MKL1888:Währung
[333] Währung (lat. valuta, Gültigkeit, von valeo, gelten, franz. Étalon, engl. Standard, Legal tender), ursprünglich s. v. w. Gewähr (Wertschaft), nämlich für die richtige Beschaffenheit (Gewicht und Feingehalt) ausgeprägter Münzen, dann die als gesetzliches Zahlungsmittel (engl. legal tender) gültige Geldeinheit, welche in unbeschränkter Menge bei Zahlungen angenommen werden muß. Demgemäß konnte der Gulden süddeutscher W. dem Gulden österreichischer W. gegenübergestellt werden, ebenso die Währungs- (Kurant-) Münze der Scheidemünze. Das Währungsgeld kann aus verschiedenem Metall geprägt sein. Mit besonderer Rücksicht hierauf spricht man, ohne Münzfuß, Art der Prägung etc. weiter zu beachten, auch schlechthin von der einfachen und der Doppelwährung. Die einfache W. ist diejenige, bei welcher nur eine Metallart zur Ausprägung von Währungsmünzen benutzt wird. So hatte Deutschland bis zum Jahr 1873 die Silberwährung. Die aus Silber vollhaltig nach dem gesetzlichen Münzfuß ausgeprägten Gulden und Thaler sowie die vollhaltigen Teilmünzen waren gesetzliches Zahlmittel. Von den kleinern Münzen (Scheidemünzen) brauchte nur eine Menge bis zu einem gesetzlich bestimmten Höchstbetrag angenommen zu werden. Für Goldmünzen, auch wenn solche im Inland ausgeprägt wurden, bestand kein Annahmezwang, ebensowenig war ein festes Preisverhältnis zwischen ihnen und den Silbermünzen für den Verkehr gesetzlich festgesetzt. Goldmünzen hatten infolgedessen einen von Zeit zu Zeit schwankenden Kurs. Bei der Goldwährung ist die Währungsmünze aus Gold geprägt; Silber wird nur zur Herstellung von Scheidemünze benutzt, im übrigen haben Silber und Silbermünzen ebenso wie das Gold bei der Silberwährung nur die Bedeutung einer im Preis veränderlichen Ware. Diese einfache W. ist auch schon als Mischwährung deswegen bezeichnet worden, weil bei ihr neben der Kurantmünze auch aus anderm Metall geprägte Scheidemünze im Umlauf sei, wobei jedoch übersehen wird, daß der unbeschränkte Annahmezwang ein vorzügliches Merkmal des Begriffs W. ist, und daß ohne dieses Merkmal eine einfache W. praktisch unmöglich wäre. Eine Kupferwährung fällt heute außer Betracht, da Kupfer wegen seiner Eigenschaften, seines Preises, Vorkommens etc. bei der heutigen Verkehrsentwickelung nur in beschränktem Maß für Geldzwecke und zwar nur zur Legierung von Kurantmünzen und für Scheidemünzen verwandt werden kann. Bei der Doppelwährung werden Münzen aus zwei verschiedenen Metallen als gesetzliche Zahlmittel geprägt. Für Zahlungen können nach Belieben die Münzen des einen oder des andern Metalls verwandt werden, während für den Empfänger gesetzlicher Annahmezwang besteht. Voraussetzung hierfür ist die gesetzliche Bestimmung eines festen Preisverhältnisses zwischen beiden Metallen in Münzform. So wurde in Frankreich 1803 ein Verhältnis von 1 : 15,5 angenommen, d. h. 1 kg Gold gleich 15,5 kg Silber. Aus 1 kg Münzgold (0,9 kg Gold und 0,1 kg Kupfer) wurden 3000 Frank, aus 1 kg Münzsilber (ebenfalls zu 0,9 fein) 200 Fr., oder aus 1 kg Feingold 34444/9 und aus 1 kg Feinsilber 2222/9 Fr. ausgebracht. Ein Frank in Gold wurde einem Frank in Silber gleich gesetzt. Besteht nun die Bestimmung, daß Privaten jederzeit edles Metall in Währungsmünze umgeprägt werden muß, so kann die Doppelwährung, wenn sie nur in einem oder wenigen Ländern besteht, leicht in eine thatsächliche einfache W. übergehen. Private werden immer das billigere Metall zur Münze bringen, das daraus geprägte Geld wird zu Zahlungen im Inland verwandt, während das andre Metall mit Vorteil ausgeführt wird. Vor 1849 war der Preis des Goldes höher, als er im französischen Münzgesetz angenommen worden war; infolgedessen verschwand das Gold aus Frankreich, das Silber blieb im Land. Nach 1849 gestaltete sich die Sache umgekehrt; Silber wurde ausgeführt, und Gold strömte nach Frankreich. Diese Thatsache gab dazu Veranlassung, von einer Alternativwährung zu sprechen, indem bald das eine, bald das andre Metall vorwiegend Geldzwecken im Lande der Doppelwährung diene. Eine solche Alternativwährung wird sich immer ausbilden, wenn die Doppelwährung nur in einem oder wenigen Ländern eingeführt ist, während auf dem Weltmarkt das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber Schwankungen unterliegt. Um dem vorzubeugen, wurde in der neuern Zeit vorgeschlagen, die Doppelwährung auf dem Weg des Vertrags in allen oder doch den Hauptkulturländern einzuführen. Diese vertragsmäßige Doppelwährung, Bimetallismus (s. d.) genannt, soll dann bewirken, das Preisverhältnis der edlen Metalle zu einander zu einem unveränderlichen zu gestalten. Wenn überall Gold und Silber im festen Preisverhältnis (z. B. 1 : 15,5) ausgeprägt würden, dann könne durch Ausfuhr, Umschmelzung und Umprägung je des teuerern Metalls nicht mehr ein Gewinn wie heute erzielt werden. Bringe man z. B. 15,5 kg Silber nach Frankreich, tausche dafür 1 kg Gold ein, um das Gold in einem andern Land gegen in Frankreich einzuführendes Silber umzusetzen, so werde man überall 15,5 kg Silber erhalten und büße dabei die Kosten für Versendung und Umprägung ein. Allerdings könnte der Bedarf an edlen Metallen für technische und Münzzwecke einen Einfluß auf die Preisgestaltung ausüben. Doch sei diesem Bedarf gegenüber derjenige für Münzzwecke in dem Maß überwiegend, daß der letztere den Ausschlag gebe. Der Verwirklichung des Bimetallismus steht zunächst im Weg, daß keine Aussicht auf eine dauernde internationale Münzeinigung überhaupt vorhanden ist. Würde, was gerade erstrebt wird, der Silberpreis [334] durch den Bimetallismus wieder gehoben werden, so würden die Länder, welche verhältnismäßig große Mengen an Silber besitzen und erzeugen, zunächst gewinnen, so insbesondere Frankreich und Nordamerika, in welch letzterm Lande die Bewegung zu gunsten des Bimetallismus die mächtigste Stütze findet. Anders liegt die Sache in mehreren Ländern der Goldwährung, insbesondere in England, auf dessen Beitritt nicht zu hoffen ist. Wollte ein einzelnes Land zur Doppelwährung übergehen, so würde dies zur Folge haben, daß dasselbe sofort von den billigern Metallen überschwemmt würde. Denn es ist als eine wesentliche Forderung für Doppelwährung und Bimetallismus aufgestellt worden, daß Privaten edles Metall in unbeschränkter Menge in Münzen umgeprägt würde. Ein derartiges freies Prägungsrecht besteht zur Zeit nirgends für beide Metalle zugleich. Frankreich sah sich veranlaßt, die Silberprägung wegen der Preiserniedrigung des Silbers zu suspendieren. Man hat deshalb dort die sogen. hinkende W. (étalon boiteux), d. h. eine W., bei welcher beide Metalle Zahlmittel in unbegrenzter Menge sind, während von dem einen nur eine beschränkte Menge vorhanden ist. Eine solche hinkende W. besteht auch heute in Holland, in Nordamerika infolge der Blandbill (s. d.), dann in Deutschland. Die in Deutschland noch vorhandenen Thaler (etwa für 450 Mill. Mk.), welche im Verhältnis von 1 : 15,5 ausgeprägt sind, sind gesetzliches Zahlmittel ebenso wie die Goldmünzen.
Ein weitere Schwierigkeit besteht in der Bestimmung des Preisverhältnisses, in welchem Gold und Silber ausgeprägt werden sollen. Dasjenige des lateinischen Münzbundes (1 : 15,5) würde nicht mehr anzunehmen sein, weil der Silberpreis in den letzten 15 Jahren erheblich gesunken ist. Derselbe war im Durchschnitt:
Pence für 1 Unze Standard |
oder 1 kg Gold = kg Silber | |
1851–60 | 61,25 | 15,40 |
1871–75 | 59,02 | 15,98 |
1876–80 | 52,45 | 17,98 |
1882 | 51,81 | 18,20 |
1884 | 50,68 | 18,61 |
1886 | 45,67 | 20,65 |
1888 | 42,88 | 21,99 |
Ursachen dieser Preisminderung sind: 1) Die Zunahme der Silbergewinnung, insbesondere im Westen von Nordamerika. Nevada produzierte Mitte der 60er Jahre 450,000 Pfd., 1870: 750,000, 1875: 2,700,000, 1886 noch über 2 Mill. Pfd. 2) Minderung der Goldgewinnung, welche seit Ende der 50er Jahre bis Mitte der 80er Jahre ziemlich stetig zurückgegangen ist (vgl. Edelmetalle, S. 308). 3) Zunahme der Nachfrage nach Gold bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Silber für Münzzwecke unter Angebot entbehrlich gewordenem Silbers durch die Länder, welche ihre W. änderten. Nach Ostasien wurden abgesetzt im Durchschnitt jährlich 1857–60: 2,9 Mill. Pfd. Silber, 1866–75 nur 1,1 Mill. Pfd. Deutschland, Skandinavien und Holland suchten ihr seitheriges Währungssilber zu verkaufen, Nordamerika und der lateinische Münzbund minderten die Ausprägung von Silber.
Gesetzlich ist die Goldwährung eingeführt in England seit 1816, nachdem dieselbe infolge zu hoher Tarifierung des Goldes bei der Ausmünzung und dadurch veranlaßter Silberausfuhr sich thatsächlich schon früher ausgebildet hatte. Dann besteht sie in Australien, Malta, Kapland, Natal, Kanada, Portugal, Chile, Brasilien, Persien. Sie wurde eingeführt an Stelle der Silberwährung im Deutschen Reich durch Gesetze von 1871, bez. 1873, in Skandinavien auf Grund von 1872, 1873 und 1875 abgeschlossenen Verträgen. In den Niederlanden und in den niederländischen Kolonien bestand seit 1816 die Doppelwährung, 1847 wurden die Goldmünzen eingezogen und demonetisiert, so daß infolgedessen sich eine reine Silberwährung ausbildete, während seit 1874 wieder die Silberausprägung eingestellt wurde. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika führten 1792 gesetzlich die Doppelwährung ein mit einem Preisverhältnis von 1 : 15, welches 1834 und 1857 zwar abgeändert wurde, ohne daß jedoch dem Verschwinden des Silbers vorgebeugt werden konnte. 1866 wurde die Annahme der Goldwährung beschlossen, 1873 der Golddollar zur Münzeinheit erklärt; die Silberprägung sollte nur für Scheidemünzen stattfinden, während sonst den Privaten die Ausprägung der Tradedollar (Handelsmünze für den Verkehr mit Ostasien) gestattet wurde. Infolge der Agitation der Silberpartei wurde 1878 die Bland- (Allison-) Bill erlassen. Die Silberdollars, von welchen monatlich 2–4 Mill. geprägt werden durften, wurden wieder zum unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Bis 1887 wurden bereits 250 Mill. Doll. Silberkurant ausgeprägt. Die Silberwährung besteht zur Zeit in Österreich-Ungarn und Rußland (allerdings wesentlich beeinflußt durch die Papiergeldwirtschaft), dann in Mexiko, Zentralamerika, Ceylon, Mauritius, Ostindien, China. Die Doppelwährung ist eingeführt in Spanien, Peru, Ecuador, Neugranada, dann besteht sie als hinkende W. in den Ländern des lateinischen Münzbundes: Frankreich, Belgien, Italien, Schweiz, Griechenland und Rumänien.
Als gemischte W. bezeichnet man diejenige, bei welcher ein Metall Währungsmetall ist, während die aus dem andern Metall geprägten Münzen zu einem festen oder von Zeit zu Zeit festgesetzten Kurs, dem Kassenkurs, an öffentlichen Kassen an Zahlungs Statt angenommen werden, so daß sie infolgedessen thatsächlich auch im allgemeinen Verkehr als Zahlmittel verwandt werden. Parallel- oder Simultanwährung wird derjenige Zustand des Münzwesens genannt, bei welchem Kurantmünzen aus beiden Metallen geprägt werden, während die Bestimmung des Preisverhältnisses zwischen beiden dem Verkehr überlassen wird. Im Nordwesten von Deutschland bestand früher die Sitte, gewisse Arten von Verträgen in Gold abzuschließen, wobei der Thaler Gold höher als der Thaler Silber gerechnet wurde. Eine Barrenwährung bestand früher in Hamburg, indem an der dortigen Girobank nach Mark Banko, einem bestimmten Silbergewicht, gerechnet und Silbermünzen nach ihrem wirklichen Metallgehalt auf solche Mark Banko umgerechnet wurden. Eine Papierwährung entsteht dann, wenn Papiergeld mit der Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlmittels in zu großer Menge ausgegeben wird, so daß der Kurs unter Pari sinkt. Im Verkehr wird dann immer nach Papiergeld gerechnet. Auch die Scheidemünzen gelten für dasselbe, während metallisches Kurantgeld, soweit es sich noch im Land erhält, ein Agio erlangt (vgl. Papiergeld und Agio).
Aus der reichhaltigen Litteratur vgl. Soetbeer, Die hauptsächlichsten Probleme der Währungsfrage (Jena 1880); Derselbe, Zur Statistik der Edelmetalle (das. 1881, 3 Tle.); Derselbe, Materialien zur Erläuterung und Beurteilung der Edelmetallverhältnisse und der Währungsfrage (Berl. 1885); „Die Währungsfrage im deutschen Handelstag“ (das. 1881); Burchard, Report of the Director of the Mint [335] (Washingt. 1880–81); J. Meyer, Zur Währungsfrage (Berl. 1880); L. Bamberger, Münzreform und Bankwesen (das. 1880); R. Waitz v. Eschen, Goldwährung oder Doppelwährung (Kassel 1880); Bueck, Beiträge zur Währungsfrage (Düsseld. 1881); C. F. Ferraris, Le ultime fasi della questione monetaria („Nuova antologia“ 1881); Kleser, Geld und W. (Berl. 1881); Derselbe, Die deutsche W. und ihre Gegner (Köln 1883); Haupt, Währungspolitik und Münzstatistik (Berl. 1884); Derselbe, Histoire monétaire de notre temps (Par. 1886, eine Münzstatistik aller Länder der Erde); Benzi, Monetaria (Rom 1886); Gibbs und Grenfell, The Bi-metallic controversy (Lond. 1886); Laughlin, History of Bimetallism in the United States (New York 1886); Arendt, Der Währungsstreit in Deutschland (Berl. 1886); Barbour, Theory of Bimetallism and the effects of the partial demonetisation of silver in England and India (Lond. 1886); Horton, The silver pound and England’s monetary policy since the restoration etc. (New York 1887); die „Reports“ der Wertrelationskommissionen in England (1887 u. 1888); weitere Schriften von Bamberger, Bernhardt, Bunzl, Burckhardt-Bischoff, Farmer, Launhardt, Levi, Meyer, Oldekop etc. und bei Art. Bimetallismus.
[965] Währung. Die Valutaregelung hat als wichtige Frage einer angemessenen Regelung des Geldwesens in Österreich schon seit längerer Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Österreich-Ungarn hat gesetzlich die Silberwährung. Aus einem Pfund Feinsilber werden 45 Guld. ausgebracht, und zwar in Stücken zu 2, 1 und 1/4 Guld. Diese müssen als Kurantmünzen zu jedem Betrag in Zahlung angenommen werden. Nun war aber die österreichische W. schon seit langer Zeit durch allzu starke Ausgabe von Papiergeld mit Zwangskurs untergraben worden. Das Metallgeld wurde durch das Papier größtenteils aus dem Verkehr verdrängt, indem es ein Agio erhielt, d. h. indem ein Gulden in Silber mehr galt als ein Gulden in Papier. Dieser Zustand der Papierwährung änderte sich seit 1878 in auffallender Weise, indem das Disagio des Papiers verschwand. Die Ursache hiervon war zum Teil die Hebung des Staatskredits, mehr aber noch der Umstand, daß der Preis des Silbers auf dem internationalen Metallmarkt fortwährend gesunken war. Mit Rücksicht hierauf wurde die Ausprägung auf Rechnung von Privaten, welche seither gegen Zahlung eines Schlagschatzes von 1 Proz. frei prägen lassen konnten, im März 1879 eingestellt. Im Umlaufe befanden sich nunmehr eine beschränkte Menge Silber, 455 Mill. Guld. in Banknoten, welche zu 50 Proz. durch Metall gedeckt waren (im J. 1891), ferner 3–400 Mill. Guld. Staatsnoten. Staats- und Banknoten sind uneinlöslich und haben Zwangskurs. Gegenüber den Ländern der Gold- und der Doppelwährung befand sich Österreich seither in einer für dieses nachteiligen, isolierten Stellung. Seine W. unterlag im Verhältnis zu derjenigen andrer Länder fortwährenden Schwankungen; sein vorhandener Geldbestand konnte bei Regelung von Ein- und Ausfuhr nicht zum Zwecke der Ausgleichung benutzt werden, was einen ungünstigen Einfluß auf die Warenpreise ausübte. Dazu kam die drohende Gefahr einer noch weitern Erniedrigung des Silberpreises. So wurde denn der Wunsch nach einer Änderung der Währungsverhältnisse immer dringender. Nachdem die Minister beider Reichshälften sich verständigt hatten, wurde März 1892 je eine Enquete in Wien und in Budapest veranstaltet. Den geladenen und vernommenen Sachverständigen wurden die folgenden Fragen zur Beantwortung vorgelegt: 1) Welche W. soll bei Regelung der Valuta zur Grundlage genommen werden? Man sprach sich überwiegend, in Budapest ausschließlich für die Goldwährung aus. 2) Ist für den Fall der Annahme der Goldwährung auch ein kontingentierter Umlauf von Kurantsilber zulässig und in welcher Höhe? Österreich kann ebensowenig wie Deutschland sich seines Silbers in kürzester Frist entledigen; vorläufig werden, wie auch vorgesehen ist, noch Silbermünzen als gesetzliches Zahlungsmittel in unbeschränktem Betrage gelten müssen. Allerdings darf die umlaufende Menge keine unbegrenzte sein, die Prägung nicht frei gegeben werden. Österreich hat alsdann eine Zeitlang die sogen. hinkende W. 3) Wäre ein gewisser Umfang von jederzeit gegen Kurantgeld einlöslichen, nicht mit Zwangskurs ausgestatteten unverzinslichen Staatskassenscheinen zulässig und unter welchen Bedingungen? Bei gesunder Staatswirtschaft ist die Ausgabe eines begrenzten Betrages solcher Scheine nicht nachteilig; die deutschen Reichskassenscheine in Abschnitten zu 5, 20 u. 50 Mk. bilden eine gute Ergänzung zu den Banknoten. 4) Welche Grundsätze wären für die Umrechnung des bestehenden Guldens in Gold zur Richtschnur zu nehmen? Bei den bestehenden Interessengegensätzen ist es unmöglich, allen Wünschen gerecht zu werden. Die Relation 1 : 15,5 wurde, da der Silberpreis viel tiefer steht, allgemein verworfen. Man entschied sich für den Tageskurs, und zwar wurde das Mittel der Kurse aus den Jahren 1879–91 empfohlen (1183/4–119 Guld. Silber = 1 Guld. Gold., bez. 1 Guld. Silber = 1,68–1,70 Reichsmark). 5) Welche Münzeinheit wäre zu wählen? Eine Übereinstimmung mit allen Ländern zu erzielen, ist unmöglich. Da nun im Verkehr mit andern Ländern doch der Wechselkurs in Betracht kommt, da ferner derselbe keineswegs immer al pari steht und darum doch eine Rechnung nötig macht, so entschied man sich überwiegend für Annahme einer eignen österreichischen Goldmünze. Eine Reihe theoretischer Gründe, dann der Hinweis auf Deutschland und Frankreich wurden zu gunsten einer kleinern Münzeinheit als der Gulden geltend gemacht.
Hierauf wurden im Mai 1892 sechs Gesetzentwürfe im österreichischen Abgeordnetenhause eingebracht. Der erste derselben handelt von Einführung der Kronenwährung. An Stelle der bisherigen österreichischen W. soll die Goldwährung treten, deren Rechnungseinheit die in 100 Heller eingeteilte Krone ist. Von Landesgoldmünzen werden 20- und 10-Kronenstücke mit einem Mischungsverhältnis von 0,9 Gold auf 0,1 Kupfer ausgeprägt. Aus 1 kg Münzgold [966] (legiertes Metall) werden 2952, aus 1 kg Feingold demnach 3280 Kronen ausgebracht. Eine Krone würde demnach sein = 0,8506098 Reichsmark = 1,050135 Frank = 9,99 englische Pence. Die Ausprägung der Goldmünzen erfolgt auf Rechnung des Staates, für Private gegen eine Gebühr von höchstens 0,3 Proz. bei 20- und von 0,5 Proz. bei 10-Kronenstücken, sofern das Münzamt nicht für den Staat beschäftigt ist. Österreichische Dukaten werden wie bisher als Handelsmünze geprägt, und zwar 81189/355 Stück aus 0,28067 kg Feingold im Feingehalt von 0,986 (genau 23 Karat 8 Grän). Die seither geprägten Silberkurantmünzen bleiben bis auf weiteres im gesetzlichen Umlauf, 1 Guld. gilt hierbei gleich 2 Kr. Neue Silbermünzen (als Kurantmünzen) zu 2, 1 und 1/4 Guld. werden nur vom Staat aus vorhandenen Silberbeständen geprägt. Als Scheidemünzen der Kronenwährung werden, und zwar nur auf Rechnung des Staates, geprägt: 1) in Silber 1-Kronenstücke und 50-Hellerstücke, und zwar 200, bez. 400 Stück aus 1 kg Münzsilber mit einem Feingehalt von 0,835 Silber auf 0,165 Kupfer; im ganzen sind 140 Mill. Kr. in Silber zu prägen; 2) in Nickel, und zwar aus reinem Metall 20- und 10-Hellerstücke, aus 1 kg Metall 250, bez. 333 Stück; im ganzen sind für 42 Mill. Kr. auszuprägen und unter Einziehung der vorhandenen Silberscheidemünzen auszugeben; 3) in Bronze (zu 0,95 Kupfer, 0,04 Zinn und 0,01 Zink) 2- und 1-Hellerstücke im Betrag von 18,2 Mill. Kr.; aus 1 kg legiertem Metall werden 300, bez. 600 Stück ausgebracht, welche gegen Einziehung der vorhandenen Kupferscheidemünzen auszugeben sind. Bei öffentlichen Kassen werden Silbermünzen unbeschränkt, Nickel- und Bronzemünzen bis zum Betrag von 10 Kr. angenommen. Private sind nicht verpflichtet, Silbermünzen der Kronenwährung im Betrage von mehr als 50 Kr., Nickel von über 10 Kr. und Bronze von über 1 Kr. in Zahlung zu nehmen. Die weitern nötigen Anordnungen, insbesondere über Einführung der obligatorischen Rechnung in der neuen W., werden durch besondere Gesetze getroffen werden.
Die übrigen Gesetzesvorlagen beziehen sich auf den Abschluß des durch die Währungsänderung nötig gemachten Münz- und Währungsvertrages mit Ungarn, auf die Erfüllung der auf Goldgulden lautenden Verpflichtungen in Landesgoldmünzen der Kronenwährung, ferner auf die Änderung der Statuten der österreichisch-ungarischen Bank, wodurch dieselbe verpflichtet wird, gesetzliche Goldmünzen zum Nennbetrag und Goldbarren nach dem Münzfuße der Kronenwährung einzulösen. Der fünfte Entwurf ermächtigt den Finanzminister zur Aufnahme eines 4proz. Anlehens zur Goldbeschaffung im Betrage von 183,5 Mill. Goldgulden; der sechste Entwurf bezieht sich auf die Konvertierung 5- und 43/4proz. Staatsschuldverschreibungen in 4proz. Papiere. Alle diese Gesetzentwürfe stehen zur Zeit noch in Beratung. Vgl. Ostersetzer, Währungswechsel und Wiederaufnahme der Barzahlung (Wien 1892); O. Haupt, Gold, Silber und die Valutaherstellung (das. 1892); Menger, Die Valutaregulierung in Österreich-Ungarn („Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik“, dritte Folge, Bd. 3).