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MKL1888:Papiergeld

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Papiergeld“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 680681
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Papiergeld. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 680–681. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Papiergeld (Version vom 18.02.2025)

[680] Papiergeld (franz. Papier-monnaie, engl. Paper-money) ist im weitern Sinn des Wortes jedes auf einen bestimmten Geldbetrag lautende unverzinsliche Wertpapier, welches im Verkehr wie bar Geld (s. d.) von Hand zu Hand geht und so als Ersatzmittel des letztern (Geldsurrogat) dient. Zwar ist Papier als Umlaufsmittel schon in alter Zeit in China und Karthago benutzt worden, doch erfolgte eine ausgedehntere Anwendung desselben erst mit dem 18. Jahrh. Das P. kann ausgegeben werden vom Staat, von Zettelbanken (s. Banken, S. 325), dann auch mit Staatsgenehmigung von öffentlichen Korporationen (wie früher die Thalerscheine der Leipzig-Dresdener Eisenbahngesellschaft und das Stadt-Hannoversche P.). Im engern Sinn versteht man unter P. nur solche papierne Umlaufsmittel, für welche keine Einlösungspflicht der ausgebenden Stelle besteht, und die durch den Zwangskurs zu gesetzlichem Zahlmittel (engl. legal tender) erklärt sind, d. h. ebenso wie Bargeld zur endgültigen Ausgleichung von Leistung und Gegenleistung oder zur Tilgung von Verbindlichkeiten benutzt werden können. Die Annahme desselben beruht auf dem Vertrauen, daß es jederzeit wieder zu Zahlungen verwandt werden kann (Zahlungskredit). Uneinlöslich und mit Zwangskurs ausgestattet ist in der Regel nur Staatspapiergeld. Mit demselben können gewöhnlich alle Zahlungen an Staatskassen geleistet werden (sogen. Steuerfundation). Aber man hat für dieses P. bisweilen, wie z. B. in Holland, besondere Einlösungskassen errichtet, an welchen dasselbe in Metallgeld umgesetzt werden kann. Mitunter ist selbst dem vom Staat ausgegebenen P., wie den deutschen Reichskassenscheinen, kein Zwangskurs beigelegt. Die echte Banknote sollte, wie die der deutschen Banken, einlöslich sein und keine gesetzliche Zahlungskraft haben, ihre Verwendung im Verkehr sollte also nur auf dem sogen. Einlösungskredit beruhen. Indessen haben auch schon Privatbanken Noten ausgegeben, welche im Verkehr angenommen werden mußten, während die Einlösungspflicht, wenigstens eine Zeitlang, durch Suspension aufgehoben war (so bei der Bank von England in der Zeit von 1797 bis 1822). Man kann demnach unterscheiden: a) P. mit Einlösungspflicht ohne Zwangskurs (deutsche Banknoten, auch die Reichskassenscheine), b) P. mit Einlösungspflicht und Zwangskurs (englische [681] Banknoten, holländisches Staatspapiergeld, nordamerikan. Greenbacks), c) P. ohne Einlösungspflicht mit Zwangskurs (das frühere deutsche, das jetzige österreichische, dann das italienische P. bis 1883 etc.). Der mit der Ausgabe solchen Papiergeldes durch Zinsersparung erzielte Gewinn hat nicht selten zu Überschreitung derjenigen Grenzen Veranlassung gegeben, welche durch Staatskredit und Verkehrsbedarf gesteckt werden, so vorzüglich in Frankreich unter Law (s. d.), dann in der Revolutionszeit, als der Verkehr mit Assignaten (s. d.) überschwemmt wurde, in Österreich seit 1848, in Rußland seit 1854. Die Folge davon war, daß der Kurs des Papiers unter den Paristand sank und sich wegen des Zwangskurses die Papierwährung (Papiergeldwirtschaft) praktisch fühlbar machte, indem jetzt eine Art Doppelwährung (Metall-Papierwährung) entstand (vgl. Währung). Diese Papierwährung kann noch dadurch besonders empfindlich werden, daß zwei Papiergeldarten mit verschiedenen Kursen nebeneinander umlaufen (Noten einer privilegierten Bank neben Staatspapiergeld). Das Disagio des Papiergeldes wird zunächst in der geringern Kaufkraft desselben im internationalen Verkehr mit Ländern erkennbar, welche eine vollwertige Metallwährung haben, indem scheinbar die Preise der Güter im Außenhandel steigen. Die Wechselkurse eines Landes mit Papierwährung gegen ein Land mit Metallwährung stehen scheinbar immer ungünstig, weil das Währungsmetall des Weltmarkts (jetzt Gold) gegen die entwertete Papiervaluta ein Agio hat. Sinkt der Preis eines der beiden Edelmetalle, wie es heute beim Silber der Fall ist, so kann scheinbar das Disagio des Papiergeldes gegenüber dem entwerteten Metallgeld verschwinden, wie dies das österreichische P. neben dem Silberwährungsgeld zeigt. Dagegen macht sich das Agio (s. d.) des Metallgeldes oder Disagio des Papiergeldes im innern Verkehr eines Landes den Güterpreisen gegenüber nicht in gleichem, vorauszubestimmenden Maß geltend, sondern es treten hier die mannigfaltigsten Verschiebungen ein, insbesondere aber kann durch wiederholte Kursschwankungen das Verhältnis der verschiedenen Einkommensarten zu einander (Lohn, Zins, Rente, Unternehmergewinn) fortwährend verschoben werden. Diese Wirkungen sind vorwiegend nachteilig, indem die Grundlage planmäßiger Wirtschaft untergraben und die Neigung zu gewagten und unwirtschaftlichen Spekulationen gefördert wird. Die mißlichen Zustände, welche durch Entwertung und Kursschwankungen des Papiergeldes hervorgerufen werden und die sich auch durch nachherige Wiederaufnahme der Barzahlung (Italien 1883, Vereinigte Staaten 1879) nicht wieder voll begleichen lassen, sind nur dadurch zu vermeiden, daß durch praktische Vorkehrungen zur Verwirklichung der Einlöslichkeit nicht allein der Paristand erhalten, sondern auch dafür gesorgt wird, daß diejenigen Mengen P., welche den Bedarf des Verkehrs übersteigen, jeweilig ohne Schwierigkeiten wieder abgestoßen werden können. Unter solchen Voraussetzungen wird die Ausgabe von Staatspapiergeld nicht bedenklich erscheinen. Auch ist dieselbe schon dann nicht gefährlich, wenn sie in einer den Staatseinnahmen u. dem Staatskredit gegenüber verhältnismäßig beschränkten Menge erfolgt. Dann kann auch die einfache Annahme an Zahlungs Statt bei Staatskassen ohne Einlösungspflicht den Kurs al pari erhalten. In Deutschland kursiert seit 1875 neben Banknoten nur Reichspapiergeld (vgl. Reichskassenscheine).