Natur und Kunst
I.
Wie ist der Wald zur heil’gen Feier
Des Frühlings festlich neu geschmückt,
Und grüßt ihn rauschend als Befreier,
Den Siegeskranz aufs Haupt gedrückt.
Herabgeströmt vom Himmelszelt!
So, duft- und gold- und glanzumflossen
Erscheint die neu verjüngte Welt!
Und schön gesellt solch neues Werden
Und Lerch’ und Nachtigall Gefährten
Und Tag und Nacht ein Wonnetraum!
All überall ein reiches Leben,
Ein Jubelfest in Wald und Flur,
Umfließt ein sonniger Azur.
Auf jeder Höh’, in jedem Thal,
Im Mondenlicht, im Sterngeflimmer
In diese Wonneflut zu tauchen,
Zu trinken Duft und Maienthau –
Der Seele Sehnen auszuhauchen
In diese Lüfte süß und lau. –
Als so in Mailust zu vergehn? –
Der herrlichen Natur zu Ehren
In Blüten wieder zu erstehn!
II.
Wohl ist es schön in Maientagen
Doch schöner ist das kühne Wagen:
Der Schönheit Wunder selbst zu thun.
Wie schön es auch im Mai zu sterben
Um aufzublühn zur Frühlingszeit:
Will höhere Unsterblichkeit!
Das Erd und Himmel gleich umschließt,
Und als ein heilger Strahl von oben
Der Kunst geheiligt Offenbaren,
Kam darum in die Menschenwelt,
Daß sie zum Ewig-Schönen, Wahren,
Die Augen uns geöffnet hält!
Begegnet uns dies Himmelskind,
Die Seele geht in Wonne unter
Ob sie doch nur sich selbst gewinnt!
Sich selbst gewinnen und erheben,
In ihr allein ruht Glück und Leben,
Sie ist der Gottheit Wiederschein.
Mag alles sonst auf Erden wanken,
Gefangen sein in Raum und Zeit:
Erzwingt die Kunst Unsterblichkeit.
Und darum Heil den Weihestunden
Der Offenbarung ihrer Macht:
Der Mensch, der so den Gott gefunden,