Zum Inhalt springen

Mission der Kunst

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Louise Otto
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Mission der Kunst
Untertitel:
aus: Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten. S. 250-252
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1860-1870
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Moritz Schäfer
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[250]
Mission der Kunst.


I.

Die Kunst für alle! sie ist uns gesendet,
Daß sie ob niedrer Sorge, allem Leid,
Vom Endlichen zu der Unendlichkeit
Die Blicke wie die Geister tröstend wendet.

5
Wo sie aus ihrem Füllhorn Segen spendet,

Da werden alle Herzen groß und weit –
Die Kette sinkt, die Schwingen sind befreit,
Die Kerkerhaft der Seele ist beendet.

Und wär Dir nur ein kleiner Teil verliehen,

10
Ein Echo nur der hohen Gotteskraft –

Genug, Dich aus dem Staub emporzuziehen –

Gelob es nur, vom Zweifel aufgerafft:
Mein Handeln sei ein Klang voll Harmonieen,
Draus sich mein Leben selbst zum Kunstwerk schafft.

[251]
II.


15
Heißt das dem Leben seine Schuld bezahlen,

Weil wir ein höchstes Ziel doch nie erreichen,
Die Müh’ zu scheuen, zu ihm aufzusteigen
Auf steilem Pfad umringt von Warnungsmalen?

Die Sonne winkt mit ihren goldnen Strahlen

20
Zur Höhe wo die Alltagsnebel weichen –

Dort wird die Welt im andern Licht sich zeigen
Heißt Deine Losung: treu dem Idealen.

Ist sie Dir fest und treu ins Herz geschrieben,
So laß nicht ab vom mut’gen Aufwärtsstreben,

25
Bist Du auch noch so fern vom Ziel geblieben!


Die Selbstvollendung schuldest Du dem Leben!
Versuche denn, von Menschenlieb getrieben,
Das Ideal der Menschheit zu verweben!

III.

Wie sich auch mag die Schönheit offenbaren,

30
Und wo sie ihren Einzug je gehalten:

Ob hier in holden menschlichen Gestalten,
Ob dort in Blüten, ob an Kunstaltaren:

Sie ist ein Teil von jenem Ewigwahren,
Das Göttliche auf Erden zu entfalten;

35
Wo echter Schönheit heil’ge Scepter walten,

Da hat die Welt nur Glück und Heil erfahren.

[252]
In jeder Brust weckt sie ein reg’ Verlangen,

Daß nie und nirgend ihr Erscheinen fehle,
Die überall mit Jubelruf empfangen.

40
Doch welche Form sie zur Erscheinung wähle –

Nur eine wird durch alle Zeiten prangen:
Die schöne That ist’s einer schönen Seele.