckhel (IV 493ff.) mehrfach, so von Mommsen St.-R. III 808f. Heisterbergk a. a. O. 640f. auf das i. I. bezogen; Widerspruch erheben Beaudouin Étude 104. Toutain Mél. d’arch. XVIII 146f., bes. A. 2. Kornemann o. Bd. IV S. 580. An sich ist das von den Provinzstädten nachgeahmte Vorbild, der Marsyas auf dem römischen Forum, gewiß nicht ein Freiheitssymbol im Sinne des Servius gewesen, sondern lediglich, wie besonders H. Jordan betont, ein Wahrzeichen der Hauptstadt an hervorragender Stelle, das im Grunde genommen von jeder römischen Bürgergemeinde, die sich als ein verjüngtes Abbild Roms betrachten durfte, gleich mancherlei anderen unwesentlichen, rein äußerlichen Attributen und Einrichtungen Roms kopiert werden konnte. Immerhin spricht manches dafür, daß der Marsyas der römischen Bürgerstädte wirklich jene markante, dem hauptstädtischen Vorbilde zunächst fremde Bedeutung der libertas, die Servius ihm zuschreibt, gewonnen hat, so namentlich die schon (o. S. 1249) berührte Tatsache, daß die augustische Kolonie Cremna in Pisidien einerseits vom Statthalterregiment befreit war, andererseits auf Münzen den Marsyas, bzw. den gleichbedeutenden Silen Maron abbildete (Kubitschek Arch.-epigr. Mitt. XX 1897, 151ff.; Festschrift für Benndorf 1982.), dann das beachtenswerte dreifache Zusammentreffen bei Apamea in Bithynien, welches das Privilegium hatte, arbitrio suo rem publicam administrare, Marsyas-Münzen prägte (Head HN² 510) und das i. I. besaß (o. S. 1249). In diesem Sinne, als Symbol der libertas, der weitgehenden Selbstverwaltung, die von der Aufsicht des Statthalters entbunden ist, wird denn auch der Marsyas in jenen Kolonien zu fassen sein, für welche anderweitig das i. I. bezeugt ist (Alexandrea Troas, Parium, Apamea in Bithynien, Antiochia in Pisidien, Berytus, Laodicea in Syrien, Tyrus, Palmyra), nicht dagegen als Kennzeichen des i. I. als solchen, worin ja außer der libertas noch andere Privilegien enthalten waren.
Das stadtrömische Marsyas-Bild auf dem Forum Romanum behandeln – meist mit Ausblicken auf die municipalen Nachbildungen – Jordan Marsyas auf dem Forum zu Rom (Berlin 1883); Topogr. der Stadt Rom I 2, 225f. 264ff. 322. Gilbert Gesch. und Topogr. Roms III 155f. (mit unhaltbaren Hypothesen). Thédenat Le forum romain 155ff.; s. auch Preller-Jordan Röm. Mythol. II³ 52 mit A. 1. Jessen in Roschers Lex. d. Mythol. II 2, 2444f. Wissowa Relig. und Kultus² 213, 4.
Die Zeugnisse für die Marsyasstatuen auf den Marktplätzen von Provinzstädten hat großenteils E. Kornemann zusammengestellt, o. Bd. IV S. 580. 581f. (vgl. auch 557 nach n. 339). An Inschriften kommen in Betracht CIL III 6888 (= Dessau 4062. IGR III 410, Olbasa in Pisidien, wo der deus Maro Μάρων mit Marsyas gleichbedeutend ist; vgl. Kubitschek Festschr. für O. Benndorf 200). CIL VIII 16 417 (unbekannte Gemeinde). 17 841 (= Dessau 6842, Thamugadi; vgl. Cagnat-Boeswillwald Timgad, une cité africaine 68ff.). 18 499 (= 4219. [1252] Dessau 6849, Verecunda). Berl. phil. Wochenschr. 1915, 1380 (Althiburos). Die Munzzeugnisse, die auf den griechischen Osten beschränkt sind, s. bei Toutain Mél. d’arch. XVIII (1898) 144f., vgl. auch Head HN² Index 952. – Im ganzen erscheint der Marsyas für 21 Städte bezeugt; vgl. im wesentlichen Kornemann o. Bd. IV S. 580f., wo aber Patrae als unsicher (Mommsen St.-R. III 809f, 5. Kubitschek Arch.-epigr. Mitt. XX 152) zu streichen ist, dagegen Apamea (Bithynien), Althiburos und die unbekannte Gemeinde CIL VIII 16 417 neu aufzunehmen sind. Vgl. im allgemeinen Mommsen St.-R. III 809f. Jordan Marsyas (s. o.) 16f. 25ff. Beaudouin Étude sur le ius Italic. 83ff. Heisterbergk Philol. L (1891) 639ff. (mit unhaltbaren Folgerungen für das i. I.). Toutain a. a. O. 143ff. Jullian in Daremberg-Saglio Dict. des ant. III 1, 747. Liebenam Städteverw. 457, 2.
Durch die Verleihung des i. I. wurde, wie wir eben sahen, eine römische oder – ausnahmsweise – latinische Gemeinde rechtlich so gestellt, als ob sie mitten in Italien gelegen wäre; die auf ihrem Gebiete herrschenden Zustände und sich vollziehenden Handlungen wurden nicht etwa bloß, soweit der Boden in Betracht kam, sondern jedenfalls in noch weiterem Umfange, vielleicht sogar in ihrer Gesamtheit – nach Maßgabe der für und in Italien geltenden Rechtssatzungen beurteilt. Es waren damit gewissermaßen Enklaven italischen Gebietes geschaffen, die örtlich innerhalb, rechtlich außerhalb der Provinz lagen. Durch das richtige Verständnis des i. I. ergibt sich für die hauptsächlich damit bedachten Bürgerkolonien der Provinzen eine nahezu entsprechende Stufenfolge, wie wir sie bei den peregrinen Civitates [civitas stipendiaria oder tributaria; civitas libera et immunis; civitas foederata; vgl. Kornemann o. Suppl.-Heft I S. 302) finden: 1) die colonia civium Romanorum auf ager stipendiarius (tributarius); 2) die colonia immunis (s. o. S. 1247f.) und die Kolonie mit weitgehender Selbstverwaltung (libertas), Vorzüge, die wahrscheinlich vielfach in einer und derselben Bürgergemeinde verbunden waren; 3) als Spitze des Ganzen die colonia iuris Italici, welche im wesentlichen die gleichen Privilegien besaß wie die peregrine civitas foederata, noch erhöht durch das römische Bürgerrecht und römische Stadtordnung. Damit eröffnete sich zugleich die Möglichkeit, die Peregrinengemeinden bevorzugter Rechtsstellung, wie die civitates liberae et immunes und namentlich die civitates foederatae, zu römischen Bürgerstädten in der Weise umzuwandeln, daß ihre bisherigen Vorrechte materiell nicht geschmälert, sondern vermehrt wurden (s. o. S. 1250). Aber auch für römische Bürgergemeinden, selbst wenn sie schon die libertas und immunitas besaßen, bedeutet das i- I. einen Zuwachs an Rechtsvorteilen. Es scheint mir bei der Lage der Überlieferung über das Alter der Kolonie Vienna (Gallia Narb.) eine beinahe sichere Annahme, daß Kaiser Claudius in seiner Rede über das ius honorum der Gallier (CIL XIII 1668 = Dessau 212 = Bruns Fontes⁷ n. 52; Kol. II 16f.) die (wahrscheinlich durch Gaius erfolgte) Verleihung des i. I. an Vienna (bezeugt [1253] durch Paulus Digest. L 15, 8, 1) meint mit den Worten: colonia … solidum (darauf liegt der Nachdruck) civitatis Romanae benificium consecuta est; vgl. Kornemann o. Bd. IV S. 542 n. 191.
Literatur (außer der o. S. 1240 angeführten): Mommsen St.-R. II³ 1126, 2. III 631f. 684, 1. 807-810. Marquardt St.-V. I² 89ff. II² 181. 200, 1. 238, 5. Madvig Verf. und Verw. I 71. II 95. 100f. Herzog Gesch. und System II 469f. 528. 932-936. H. Schiller Iw. v. Müllers Handbuch IV² 2, 191f. 198. O. Karlowa Röm. Rechtsgesch. I 579f. J. B. Mispoulet Instit. polit. II 82ff. A. Bouché-Leclercq Manuel des inst. 198f. P. Willems Droit public⁷ 510f. v. Savigny Verm. Schrift. I 29 - 80. A. W. Zumpt Comment. epigraph. I 477ff. Rudorff Röm. Feldmesser II 373ff. Mommsen ebd. 189ff.; Ges. Schriften I 123. VI 88, 2. 93. Houdoy Droit municipal (1876) 340ff. Legros Du jus It. (Paris 1881). E. Beaudouin Étude sur le ius It. (Paris 1883) (= Nouv. revue hist. de droit V 1881, 147ff. 592ff. VI 1882, 684ff.); La limitation des fonds de terre (Paris 1894) 111ff. (=Nouv. revue hist. de droit XVII 1893, 605ff.). A. G. Wolf Ad ius Italicum (Diss. Utrecht 1883). L. Severin Étude sur le ius It. (Bordeaux 1885). B. Heisterbergk Name und Begriff des ius It. (Tübingen 1885); Zeitschr. f. d. gesamte Staatswiss. 1886, 615ff.; Philol. L (1891) 637-650. LVIII (1899) 321-342. J. Baron Krit. Viertelj.-Schrift f. Gesetzgeb. XXVII (NF VIII 1885) 511-522. Zocco-Rosa L’ius Italicum (aus: Giurisprudenza, Catania 1886). R. Beudant Le ius It. (Diss. Paris 1889). G. F. Puchta Cursus der Inst.10 238f. 242f. E. de Ruggiero Enciclopedia giurid. italiana I 2, 708; Dizion. epigr. n 442–444. C. Halgan Essai sur l’admin. des provinces sénatoriales (Paris 1898) 115ff. M. Voigt Röm. Rechtsgesch. II 136, 32. 402f. C. Jullian in Daremberg-Saglio Dict. des ant. III 1, 745–748. F. Leo Die capitatio plebeia (Berlin 1900). E. Kornemann o. Bd. IV S. 579–581. Girard Manuel élém. de droit rom.⁵ (Paris 1911) 263f. 355. Neumann in Gercke-Nordens Einl. III² 456.