Die Engelskirche auf Anatolikon
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Es lacht ein Eiland Mit Feigenbäumen,
Mit Rosenlauben, Mit Rebenranken,
Wie sonst es schaffen Nur die Gedanken,
Wie man’s nur schauet In Morgenträumen.
Das spricht die Sprache, Die alte, traute,
Die zu uns redet Mit Geisterlaute;
Und Freiheit deckt es Mit jungen Flügeln.
Es wohnt im Schutze Der heil’gen Engel,
Von Marmor stehet Ihr Haus gebauet,
Im weißen Kleide, Rein, ohne Mängel.
Wohnt auch die Trauer In solchem Lande?
Warum verödet Die Rosenlauben?
Kein Tausch der Waaren Am regen Strande?
Und birgt sich hinter Den Felsenriffen:
Ein Heer von Masten, Von fremden Schiffen,
Du Griechenvölkchen, Willst du verzagen?
Das Schwert der Väter, Hast’s nicht geschwungen?
Hast mit der Freiheit Nicht Muth errungen? –
„Muth g’nug und Schwerter Sie zu erschlagen!“
Hast du nicht Schanzen, Dich klug zu decken? –
„Ja, Thürm’ und Wände, Der Feinde Schrecken,
Die zehn Geschlechter Wohl überdauern!“ –
Und blüh’n nicht Früchte Dir g’nug dahinter?
„Mir naht kein Hunger, Der mich bedränge:
Mich nährt der Sommer, Nie folgt ein Winter.“
„Nur eins vergaß mir Natur zu spenden:
Kein Quell mir sprudelt Aus ihren Brüsten;
Jetzt wehrt der Feind mir An allen Enden!“
„Umsonst des Blutes Hab’ ich vergossen,
In’s Herz des Feindes Das Blei gesendet!
Die Kraft versieget, das Leben endet!
Doch sieh! Die Menge, Die gläub’ge, wallet
Zum Haus der Engel, Und Flehen schallet:
„O Gott im Himmel, Du kannst uns tränken!“
Machst deine Diener Zu Feuerflammen:
Da krachen Schiffe Zermalmt zusammen,
Da stürzt der Dränger Vor deinem Volke!“
„Heut nach der Erde Geheimster Ader
Wenn erst die Quellen Sich um uns rühren,
So zwingt uns nimmer Des Feinds Geschwader!“
„Erhör’ uns, Retter!“ So tönt’s von Allen.
Hat er vernommen Die fleh’nde Stimme?
Die Schlünde donnern, Die Kugeln fallen.
Und eine flieget Mit Sturms Gefieder,
Reißt durch des Tempels Gewölbte Decken,
Des Volkes Flehen Verstummt in Schrecken,
Schlägt in den Boden, Wühlt in dem Grunde,
Sie gräbt so gierig In seinen Ritzen;
Da hört ihr’s sprudeln, Da seht ihr’s spritzen: –
Da quillt ein Brunnen Tief aus dem Schlunde.
Du fährst als Donner Aus glüh’nden Blechen;
Springst aus den Tiefen In Wasserbächen,
Wenn’s gilt zu retten Das Volk der Frommen!
Da schöpfet Jeder Vom heil’gen Quelle,
Sie schreiten fürder Zum großen Werke,
Fort aus dem Tempel, Hin auf die Wälle.
Dreitausend Kugeln Schickt aus den Schlünden
Zur heil’gen Insel Der Feind vergebens,
So muß die Freiheit Sich ewig gründen.
- ↑ Kleine Inselstadt am Eingange des lepantischen Meerbusens, an Reiz der Lage Venedig vergleichbar. – Die Begebenheit berichtet uns die Allgemeine Zeitung vom 25sten Februar 1824.