Zum Inhalt springen

Die Neckarseite der Schwäbischen Alb (Schwab): Schwäbisch Gmünd

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Gustav Schwab
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Schwäbisch Gmünd
Untertitel:
aus: Die Neckarseite der Schwäbischen Alb
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1823
Verlag: Metzler
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Die Neckarseite der Schwäbischen Alb. Neudruck der ersten Ausgabe von 1823 mit einer Einführung von Hans Widmann, Tübingen 1960.
Scans auf Commons
S. 255–266
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Schwäbisch Gmünd
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[255]

Schwäbisch Gmünd.
(Höhe 1115 W. F.)

Gasthöfe: Post. Rad.

Lage. Gmünd, ehemalige freie Reichsstadt, jetzt würtemb. Oberamtsstadt, liegt in dem fruchtbaren Thale der Rems, die dasselbe in der Richtung von Osten nach Westen durchströmt. Die Umgebungen der Stadt, nahe und ferne, sind Berge und Wälder mit mannigfaltig abwechselnden Thälern. Gegen die Nord- und Südseite reichen hohe Hügel nahe an die Stadt, mit Baum- und Gemüsegärten bedeckt, und mit freundlichen Land- und Gartenhäusern übersäet. Entfernter sind die Berge gegen Westen, wo das Thal, von dichten Tannenwäldern eingeschlossen, sich dem Kloster Lorch zu krümmt: freier und weiter endlich breitet sich das Thal gegen Osten aus, wo die Aussicht auf die nicht sehr weit entfernte östliche Alb, namentlich auf Staufen und Rechberg, einen schönen Anblick gewährt. Das Remsthal selbst ist reich an Gärten und Wiesen, und der beste Standpunkt für die Stadt und Umgegend der benachbarte Straßdorfer Berg.

Hier macht der schöne Anblick des ehemaligen Frauenklosters Gotteszell, das gegen Osten sich halb hinter die Stadt versteckt, den Beschauer vergessen, daß es in ein Zuchthaus umgewandelt ist, und gegen Westen nimmt sich die Skt. Catharinenpflege (der Hospital) unter vielen Gartenhäusern und Mühlen besonders gut aus. Der ganze Umkreis ist überdieß mit vielen Dörfern, Weilern und Höfen angefüllt.

Die Stadt liegt von Göppingen 4, von Schorndorf 5, von der ehemaligen Reichsstadt Aalen 5, von Hohenrechberg 1½, von Hohenstaufen 2½ Stunden entfernt.

Hat sich der Wandrer die Umgegend beschauet, so wendet er sich zum

Innern der Stadt: Gmünd ist eine ansehnliche Stadt, mit einem Umfang von etwa 3500 Schritten, länglich gebaut, mit [256] starken Mauern, festen Thürmen, Laufgräben, die jetzt angebaut sind, und fünf geräumigen Thoren. Die Einwohnerzahl beträgt nach den neuesten Zählungen 5271 katholische, 287 lutherische; die Zahl der Häuser etwa 1200.

Das Sehenswürdigste der Stadt sind ihre Kirchen, von welchen gegenwärtig fünf dem öffentlichen Gottesdienst gewidmet sind, darunter Eine dem protestantischen. Von den Kirchen innerhalb der Mauern ist die erste

Die Pfarrkirche zum heil. Kreuz, eine schöne, große von Quadern, ganz im Geschmack des 14ten Jahrhunderts (von 1351–1377) gebaute Kirche, deren Gewölbe auf 22 kolossalen Säulen ruht. Leider ist der herrliche Bau längst von seinen beiden Thürmen entblößt, die am Charfreitag 1497 eingefallen und seitdem nicht wieder aufgebaut worden sind. Die ältere Pfarrkirche war

Die Johanniskirche, in welcher die Benediktiner zu Lorch bis 1297 den Gottesdienst besorgten, von wo an Gmünd erst seinen eignen Pfarrer bekommen zu haben scheint. Ihre Bauart ist schön und massiv, zum Theil vorgothisch, und somit die Kirche ihrer ursprünglichen Anlage nach wohl noch vor das 11te Jahrhundert zu setzen. Ihre Wände, besonders die Einfassung unter dem Dach, sind mit hieroglyphenartigen Figuren in erhabner Arbeit angefüllt. So ist an der untern Ecke gegen Süden eine sitzende, gekrönte Frau eingehauen, mit einem Kind auf dem Schooß; des Kindes linke, der Frau rechte Hand hält etwas, das einem Apfel gleicht, über ihnen erscheint ein Engel, der seine Hände segnend über beide ausstreckt. Von den untern Hieroglyphen zeichnen sich zwei gekuppelte Hunde in vollem Lauf mit einem Männchen aus, das in ein Jagdhorn bläst. Daneben ist noch ein andres Männchen, und eine Figur, drei in einander geschlungenen Bretzeln ähnlich, Zweifelsstrick vom Volke genannt. An dem Giebel gegen Westen, ungefähr in der Mitte, erblickt man ein Männchen, dem ein Teufel die Nase wegreißt. Ueberdieß sind viele zahme und wilde Thiere, meist sehr rauh ausgearbeitet in die Quadersteine der Kirche eingehauen. Die Deutung der Hauptfiguren beruht in des Volkes Munde theils auf der Jagdlust und den Ritterspielen der alten Zeiten, theils auf einer Sage von der Herzogin Agnes, Gemahlin Friedrichs von [257] Staufen und angeblicher Stifterin dieser Kirche (eine Annahme, nach der ihre Erbauung erst in das Ende des 11ten Jahrhunderts fiele). Diese soll hier auf der Jagd ihren Ehering verloren und wieder gefunden haben, oder gar verirrt und in Fährlichkeiten gerathen, auf wunderbare Weise gerettet worden seyn. Das Männchen, dem die Nase weggerissen wird, ist nach der Tradition der Baumeister, an dem der Teufel diese Operation vertragsmäßig vorgenommen, weil er versäumte, das Gebäude in der versprochenen Zeit herzustellen. Im Innern der Kirche ist nur ein auf Tuch gemaltes Bild merkwürdig, das die Burg Hohenstaufen und die Gegend vorstellt, ehe Gmünd existirte, und wohl schwerlich müssige Erfindung eines neuern Malers, sondern Copie eines alten Bildes ist. Die Kirche hat einen schönen, aber eigenthümlich geformten, bis zur obersten Spitze ganz massiv gebauten Thurm, der Schwindelstein genannt. – In der Grabschrift eines J. Kirssenesser lasse man sich die verfälschte Jahreszahl 1050 nicht verführen.

Das daneben stehende Veits-Kirchlein scheint noch viel älter zu seyn, und ist vielleicht das Kirchlein des schon vom Abt Volrad zu St. Denys (reg. 768–814) hier erbauten Klösterleins.

Die heil. Geists- oder Hospitalkirche, an den Spital angebaut, alt und winklicht, ist für den Gottesdienst der Spitäler bestimmt. In seiner Gruft sollen die in den Turnieren gebliebenen Ritter begraben seyn. Es konnte kaum Raum für ein paar Mönche und die Bewohner der umliegenden wenigen Höfe haben, die an der Stelle Gmünds und vielleicht schon diesen Namen führend, standen.

In der Franziskanerkirche am Schulcollegium ist der gewöhnliche Gottesdienst der Schüler.

Die ehemalige Augustinerkirche ist für die Protestanten eingerichtet.

Die größere und schönere Dominikanerkirche und die Skt. Ludwigskirche beim ehemaligen Frauenkloster dieses Namens sind geschlossen und zu Magazinen umgewandelt.

Die Kapuzinerkirche sammt dem Kloster ist abgetragen.

Außer diesen Kirchen sind noch 2 Capellen in der Stadt, die eine zu Sankt Georg an dem Federgassenthor, die andre zu Sankt Sebald in der Waldstetter Gasse.

[258] Außerhalb der Mauern steht

die Skt. Leonhardskirche auf dem Gottesacker, und nahebei eine Capelle zu unsers Herrn Ruh, an der Straße nach Aalen.

Westlich von der Stadt führt ein bequemer Spaziergang einen Hügel hinauf, an den Leidensstationen des Herrn (in Holz gearbeitete Figuren unter bedeckten Häuschen) vorbei, nach der sehenswürdigen Wallfahrtskirche Skt. Salvator mit einem schönen Thurm, wo man eine einladende Aussicht auf die Stadt, deren Umgegend und die Gipfel der benachbarten Alb genießt. Die Kirche selbst besteht in zwei über einander stehenden Capellen, die in einen Felsen eingehauen sind (sonst der Epperstein genannt), und die ein ordentliches Dach bedeckt. In der untern Capelle ist das Wallfahrtsbild auf dem Nebenaltar, Christus am Kreuz aus Stein gehauen, so wie daneben die Bildnisse Mariä und Johannis. Die Capelle ist kellerartig und erhält durch Fenster, die in den Felsen gebrochen sind, Licht. Rückwärts ist in denselben Felsen eine Clause eingehauen, die vor Zeiten ein Eremit bewohnte.

Nicht weit davon, unten im Thale, steht die Skt. Catharinenkirche, bei dem Spital gleichen Namens.

Etwas weiter oben gegen die Stadt zu liegt die Capelle Skt. Joseph.

Endlich hat Gotteszell noch eine Kirche, in welcher der evangelische Stadtpfarrer den Züchtlingen predigt. Das Zuchthaus selbst ist ein schönes, helles, geräumiges, zu seinem Zwecke wohl eingerichtetes Gebäu, das in einer nicht unfreundlichen Umgebung eine halbe Viertelstunde nordöstlich von der Stadt, an der Straße nach Aalen liegt. Es war vordem ein Frauenkloster, im J. 1240 von 2 Wittwen, die Schauppen genannt, erbaut, und hatte das Unglück, dreimal ein Raub der Flammen zu werden, das erstemal im Religionskrieg 1546, das letztemal 1609. – Die gewöhnliche Arbeit der Züchtlinge ist Wollenspinnen.

Die Bauart der Stadt ist nicht regelmäßig, aber doch geräumig. Bemerkenswerth sind noch: das schöne, moderne Rathhaus (1793 gebaut), die Oberamtei, die Kaserne (das ehemalige, seit 1764 neugebaute Dominicanerkloster), der Hospital; das Industrieschulgebäude Skt. Ludwig, ein von ehemaligen Klosterfrauen besorgtes Mädcheninstitut (im J. 1445 für Seelschwestern, [259] Krankenwärterinnen, gestiftet); das Schulcollegium Skt. Ludwig (ein Minoritenkloster, 1212 von Walter von Rinderbach erneuert und begabt); die Schmalzgrube vor Zeiten – die latein. Schule und Gmünds Stadttheater, im Erdgeschoß Criminalgefängnisse; die schöne deutsche Schule, ehemals das Waisenhaus (1768 erbaut); das Geräthhaus der Stadt (ehemals die Rüstkammer); das Kornhaus, das Werkhaus, das Armenhaus; die Fuggerei, d. i. ehemalige Wohnung eines Grafen Fugger; das königl. Taubstummeninstitut, dessen Vorsteher der verdienstvolle Gründer desselben, Herr Ritter Alle, ist. – Mehrere der schönsten Gebäude verbrannten im Jul. 1793. Doch sind noch manche geschmackvolle und massive Privatgebäude da, die der Stadt sehr wohl anstehen.

Geräumige Plätze sind der Marktplatz vor dem Rathhaus, und der Kasernen- oder Paradeplatz.

Von der Einwohnerschaft in Gmünd machen die Goldschmiede (so heißen alle, die in Gold, Silber, Semilor, Tomback und Messing arbeiten) einen der bedeutendsten Theile aus. Es sind ihrer 500, und der Wohlstand und die Lebhaftigkeit der Stadt hängt ganz von dem Handel und dem blühenden Zustand dieser Manufakturisten ab. Leider ist dieser sehr gesunken und seit vielen Jahren so unbedeutend, daß die meisten derselben keine Arbeit und keinen Verdienst haben, während die Gmünder Handelsleute ehemals selbst in Frankreich, Holland und den Niederlanden nicht unbedeutende Waarenlager hatten. Einen besondern Einfluß hat dieses Gewerbe auf die

Bürgerliche Tracht der Weiber, die jedoch immer seltner wird und bei den meisten der französischen Mode weichen muß. Sie besteht in mehreren langen Röcken, einer Schürze, einer ziemlich steifen Schnürbrust, einem Wamms mit kurzen Aermeln und Manschetten, einer hellbraunen Band- oder kleinen niedlichen Drahthaube. Hierzu werden nun bei Festkleidern, zumal der Wohlhabenden, meistens gute seidene Stoffe, Gold- und Silberborden und schöne Spitzen verwendet; wie denn überhaupt der Putz mit Gold- und Silbergeschmeide, Ohrenringen, Halsbändern, Ketten, Schnallen und dergleichen, als Hauptartikel des inländischen Handels, auch an den Bewohnern dieser Stadt von jeher nichts Ungewöhnliches war.

[260] Neben jenen Goldwaaren sind auch noch Strümpfe, Mützen u. s. w. aus Baumwollengarn, ein Hauptzweig des Gmünder Handels, eben so hölzerne Tabackspfeifenköpfe (Ulmerköpfe), die in den benachbarten Orten Waldstetten, Rechberg u. a. verfertigt, von den hiesigen Silberarbeitern schön beschlagen und nach außen verführt werden. Seit geraumer Zeit hat Gmünd auch eine Buchdruckerei und eine Verlagshandlung (C. C. Ritter).

Ehemalige Verfassung der Reichsstadt Gmünd.

Die Regierung von Stadt und Land befand sich in den Händen eines Magistrats (Raths), der aus 3 Bürgermeistern, 2 Ober- und 3 Unter-Städtemeistern und 4 Senatoren bestand. Von den letztern waren 3 bei der Contributionskasse angestellt, und hießen Cassierer. Der 4te und jüngste war zugleich Bauherr.

Von zwei Consulenten war der erste Canzleidirektor, der zweite Stadtschultheiß.

Der regierende Bürgermeister, welcher 4 Monate im Amte war, hatte die Rathssitzungen anzusagen und war Referent. Die Beschlüsse erlangten durch die Majorität des Rathes Gültigkeit.

Die Consulenten hatten dabei berathende, in Rechtsfällen aber entscheidende Stimmen. Die 3 Bürgermeister, die 2 Oberstädtemeister und die 2 Consulenten bildeten den geheimen Rath, der die Angelegenheiten der Landschaft und alle Sachen, die keinen Verzug litten, besorgte, darüber aber dem ganzen Rathe zu referiren hatte.

Die Stadtkammer (Städtemeisterstube), bestehend aus sämmtlichen 5 Städtemeistern, besorgte die Stadtökonomie, alle Baulichkeiten, Feueranstalten, Stadtwaldungen und das städtische Rechnungswesen. Der Amtsoberstädtemeister war 1½ Jahr im Amt. Der Bauherr stand unter der Direktion der Stadtkammer.

Die 3 Cassiere bildeten das Steueramt (Cassierstube), nahmen von Stadt und Land die Steuern ein, leisteten die Reichs- und Kreisschuldigkeiten und besorgten das Contingent. Sie stellten dem Rathe Rechnung.

[261] Die Rathsstellen wurden durch den Rath mittelst Wahl nach Stimmenmehrheit vergeben, und durch ihn auf dieselbe Weise die Rathsglieder zu einer höhern Stelle befördert.

Was für ein demokratisches Element stand dieser Oligarchie zur Seite? Das Recht, das die Bürgerschaft hatte, fünf Syndicos, Anwälte, aus ihrer Mitte zu wählen. Diesen mußten die Stadtrechnungen zur Einsicht vorgelegt werden, und sie durften, wenn sich die Bürgerschaft beschwert glaubte, oder bei willkührlichen Handlungen des Rathes Vorstellungen machen, und im höchsten Falle die Appellation an die obersten Reichsgerichte ergreifen.

Erst in den neuern Zeiten wurden bei außerordentlichen Fällen, welche der Krieg herbeiführte, die bürgerlichen Syndici immer, manchmal sogar auch die Zunftvorsteher zu den Berathungen eingeladen, und ohne ihre Beistimmung nichts vorgenommen.

Jeder Bürger hatte übrigens gleiche Rechte, und jeder, der die erforderlichen Eigenschaften hatte, konnte zum Regimente kommen. Nur mußte, wer sich als Bürger eingekauft, 6 Jahre lang Bürger seyn, ehe er zum Rathsglied ernannt werden konnte. Die Bürger waren von Frohnen und Wachdiensten frei.

Bürger aber war nur der Einwohner der Stadt Gmünd. Die Bewohner des reichsstädtischen Gebiets waren keine Bürger, sondern Unterthanen. Ihre erste Instanz war ihr Amtsvogt, den der Rath aufstellte. Auch keine Zünfte hatten sie; sondern es mußten ihre Handwerker sich den Zünften zu Gmünd einverleiben lassen.

Die Landbesitzungen Gmünds waren nicht unbedeutend. Sie theilten sich in zwei Aemter, deren jedes einen Amtsvogt hatte: 1) das Amt Betringen mit 18 Dörfern und Weilern, welche Gmünd größtentheils ganz besaß; darunter sind die beiden Betringen und Bebingen, Weiler und Beuren in den Bergen, Lautern; dann viele Höfe, worunter Beißwang.

2) Das Amt Spreitbach mit 16 Dörfern und Weilern, worunter Spreitbach, Zimmerbach, Muthlangen, Wetzgau und viele Höfe.

Contingent stellte die Stadt zur Reichsarmee 57 Mann zu [262] Fuß, zum Regiment Baden-Durlach, und 11 Reiter zu Würtemberg, Dragoner.

Auf den Reichstagen hatte sie seit den ältesten Zeiten ihre Repräsentanten.

Geschichtliches über Gmünd.

Die Sage über Gmünds Ursprung hängt mit jener alemannischen Geschichte zusammen, deren wir beim Rechberg Erwähnung gethan. Die auf diesem Berge angesiedelte neue christliche Colonie soll nämlich zum Behuf ihrer Jagdfreuden hier im Thal einen Hof gebaut und nach seiner Bestimmung Gmünd, d. i. Gaudia mundi, Weltfreuden genannt haben. (Viel wahrscheinlicher leitet sich indessen der Name von der hier erweiterten Mündung des Remsthales ab; Rems-Gmünd, wie Neckar-Gmünd bei Heidelberg.) Jene Begebenheit fiele zwischen die Jahre 650–699. Eine bestimmtere Nachricht ist, daß Carl der Große (768–814) dem Abt Volrad von St. Denys die Erlaubniß gab, im Herzogthum Alemannien mehrere Klösterlein an verschiedenen Orten zu gründen, unter anderm auch zu Gamundia. Dieser Ort muß also, wenn auch nur als Hof, damals schon vorhanden gewesen seyn.

Aus seiner Dunkelheit stieg aber Gmünd erst empor, als das benachbarte Geschlecht der Büren auf den schwäbischen Herzogsstuhl, und dann auf den Reichsthron erhoben ward.

Der neue Herzog, Friedrich von Schwaben (1080–1105), brauchte zur Schöpfung seines Hofstaates eine benachbarte Ansiedlung von Handwerkern, Künstlern und Kaufleuten. Diese sammelten sich in Gmünd, und so mag schon in dieser Epoche der erste Grund zu dem Hauptgewerbe der Stadt, der Gold- und Silber-Arbeit, gelegt worden seyn. Die Herzoge thaten alles, um dem wachsenden Städtchen aufzuhelfen, geschickte Bauleute führten herrschaftliche Häuser in der Nachbarschaft auf; besonders schmückten sie den Flecken mit der noch stehenden Johanniskirche, die wahrscheinlich dem 1102 von Herzog Friedrich und seiner Gemahlin Agnes in der Nachbarschaft gestifteten Benediktiner-Kloster Lorch einverleibt ward. Der Ort selbst aber wurde wohl damals, wie andere, durch einen staufenschen Vogt regiert.

[263] Friedrich der Einäugige von Staufen, Herzog von Schwaben, umgab Gmünd mit Mauern (1110). Sein Sohn Friedrich der Rothbart, als er von dem Kreuzzuge, in welchen er seinen Oheim, den Kaiser Conrad (1148) begleitet, zurückgekommen war, fand den Vater todt, und übernahm die Regierung des Herzogthums Schwaben. Bald darauf (1152) starb auch Conrad, und Barbarossa ward zum Kaiserthron gerufen. Unter ihm, dem Freunde der Kunst und des Gewerbes, scheint Gmünd wirklich zur bedeutendern Stadt geworden zu seyn; er soll sich öfters hier aufgehalten, dem Flecken Stadtrecht, andre Freiheiten, auch das Wappen, ein silbernes Einhorn im rothen Schilde, ertheilt haben.

Unter der Regierung seiner Söhne, Heinrichs VI. († 1197) und Philipps († 1208), wuchs die Stadt immer mehr; viel adelige Geschlechter aus der Nachbarschaft hatten sich bürgerlich in ihr niedergelassen. Je mehr im Anfange des 13ten Jahrh. das Ansehen des hohenstaufenschen Kaiserhauses sank, hub und befreite sich der einzelne, und so mag auch dieß der Zeitpunkt gewesen seyn, wo Gmünd, wahrscheinlich durch ein erkauftes Privilegium, seine eigne Municipalität erhielt.

Doch war die Stadt, so lange noch Hohenstaufen lebten, ihren angebornen Herrn von ganzem Herzen ergeben. Bei den unaufhörlichen Kriegen Friedrichs II. mit dem Pabste hielt Gmünd treulich zu ihm, sandte ihm Hilfsvölker nach Italien, und zog sich dadurch den Haß des heil. Stuhls zu. Ein Priester Albertus befahl im Namen des Pabstes, im J. 1240, dem Bischof zu Aichstädt, die Stadt Gmünd und alle, die dem Kaiser Hülfe sandten, in Bann zu thun. Aber der Bischof gehorchte nicht. –

Seit Gmünd zur freien Stadt geworden, hatten die Bürger, wahrscheinlich freiwillig, ihrem Adel die Regierung überlassen, um ungestörter ihr Gewerbe treiben zu können. Härte und üble Wirthschaft aber scheinen die Bürgerschaft erbittert zu haben; sie entriß ihm im J. 1284 die Regierung, jagte ihn zur Stadt hinaus, und zerstörte seine benachbarten Schlösser, Eitakofen, Brogenberg, Eitzelburg, Rinderbach und Wolfsthal. Zum ersten Bürgermeister wählten sie aus ihrer Mitte Bernhard Klebzagel. Doch scheint sich der Adel bald wieder mit der Stadt versöhnt zu haben, indem er nicht nur wieder in die [264] Stadt eingelassen, sondern schon 1293 wieder zu Rathsherrn gewählt wurde.

Im J. 1349 war aber die Stadt schon wieder im Kriege mit den Adelichen, und Ulrich von Rechberg tödtete ihr auf einem Streifzuge 40 Bürger.

Im J. 1353 erhielt die Stadt von Kaiser Carl IV., den Grafen von Würtemberg, Eberhard den Greiner, zum Schutzherrn. Im J. 1375 trat sie nebst andern Reichsstädten, in ein Schutz- und Trutzbündniß mit ihm, gerieth aber schon im folgenden Jahre mit dem Grafen und dem Kaiser in blutige Fehde, weil der letztere, wie er es nicht selten in Geldverlegenheiten machte, die Reichsstadt gegen baares Geld an den Grafen versetzte, der nun die Auslage mit Wucher von der Stadt zu erpressen suchte. Die Städte und mit ihnen Conrad von Rechberg, wahrscheinlich einer ihrer Hauptleute, wurden nun in die Acht erklärt, und um das Elend voll zu machen, fieng im J. 1377 die Pest an, schrecklich in Gmünd zu wüthen. Schon in diesem Kriege ward das Rechbergische Wäscherschlößchen, die Stammburg der Büren, zerstört. – Doch ward noch in diesem Jahre Friede mit dem Kaiser, und im J. 1379 endete auch die offne Fehde mit dem Greiner.

Im J. 1381 trat Gmünd dem allgemeinen Städtebund bei. Daher es aufs neue 1388 in die Fehde mit Eberhard verwickelt ward, welche mit der Schlacht bei Döffingen endete. Im J. 1393 fielen die Gmünder abermals in Würtemberg ein und beraubten das Schloß des Seefried von Zyllichard, zwischen Eibach und Treffelhausen im Roggenthal. Endlich erfolgte die vollkommene vertragsmäßige Aussöhnung im J. 1395.

Die Reichsstadt hatte früher keine Besitzungen; nun erhielt sie allmählig benachbarte Ortschaften und Höfe, theils durch Kauf, theils durch Schenkung, meistens von den Herren von Rechberg, im Laufe des 14ten Jahrhunderts.

Im J. 1407 wüthete die Pest in Gmünd; im J. 1433 ertheilte Kaiser Sigmund der Stadt den Bann, über das Blut zu richten.

Im J. 1449 sehen wir die Stadt schon wieder mit Eßlingen in eine Fehde gegen den Grafen Ulrich von Würtemberg verwickelt, zu Folge deren auch Ulrich von Rechberg den Gmündern absagte, die zwei Rechbergische Klöster zerstörten, aber aus einem Hinterhalt angegriffen, mit großem [265] Verlust zurückgetrieben wurden. Bei Nellingen wurden sie mit den andern Städten von Ulrich aufs Haupt geschlagen, und nun erfolgte im J. 1450 die Aussöhnung.

Um dieselbe Zeit scheint Gmünd kunstreiche Leute, in Verfertigung der damals gebräuchlichen Kriegsmaschinen, in seiner Mitte gehabt zu haben, denn Graf Ulrich machte im J. 1450 mit dem Stadt-Werkmeister Jakob Eyselin einen Vertrag, ihm zwei werfende Handwerke, damit man in die Städte und Schlösser große Steine werfen könnte, zu verfertigen, auch ihm zwei oder drei Leute einzulehren, wie man solche Werke machen und gebrauchen müsse.

Zum Dank für die städtische Hülfe in der Fehde K. Friedrichs gegen den Herzog Ludwig von Baiern 1462, ward das Wappen Gmünds, wie das der übrigen Reichsstädte, in den Reichssturmfahnen gar zierlich um den doppelten Adler hergesetzt.

Im J. 1482 ward auf der Gmünder Bitte von Graf Eberhard ein Landgericht in der Stadt errichtet.

Als im J. 1495 Eberhard zum Herzog erhoben wurde, schickten die Gmünder ihm einen zweifach vergoldeten Becher, auf beiden Seiten den Schild Gmünd.

Im J. 1497 fielen durch die Schuld unvorsichtiger Ausbesserer die zwei Kirchthürme der Stiftskirche ein. Doch geschah kein anderes Unglück dabei.

Im J. 1504 stand die Stadt Gmünd dem Herzog Ulrich im pfälzischen Kriege so männlich bei, daß er ihren Truppen beim Abzug eine schöne Summe Geldes austheilen ließ.

Die weitern Merkwürdigkeiten des 16ten Jahrhunderts verweisen wir in einen besondern Anhang[1].

Zu Anfang des 17ten Jahrhunderts ward die Stadt drei Wochen lang von Herzog Joh. Friedrichs von Würtemberg Obristen, v. Reichau, jedoch fruchtlos, belagert.

Im 30jährigen Krieg ward es von den Schweden und 1637 von der Pest hart mitgenommen.

Den 21. Jan. 1652 wurde Melch. Bestlen „wegen Unholden Werk“ enthauptet und verbrannt.

Im J. 1701 ward ein Aufruhr der Bürgerschaft gegen die Regierung mit Mühe gedämpft.

[266] Im span. Success. Krieg überliefert die Stadt 1703 den siegreichen Franzosen die Schlüssel. Dasselbe geschieht im Revolutionskrieg am Schlusse des Jahrhunderts 1796 und 1800.

Anmerkungen (Wikisource)