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Meißner Künstler:Johann Friedrich Matthäi

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Johann Gottlob Matthäi Lebensläufe Meißner Künstler (1888) von Wilhelm Loose
Johann Friedrich Matthäi
Karl Ludwig Matthäi
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[62] Der älteste derselben war

Johann Friedrich Matthäi;[1] dieser ist am 3. März 1777 in Meißen geboren. Er widmete sich der Historienmalerei und erhielt schon in seinem 14. Lebensjahre einen akademischen Preis in Dresden. 1794 stellte er sein erstes größeres Gemälde aus „Die Eroberung von Fidenä“, was aber nicht besonders günstig beurteilt wurde. Zwei Jahre darnach wurde er als Pensionär der Akademie aufgenommen. Da er sich durch die Richtung des Direktor Casanova, dessen Schüler er war, nicht befriedigt fühlte, wendete er sich mit Unterstützung der Akademie nach Wien, wo er fünf Jahre unter Fügers Leitung studierte. Von dort aus sendete er ein lebensgroßes Bild des „Kastor und Pollux“, das im Salon zu Berlin großen Beifall erhielt. Von 1802–1808 lebte er in Italien, zunächst in Florenz. Daselbst vollendete er sein Aufsehen erregendes Gemälde „Die Ermordung des Aegisthus“, für welches ihn die Florentiner Akademie zum Ehrenprofessor ernannte. Dasselbe befindet sich jetzt in der Königl. Galerie in Dresden. Ebenso erhielt er 1803 aus der Hand der Königin die große goldne Medaille derselben Akademie für eine in zwei Stunden gefertigte Preiszeichnung, welche die Sibylle darstellte, wie sie dem Aeneas den goldenen Zweig übergibt. 1805 beschickte er den Dresdner Salon mit einem [63] neuen Bilde, einer Sündflutscene nach Geßners Dichtung Semin und Semira. In Rom malte er eine ausgezeichnete Kopie der Rafaelschen Grablegung (jetzt im Museum zu Altenburg) und die Bildnisse des dänischen Residenten in Italien Barons von Schubart und seiner Gemahlin. Nach seiner Rückkehr wurde er Professor an der Dresdner Akademie und war eine Zeitlang auch Dirigent derselben. 1823 erhielt er die Inspektion der Gemäldegalerie, seit 1834 mit dem Titel eines Direktors. In demselben Jahre ernannte ihn die kaiserliche Akademie in Petersburg zum „freien Ehrenteilnehmer“. In Dresden trat er besonders dem im Porträtfache ausgezeichneten Graff infolge seiner Verheiratung mit dessen Nichte und Pflegetochter nahe, was nicht ohne Einfluß auf seine künstlerische Entwickelung war; zahlreiche, namentlich in Leipzig zerstreute Bildnisse und Familiengruppen geben davon Zeugnis. Dahin gehört u. a. das Porträt des Barons von Speck-Sternburg in Lützschena. In der nun folgenden Zeit seiner künstlerischen Blüte fertigte er die Altarbilder: „Christus, der die Kinder segnet“, ferner „Die Taufe Christi“ für die Domkirche in Wurzen und 1816 das „Abendmahl“ für die Stadtkirche zu Plauen i. V. (die Studien dazu, sog. Matthäische Halbakte, jetzt im Zeichensaal der Dresdner Akademie), endlich im Auftrage der Stände der Niederlausitz für deren Landsyndikus von Houwald „Der Tod des Kodrus“ (1821–1827), der wohl sein Meisterwerk genannt werden kann. „Immer wird dies Bild eine der edelsten Schöpfungen vaterländischer Kunst bleiben und die Anerkennung, die es fand, wäre gewiß noch lebhafter gewesen, wenn nicht gerade in derselben eine Kunstrichtung aufgegangen wäre, die sich zu ganz entgegengesetzten Principien bekannte.“ Nach dem Tode des Kodrus vollendete er noch fünf lebensgroße Apostelfiguren und ein Gemälde, den Tod des Herzogs von Braunschweig-Öls bei Quatrebras darstellend, im Auftrag des regierenden Herzogs für den englischen Hof bestimmt. Ein ähnliches Bild hatte er schon früher gemalt, nämlich den Tod des russischen Generals Grafen Millesino in der Schlacht bei Dresden 1813, welches von dem Dresdner Kupferstecher Krüger gestochen wurde. Nicht unerwähnt dürfen auch seine Zeichnungen nach Antiken für Beckers Augusteum bleiben, sowie seine Beschreibung der neu errichteten Sammlung vaterländischer Prospekte von A. Thiele und Canaletto. 1834. Sein Bildnis wurde von Professor Vogel gezeichnet und befindet sich in dessen bekannter Porträtsammlung. – In seinen letzten Lebensjahren hatte Matthäi das lebhafte Verlangen, noch einmal Italien zu sehen. Mit seinem jüngsten Sohne reiste er durch die Schweiz dahin. Die von [64] den Ärzten gehoffte Stärkung seiner schwankenden Gesundheit brachte aber diese Reise nicht. In Padua erkrankte er und mußte zurückkehren. Mit Mühe erreichte er Wien, und dort starb er am 23. Oktober 1845. Die herbeigeeilten Seinigen fanden ihn schon nicht mehr am Leben. Nach seinem Wunsche wurde er in Dresden auf dem Annenkirchhofe in der Nähe seiner Eltern bestattet. – Matthäis Bedeutung als Künstler und Lehrer hat wohl sein Schüler, der Maler Freiherr von Oër, am besten gewürdigt. „Matthäi gebührt das Verdienst, seiner sächsischen Heimat zuerst wieder eine ernstere Auffassung, einen strengeren Stil der Zeichnung gezeigt zu haben. Den Einfluß, den die Antike auf unsere Kunstbildung haben kann, überschätzte er allerdings. Dies aber lag in den Principien, wie sie damals von David und seiner Schule ausgehend sich fast über ganz Europa verbreiteten und namentlich in Italien herrschend wurden. Doch hielt sich der deutsche Meister fern von der Gefallsucht und der theatralischen Affektation der Franzosen und Italiener und stellte dagegen wissenschaftliche Gründlichkeit oben an. Er selbst war ein theoretisch gebildeter, fester, wenn auch nicht immer geschmackvoller Zeichner. Der Hellenismus jener Richtung mußte indes den religiösen Darstellungen, die nun einmal in einem ganz andern Elemente leben, eine gewisse plastische Kälte geben, wogegen ihm aus der antiken Welt geschöpfte Stoffe desto besser gelangen. Man muß bedauern, daß Matthäi sich schon zu weit in seiner Bahn vorgeschritten fühlte, um mit der neuen Zeit und ihrem Geiste zu wirken. Auch wurde ihm dieselbe mehr in ihren Auswüchsen bemerklich, und so verhielt er sich gegen sie, wenn nicht ablehnend, so doch passiv, und als ihre volle Berechtigung ihm mehr und mehr klar wurde, war die Kraft der Jugend schon zu sehr gelähmt. – In seiner Befähigung zum Lehramte blieb er stets von unbestreitbarer Bedeutung. Eine engere Privatlehranstalt, die er in seinem Hause gegründet, war längere Zeit hindurch sehr besucht, besonders auch von angehenden Bildhauern (z. B. von Rietschel) und Kupferstechern, denen es um einen wissenschaftlichen Grund für die Zeichnung zu thun war. Groß sind auch seine Verdienste, die er sich als Direktor der Galerie erworben. Sein Kennerblick hat dieser mehr als ein schon verloren gegebenes oder unkenntlich gewordenes Meisterwerk gerettet, und wenn er sich oft dem Verlangen nach gewagten Restaurationen entgegenstellte – wir erinnern an die Palmarolische Restauration der Sixtinischen Madonna –, so möchte die Nachwelt ihm desfalls nur Dank zollen.“


  1. Taufregister der Stadtkirche z. g. J. Meusel, Neues Museum 1794. 3. Stück. S. 268. Derselbe, Archiv für Künstler und Kunstfreunde 1805. 1, 133. 155 u. f. 2, 4. Meusel, Künstlerlexikon 2, 19. Füßli, Künstlerlexikon 1, 799 (berücksichtigt die Zeitungsliteratur). Cottasches Kunstblatt 1822. S. 372. 1834. S. 196. 392. 1843. S. 287. Nagler, Künstlerlexikon 8, 449 u. f. Cottasches Kunstblatt 1846 S 10 u. f. (Nekrolog von Th. v. Oër, dessen am Grabe gehaltene Rede auch besonders gedruckt erschien). Neuer Nekrolog der Deutschen 1845. S. 814 u. f. Leipziger Zeitung 1845. Oktober. Raczynski, Geschichte der neueren deutschen Kunst 1841. 3, 221. Hagen, die deutsche Kunst in unserm Jahrhundert 1857, 1, 87. 91. 114.[WS 1] 2, 5. Müller, die Künstler aller Zeiten und Völker 3, 46. Oppermann, Rietschel S. 88. v. Biedermann, Goethe und Dresden 1875. S. 111. 134. Jugenderinnerungen eines alten Mannes. S. 482 u. f. Allgemeine deutsche Biographie 20, 606. Mitteilungen des Herrn Galerieinspektor Müller in Dresden.


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