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MKL1888:Verzierungen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Verzierungen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Verzierungen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 170
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Verzierungen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 170. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Verzierungen (Version vom 23.01.2025)

[170] Verzierungen (Manieren, Ornamente, franz. Agréments, Broderies; engl. Graces; ital. Fiorette, Fioriture), in der Musik gemeinsamer Name für die durch besondere Zeichen oder kleinere Noten angedeuteten Ausschmückungen einer Melodie. Früher war es selbstverständlich, daß der Sänger oder Spieler eine einfache Melodie nach eignem Gutdünken und Geschmack auszierte, die Komponisten schrieben daher deren wenige vor; doch war z. B. schon J. S. Bach kein Freund von dieser Art der Aufbesserung der Kompositionen und zog es vor, selbst den Ausführenden vorzuschreiben, wo sie V. anzubringen haben, und was für welche. In gewissem Grad blieb jedoch und ist noch heute die Ausführung der vorgeschriebenen V. Sache des Geschmacks und künstlerischen Verständnisses. Dasselbe Zeichen fordert je nach dem Tempo, der Taktart und dem sonstigen Figurenwerk des Stücks eine verschiedenartige Ausführung, welche sich durch Regeln ohne Umständlichkeit nicht hinreichend bestimmen läßt. Darum hat es Beethoven vielfach vorgezogen, die V. in genau bestimmten Notenwerten auszuschreiben, besonders in den Klavierkonzerten. Die wichtigsten und noch heute üblichen, durch Zeichen angedeuteten V. sind: 1) der Triller, heute stets durch oder tr oder t über der Note gefordert, früher durch oder , auch durch + über der Note und, wenn er mit Vorschleife von oben oder unten oder mit Nachschleife ausgeführt werden sollte, durch oder oder , auch wohl . 2) Der Pralltriller oder Schneller, gefordert durch oder . 3) Der Mordent oder Beißer oder , früher auch ❜ (Pincé), auch als langer Mordent vorkommend. 4) Der Doppelschlag , früher auch als umgekehrter Doppelschlag und sowie in Gesellschaft des Pralltrillers , in welchem Fall zuerst der Pralltriller ausgeführt wurde. Gänzlich veraltet sind: 5) die Bebung (Balancement), ein nur auf dem Klavichord möglicher Effekt, angedeutet durch über der Note. 6) Der Vorschlag, Accent (Chute, Port de voix), angedeutet durch oder . 7) Der Schleifer (Coulé), angedeutet durch dieselben Zeichen vor zwei übereinander stehenden Noten. 8) Das Martellement , doppelt , dreifach , identisch mit Mordent und verlängertem Mordent. 9) Die Aspiration (von oben) oder (von unten); das Zeichen steht vor der Note in den Linien und bedeutet den vom Werte der vorausgehenden Note abgezogenen Vorschlag (Nachschlag) der Ober-, resp. Untersekunde. Von den durch kleine, in der Takteinteilung nicht in Rechnung gezogene Noten angedeuteten V. sind die wichtigsten: 10) der einfache Vorschlag (Appoggiatura), welcher entweder ein langer (Vorhalt) ist, oder ein durchaus kurzer. 11) Der Doppelvorschlag, auch Anschlag genannt, bestehend aus dem Vorschlag einer tiefern und einer höhern Note. 12) Der Schleifer (vgl. 7), bestehend aus zwei oder mehreren höhern oder tiefern Noten in Sekundfolge, früher auch verlangt durch . 13) Das Battement (der Triller mit der Untersekunde), mit der Hilfsnote beginnend. 14) Der Zusammenschlag (Acciaccatura), eine Abart des Vorschlags, die nur für Tastinstrumente möglich ist. Über die Ausführung der einzelnen V. vgl. die Spezialartikel. Natürlich sind noch zahllose andre V. möglich, die durch kleine Noten angedeutet werden, aber keinen besondern Namen haben. Für deren Ausführung gelten die Grundsätze, welche für die hier namhaft gemachten V. entwickelt sind. Zu großer Bedeutung haben sich in der neuern Musik 15) die Nachschläge entwickelt, d. h. V., welche der Hauptnote folgen und daher ihre Dauer verkürzen, während die nächstfolgende Hauptnote von ihrem Wert nichts verliert.