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Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl II/Neunzehntes Capitel

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Achtzehntes Capitel Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band (1875)
von Charles Darwin
Zwanzigstes Capitel


[293]
Dritter Theil.


Geschlechtliche Zuchtwahl


in Beziehung auf den Menschen


und Schluss.




[295]
Neunzehntes Capitel.
Secundäre Sexualcharactere des Menschen.
Verschiedenheiten zwischen dem Mann und der Frau. — Ursachen derartiger Verschiedenheiten und gewisser, beiden Geschlechtern eigener Charactere. — Gesetz des Kampfes. — Verschiedenheiten der Geisteskräfte — und der Stimme. — Ueber den Einfluss der Schönheit bei der Bestimmung der Heirathen unter den Menschen. — Aufmerksamkeit der Wilden auf Zierathen. — Ihre Ideen von Schönheit der Frauen. — Neigung, jede natürliche Eigenthümlichkeit zu übertreiben.

Beim Menschen sind die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern grösser als bei den meisten Arten der Quadrumanen, aber nicht so gross wie bei einigen, z. B. beim Mandrill. Der Mann ist im Mittel beträchtlich grösser, schwerer und stärker als die Frau, mit viereckigeren Schultern und deutlicher ausgesprochenen Muskeln. In Folge der Beziehung, welche zwischen der Entwickelung des Muskelsystems und den Vorsprüngen der Augenbrauen besteht,[1] ist die Augenbrauenleiste beim Mann im Allgemeinen stärker ausgesprochen als bei der Frau. Sein Körper und besonders sein Gesicht ist behaarter und seine Stimme hat einen verschiedenen und kräftigeren Ton. Bei gewissen Rassen sollen die Frauen unbedeutend in der Färbung von den Männern abweichen. So spricht z. B. Schweinfurth von einer Negerin aus dem Stamme der Monbuttoos, welche das innere Africa wenige Grade nördlich vom Aequator bewohnen, und sagt: „Wie bei ihrer ganzen Rasse war ihre Haut mehrere Schattirungen heller als die ihres Mannes und war ungefähr von der Farbe halb gerösteten Kaffees“.[2] Da die Frauen auf den Feldern arbeiten und vollständig ohne Kleidung sind, so ist es nicht wahrscheinlich, dass ihre von der [296] der Männer verschiedene Färbung eine Folge davon ist, dass sie der Sonne weniger ausgesetzt sind. Bei Europäern sind vielleicht die Frauen die heller gefärbten von beiden, wie man sehen kann, wenn beide Geschlechter gleichmässig dem Wetter ausgesetzt gewesen sind.

Der Mann ist muthiger, kampflustiger und energischer als die Frau und hat einen erfinderischeren Geist. Sein Gehirn ist absolut grösser, ob aber auch relativ im Verhältniss zur bedeutenderen Grösse seines Körpers im Vergleich mit dem der Frau, ist, wie ich glaube, nicht ganz sicher ermittelt worden. Bei der Frau ist das Gesicht runder, die Kiefern und die Basis des Schädels sind kleiner, die Umrisse ihres Körpers sind runder, an einzelnen Theilen vorspringender, und ihr Becken ist breiter als beim Mann.[3] Dieser letztere Character dürfte aber vielleicht eher als ein primärer, denn als ein secundärer Sexualcharacter betrachtet werden. Das Weib wird auch in einem früheren Alter geschlechtsreif als der Mann.

Wie bei Thieren aus allen Classen, so werden auch beim Menschen die unterscheidenden Merkmale des männlichen Geschlechts nicht eher völlig entwickelt, als bis er nahezu geschlechtsreif ist, und wenn er entmannt wird, erscheinen sie niemals. Der Bart ist z. B. ein secundärer Sexualcharacter, und männliche Kinder sind bartlos, trotzdem sie in frühem Alter reichliche Haare auf ihren Köpfen haben. Es ist wahrscheinlich eine Folge des im Ganzen erst spät im Leben erfolgenden Auftretens der nach einander erscheinenden Abänderungen, durch welche der Mann seine männlichen Charactere erhalten hat, dass dieselben nur aufs männliche Geschlecht überliefert werden. Knaben und Mädchen sind einander sehr ähnlich, ebenso wie die Jungen von vielen anderen Thieren, bei denen die erwachsenen Geschlechter verschieden sind. Sie sind auch dem erwachsenen Weibchen viel ähnlicher als dem erwachsenen Männchen. Die Frau nimmt indessen zuletzt gewisse bestimmte Merkmale an und steht, wie man sagt, in der Bildung ihres Schädels mitten innen zwischen dem Kinde und dem Manne.[4] Wie ferner die Jungen von nahe verwandten aber verschiedenen Species bei weitem nicht so verschieden von einander sind als [297] die Erwachsenen, so verhält es sich auch mit den Kindern der verschiedenen Rassen des Menschen. Einige Forscher haben sogar behauptet, dass Rassenverschiedenheiten am kindlichen Schädel nicht nachgewiesen werden können.[5] Was die Farbe betrifft, so ist das neugeborene Negerkind röthlich nussbraun, was bald in schiefergrau übergeht; die schwarze Farbe entwickelt sich im Sudan innerhalb des ersten Jahres vollständig, aber in Aegypten nicht vor drei Jahren. Die Augen des Negers sind zuerst blau und das Haar ist mehr kastanienbraun als schwarz und nur an den Enden gekräuselt. Die Kinder der Australier sind unmittelbar nach der Geburt gelblich braun und werden in einem späteren Alter dunkel. Die Kinder der Guaranys von Paraguay sind weisslich gelb, erlangen aber im Laufe weniger Wochen die gelblich braune Färbung ihrer Eltern. Aehnliche Beobachtungen sind in mehreren andern Theilen von America gemacht worden.[6]

Ich habe die vorstehenden Verschiedenheiten zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte beim Menschen speciell angeführt, weil sie in einer merkwürdigen Weise dieselben sind wie bei den Quadrumanen. Bei diesen Thieren ist das Weibchen in einem früheren Alter geschlechtsreif als das Männchen, wenigstens ist dies der Fall beim Cebus azarae.[7] Bei den meisten der Species sind die Männchen grösser und stärker als die Weibchen, für welche Thatsache der Gorilla ein wohlbekanntes Beispiel darbietet. Selbst in einem so unbedeutenden Merkmale, wie dem grösseren Vorspringen der Augenbrauenleiste, weichen die Männchen gewisser Affen von den Weibchen ab[8] und stimmen in dieser Hinsicht mit dem Menschen überein. Beim Gorilla und gewissen anderen Affen bietet der Schädel des erwachsenen Männchens einen scharf ausgesprochenen Sagittalkamm dar, welcher [298] beim Weibchen fehlt; und Ecker fand eine Spur einer ähnlichen Verschiedenheit zwischen den beiden Geschlechtern bei den Australiern.[9] Wenn sich bei den Affen irgend eine Verschiedenheit in der Stimme findet, so ist die des Männchens die kräftigere. Wir haben gesehen, dass gewisse männliche Affen einen wohlentwickelten Bart haben, welcher beim Weibchen vollständig fehlt oder viel weniger entwickelt ist. Es ist kein Beispiel bekannt, dass der Kinnbart, Backenbart oder Schnurrbart bei einem weiblichen Affen grösser wäre als bei dem männlichen. Selbst in der Farbe des Bartes besteht ein merkwürdiger Parallelismus zwischen dem Menschen und den Quadrumanen; denn wenn beim Menschen der Bart in der Farbe vom Kopfhaar verschieden ist, wie es ja häufig der Fall ist, so ist er, wie ich glaube, beinahe immer von einer helleren Färbung und häufig röthlich. Ich habe diese Thatsache wiederholt in England beobachtet; vor Kurzem haben mir aber zwei Herren geschrieben, um mir mitzutheilen, dass sie eine Ausnahme von der Regel bilden. Der eine von ihnen erklärt die Thatsache aus der grossen Verschiedenheit der Farbe des Haars in der väterlichen und mütterlichen Seite seiner Familie. Beiden war diese Eigenthümlichkeit schon lange bekannt (der eine war oft in den Verdacht gekommen, dass er seinen Bart färbe); sie waren dadurch darauf geführt worden, andere Menschen zu beobachten, und waren überzeugt, dass solche Ausnahmen sehr selten sind. Dr. Hooker, welcher auf diesen kleinen Punkt in meinem Interesse in Russland aufmerkte, findet keine Ausnahme von der Regel. In Calcutta war Mr. J. Scott von dem dortigen botanischen Garten so freundlich, sorgfältig die vielen Menschenrassen, die dort ebenso wie in einigen anderen Theilen Indiens zu sehen sind, zu beobachten, nämlich zwei Rassen in Sikkim, die Bhoteas, die Hindus, die Birmesen und die Chinesen. Obgleich die meisten dieser Rassen sehr wenig Haare im Gesicht haben, so fand er doch immer, dass wenn irgend eine Verschiedenheit in der Farbe zwischen dem Kopfhaar und dem Barte bestand, der letztere ausnahmslos von einer helleren Färbung war. Nun weicht bei Affen, wie schon angeführt wurde, der Bart häufig in einer auffallenden Weise seiner Farbe nach von dem Haare auf dem Kopfe ab, und in derartigen Fällen ist er ausnahmslos von einem helleren Tone, oft rein weiss und zuweilen gelb oder röthlich.[10]

[299] Was das allgemeine Behaartsein des Körpers betrifft, so sind die Frauen bei allen Rassen weniger behaart als die Männer und bei einigen wenigen Quadrumanen ist die untere Seite des Körpers beim Weibchen weniger behaart als beim Männchen.[11] Endlich sind männliche Affen, ebenso wie die Männer, kühner und feuriger als die Weibchen. Sie führen den Trupp an und kommen, wenn Gefahr vorhanden ist, an dessen Spitze. Wir sehen hieraus, wie nahe der Parallelismus zwischen den geschlechtlichen Verschiedenheiten des Menschen und der Quadrumanen ist. Bei einigen wenigen Species indessen, wie bei gewissen Pavianen, dem Gorilla und dem Orang, besteht ein beträchtlich grösserer Unterschied zwischen den Geschlechtern als beim Menschen, und zwar in der Grösse der Eckzähne, in der Entwickelung und Farbe des Haars und besonders in der Farbe der nackten Hautstellen.

Alle die secundären Sexualcharactere des Menschen sind sämmtlich äusserst variabel, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Rasse, und sie weichen auch in den verschiedenen Rassen bedeutend ab. Diese beiden Regeln gelten allgemein durch das ganze Thierreich. Nach den ausgezeichneten an Bord der „Novara“ gemachten Beobachtungen[12] fand man, dass die männlichen Australier die weiblichen nur um fünfundsechzig Millimeter an Höhe übertrafen, während bei den Javanesen der mittlere Mehrbetrag zweihundertachtzehn Millimeter war, so dass bei dieser letzteren Rasse die Verschiedenheit in der Grösse zwischen den Geschlechtern mehr als dreimal so gross war als bei den Australiern. Zahlreiche Messungen wurden [300] sorgfältig bei verschiedenen Rassen in Beziehung auf die Körpergrösse, den Umfang des Halses und der Brust, die Länge des Rückgrates und der Arme angestellt, und alle zeigten beinahe, dass die Männer viel mehr von einander verschieden waren als die Frauen. Diese Thatsache zeigt, dass, soweit diese Merkmale in Betracht kommen, es der Mann ist, welcher hauptsächlich seit der Zeit modificirt wurde, in welcher die Rassen von ihrer gemeinsamen und ursprünglichen Stammform divergirten.

Die Entwickelung des Bartes und das Behaartsein des Körpers sind bei Menschen merkwürdig verschieden, welche zu verschiedenen Rassen und selbst zu verschiedenen Stämmen oder Familien in einer und derselben Rasse gehören. Wir Europäer sehen das schon unter uns. Auf der Insel von St. Kilda erhalten nach der Angabe von Martin[13] die Männer nicht eher Bärte, welche selbst dann noch sehr dünn sind, als bis sie in das Alter von dreissig oder noch mehr Jahren gelangen. Auf dem europäisch-asiatischen Continente kommen Bärte vor, bis wir jenseits Indien kommen, obschon sie bei den Eingeborenen von Ceylon, wie in alten Zeiten von Diodorus angeführt wird,[14] häufig fehlen. Oestlich von Indien verschwinden die Bärte, so bei den Siamesen, Malayen, Kalmucken, Chinesen und Japanesen. Nichtsdestoweniger sind die Ainos,[15] welche die nördlichsten Inseln des japanesischen Archipels bewohnen, die behaartesten Menschen der Welt. Bei Negern ist der Kinnbart dürftig oder fehlt ganz, auch haben sie keine Backenbärte; in beiden Geschlechtern fehlt häufig das feine Wollhaar am Körper fast ganz.[16] Auf der anderen Seite besitzen die Papuas des malayischen Archipels, welche nahezu so schwarz sind wie die Neger, wohlentwickelte Bärte.[17] Im stillen Ocean haben die Einwohner des Fiji-Archipels grosse buschige Bärte, während diejenigen der nicht weit davon entfernten Archipele von Tonga und [301] Samoa bartlos sind. Es gehören aber diese Menschen verschiedenen Rassen an. Auf der Ellice-Gruppe gehören alle Einwohner zu einer und derselben Rasse; und doch haben auf der einen Insel allein, nämlich auf Nunemaya, „die Männer prachtvolle Bärte“, während auf den andern Inseln sie „der Regel nach ein Dutzend zerstreut stehender Haare statt eines Bartes besitzen“.[18]

Ueber den ganzen grossen americanischen Continent, kann man sagen, sind die Männer bartlos, aber in beinahe allen Stämmen erscheinen gern einige wenige kurze Haare im Gesicht, besonders im hohen Alter. Was die Stämme von Nordamerica betrifft, so schätzt Catlin, dass unter zwanzig Männern achtzehn von Natur vollständig einen Bart entbehren, aber gelegentlich ist ein Mann zu sehen, welcher versäumt hat, die Haare zur Pubertätszeit auszureissen, und einen weichen, einen oder zwei Zoll langen Bart hat. Die Guaranys von Paraguay weichen von allen sie umgebenden Stämmen darin ab, dass sie einen kleinen Kinnbart und selbst einige Haare am Körper haben, aber keinen Backenbart.[19] Mr. D. Forbes, welcher diesem Punkte besondere Aufmerksamkeit schenkte, hat mir mitgetheilt, dass die Aymaras und Quechuas der Cordilleren merkwürdig haarlos sind; doch erscheinen bei ihnen im hohen Alter gelegentlich einige wenige zerstreute Haare am Kinn. Die Männer dieser beiden Stämme haben sehr wenig Haare an den verschiedenen Theilen des Körpers, wo bei den Europäern Haar in Menge wächst, und die Frauen haben an den entsprechenden Theilen gar keine. Indessen erreicht das Haar auf dem Kopfe in beiden Geschlechtern eine ausserordentliche Länge und reicht häufig beinahe auf den Boden; dies ist gleichfalls bei einigen der nordamericanischen Stämme der Fall. In Bezug auf die Menge des Haars und die allgemeine Form des Körpers weichen die Geschlechter der americanischen Eingeborenen von einander nicht so bedeutend ab als bei den meisten anderen Rassen des Menschen.[20] Diese [302] Thatsache ist dem analog, was bei einigen verwandten Affen vorkommt: so sind die Geschlechter des Schimpanse nicht so verschieden von einander als die des Gorilla oder Orang.[21]

In den vorhergehenden Capiteln haben wir gesehen, dass bei Säugethieren, Vögeln, Fischen, Insecten u. s. w. viele Charactere, welche, wie wir allen Grund zu haben glauben, ursprünglich durch geschlechtliche Zuchtwahl allein von einem Geschlechte erlangt worden waren, auf beide Geschlechter überliefert worden sind. Da diese selbe Form der Ueberlieferung allem Anscheine nach in grösserer Ausdehnung beim Menschen geherrscht hat, so wird es viele nutzlose Wiederholungen ersparen, wenn wir die dem männlichen Geschlechte eigenthümlichen Charactere in Verbindung mit gewissen anderen, beiden Geschlechtern gemeinsamen Characteren betrachten.

Gesetz des Kampfes. – Bei barbarischen Nationen, z. B. bei den Australiern, sind die Frauen die beständige Ursache von Kriegen zwischen den Individuen eines und desselben Stammes und zwischen verschiedenen Stämmen. So war es ohne Zweifel auch in alten Zeiten: „nam fuit ante Helenam mulier deterrima belli causa“. Bei den nordamericanischen Indianern ist der Streit förmlich in ein System gebracht worden. Jener ausgezeichnete Beobachter Hearne sagt:[22] – „Es hat bei diesem Volke stets für die Männer der Gebrauch bestanden, um eine jede Frau, welcher sie ergeben sind, zu ringen, und natürlich führt der kräftigste Theil stets den Preis hinweg. Ein schwacher Mann, wenn er nicht ein guter Jäger und sehr beliebt ist, erhält selten die Erlaubniss, ein Weib zu halten, welches ein starker Mann seiner Beachtung für werth hält. Dieser Gebrauch herrscht in allen Stämmen und veranlasst die Entwickelung bedeutenden Ehrgeizes unter der Jugend, welche bei allen Gelegenheiten von ihrer Kindheit an ihre Kraft und Geschicklichkeit im Ringen versucht“. Bei den Guanas von Südamerica heirathen, wie Azara anführt, die Männer selten ehe sie zwanzig oder noch mehr Jahre alt sind, da sie vor jenem Alter ihre Rivalen nicht besiegen können.

[303] Es könnten noch andere ähnliche Thatsachen mitgetheilt werden; aber selbst wenn wir keine Belege über diesen Punkt hätten, so könnten wir nach Analogie mit den höheren Quadrumanen[23] beinahe sicher sein, dass das Gesetz des Kampfes beim Menschen während der früheren Stufen seiner Entwickelung gleichfalls geherrscht hat. Das gelegentliche Erscheinen von Eckzähnen heutigen Tages noch, welche über die anderen vorspringen, mit Spuren eines Diastema, d. h. jenes offenen Raumes zur Aufnahme des Eckzahnes der entgegengesetzten Kinnlade, ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Fall von Rückschlag auf einen früheren Zustand, auf welchem die Urerzeuger des Menschen mit diesen Waffen versehen waren, ebenso wie viele jetzt noch existirende männliche Quadrumanen. Es ist in einem früheren Capitel bemerkt worden, dass in dem Maasse, als der Mensch seine aufrechte Stellung erhielt und beständig seine Hände und Arme zum Kampfe mit Stäben und Steinen ebenso wie für die anderen Zwecke des Lebens benutzte, er auch seine Kinnladen und Zähne immer weniger und weniger gebraucht haben wird. Die Kinnladen werden dann zusammen mit ihren Muskeln in Folge von Nichtgebrauch verkleinert worden sein, ebenso wie es die Zähne durch das noch nicht ganz aufgeklärte Princip der Correlation und der Oekonomie des Wachsthums sein werden; denn wir sehen überall, dass Theile, welche nicht länger mehr von Nutzen sind, an Grösse reducirt werden. Durch solche Schritte wird die ursprüngliche Ungleichheit zwischen den Kiefern und Zähnen in den beiden Geschlechtern des Menschen schliesslich vollständig ausgeglichen worden sein. Der Fall ist beinahe parallel mit dem von vielen männlichen Wiederkäuern, bei welchen die Eckzähne zu blossen Rudimenten reducirt worden oder ganz verschwunden sind, und zwar allem Anscheine nach in Folge der Entwickelung der Hörner. Da die ungeheure Verschiedenheit zwischen den Schädeln der beiden Geschlechter beim Gorilla und Orang in naher Beziehung zur Entwickelung der ungeheuren Eckzähne bei den Männchen steht, so können wir schliessen, dass die Verkleinerung der Kinnladen und Zähne bei den frühen männlichen Vorfahren des Menschen zu einem äusserst auffallenden und günstigen Wechsel in seiner äusseren Erscheinung geführt haben muss.

[304] Es lässt sich nur wenig daran zweifeln, dass die bedeutendere Grösse und Stärke des Mannes im Vergleiche mit der Frau, in Verbindung mit seinen breiteren Schultern, seiner entwickelteren Muskulatur, seinen eckigeren Körperumrissen, seinem grösseren Muthe und seiner grösseren Kampflust, sämmtlich zum grössten Theile Folgen der Vererbung von seinen frühen halbmenschlichen männlichen Urerzeugern sind. Diese Charactere werden indess auch während der langen Zeiten, wo der Mensch sich noch immer in einem barbarischen Zustande befand, erhalten oder selbst gehäuft worden sein, und zwar durch den Erfolg der stärksten und kühnsten Männer, sowohl in dem allgemeinen Kampfe um’s Leben, als in ihren Streiten um Frauen; einen Kampf, welcher ihnen das Hinterlassen einer zahlreicheren Nachkommenschaft als ihren weniger begünstigten Brüdern sicherte. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die grössere Kraft des Mannes ursprünglich durch die vererbten Wirkungen seiner grösseren Thätigkeit erlangt wurde, dass er nämlich um seine eigene Subsistenz wie um die seiner Familie härter gearbeitet habe als die Frau; denn die Frauen sind bei allen barbarischen Nationen gezwungen, mindestens ebenso hart zu arbeiten als die Männer. Bei civilisirten Völkern hat die Entscheidung durch einen Kampf um den Besitz der Frauen lange aufgehört; andererseits haben der allgemeinen Regel zufolge die Männer stärker als die Frauen um ihre gemeinsame Subsistenz zu arbeiten; und hierdurch wird ihre grössere Kraft erhalten worden sein.

Verschiedenheiten in den geistigen Kräften der beiden Geschlechter. – In Bezug auf Verschiedenheiten dieser Natur zwischen dem Manne und der Frau ist es wahrscheinlich, dass geschlechtliche Zuchtwahl eine sehr bedeutende Rolle gespielt hat. Ich weiss sehr wohl, dass einige Schriftsteller bezweifeln, ob überhaupt irgend welche inhärente Verschiedenheit der Art besteht; dies ist aber nach der Analogie mit niederen Thieren, welche andere secundäre Sexualcharactere besitzen, mindestens wahrscheinlich. Niemand wird bestreiten, dass dem Temperament nach der Bulle von der Kuh, der wilde Eber von der Sau, der Hengst von der Stute und, wie den Menageriebesitzern wohlbekannt ist, die Männchen der grösseren Affen von den Weibchen verschieden sind. Die Frau scheint vom Manne in Bezug auf geistige Anlagen hauptsächlich in ihrer grösseren Zartheit und der geringeren Selbstsucht verschieden zu sein; und dies gilt [305] selbst für Wilde, wie aus einer wohlbekannten Stelle in Mungo Park’s Reisen und aus den von vielen anderen Reisenden gemachten Angaben hervorgeht. In Folge ihrer mütterlichen Instincte entfaltet die Frau diese Eigenschaften gegen ihre Kinder in einem ausserordentlichen Grade. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie dieselben häufig auch auf ihre Mitgeschöpfe ausdehnen wird. Der Mann ist Rival anderer Männer; er freut sich der Concurrenz und diese führt zu Ehrgeiz, welcher nur zu leicht in Selbstsucht übergeht. Die letzteren Eigenschaften scheinen sein natürliches und unglückliches angeborenes Recht zu sein. Es wird meist zugegeben, dass beim Weibe die Vermögen der Anschauung, der schnellen Auffassung und vielleicht der Nachahmung stärker ausgesprochen sind als beim Mann. Aber mindestens einige dieser Fähigkeiten sind für die niederen Rassen characteristisch und daher auch für einen vergangenen und niederen Zustand der Civilisation.

Der hauptsächlichste Unterschied in den intellectuellen Kräften der beiden Geschlechter zeigt sich darin, dass der Mann zu einer grösseren Höhe in Allem, was er nur immer anfängt, gelangt, als zu welcher sich die Frau erheben kann, mag es nun tiefes Nachdenken Vernunft oder Einbildungskraft, oder bloss den Gebrauch der Sinne und der Hände erfordern. Wenn eine Liste mit den ausgezeichnetsten Männern und eine zweite mit den ausgezeichnetsten Frauen in Poesie, Malerei, Sculptur, Musik (mit Einschluss sowohl der Composition als der Ausübung), der Geschichte, Wissenschaft und Philosophie mit einem halben Dutzend Namen unter jedem Gegenstande angefertigt würde, so würden die beiden Listen keinen Vergleich mit einander aushalten. Wir können auch nach dem Gesetze der Abweichungen vom Mittel, welches Mr. Galton in seinem Buche über erbliches Genie so gut erläutert hat, schliessen, dass wenn die Männer einer entschiedenen Ueberlegenheit über die Frauen in vielen Gegenständen fähig sind, der mittlere Maassstab der geistigen Kraft beim Manne über dem der Frau stehen muss.

Die halbmenschlichen männlichen Urerzeuger des Menschen und die Männer von wilden Völkern haben viele Generationen hindurch mit einander um den Besitz der Weiber gekämpft. Aber blosse körperliche Kraft und Grösse werden nur wenig zum Siege beitragen, wenn sie nicht mit Muth, Ausdauer und entschiedener Energie vergesellschaftet waren. Bei socialen Thieren haben die jungen Männchen gar [306] manchen Streit durchzumachen, ehe sie ein Weibchen gewinnen, und die älteren Männchen können ihre Weibchen nur durch erneute Kämpfe sich erhalten. Sie haben auch, wie beim Menschen, ihre Weibchen ebenso wie ihre Jungen gegen Feinde aller Arten zu vertheidigen und um ihre gemeinsame Erhaltung zu jagen. Aber Feinde zu vermeiden oder sie mit Erfolg anzugreifen, wilde Thiere zu fangen und Waffen zu erfinden und zu formen, erfordert die Hülfe der höheren geistigen Fähigkeiten, nämlich Beobachtung, Vernunft, Erfindung oder Einbildungskraft. Diese verschiedenen Fähigkeiten werden daher beständig auf die Probe gestellt und während der Mannheit bei der Nachzucht berücksichtigt worden sein; sie werden überdies während dieser selben Periode des Lebens durch Gebrauch gekräftigt worden sein. Folglich können wir in Uebereinstimmung mit dem oft erwähnten Principe erwarten, dass sie mindestens die Neigung zeigen, in der entsprechenden Periode der Mannbarkeit hauptsächlich auf die männlichen Nachkommen überliefert zu werden.

Wenn nun zwei Männer mit einander oder ein Mann mit einer Frau, von denen beide jede geistige Eigenschaft in derselben Vollendung besitzen, mit der Ausnahme, dass der eine grössere Energie, Ausdauer und Muth hat, in Concurrenz gerathen, so wird allgemein dieses letztere hervorragender in jedem Streben werden, was auch der Gegenstand gewesen sein mag, und wird den Sieg gewinnen.[24] Man kann sagen, er hat Genie besessen, denn Genie ist von einer grossen Autorität für nichts Anderes als für Geduld erklärt worden, und Geduld in diesem Sinne bedeutet: nicht zurückweichende, unerschrockene Ausdauer. Diese Ansicht vom Genie ist aber vielleicht unzureichend, denn ohne die höheren Kräfte der Einbildungskraft und des Verstandes kann in vielen Gebieten kein eminenter Erfolg erreicht werden. Diese letzteren werden aber ebensogut wie die früheren Fähigkeiten beim Manne theils durch geschlechtliche Zuchtwahl, d. h. durch den Streit rivalisirender Männchen, und theils durch natürliche Zuchtwahl, d. h. nach dem Erfolg in dem allgemeinen Kampfe um’s Leben entwickelt worden sein; und da in beiden Fällen der Kampf während des reifen Alters eingetreten sein wird, so werden die hierdurch erlangten Charactere [307] auch vollständiger den männlichen als den weiblichen Nachkommen überliefert worden sein. Es ist mit dieser Ansicht, dass viele unserer geistigen Fähigkeiten durch geschlechtliche Zuchtwahl modificirt oder gekräftigt worden sind, übereinstimmend, dass sie erstens, wie notorisch ist, zur Zeit der Pubertät eine beträchtliche Veränderung erleiden,[25] und zweitens, dass Eunuchen während ihres ganzen Lebens in diesen selben Eigenschaften niedriger entwickelt bleiben. Hierdurch ist schliesslich der Mann dem Weibe überlegen worden. Es ist in der That ein Glück, dass das Gesetz der gleichmässigen Ueberlieferung der Charactere auf beide Geschlechter allgemein bei Säugethieren geherrscht hat; im anderen Falle würde wahrscheinlich der Mann in Bezug auf geistige Befähigung der Frau so viel überlegen worden sein, wie der Pfauhahn in Bezug auf ornamentales Gefieder der Pfauhenne.

Man muss sich daran erinnern, dass die Neigung der von einem der beiden Geschlechter in einer späteren Lebensperiode erlangten Charactere, auf dasselbe Geschlecht in demselben Alter überliefert zu werden, und die Neigung der in einem früheren Alter erlangten Charactere, auf beide Geschlechter vererbt zu werden, Regeln sind, welche, wenn auch allgemein, doch nicht immer sich als gültig erweisen. Gälten sie immer, so könnten wir zu dem Schlusse kommen (doch schweife ich hier etwas über die mir gezogene Grenzen hinaus), dass die vererbten Wirkungen der frühen Erziehung von Knaben und Mädchen gleichmässig auf beide Geschlechter überliefert würden, so dass die gegenwärtige Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in geistiger Kraft nicht durch einen ähnlichen Gang ihrer frühen Erziehung verwischt werden könnte; auch könnte sie nicht durch ihre ungleiche frühere Erziehung verursacht worden sein. Damit die Frau dieselbe Höhe wie der Mann erreichte, müsste sie in der Nähe ihrer Reifezeit zur Energie und Ausdauer und zur Anstrengung ihres Verstandes und ihrer Einbildungskraft bis auf den höchsten Punkt erzogen werden; und dann würde sie wahrscheinlich diese Eigenschaften hauptsächlich ihren erwachsenen Töchtern überliefern. Alle Frauen könnten indess nicht hierdurch in die Höhe gebracht werden, wenn nicht viele Generationen hindurch diejenigen Frauen, welche sich in den eben erwähnten kräftigen Tugenden auszeichneten, verheirathet würden und [308] Nachkommen in grösserer Anzahl erzeugten als andere Frauen. Wie vorhin in Bezug auf körperliche Kräfte bemerkt wurde, so haben die Männer, wenn sie auch jetzt nicht mehr um den Besitz der Weiber kämpfen und überhaupt diese Form der Auswahl vorübergegangen ist, doch im Allgemeinen während des Mannesalters einen heftigen Kampf zu bestehen, um sich selbst und ihre Familien zu erhalten; dies wird dazu führen, die geistigen Kräfte auf ihrer Höhe zu erhalten oder selbst zu vergrössern und als Folge hiervon auch die jetzige Ungleichheit zwischen den Geschlechtern gleich gross zu halten oder noch bedeutender zu machen.[26]

Stimme und musikalische Begabung. – Bei einigen Species der Quadrumanen besteht eine grosse Verschiedenheit zwischen den erwachsenen Geschlechtern in der Kraft der Stimme und in der Entwickelung der Stimmorgane, und der Mensch scheint diese Verschiedenheit von seinen frühen Urerzeugern ererbt zu haben. Die Stimmbänder des Mannes sind ungefähr ein Drittel länger als bei der Frau oder als bei Knaben; und Entmannung bringt bei ihm dieselbe Wirkung hervor, wie bei den niederen Thieren; denn „sie hält jenes hervortretende Wachsthum des Schildknorpels u. s. w. auf, welches die Verlängerung der Stimmbänder begleitet“.[27] In Bezug auf die Ursache dieser Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern habe ich den im letzten Capitel gegebenen Bemerkungen über die wahrscheinlichen Wirkungen des lange fortgesetzten Gebrauches der Stimmorgane Seitens des Männchens unter den Erregungen der Liebe, Wuth und Eifersucht nichts hinzuzufügen. Nach Sir Duncan Gibb[28] ist die Stimme und die Form des Kehlkopfes in den verschiedenen Rassen des Menschen verschieden; doch soll, der Angabe nach, bei den Eingeborenen der Tartarei, von China u. s. w. die Stimme des Mannes nicht so bedeutend [309] von der des Weibes verschieden sein, wie in den meisten anderen Rassen.

Die Fähigkeit und Liebe zum Singen und zur Musik, wenn sie auch kein geschlechtliches Merkmal beim Menschen ist, darf hier nicht übergangen werden. Obschon die von Thieren aller Arten ausgestossenen Laute vielen Zwecken dienen, kann doch Nachdruck darauf gelegt werden, dass die Stimmorgane ursprünglich in Beziehung zur Fortpflanzung der Art gebraucht und vervollkommnet wurden. Insecten und einige wenige Spinnen sind die niedrigsten Thiere, welche absichtlich einen Laut hervorbringen, und dies wird allgemein mit Hülfe sehr schön construirter Stridulationsorgane bewirkt, welche häufig allein auf die Männchen beschränkt sind. Die hierdurch hervorgebrachten Laute bestehen, wie ich glaube, in allen Fällen aus einem und dem nämlichen Tone, welcher rhythmisch wiederholt wird,[29] und dies ist zuweilen selbst für das Ohr des Menschen angenehm. Ihr hauptsächlicher und in einigen Fällen ausschliesslicher Nutzen scheint darin zu bestehen, entweder das andere Geschlecht zu rufen oder es zu bezaubern.

Die von Fischen hervorgebrachten Laute sollen, wie man sagt, in einigen Fällen nur von den Männchen während der Paarungszeit hervorgebracht werden. Alle luftathmenden Wirbelthiere besitzen nothwendiger Weise einen Apparat zum Einathmen und Ausstossen von Luft mit einer Röhre, welche fähig ist, an einem Ende geschlossen zu werden. Wenn daher die ursprünglichen Glieder dieser Classe stark erregt und ihre Muskeln heftig zusammengezogen wurden, so werden beinahe sicher absichtslos Laute hervorgebracht worden sein, und wenn diese sich in irgend welcher Weise nutzbar erwiesen, können sie leicht durch die Erhaltung gehörig angepasster Abänderungen modificirt oder intensiver gemacht worden sein. Die Amphibien sind die niedrigsten Wirbelthiere, welche Luft athmen, und viele von diesen Thieren, nämlich Frösche und Kröten, besitzen Stimmorgane, welche während der Paarungszeit unaufhörlich benutzt werden und welche häufig beim Männchen bedeutender entwickelt sind als beim Weibchen. Nur das Männchen der Schildkröte äussert einen Laut, und dies allein während der Zeit der Liebe. Männliche Alligatoren brüllen oder bellen während derselben Zeit. Jedermann weiss, in welcher Ausdehnung Vögel ihre [310] Stimmorgane als Mittel der Brautwerbung benutzen, und einige Species üben auch etwas, was man Instrumentalmusik nennen könnte, aus.

In der Classe der Säugethiere, mit welchen wir es hier ganz besonders zu thun haben, gebrauchen die Männchen von beinahe allen Species ihre Stimmen während der Paarungszeit viel bedeutender als zu irgend einer anderen Zeit, und einige sind mit Ausnahme dieser Zeit absolut stumm. Bei anderen Species benutzen beide Geschlechter oder allein die Männchen ihre Stimmen zu Liebesrufen. In Anbetracht dieser Thatsachen und des Umstandes, dass die Stimmorgane einiger Säugethiere viel bedeutender beim Männchen als beim Weibchen entwickelt sind, und zwar entweder permanent oder nur zeitweise während der Paarungszeit, und ferner in Anbetracht, dass bei den meisten der niederen Classen die von den Männchen hervorgebrachten Laute nicht bloss dazu dienen, das Weibchen zu rufen, sondern auch es anzureizen oder zu locken, ist es eine überraschende Thatsache, dass wir bis jetzt keine guten Beweise dafür haben, dass diese Organe von männlichen Säugethieren dazu benutzt würden, die Weibchen zu bezaubern. Der americanische Mycetes caraya bildet vielleicht eine Ausnahme, wie noch wahrscheinlicher einer jener Affen, welche dem Menschen noch näher kommen, nämlich der Hylobates agilis. Dieser Gibbon hat eine äusserst laute, aber musikalische Stimme. Mr. Waterhouse führt an:[30] „Es schien mir, als ob beim Auf- und Abgehen der Scala die Intervalle immer genau halbe Töne wären, und sicher war der höchste Ton die genaue Octave des Niedrigsten. Die Qualität der Töne ist sehr musikalisch, und ich zweifle nicht, dass ein guter Violinspieler im Stande ist, eine correcte Vorstellung von der Composition des Gibbon zu geben, ausgenommen in Bezug auf die Lautheit“. Mr. Waterhouse gibt dann die Noten. Professor Owen, welcher gleichfalls ein Musiker ist, bestätigt die vorstehenden Angaben und bemerkt, allerdings irrthümlicher Weise, dass man von diesem Gibbon „allein unter den Säugethieren sagen kann, dass er singe“. Er scheint nach seiner musikalischen Aufführung sehr erregt zu sein. Unglücklicherweise sind seine Gewohnheiten niemals im Naturzustande eingehend beobachtet worden; aber nach der Analogie mit beinahe allen übrigen Thieren ist es äusserst wahrscheinlich, [311] dass er seine musikalischen Töne besonders während der Zeit der Bewerbung ausstösst.

Dieser Gibbon ist nicht die einzige Species der Gattung, welche singt; mein Sohn, Francis Darwin, hat im zoologischen Garten aufmerksam dem H. leuciscus zugehört, als derselbe eine Cadenz von drei Noten in reinen, musikalischen Intervallen und mit einem hellen musikalischen Tone sang. Noch überraschender ist die Thatsache, dass gewisse Nagethiere musikalische Laute hervorbringen. Häufig sind singende Mäuse erwähnt und zu öffentlicher Ausstellung gebracht worden; gewöhnlich hatte man aber den Verdacht einer Betrügerei. Wir haben indess endlich von einem wohlbekannten Beobachter, S. Lockwood, einen klaren Bericht[31] über die musikalischen Kräfte einer americanischen Art erhalten, der Hesperomys cognatus, welche zu einer von der englischen Maus verschiedenen Gattung gehört. Dies kleine Thier wurde in Gefangenschaft gehalten und sein Gesang wurde wiederholt gehört. Bei einem der hauptsächlichsten Gesänge „wurde der letzte Tact häufig zu zweien oder dreien ausgezogen; zuweilen wechselte das Thierchen von Cis und D zu C und D, dann trillerte es eine kurze Zeit lang auf diesen beiden Tönen und schloss dann mit einem schnellen Zirpen auf Cis und D. Der Unterschied zwischen den beiden halben Tönen war sehr ausgesprochen und für ein gutes Ohr leicht vernehmbar“. Mr. Lockwood führt beide Gesänge mit Noten an, und fügt noch hinzu, dass diese kleine Maus, obschon sie „kein Ohr für Tact hatte, doch die Tonart von B (zwei b’s) und genau die Dur-Tonart inne hielt“ .... „ihre weiche klare Stimme fällt mit aller möglichen Präcision um eine Octave, beim Schluss hebt sie sich dann wieder zu einem sehr schnellen Triller auf Cis und D“.

Ein Kritiker hat gefragt, auf welche Weise die Ohren des Menschen (und anderer Thiere, hätte er hinzusetzen müssen) durch Zuchtwahl so modificirt werden konnten, dass sie musikalische Töne unterscheiden. Diese Frage zeigt aber, dass über diesen Gegenstand etwas Confusion vorhanden war. Ein Geräusch ist eine Empfindung, welche das Resultat des gleichzeitigen Vorhandenseins von „einfachen Schwingungen“ der Luft von verschiedenen Perioden ist, von welchen eine jede so häufig intermittirt dass ihr gesondertes Vorhandensein nicht wahrgenommen werden kann. Nur durch den Mangel der Continuität [312] derartiger Schwingungen und durch den Mangel der Harmonie unter sich weicht ein Geräusch von einem musikalischen Tone ab. Soll daher ein Ohr im Stande sein, Geräusche zu unterscheiden – und die hohe Bedeutung dieser Fähigkeit für alle Thiere wird von Jedermann zugegeben –, so muss es auch für musikalische Töne empfindlich sein. Für das Vorhandensein dieser Fähigkeit haben wir selbst bei sehr tief in der Thierreihe stehenden Formen Beweise: so haben Krustenthiere Hörhaare von verschiedener Länge, welche man hat schwingen sehen, wenn die richtigen musikalischen Töne angeschlagen wurden.[32] Wie in einem früheren Capitel angeführt wurde, sind ähnliche Beobachtungen auch über die Haare an den Antennen der Mücken gemacht worden. Von guten Beobachtern ist positiv behauptet worden, dass Spinnen von Musik angezogen werden. Es ist auch ganz bekannt, dass manche Hunde heulen, wenn sie besondere Töne hören.[33] Robben würdigen offenbar die Musik; ihre Vorliebe für solche „war den Alten ganz wohl bekannt und noch heutigen Tages ziehen Jäger Vortheil aus derselben“.[34]

Soweit daher die blosse Wahrnehmung musikalischer Töne in Betracht kommt, scheint in Bezug auf den Menschen ebensowenig wie auf irgend ein anderes Thier eine besondere Schwierigkeit vorzuliegen. Helmholtz hat mit physiologischen Gründen erklärt, warum Consonanzen dem menschlichen Ohre angenehm, Dissonanzen unangenehm sind; wir haben es aber hier nur wenig mit diesen zu thun, da harmonische Musik eine späte Erfindung ist. Wir haben es hier mehr mit der Melodie zu thun, und auch da ist es, Helmholtz zufolge, wohl einzusehen, warum die Töne unsrer musikalischen Tonleiter benutzt werden. Das Ohr zerlegt alle Klänge in die dieselben zusammensetzenden „einfachen Schwingungen“, wenngleich wir uns dieser Analyse nicht bewusst sind. Bei einem musikalischen Tone ist die tiefste jener Schwingungen allgemein die vorherrschende, die anderen, weniger deutlich ausgesprochenen, sind die Octave, Duodecime, Doppeloctave u. s. w., sämmtlich harmonisch zu dem vorherrschenden Grundton; [313] jede zwei Noten unserer Scala haben viele dieser harmonischen Obertöne gemeinsam. Es scheint daher ziemlich klar zu sein, dass, wenn ein Thier immer genau denselben Gesang zu singen wünscht, es sich dadurch leiten lassen wird, dass es diejenigen Töne nacheinander anschlägt, welche viele Obertöne gemeinsam besitzen, d. h. es wird zu seinem Gesang Töne wählen, welche zu unserer musikalischen Tonleiter gehören.

Wenn aber ferner gefragt wird, warum musikalische Töne in einer gewissen Ordnung und einem bestimmten Rhythmus dem Menschen und anderen Thieren Vergnügen bereiten, so können wir hierfür ebensowenig einen Grund anführen, wie für das Angenehme gewisser Gerüche und Geschmäcke. Dass sie Thieren Vergnügen irgend einer Art bereiten, können wir daraus schliessen, dass sie zur Zeit der Brautwerbung von vielen Insecten, Spinnen, Fischen, Amphibien und Vögeln producirt werden; denn wenn die Weibchen nicht fähig wären, solche Laute zu würdigen, und wenn sie nicht von ihnen angeregt oder bezaubert würden, so würden die ausdauernden Anstrengungen der Männchen und die häufig nur ihnen allein zukommenden complicirten Gebilde nutzlos sein; und dies kann man unmöglich glauben.

Allgemein wird zugegeben, dass der menschliche Gesang die Grundlage oder der Ursprung der Instrumentalmusik ist. Da weder die Freude an dem Hervorbringen musikalischer Töne noch die Fähigkeit hierzu von dem geringsten Nutzen für den Menschen in Beziehung zu seinen gewöhnlichen Lebensverrichtungen sind, so müssen sie unter die mysteriösesten gerechnet werden, mit welchen er versehen ist. Sie sind, wenn auch in einem sehr rohen Zustande, bei Menschen aller Rassen, selbst den wildesten, vorhanden; der Geschmack der verschiedenen Rassen ist aber so verschieden, dass unsere Musik den Wilden nicht das mindeste Vergnügen gewährt und ihre Musik für uns widrig und sinnlos ist. Dr. Seemann macht einige interessante Bemerkungen über diesen Gegenstand[35] und „zweifelt, ob selbst unter den Nationen des westlichen Europa’s, so intim sie auch durch nahen und häufigen Verkehr verbunden sind, die Musik der einen von den anderen in dem nämlichen Sinne aufgefasst wird. Reisen wir nach Osten, so [314] finden wir, dass sicher eine verschiedene Sprache der Musik besteht. Gesänge der Freude und Begleitung zum Tanze sind nicht länger wie bei uns in den Dur-, sondern immer in den Molltonarten“. Mögen nun die halbmenschlichen Urerzeuger des Menschen, wie die singenden Gibbons, die Fähigkeit, musikalische Töne hervorzubringen und daher auch ohne Zweifel zu würdigen, besessen haben oder nicht, so wissen wir doch, dass der Mensch diese Fähigkeiten in einer sehr weit zurückliegenden Periode besass. Lartet hat zwei, aus Knochen und Geweihstücken des Renthiers gefertigte Flöten beschrieben, welche in Höhlen zusammen mit Feuersteinwerkzeugen und den Resten ausgestorbener Thiere gefunden worden sind. Auch die Künste des Singens und Tanzens sind sehr alt und werden jetzt von allen oder beinahe allen niedrigsten Menschenrassen geübt. Die Poesie, welche als das Kind des Gesanges betrachtet werden kann, ist gleichfalls so alt, dass viele Personen darüber ein Erstaunen erfüllt hat, dass sie während der frühesten Zeiten, von denen wir überhaupt einen Bericht haben, entstanden sein sollte.

Die musikalischen Fähigkeiten, welche keiner Rasse vollständig fehlen, sind einer prompten und bedeutenden Entwickelung fähig, wie wir bei Hottentotten und Negern sehen, welche ausgezeichnete Musiker geworden sind, obschon sie in ihren Heimathsländern nur selten etwas ausüben, was wir als Musik betrachten würden. Schweinfurth wurde indess von einigen der einfachen Melodien, welche er im Innern von Africa hörte, angenehm berührt. Es liegt aber in dem Umstande, dass musikalische Fähigkeiten beim Menschen schlummern können, nichts Abnormes: einigen Species von Vögeln, welche von Natur niemals singen, kann ohne grosse Schwierigkeit das Singen gelehrt werden; so hat ein Haussperling den Gesang eines Hänflings gelernt. Da diese beiden Species nahe verwandt sind und zur Ordnung der Insessores gehören, welche beinahe alle Singvögel der Welt umfasst, so ist es möglich, dass der Urerzeuger des Sperlings ein Sänger gewesen sein kann. Es ist eine viel merkwürdigere Thatsache, dass Papageien, welche zu einer von den Insessores verschiedenen Gruppe gehören und verschieden gebaute Stimmorgane haben, nicht bloss gelehrt werden können zu sprechen, sondern auch von Menschen erfundene Melodien zu pfeifen oder zu singen, so dass sie einige musikalische Fähigkeit haben müssen. Nichtsdestoweniger wäre es äusserst voreilig, anzunehmen, dass die Papageien von irgend einem alten Vorfahren [315] abstammten, welcher ein Säuger gewesen wäre. Es liessen sich viele Fälle anführen, wo Organe und Instincte, welche ursprünglich einem bestimmten Zwecke angepasst waren, einem anderen völlig verschiedenen Zwecke dienstbar gemacht worden sind.[36] Es kann daher die Fähigkeit für höhere musikalische Entwickelung, welche die wilden Kassen des Menschen besitzen, entweder die Folge davon sein, dass unsere halbmenschlichen Urerzeuger irgend eine rohe Form von Musik ausgeübt haben, oder davon, dass sie einfach zu einem verschiedenen Zwecke die gehörigen Stimmorgane erlangt haben. Aber in diesem letzteren Falle müssen wir annehmen, dass sie, wie in dem eben erwähnten Beispiele der Papageien und wie es bei vielen Thieren vorzukommen scheint, bereits einen gewissen Sinn für Melodie besessen haben.

Die Musik erweckt verschiedene Gemüthserregungen in uns, regt aber nicht die schrecklicheren Gemüthsstimmungen des Entsetzens, der Furcht, Wuth u. s. w. an. Sie erweckt die sanfteren Gefühle der Zärtlichkeit und Liebe, welche leicht in Ergebung übergehen. In den Chinesischen Annalen wird gesagt: „Musik hat die Kraft, den Himmel auf die Erde herabsteigen zu machen“. Sie regt gleichfalls in uns das Gefühl des Triumphes und das ruhmvolle Erglühen für den Krieg an. Diese kraftvollen und gemischten Gefühle können wohl dem Gefühle der Erhabenheit Entstehung geben. Wir können, wie Dr. Seemann bemerkt, eine grössere Intensität des Gefühls in einem einzigen musikalischen Tone concentriren als in seitenlangem Schreiben. Nahezu dieselben Erregungen, aber viel schwächer und weniger complicirt, werden wahrscheinlich von Vögeln empfunden, wenn das Männchen seinen vollen Stimmumfang in Rivalität mit anderen Männchen zum Zwecke des Bezauberns des Weibchens ausströmen lässt. Die Liebe ist noch immer das häufigste Thema unserer Gesänge. Wie [316] Herbert Spencer bemerkt: „die Musik regt schlummernde Empfindungen auf, deren Möglichkeit wir nicht begriffen hätten und deren Bedeutung wir nicht kennen“, oder wie Jean Paul sagt: „sie erzählt uns von Dingen, die wir nicht gesehen haben und nicht sehen werden“. Umgekehrt werden, wenn lebhafte Erregungen gefühlt und vom Redner ausgedrückt oder selbst in der gewöhnlichen Sprache erwähnt werden, musikalische Cadenzen und Rhythmus instinctiv gebraucht. Wird der africanische Neger erregt, so bricht er häufig in Gesang aus; „ein andrer antwortet mit Gesang, während die übrige Gesellschaft, als wäre sie von einer musikalischen Welle berührt, in vollkommenem Gleichklang einen Chor murmelt“.[37] Selbst Affen drücken starke Gefühle in verschiedenen Tönen, Aerger und Ungeduld durch niedrige, Furcht und Schmerz durch hohe Töne aus.[38] Die durch Musik oder durch die Cadenzen leidenschaftlichen Redevortrags in uns angeregten Empfindungen und Ideen erscheinen, wegen ihrer Unbestimmtheit aber doch Tiefe, wie geistige Rückschläge auf Erregungen und Gedanken einer lange vergangenen Zeit.

Alle diese Thatsachen in Bezug auf Musik und leidenschaftliche Rede werden in einer gewissen Ausdehnung verständlich, wenn wir annehmen dürfen, dass musikalische Töne und Rhythmen von den halbmenschlichen Urerzeugern des Menschen während der Zeit der Brautwerbung gebraucht wurden, in einer Zeit, in der Thiere aller Arten nicht nur von Liebe, sondern auch von den starken Leidenschaften der Eifersucht, Rivalität und des Triumphes erregt werden. In diesem Falle werden nach dem tief eingepflanzten Principe vererbter Associationen musikalische Töne sehr leicht in einer vagen und unbestimmten Art die starken Erregungen einer längst vergangenen Zeit hervorrufen. Da wir allen Grund zu vermuthen haben, dass die articulirte Sprache, wie sie sicher die höchste ist, eine der am spätesten vom Menschen erlangten Künste ist, und da das instinctive Vermögen, musikalische Töne und Rhythmen zu produciren, in der Thierreihe sehr weit hinab entwickelt ist, so wäre es durchaus mit dem Principe der Entwickelung in Widerspruch, wenn wir annehmen sollten, dass die musikalische Fähigkeit des Menschen sich von den in der leidenschaftslosen Rede benutzten Tönen aus entwickelt hätte. Wir müssen annehmen, [317] dass die Rhythmen und Cadenzen der oratorischen Sprache aus vorher entwickelten musikalischen Kräften herzuleiten sind.[39] Auf diese Weise können wir verstehen, woher es kommt, dass Musik, Tanz, Gesang und Poesie so sehr alte Künste sind. Wir können selbst noch weiter gehen und, wie in einem früheren Capitel bemerkt wurde, annehmen, dass musikalische Laute eine der Grundlagen für die Entwickelung der Sprache abgaben.[40]

Da die Männchen mehrerer quadrumanen Thiere viel höher entwickelte Stimmorgane besitzen als die Weibchen, und da ein Gibbon, eine Art der anthropomorphen Affen, eine ganze Octave musikalischer Töne erklingen lässt und, wie man wohl sagen kann, singt, so scheint die Vermuthung nicht unwahrscheinlich zu sein, dass die Urerzeuger des Menschen, entweder die Männchen oder die Weibchen oder beide Geschlechter, ehe sie das Vermögen, ihre gegenseitige Liebe in artikulirter Sprache auszudrücken, erlangt hatten, sich einander in musikalischen Tönen und Rhythmen zu bezaubern versuchten. In Bezug auf den Gebrauch der Stimme bei den Quadrumanen während der Zeit der Liebe ist so wenig bekannt, dass wir kaum irgend ein Mittel zur Beurtheilung besitzen, ob die Gewohnheit zu singen zuerst von unsern männlichen oder von unsern weiblichen Urerzeugern erlangt wurde. Man nimmt allgemein an, dass Frauen lieblichere Stimmen besitzen [318] als Männer, und soweit dies als Fingerzeig dient, können wir schliessen, dass sie zuerst musikalische Kräfte erlangten, um das andere Geschlecht anzuziehen[41]. Ist dies aber der Fall, so muss dies lange vorher eingetreten sein, ehe unsere Urahnen hinreichend menschlich wurden, um ihre Frauen einfach als nützliche Sclaven zu behandeln und zu schätzen. Der leidenschaftliche Redner, Barde oder Musiker hat, wenn er mit seinen abwechselnden Tönen und Cadenzen die stärksten Gemüthserregungen in seinen Hörnern erregt, wohl kaum eine Ahnung davon, dass er dieselben Mittel benutzt, durch welche in einer äusserst entfernt zurückliegenden Periode seine halbmenschlichen Vorfahren in einander die glühenden Leidenschaften während ihrer gegenseitigen Bewerbung und Rivalität erregten.

Ueber den Einfluss der Schönheit bei der Bestimmung der Heirathen unter den Menschen. – Im civilisirten Leben wird der Mann in grossem Maasse, aber durchaus nicht ausschliesslich, bei der Wahl seines Weibes durch äussere Erscheinung beeinflusst. Wir haben es aber hier hauptsächlich mit den Urzeiten zu thun, und das einzige Mittel, was wir besitzen, uns hier ein Urtheil über diesen Gegenstand zu bilden, ist das, die Gewohnheit jetzt lebender halbcivilisirter und barbarischer Nationen zu studiren. Wenn gezeigt werden kann, dass die Männer aus verschiedenen Rassen Frauen vorziehen, welche gewisse characteristische Eigenschaften besitzen, oder umgekehrt, dass die Frauen gewisse Männer vorziehen, dann haben wir zu untersuchen, ob eine derartige Wahl durch viele Generationen hindurch fortgesetzt, eine irgendwie nachweisbare Wirkung auf die Rasse, entweder auf ein Geschlecht oder auf beide Geschlechter ausüben würde, wobei die letztere Alternative von der vorherrschenden Form der Vererbung abhängt.

Es dürfte zweckmässig sein, zuerst mit einigen Details zu zeigen, dass Wilde auf ihre persönliche Erscheinung die grösste Aufmerksamkeit verwenden[42]. Dass sie eine Leidenschaft für Ornamente haben, [319] ist notorisch, und ein englischer Philosoph geht so weit, zu behaupten, dass Zeuge zuerst zum Zwecke des Ornamentes, nicht zur Wärme gemacht wurden. Wie Professor Waitz bemerkt: „so arm und elend der Mensch auch sein mag, er findet ein Vergnügen daran, sich zu schmücken“. Die Extravaganz der nackten Indianer von Südamerika beim Schmücken ihrer Person zeigt sich daraus, dass ein „Mann von bedeutender Körpergrösse mit Schwierigkeit durch die Arbeit zweier Wochen hinreichenden Lohn verdient, um sich im Tausch die Chica zu verdienen, welche er so nöthig hat, sich roth zu machen“.[43] Die ältesten Barbaren von Europa während der Renthierperiode brachten alle glänzenden oder eigenthümlichen Gegenstände, welche sie zufällig fanden, in ihre Höhlen. Heutigen Tages schmücken sich überall die Wilden mit Schmuckfedern, Halsbändern, Armbändern, Ohrringen u. s. w. Sie bemalen sich selbst in der verschiedenartigsten Weise. „Wenn bemalte Nationen mit derselben Aufmerksamkeit wie bekleidete untersucht worden wären, so würde man“, wie Humboldt bemerkt, „wahrgenommen haben, dass die fruchtbarste Einbildungskraft und die veränderlichste Laune die Moden des Malens ebensowohl wie die der Kleidung erfunden haben“.

In einem Theile von Africa werden die Augenlider schwarz gefärbt, in einem anderen Theile werden die Nägel gelb oder purpurn gefärbt. An vielen Orten wird das Haar in verschiedenen Tönen gefärbt. In verschiedenen Gegenden werden die Zähne schwarz, roth, blau u. s. w. gefärbt, und auf dem malayischen Archipel glaubt man sich schämen zu müssen, wenn man weisse Zähne „wie ein Hund“ hat. Nicht ein einziges grosses Land von den Polargegenden im Norden bis nach Neuseeland im Süden kann angeführt werden, in welchem die ursprünglichen Bewohner sich nicht tättowirten. Diesem Gebrauche folgten die alten Juden und die alten Briten. In Africa tättowiren sich einige der Eingeborenen; es ist aber viel häufiger, Wucherungen [320] sich erheben zu lassen dadurch, dass man Salz in, an den verschiedenen Theilen des Körpers angebrachte Einschnitte einreibt; und solche werden von den Einwohnern in Kordofan und Darfur „für grosse persönliche Reize gehalten“. In den arabischen Ländern wird keine Schönheit für vollendet angesehen, bis nicht die Wangen „oder Schläfe zerschlitzt sind“.[44] In Südamerica würde, wie Humboldt bemerkt, „eine Mutter strafbarer Gleichgültigkeit gegen ihre Kinder angeklagt werden, wenn sie nicht künstliche Mittel anwendete, die Wade nach der Mode des Landes zu formiren“. In der alten und neuen Welt wurde früher die Form des Schädels während der Kindheit in der ausserordentlichsten Art und Weise modificirt, wie es jetzt noch an vielen Orten der Fall ist, und derartige Deformitäten werden für ornamental gehalten. So betrachten z. B. die Wilden von Columbia[45] einen sehr abgeflachten Kopf als „einen wesentlichen Punkt der Schönheit“.

Das Haar wird in verschiedenen Ländern mit besonderer Sorgfalt behandelt. Man lässt es in seiner vollen Länge wachsen, so dass es bis auf den Boden reicht, oder es wird „in einen compacten und gekräuselten Wulst zusammengekämmt, welcher der Stolz und Ruhm der Papuas ist“.[46] In Nordafrica „braucht ein Mann eine Zeit von acht bis zehn Jahren, um seinen Haarputz zu vollenden“. Bei anderen Nationen wird der Kopf rasirt, und in Theilen von Südamerica und Africa werden selbst die Augenbrauen und Augenwimpern ausgerissen. Die Eingeborenen des oberen Nils schlagen die vier Schneidezähne aus und sagen, sie wünschten nicht wie Thiere auszusehen. Weiter nach Süden schlagen sich die Batokas nur die beiden oberen Schneidezähne aus, was, wie Livingstone bemerkt,[47] dem Gesichte in Folge des Vorspringens der unteren Kinnlade ein widriges Aussehen gibt; diese Völker halten aber das Vorhandensein der Schneidezähne für äusserst unschön, und beim Erblicken von Europäern riefen sie aus: „Seht die grossen Zähne!“ Der grosse Häuptling Sebituani versuchte vergeblich diese Mode zu ändern. In verschiedenen Theilen von Africa und [321] im malayischen Archipel feilen die Eingeborenen die Schneidezähne spitz zu wie die Sägezähne oder durchbohren sie mit Löchern, in welche sie Klötzchen stecken.

Wie bei uns das Gesicht hauptsächlich seiner Schönheit wegen bewundert wird, so ist es bei Wilden der vorzügliche Sitz der Verstümmelung. In allen Theilen der Welt werden die Nasenscheidewand, seltener die Flügel der Nase durchbohrt und Ringe, Stäbchen, Federn und andere Zierathen in die Löcher eingefügt. Die Ohren werden überall durchbohrt und ähnlich verziert, und bei den Botokuden und Lenguas von Südamerica wird das Loch allmählich so erweitert, dass der untere Rand des Ohrläppchens die Schulter berührt. In Nord- und Südamerica und in Africa wird entweder die obere oder die untere Lippe durchbohrt, und bei den Botokuden ist das Loch in der Unterlippe so gross, dass eine Holzscheibe von vier Zoll Durchmesser hineingethan wird. Mantegazza gibt einen merkwürdigen Bericht über die von einem südamericanischen Eingeborenen empfundene Scham und von dem Gelächter, welches er erregte, als er seine „Tembeta“, das grosse gefärbte Stück Holz, welches durch das Loch gesteckt wird, verkaufte. In Centralafrica durchbohren die Frauen die untere Lippe und tragen einen Krystall darin, welcher in Folge der Bewegung der Zunge „während der Unterhaltung eine unbeschreiblich lächerliche tanzende Bewegung macht“. Die Frau des Häuptlings von Latooka sagte Sir S. Baker,[48] dass „Lady Baker sich sehr verschönern würde, wenn sie ihre Vorderzähne aus der unteren Kinnlade herausziehen und den langen zugespitzten, polirten Krystall in ihrer Unterlippe tragen wollte“. Weiter nach Süden, bei den Makalolo, wird die Oberlippe durchbohrt und ein grosser metallener und Bambus-Ring, „Pelelé“ genannt, in dem Loche getragen. „Dies veranlasste es, dass in einem Falle die Lippe zwei Zoll über die Nasenspitze vorragte, und als die Dame lächelte, hob die Contraction der Muskeln die Lippe bis über die Augen. Warum tragen die Frauen diese Dinge? wurde der ehrbare Häuptling Chinsurdi gefragt. Offenbar erstaunt über eine so dumme Frage erwiederte er: der Schönheit wegen! Es sind dies die einzigen schönen Dinge, welche die Frauen haben. Männer haben Bärte, Frauen haben keine. Was für eine Art Person [322] würde die Frau sein ohne das Palelé? Sie würde mit einem Munde wie ein Mann, aber ohne Bart, gar keine Frau sein“.[49]

Kaum irgend ein Theil des Körpers, welcher in unnatürlicher Weise modificirt werden kann, ist verschont geblieben. Die Grösse der hierdurch verursachten Leiden muss wunderbar gewesen sein, dann viele der Operationen erfordern zu ihrer Vollendung mehrere Jahre, so dass die Idee von ihrer Nothwendigkeit ganz imperativ sein muss. Die Motive sind verschiedenartig; die Männer malen sich ihre Körper an, um sich im Kampfe schrecklich aussehend zu machen. Gewisse Verstümmelungen stehen mit religiösen Gebräuchen in Verbindung oder bezeichnen das Alter der Pubertät oder den Rang des Mannes, oder sie dienen dazu, die Stämme zu unterscheiden. Da bei Wilden dieselben Moden für lange Perioden herrschen,[50] so gelangen Verstümmelungen, aus welcher Ursache immer sie auch zuerst gemacht wurden, bald zu dem Werthe von Unterscheidungszeichen. Aber Schmückung, Eitelkeit und die Bewunderung Anderer scheinen die häufigsten Motive zu sein. In Bezug auf das Tättowiren sagten mir die Missionäre in Neuseeland, dass, als sie einige Mädchen zu überreden versuchten, den Gebrauch aufzugeben, diese ihnen antworteten: „wir müssen wenigstens ein paar Linien auf unsern Lippen haben, denn wenn wir alt werden, würden wir sonst so sehr hässlich sein“. In Bezug auf die Männer von Neuseeland sagt ein äusserst fähiger Beurtheiler,[51] dass es für die jungen Männer ein grosser Punkt des Ehrgeizes sei, „schön tättowirte Gesichter zu haben, sowohl um sich für die Damen anziehend als im Kriege auffallend zu machen“. Ein auf die Stirn tättowirter Stern und ein Punkt auf dem Kinn werden in einem Theile von Africa von den Frauen für unwiderstehliche Anziehungsmittel gehalten.[52] In den meisten, aber nicht in allen Theilen der Welt sind die Männer bedeutender verziert als die Frauen und oft in einer verschiedenen Weise; zuweilen, wenn auch selten, sind die Frauen beinahe gar nicht [323] verziert. Da die Wilden die Frauen den grössten Theil der Arbeit verrichten lassen und man ihnen nicht gestattet, die beste Art von Nahrung zu geniessen, so steht es in Uebereinstimmung mit der characteristischen Selbstsucht der Männer, dass man den Frauen nicht gestattet, die schönsten Zierathen zu erlangen oder zu gebrauchen. Endlich ist es eine merkwürdige, durch vorstehende Anführungen bewiesene Thatsache, dass dieselben Moden in der Modificirung der Kopfform, in der Verzierung des Haares, in dem Malen, dem Tättowiren, dem Durchbohren der Nase, der Lippen oder der Ohren, in der Entfernung oder dem Feilen der Zähne u. s. w., in den von einander entferntest liegenden Theilen der Welt jetzt herrschen oder lange Zeit geherrscht haben. Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass diese Gebräuche, welchen so viele Nationen folgen, auf eine aus irgend einer gemeinsamen Quelle herrührende Tradition weisen. Sie deuten vielmehr die grosse Aehnlichkeit des Geistes bei allen Menschen an, zu welcher Rasse sie auch gehören mögen, in derselben Weise, wie die beinahe allgemeinen Gewohnheiten des Tanzens, des Maskirens und der Fertigung roher Gemälde.

Nach diesen vorläufigen Bemerkungen über die Bewunderung, welche die Wilden verschiedenen Zierathen und Entstellungen zollen, die für unsere Augen äusserst hässlich sind, wollen wir sehen, inwieweit die Männer durch die Erscheinung ihrer Frauen angezogen werden und was ihre Ideen von Schönheit sind. Ich habe behaupten hören, dass Wilde in Bezug auf die Schönheit ihrer Frauen völlig indifferent seien und dieselben nur als Sclaven schätzen; es dürfte daher der Mühe werth sein, zu bemerken, dass diese Folgerung durchaus nicht zu der Sorgfalt stimmt, welche die Frauen darauf verwenden, sich zu schmücken, ebensowenig wie zu ihrer Eitelkeit. Burchell[53] gibt einen unterhaltenden Bericht von einer Buschmännin, welche so viel Fett, rothen Ocker und glänzendes Pulver brauchte, dass sie „jeden Andern als einen sehr reichen Ehemann ruinirt haben würde“. Sie zeigte auch „viel Eitelkeit und gar zu offenbares Bewusstsein ihrer Vorzüglichkeit“. Mr. Winwood Reade theilt mir mit, dass die Neger der Westküste oft über die Schönheit ihrer Frauen sich in Erörterungen einlassen. Einige competente Beobachter haben den fürchterlich verbreiteten Gebrauch des Kindesmordes zum Theil auf Rechnung des von den [324] Frauen gehegten Wunsches geschrieben, ihr gutes Aussehen zu bewahren.[54] In mehreren Ländern tragen die Frauen Talismane und Amulette, um die Zuneigung der Männer zu gewinnen; und Mr. Brown zählt vier zu diesem Zwecke von den Frauen von Nordwest-America gebrauchte Pflanzen auf.[55]

Hearne,[56] welcher viele Jahre unter den americanischen Indianern lebte und ein ausgezeichneter Beobachter war, sagt, wo er von den Frauen spricht: „Man frage einen nördlichen Indianer, was Schönheit sei, und er wird antworten, ein breites plattes Gesicht, kleine Augen, hohe Wangenknochen, drei oder vier schwarze Linien quer über jede Wange, eine niedrige Stirn, ein grosses breites Kinn, eine kolbige Hakennase, eine gelbbraune Haut und bis zum Gürtel herabhängende Brüste“. Pallas, welcher die nördlichen Theile des chinesischen Reiches besuchte, sagt: „Es werden diejenigen Frauen vorgezogen, welche die Mandschu-Form haben, d. h. ein breites Gesicht, hohe Wangenknochen, sehr breite Nasen und enorme Ohren“;[57] und Vogt bemerkt dabei, dass die schräge Stellung der Augen, welche den Chinesen und Japanesen eigenthümlich ist, in ihren Gemälden, „wie es scheint, zu dem Zwecke übertrieben wird, die volle Pracht und Schönheit dieser Stellung im Contraste mit dem Auge der rothhaarigen Barbaren hervortreten zu lassen“. Es ist, wie Huc wiederholt bemerkt, wohlbekannt, dass die Chinesen aus dem Innern die Europäer mit ihrer weissen Haut und den vorspringenden Nasen für hässlich halten. Nach unseren Ideen ist die Nase bei den Eingeborenen von Ceylon durchaus nicht zu sehr vorspringend, und doch waren „die Chinesen im siebenten Jahrhundert, an die platten Gesichtszüge der Mogulrassen gewöhnt, über die vorspringenden Nasen der Cingalesen überrascht, und Thsang beschreibt sie als „„den Schnabel eines Vogels und den Körper eines Menschen habend““.

Finlayson beschreibt eingehend das Volk von Cochin-China, sagt, [325] dass ihre runden Köpfe und Gesichter ihre hauptsächlichsten charakteristischen Merkmale seien, und fügt dann hinzu: „Die Rundung des ganzen Gesichts ist bei den Frauen noch auffallender, welche in dem Verhältnisse für schön erklärt werden, als sie diese Form des Gesichts darbieten“. Die Siamesen haben kleine Nasen, mit auseinanderstehenden Nasenlöchern, einen grossen Mund, etwas dicke Lippen, ein merkwürdig grosses Gesicht mit sehr hohen und breiten Wangenknochen. Es ist daher nicht zu verwundern, dass Schönheit unserem Begriffe nach für sie fremd ist. Und doch betrachten sie ihre eigenen Frauen als viel schöner als die von Europa“.[58]

Es ist wohlbekannt, dass bei vielen Hottentottenfrauen der hintere Theil des Körpers in einer wunderbaren Weise vorspringt; sie sind steatopyg; und Sir Andrew Smith erklärt es für sicher, dass diese Eigenthümlichkeit von den Männern sehr bewundert wird.[59] Er sah einmal eine Frau, welche für eine Schönheit gehalten wurde; dieselbe war hinten so ungeheuer entwickelt, dass, als sie sich auf ebenem Boden niedergesetzt hatte, sie nicht aufstehen konnte, sondern sich soweit fortziehen musste, bis sie an einen Abhang kam. Manche von den Frauen in verschiedenen Negerstämmen sind ähnlich characterisirt; der Angabe von Burton zufolge sollen die Somali-Männer „ihre Frauen auf die Weise wählen, dass sie alle in eine Reihe stellen und diejenige auswählen, welche am meisten a tergo vorspringt. Nichts kann für einen Neger hassenswürdiger sein, als die entgegengesetzte Form“.[60]

In Bezug auf die Farbe verhöhnten die Neger Mungo Park wegen der weissen Farbe seiner Haut und des Vorspringens seiner Nase, welche sie beides für „hässliche und unnatürliche Bildungen betrachteten“. Er rühmte in Erwiederung das glänzende Schwarz ihrer Haut und die liebliche Depression ihrer Nasen. Dies hielten sie für „Schmeichelei“, gaben ihm aber nichtsdestoweniger etwas zu essen. Auch die africanischen Mohren „zogen ihre Augenbrauen zusammen [326] und schienen „sich zu schütteln“ über die weisse Farbe seiner Haut. Als die Negerknaben an der östlichen Küste Burton sahen, riefen sie aus: „Seht den weissen Mann! sieht er nicht aus wie ein weisser Affe?“ Wie Mr. Winwood Reade mir mittheilt, bewundern die Neger an der westlichen Küste eine sehr schwarze Haut mehr als eine von einer hellern Färbung. Aber ihr Entsetzen vor der weissen Farbe kann der Angabe desselben Reisenden zufolge zum Theil dem bei den meisten der Neger vorhandenen Glauben zugeschrieben werden, dass Dämonen und Geister weiss sind, zum Theil der Ansicht, dass sie ein Zeichen schlechter Gesundheit ist.

Die Banyai des südlicheren Theiles des Continents sind Neger, aber „eine grosse Menge von ihnen ist von einer helleren Milchcaffeefarbe, und es wird jetzt diese Farbe in dem ganzen Lande für schön gehalten“, so dass wir hier einen verschiedenen Maassstab des Geschmackes haben. Bei den Kaffern, welche bedeutend von den Negern abweichen, ist „die Haut mit Ausnahme der Stämme in der Nähe der Delagoa-Bai gewöhnlich nicht schwarz; die vorherrschende Färbung ist eine Mischung von Schwarz und Roth und die häufigste Schattirung ist Chocoladebraun. Dunkler Teint wird als der häufigste natürlich im grössten Werth gehalten. Zu hören, dass man hell gefärbt oder wie ein weisser Mann sei, würde von einem Kaffern für ein sehr schlechtes Compliment gehalten werden. Ich habe von einem unglücklichen Manne gehört, welcher so sehr hell war, dass ihn kein Mädchen heirathen wollte“. Einer der Titel des Zulukönigs ist: „Ihr der Ihr schwarz seid“.[61] Als Mr. Galton mit mir über die Eingeborenen von Südafrica sprach, bemerkte er, dass ihre Ideen von Schönheit sehr verschieden von unseren zu sein scheinen; denn in einem der Stämme wurden zwei schlanke helle und hübsche Mädchen von den Eingeborenen nicht bewundert.

Wenden wir uns zu anderen Theilen der Erde. In Java wird der Angabe von Frau Pfeiffer zufolge ein gelbes und nicht ein weisses Mädchen für eine Schönheit gehalten. Ein Mann von Cochin-China „erzählte verächtlich von der Frau des dortigen englischen Gesandten, sie habe weisse Zähne wie ein Hund und eine rosige Farbe wie [327] Patatenblumen“. Wir haben gesehen, dass die Chinesen unsere weisse Haut nicht lieben und dass die Nordamericaner eine „gelblich braune Haut“ bewundern. In Südamerica sind die Yura-caras, welche die bewaldeten feuchten Abhänge der östlichen Cordillera bewohnen, merkwürdig blass gefarbt, wie ihr Name in ihrer eigenen Sprache es ausdrückt; nichtsdestoweniger halten sie Europäische Frauen für ihren eigenen sehr untergeordnet.[62]

In mehreren Stämmen von Nordamerica wächst das Haar am Kopfe zu einer wunderbaren Länge, und Catlin führt einen merkwürdigen Beweis dafür an, wie sehr dieses geschätzt wird; der Häuptling der Crows nämlich wurde zu dieser Stellung deshalb erwählt, weil er die längsten Haare unter allen Männern im Stamme hatte, und zwar zehn Fuss und sieben Zoll. Die Aymaras und Quechuas von Südamerica haben gleichfalls sehr lange Haare, und diese werden, wie Mr. D. Forbes mir mittheilt, wegen ihrer Schönheit so sehr geschätzt, dass die schwerste Strafe, welche man ihnen auflegen konnte, die war, das Haar abzuschneiden. In beiden Hälften des Continents vergrössern die Eingeborenen zuweilen die scheinbare Länge ihres Haares dadurch, dass sie faserige Substanzen mit ihm verweben. Obschon das Haar am Kopfe hiernach sehr hoch geschätzt ist, so wird das im Gesicht doch von den Nordamericanischen Indianern „für sehr gemein“ gehalten, und jedes Haar wird sorgfältig ausgezogen. Dieser Gebrauch herrscht durch den ganzen americanischen Continent von Vancouvers Island im Norden bis zum Feuerlande im Süden. Als York Minster, ein Feuerländer am Bord des Beagle, nach seinem Lande zurückgebracht wurde, sagten ihm die Eingeborenen, er solle die wenigen kurzen Haare in seinem Gesichte ausreissen. Sie drohten auch einem jungen Missionär, welcher eine Zeit lang bei ihnen gelassen wurde, damit, ihn nackt auszuziehen und die Haare von seinem Gesicht und Körper auszureissen, und doch war er durchaus kein stark behaarter Mann. Es wird diese Mode bis zu einem solchen Extrem getrieben, dass die Indianer von Paraguay ihre Augenbrauen und Augenwimpern ausreissen, indem sie sagen, sie wünschten nicht wie Pferde auszusehen.[63]

[328] Es ist merkwürdig, dass über die ganze Welt die Rassen, welche fast vollständig eines Bartes entbehren, Haare im Gesichte und am Körper nicht leiden können und Sorgfalt darauf verwenden, sie auszuziehen. Die Kalmucken sind bartlos, und man weiss, dass sie, wie die Americaner, alle zerstreut stehenden Haare ausreissen, und dasselbe gilt für die Polynesier, einige Malayen und die Siamesen. Mr. Veitch führt an, dass die japanesischen Damen „sich sämmtlich an unsere Backenbärte stiessen, sie für sehr hässlich erklärten und mir riethen, sie abzuschneiden und wie japanesische Männer auszusehen“. Die Neuseeländer haben kurze, gekräuselte Bärte; doch rissen sie früher die Haare im Gesichte aus. Sie hatten ein Sprichwort, „dass es für einen haarigen Mann keine Frau gibt“; die Mode scheint sich aber in Neu-Seeland, vielleicht in Folge der Anwesenheit von Europäern, geändert zu haben; man hat mir versichert, dass jetzt Bärte von den Maoris bewundert werden.[64]

Auf der anderen Seite bewundern bärtige Rassen ihre Bärte und schätzen sie sehr. Unter den Angelsachsen hatte jeder Theil des Körpers ihren Gesetzen zufolge einen anerkannten Werth. „Der Verlust des Bartes wurde auf zwanzig Schilling geschätzt, während das Brechen des Oberschenkels nur zu zwölf festgesetzt war“.[65] Im Oriente schwören die Männer feierlich bei ihren Bärten. Wir haben gesehen, dass Chinsurdi, der Häuptling der Makalolo in Africa, offenbar der Ansicht war, dass Bärte eine grosse Zierde seien. Bei den Fiji-Insulanern im stillen Ocean ist der Bart „üppig und buschig und ist der grösste Stolz der Männer“, während die Eingeborenen der benachbarten Archipele von Tonga und Samoa „bartlos sind und ein rauhes Kinn verabscheuen“. Nur auf einer einzigen Insel der Ellice-Gruppe sind „die Männer stark bebartet und nicht wenig stolz darauf“.[66]

[329] Wir sehen hieraus, wie sehr die verschiedenen Rassen des Menschen in ihrem Geschmacke für’s Schöne verschieden sind. In jeder Nation, die weit genug vorgeschritten war, sich Bildnisse ihrer Götter oder ihrer vergötterten Herrscher zu machen, versuchten ohne Zweifel die Bildhauer ihr Ideal von Schönheit und Grossartigkeit in diesen Bildwerken auszudrücken.[67] Von diesem Gesichtspunkte aus verdienen die griechischen Statuen des Jupiter oder Apollo mit den ägyptischen oder assyrischen Statuen im Geiste verglichen zu werden, und diese wiederum mit den hässlichen Basreliefs der zerstörten Bauten von Central-America.

Ich bin sehr wenigen Angaben begegnet, welche der eben erwähnten Schlussfolgerung entgegenstehen; indessen ist Mr. Winwood Reade, welcher reichlich Gelegenheit zur Beobachtung nicht nur in Bezug auf die Neger der Westküste von Africa, sondern auch in Bezug auf die des Innern hatte, welche niemals mit Europäern in Verbindung gestanden haben, überzeugt, dass ihre Ideen von Schönheit im Ganzen dieselben sind wie unsere. In ähnlichem Sinne äussert sich Dr. Rohlfs brieflich gegen mich in Bezug auf die Bornu und die von den Pullo-Stämmen bewohnten Länder. Mr. Reade fand, dass er mit den Negern in der Werthschätzung der Schönheit der eingeborenen Mädchen übereinstimmte und dass ihre Würdigung der Schönheit europäischer Frauen der unseren entsprechend war. Sie bewundern langes Haar und brauchen künstliche Mittel, es sehr reich erscheinen zu lassen. Sie bewundern auch einen Bart, obschon sie selbst spärlich damit versehen sind. Mr. Reade ist im Zweifel, welche Art von Nasen am meisten geschätzt werde. Man hat ein Mädchen sagen hören, „ich mag Den nicht heirathen, er hat keine Nase“, und dies beweist, dass eine sehr platte Nase kein Gegenstand der Bewunderung ist. Wir müssen uns indessen erinnern, dass die plattgedrückten und sehr breiten Nasen und vorspringenden Kinnladen der Neger der Westküste ausnahmsweise Typen unter den Einwohnern von Africa sind. Trotz der vorstehenden Angaben gibt Mr. Reade zu, dass Neger „die Farbe unserer Haut nicht leiden können; sie betrachten blaue Augen mit Widerwillen und halten unsere Nasen für zu lang und unsere Lippen für zu dünn“. Er hält es nicht für wahrscheinlich, dass Neger jemals „die schönste europäische Frau nur auf Grund der [330] blossen physischen Bewunderung einer gut aussehenden Negerin vorziehen würden“.[68]

Die Wahrheit des schon vor längerer Zeit von Humboldt[69] betonten Grundsatzes, dass der Mensch die Charactere bewundert und häufig zu übertreiben sucht, welche die Natur ihm nur immer gegeben haben mag, zeigt sich auf vielerlei Weise. Der Gebrauch bartloser Rassen, jede Spur eines Bartes zu entfernen, ebenso wie allgemein die Haare am Körper, bietet eine Erläuterung dazu dar. Der Schädel ist während alter und neuerer Zeiten von vielen Nationen bedeutend modificirt worden, und es lässt sich wenig zweifeln, dass dies besonders in Nord- und Südamerica zu dem Zwecke ausgeübt wurde, um irgend eine natürliche und bewunderte Eigenthümlichkeit zu übertreiben. Viele americanische Indianer bewundern bekanntlich einen Kopf, der zu einem solchen extremen Grade abgeplattet ist, dass er uns wie der eines Idioten erscheint. Die Eingeborenen der Nordwestküste drücken ihren Kopf in die Form eines zugespitzten Kegels zusammen und es ist beständiger Gebrauch bei ihnen, das Haar in einen Knoten auf der Spitze ihres Kopfes zusammenzufassen zum Zwecke, wie Dr. Wilson bemerkt, „die scheinbare Erhebung der beliebten conischen Form noch zu erhöhen“. Die Einwohner von Arakhan „bewundern eine breite glatte Stirn, und um diese hervorzubringen befestigen sie eine Bleiplatte an den Köpfen ihrer neugeborenen Kinder“. Andererseits „wird ein breites, gut gerundetes Hinterhaupt von den Eingeborenen der Fiji-Inseln für eine grosse Schönheit gehalten“.[70]

[331] Wie für den Schädel, so gilt dasselbe auch für die Nase. Die alten Hunnen waren während des Zeitalters des Attila gewöhnt, die Nasen ihrer Kinder mit Bandagen abzuplatten „zum Zwecke der Uebertreibung einer natürlichen Bildung“. Bei den Tahiti-Insulanern wird die Benennung „Langnase“ für eine Insulte gehalten, und sie comprimiren die Nasen und Stirnen ihrer Kinder zum Zwecke der Schönheit. Dasselbe ist der Fall bei den Malayen von Sumatra, den Hottentotten, gewissen Negern und den Eingeborenen von Brasilien.[71] Die Chinesen haben von Natur ungewöhnlich kleine Füsse;[72] und es ist wohlbekannt, dass die Frauen der oberen Classen ihre Füsse verdrehen, um sie noch kleiner zu machen. Endlich glaubt Humboldt, dass die americanischen Indianer deshalb ihre Körper mit rother Farbe so gern anstreichen, um ihre natürliche Farbe zu übertreiben, und noch bis in die neueste Zeit erhöhen europäische Frauen ihre natürlichen hellen Farben durch rothe und weisse Schminke. Es dürfte aber doch zweifelhaft sein, ob barbarische Nationen irgend derartige Absichten hatten, als sie sich bemalten.

Bei den Moden unserer eigenen Kleidung sehen wir genau dasselbe Princip und denselben Wunsch, jeden Punkt bis zum Extrem zu führen; auch zeigt sich hier derselbe Geist des wetteifernden Ehrgeizes. Es sind aber die Moden der Wilden viel beständiger als unsere; und wo nur immer ihre Körper künstlich modificirt werden, ist dies nothwendigerweise der Fall. Die arabischen Frauen des oberen Nils brauchen ungefähr drei Tage dazu, ihr Haar zu ordnen. Sie ahmen niemals andern Stämmen nach, sondern wetteifern nur unter einander „in der höchsten Entwickelung ihres eigenen Stils“. Dr. Wilson spricht von den zusammengedrückten Schädeln verschiedener americanischer Rassen und fügt hinzu: „derartige Gebräuche gehören zu den am wenigsten zu beseitigenden und überleben um lange Zeit den Anprall der Revolutionen, welche Dynastien wechseln lassen und bedeutungsvollere Nationaleigenthümlichkeiten beseitigen“.[73] Dasselbe [332] Princip kommt auch bei der Kunst der Zuchtwahl mit in’s Spiel; und wir können hiernach, wie ich an einer anderen Stelle erklärt habe,[74] die wunderbare Entwickelung der vielen Rassen von Thieren und Pflanzen verstehen, welche bloss zum Schmucke gehalten werden. Züchter wünschen immer einen jeden Character etwas vergrössert zu haben, sie bewundern keinen mittleren Maassstab; sicherlich wünschen sie keinen grossen und plötzlichen Wechsel in dem Character ihrer Rassen; sie bewundern allein, was sie zu sehen gewöhnt sind; aber sie wünschen eifrigst, jeden characteristischen Zug etwas mehr entwickelt zu haben.

Ohne Zweifel ist das sinnliche Wahrnehmungsvermögen des Menschen und der niederen Thiere so constituirt, dass brillante Farben und gewisse Formen ebenso wie harmonische und rhythmische Laute Vergnügen gewähren und schön genannt werden; warum dies aber so sein muss, wissen wir nicht. Es ist gewiss nicht wahr, dass es im Geiste des Menschen irgend einen allgemeinen Maassstab der Schönheit in Bezug auf den menschlichen Körper gibt. Indessen ist es möglich, dass ein gewisser Geschmack im Laufe der Zeit vererbt worden ist, obschon keine Beweise zu Gunsten dieser Annahme vorhanden sind; und wenn dies der Fall ist, so würde jede Rasse ihren eigenen eingeborenen idealen Maassstab der Schönheit besitzen. Es ist behauptet worden,[75] dass Hässlichkeit in einer Annäherung an die Bildung der niederen Thiere bestehe, und dies ist ohne Zweifel für civilisirtere Nationen wahr, bei welchen der Intellect hoch geschätzt wird; diese Erklärung lässt sich aber kaum auf alle Formen von Hässlichkeit anwenden. Die Menschen einer jeden Rasse ziehen das vor, was sie zu sehen gewohnt sind, sie können keine Veränderung ertragen, aber sie lieben Abwechselung und bewundern es, wenn ein characteristischer Punkt bis zu einem mässigen Extrem geführt wird.[76] Menschen, welche an ein nahezu ovales Gesicht, an einfache und regelmässige Züge und helle Farben gewöhnt sind, bewundern, wie wir Europäer es wissen, diese Punkte, wenn sie stark entwickelt sind. Auf der anderen [333] Seite bewundern Menschen, welche an ein breites Gesicht mit hohen Wangenknochen, eine abgeplattete Nase und eine schwarze Haut gewöhnt sind, diese Punkte, wenn sie stark ausgeprägt sind. Ohne Zweifel können Charactere aller Arten leicht zu stark entwickelt werden, um schön zu sein. Es wird daher eine vollkommene Schönheit, welche viele Charactere in besonderer Art und Weise modificirt in sich fasst, in jeder Rasse ein Wunder sein. Wie der grosse Anatom Bichat vor längerer Zeit schon sagte: wenn ein Jeder nach derselben Form gegossen wäre, so würde es keine Schönheit geben. Wenn alle unsere Frauen so schön wie die Venus von Medici wären, so würden wir eine Zeitlang bezaubert sein; wir würden aber sehr bald Abwechselung wünschen; und sobald wir eine Abwechselung erlangt hätten, würden wir gewisse Charactere bei unseren Frauen etwas über den nun existirenden gewöhnlichen Maassstab hinausragend zu sehen wünschen.


  1. Schaaffhausen, in: Anthropological Review, Oct. 1868, p. 419, 420, 427.
  2. „Im Herzen von Africa“, Engl. Uebers. 1873, Bd. I, p. 544.
  3. Ecker, in: Anthropological Review, Oct. 1868, p. 351–356. Die Vergleichung der Form des Schädels beim Mann und bei der Frau ist von Welcker sehr sorgfältig verfolgt worden.
  4. Ecker und Welcker, ebenda, p. 352, 355. C. Vogt, Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1, S. 94.
  5. Schaaffhausen, Anthropological Review, a. a. O. p. 429.
  6. Pruner-Bey, über Negerkinder, angeführt von C. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 238. Wegen weiterer Thatsachen über Negerkinder, nach Winterbottom’s und Camper’s Angaben s. Lawrence, Lectures on Physiology, 1822, p. 451. In Bezug auf die Kinder der Guaranys s. Rengger, Säugethiere von Paraguay, S. 3. s. auch Godron, De l’Espèce, Tom. II. 1859, p. 253. Wegen der Australier s. Waitz, Introduction to Anthropology. 1863, p. 99.
  7. Rengger, Säugethiere etc. 1830, S. 49.
  8. Wie bei Macacus cynomolgus (Desmarest, Mammalogie, p. 65) und bei Hylobates agilis (Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, Hist. natur. des Mammifères. 1824. Tom. I, p. 2).
  9. Anthropological Review, Oct. 1868, p. 353.
  10. Mr. Blyth theilt mir mit, dass er überhaupt nicht mehr als ein einziges Beispiel gesehen habe, wo der Kinn-, Backenbart u. s. f. bei einem Affen in hohem Alter weiss geworden wäre, wie es so gewöhnlich der Fall bei uns ist. Doch kam dies bei einem alten gefangen gehaltenen Macacus cynomolgus vor, dessen Schnurrbart „merkwürdig lang und menschenähnlich“ war. Ueberhaupt bot dieser alte Affe eine lächerliche Aehnlichkeit mit einem der regierenden Monarchen von Europa dar, nach welchem er scherzweise beständig genannt wurde. Bei gewissen Menschenrassen wird das Barthaar kaum jemals grau; so hat Dr. Forbes, wie er mir mitgetheilt hat, niemals ein solches Beispiel bei den Aymaras und Quechuas von Süd-America gesehen.
  11. Dies ist der Fall bei den Weibchen mehrerer Species von Hylobates: s. Geoffroy St. Hilaire und F. Cuvier, Hist. natur. des Mammif. Tom. I; s. auch, über H. lar, die Penny Cyclopaedia, Vol. II, p. 149, 150.
  12. Die Resultate wurden von Dr. Weisbach nach den Messungen der Dr. Dr. K. Scherzer und Schwarz reducirt; s. Reise der Novara; Anthropologischer Theil, 1867. S. 216, 231, 234, 236, 239, 269.
  13. Voyage to St. Kilda (3. edit.). 1753, p. 37.
  14. Sir J. E. Tennent, Ceylon; Vol. II. 1859, p. 107.
  15. Quatrefages, Revue des Cours scientifiques. Aug. 29. 1868, p. 630. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159.
  16. Ueber die Bärte der Neger s. Vogt, Vorlesungen über den Menschen, Bd. 1, S. 159. Waitz, Anthropologie der Naturvölker, Bd. 1, S. 110. Es ist merkwürdig, dass in den Vereinigten Staaten (Investigations in Military and Anthropological Statistics of American Soldiers. 1869, p. 569) die reinen Neger und ihre gekreuzten Nachkommen beinahe so behaarte Körper zu haben scheinen wie die Europäer.
  17. Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 178.
  18. Dr. J. Barnard Davis, on Oceanic Races, in: Anthropological Review. April, 1870, p. 185, 191.
  19. Catlin, North American Indians, 3. edit. 1842. Vol. II, p. 227. Ueber die Guaranys s. Azara, Voyage dans l’Amérique méridion. Tom. II. 1869. p. 58, und Rengger, Säugethiere von Paraguay, S. 3.
  20. Prof. und Mrs. Agassiz (Journey in Brazil, p. 530) bemerken, dass die Geschlechter der americanischen Indianer weniger verschieden von einander sind als die der Neger und der höheren Rassen, s. auch Rengger, a. a. O. S. 3, über die Guaranys.
  21. Rütimeyer, Die Grenzen der Thierwelt; eine Betrachtung zu Darwin’s Lehre. 1868, S. 54.
  22. A Journey from Prince of Wales Fort. 8vo. edit. Dublin, 1796, p. 104. Sir J. Lubbock theilt (Origin of Civilization, 1860, p. 69) andere ähnliche Fälle aus Nord-America mit. Wegen der Guanas von Süd-America s. Azara, Voyages etc. Tom. II, p. 94.
  23. Ueber die Kämpfe der männlichen Gorillas s. Dr. Savage, in: Boston Journal of Natur. Hist. Vol. V. 1847, p. 423. Ueber Presbytis entellus B. The Indian Field, 1859, p. 146.
  24. J. Stuart Mill bemerkt (The Subjection of Women, 1869, p. 122): „die Gegenstände, in denen der Mann die Frau am meisten übertrifft, sind diejenigen, welche das meiste Grübeln und consequenteste Ausführen eines einzelnen Gedankens erfordern“. Was ist dies anders als Energie und Ausdauer?
  25. Maudsley, Mind and Body, p. 31.
  26. Eine Beobachtung Vogt’s bezieht sich auf diesen Gegenstand; er sagt: „es ist ein auffallendes Verhältniss, dass der Abstand der Geschlechter in Beziehung auf die Schädelhöhle mit der Vollkommenheit der Rasse zunimmt, so dass der Europäer weit mehr die Europäerin überragt, als der Neger die Negerin. Welcker findet diesen von Huschke aufgestellten Satz in Folge seiner Messungen bei Negern und bei Deutschen bestätigt“. Vogt fügt indessen hinzu (Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1, S. 95): „doch würde es noch mannichfacher Untersuchung bedürfen, um die allgemeine Geltung zu beweisen“.
  27. Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 603.
  28. Journal of Anthropolog. Soc. April, 1869, p. LVII und LXVI.
  29. Dr. Scudder, Notes on Stridulation, in: Proceed. Boston Soc. of Natur. Hist. Vol. XI. April, 1868.
  30. Mitgetheilt in W. C. L. Martin’s General Introduction to the Natur. Hist. of Mamm. Animals. 1841, p. 432. Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 600.
  31. The American Naturalist, 1871, p. 761.
  32. Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfindungen, 3. Aufl. 1870, p. 234.
  33. Berichte in diesem Sinne sind verschiedene veröffentlicht worden. Mr. Peach schreibt mir, dass er wiederholt beobachtet hat, wie ein alter Hand von ihm heulte, wenn B auf der Flöte geblasen wird, aber bei keinem andern Tone. Ich will noch einen andern Fall von einem Hunde anführen, der stets winselte, wenn ein bestimmter Ton auf einer verstimmten Concertine gespielt wurde.
  34. R. Brown, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 410.
  35. Journal of Anthropological Society. Oct. 1870, p. CLV. s. auch die verschiedenen späteren Capitel in Sir J. Lubbock’s Prehistoric Times, 2. edit. 1869, welche eine ausgezeichnete Schilderung der Gewohnheiten der Wilden enthalten.
  36. Seitdem dieses Capitel gedruckt ist, habe ich einen werthvollen Artikel von Mr. Chauncey Wright (North Americ. Review, Oct. 1870, p. 293) gesehen, welcher nach Erörterung des obigen Gegenstandes noch bemerkt: „Es gibt viele Folgen der letzten Gesetze oder Uebereinstimmungen der Natur, nach welchen die Erlangung einer nützlichen Kraft viele resultirende Vortheile ebenso wie beschränkende Nachtheile, sowohl factische als nur mögliche mit sich bringt, welche das Princip der Nützlichkeit nicht mit in seinen Wirkungskreis gezogen haben kann“. Dies Princip hat eine bedeutende Tragweite, wie ich in einem der früheren Capitel des vorliegenden Werks zu zeigen versucht habe, mit Rücksicht auf die durch den Menschen vollzogene Erlangung einiger seiner geistigen characteristischen Eigenschaften.
  37. Winwood Reade, The Martyrdom of Man, 1872, p. 441, und „African Sketch Book“, 1873, Vol. II, p. 313.
  38. Rengger, Säugethiere von Paraguay, S. 49.
  39. s. die sehr interessante Erörterung über den Ursprung und die Function der Musik von Herbert Spencer in seinen gesammelten Essays, 1858, p. 359. Mr. Spencer kommt zu einem, dem genau entgegengesetzten Schlusse, zu welchem ich gelangt bin. Er folgert, wie es früher Diderot that, dass die in der erregten Rede benutzten Tonfälle die Grundlagen darbieten, von welchen sich die Musik entwickelt hat; während ich schliesse, dass musikalische Töne und Rhythmus zuerst von den männlichen oder weiblichen Urerzeugern des Menschen erlangt wurden zu dem Zwecke, das andere Geschlecht zu bezaubern. Hierdurch wurden musikalische Töne fest mit einigen der stärksten Leidenschaften verbunden, welche zu fühlen ein Thier fähig ist, und werden nun in Folge dessen instinctiv oder durch Associationsbewegung benutzt, wenn starke Erregungen in der Rede ausgedrückt werden. Mr. Spencer bietet keine irgendwie befriedigende Erklärung dar, ebensowenig kann ich es, warum hohe und tiefe Töne beim Menschen und bei den niederen Thieren als Ausdrücke gewisser Gemüthserregungen bezeichnend sein sollen. Auch gibt Mr. Spencer eine interessante Erörterung über die Beziehungen zwischen Poesie, Recitativ und Gesang.
  40. Ich finde in Lord Monboddo’s Origin of Language, Vol. I. (1774), p. 469, dass Dr. Blacklock gleichfalls glaubte, „dass die erste Sprache unter den Menschen Musik war und dass, ehe unsere Ideen durch articulirte Laute ausgedrückt wurden, sie durch Töne mitgetheilt wurden, welche in entsprechender Weise je nach ihrer Höhe oder Tiefe abgeändert wurden“.
  41. s. eine interessante Erörterung über diesen Gegenstand in Häckel, Generelle Morphologie. Bd. 2. 1866, S. 246.
  42. Eine ausführliche und ausgezeichnete Schilderung der Art und Weise, in welcher Wilde aus allen Theilen der Welt sich schmücken, hat der italienische Reisende, Prof. Mantegazza gegeben in: Rio de la Plata, Viaggi e Studi, 1867, p. 525–545; alle die folgenden Angaben sind, wenn nicht andere Verweisungen gegeben sind, diesem Werke entnommen. s. auch Waitz, Introduction to Anthropology, Vol. I. 1863, p. 275 u. flgde. Auch Lawrence gibt ausführliche Details in seinen Lectures on Physiology, 1822. Seitdem dies Capitel geschrieben wurde, hat Sir J. Lubbock sein „Origin of Civilisation“, 1870, herausgegeben, worin sich ein interessantes Capitel über den vorliegenden Gegenstand findet und woraus (p. 42, 48) ich einige Thatsachen in Bezug auf das Färben der Zähne und Haare und das Anbohren der Zähne bei Wilden entnommen habe.
  43. Alex. v. Humboldt, Personal Narrative, Vol. IV, p. 515; über die Fantasie, wie sie sich beim Malen des Körpers zeigt, p. 522; über die Modification der Form der Waden, p. 466.
  44. The Nile Tributaries, 1867. The Albert Nyanza, 1866. Vol. I, p. 218.
  45. angeführt von Prichard, Physic. Hist. of Mankind, 4. edit. Vol. I. 1851, p. 321.
  46. Ueber die Papuas s. Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II, p. 445. Ueber den Haarputz der Africaner: Sir S. Baker, The Albert Nyanza, Vol. I, p. 210.
  47. Travels etc., p. 533.
  48. The Albert Nyanza, 1866, Vol. I, p. 217.
  49. Livingstone, British Association, 1860; Auszug im Athenaeum, 7. Juli 1860, p. 29.
  50. Sir S. Baker (a. a. O. Vol. I, p. 210) spricht von den Eingeborenen von Central-Africa und sagt: „Jeder Stamm hat eine bestimmte und unveränderliche Art, sich das Haar zu frisiren“. s. Agassiz (Journey in Brazil, 1868, p. 318), über die Unveränderlichkeit des Tättowirens bei den Indianern des Amazonen-Gebiets.
  51. R. Taylor, New Zealand and its Inhabitants, 1855, p. 152.
  52. Mantegazza, Viaggi e Studi, p. 542.
  53. Travels in S. Africa, 1824. Vol. I, p. 414.
  54. s. wegen Verweisungen: Gerland, über das Aussterben der Naturvölker, 1868, S. 51, 53, 55; auch Azara, Voyages etc., Tom. II, p. 116.
  55. Ueber die von den nordwest-americanischen Indianern benutzten Producte des Pflanzenreiches s. Pharmaceutical Journal, Vol. X.
  56. A Journey from Prince of Wales Fort. 8vo edit. 1796, p. 89.
  57. citirt, von Prichard, Phys. Hist. of Mankind, 3. edit. Vol. IV. 1844, p. 519. Vogt, Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1, S. 162. Ueber die Meinung der Chinesen von den Cingalesen s. Sir J. E. Tennent, Ceylon, Vol. II. 1859, p. 107.
  58. Prichard, nach den Angaben von Crawfurd und Finlayson, in: Phys. Hist. of Mankind, Vol. IV, p. 534, 535.
  59. „Idem illustrissimus viator dixit mihi praecinctorium vel tabulam foeminae, quod nobis teterrimum est, quondam permagno aestimari ab hominibus in hac gente. Nunc res mutata est, et censent talem conformationem minime optandam esse“.
  60. The Anthropological Review, November 1864, p. 237. Wegen weiterer Verweisungen s. Waitz, Introduction to Anthropology. 1863. Vol. I, p. 105.
  61. Mungo Park’s Travels in Africa, 4°. 1816, p. 53, 131. Burton’s Angabe wird von Schaaffhausen citirt im: Archiv für Anthropologie, 1866, S. 163. Ueber die Banyai s. Livingstone, Travels, p. 64. Ueber die Kaffern s. J. Shooter, The Kafirs of Natal and the Zulu Country. 1857, p. 1.
  62. In Bezug auf die Javanesen und Cochinchinesen s. Waitz, Anthropologie der Naturvölker. Bd. 1, S. 366; Introd. to Anthropol. Vol. 1, p. 305. Wegen der Yuracaras s. Alc. d’Orbigny, citirt bei Prichard, Phys. Hist. of Mankind, Vol. V. 3. ed., p. 476.
  63. North American Indians by G. Catlin, 3. edit. 1842. Vol. I, p. 49. Vol. II, p. 227. Ueber die Eingeborenen von Vancouvers Island s. Sproat, Scenes and Studies of Savage Life, 1868, p. 25. Ueber die Indianer von Paraguay s. Azara. Voyages etc. Tom. II, p. 105.
  64. Ueber die Siamesen s. Prichard a. a. O. Vol. IV, p. 533. Ueber die Japanesen: Veitch, in: Gardener’s Chronicle 1860, p. 1104. In Bezug auf die Neuseeländer s. Mantegazza, Viaggi e Studi, 1867, p. 526. Wegen der andern oben erwähnten Nationen s. Verweisungen in: Lawrence, Lectures on Physiology, 1822, p. 272.
  65. Sir J. Lubbock, Origin of Civilization. 1870, p. 321.
  66. Dr. Barnard Davis citirt Prichard und Andere wegen dieser Thatsachen von den Polynesiern in: Anthropological Review, April 1870, p. 185, 191.
  67. Ch. Comte gibt Bemerkungen in diesem Sinne in seinem Traité de Législation, 3. édit. 1837, p. 136.
  68. The African Sketch Book, Vol. II. 1873, p. 253, 394, 521. Wie mir ein Missionär mitgetheilt hat, welcher lange Zeit unter den Feuerländern gelebt hat, betrachten dieselben europäische Frauen als ausserordentlich schön; nach dem aber, was wir von dem Urtheil der andern Eingeborenen von America gesehen haben, kann ich nur glauben, dass dies ein Irrthum ist, wenn sich nicht geradezu diese Angaben auf Feuerländer beziehen, welche einige Zeit unter Europäern gelebt haben und uns für höhere Wesen halten müssen. Ich muss noch hinzufügen, dass ein äusserst erfahrener Beobachter, Capt. Burton, der Ansicht ist, dass eine Frau, welche wir für schön halten, auf der ganzen Welt bewundert wird; Anthropological Review, March, 1864, p. 245.
  69. Personal Narrative, Vol. IV, p. 518 u. and. O. Mantegazza hebt in seinen Viaggi e Studi, 1867, denselben Grundsatz nachdrücklich hervor.
  70. Ueber die Schädel der americanischen Stämme s. Nott and Gliddon, Types of Mankind, 1854, p. 440; Prichard, Phys. Hist. of Mankind, Vol. I. 3. edit., p. 321; über die Eingeborenen von Arakhan, ebenda, Vol. IV, p. 537; Wilson, Physical Ethnology, in Smithsonian Institution, 1863, p. 288; über die Fiji-Insulaner, p. 290. Sir J. Lubbock (Prehistoric Times, 2. edit., 1869, p. 506) gibt ein ausgezeichnetes Resumé über diesen Gegenstand.
  71. Ueber die Hunnen s. Godron, De l’Espèce, Tom. II. 1859, p. 300. Ueber die Eingeborenen von Tahiti s. Waitz, Anthropolog. Vol. I, p. 305. Marsden, citirt von Prichard, Physic. Hist. of Mankind, 3. edit. Vol. V, p. 67. Lawrence, Lectures on Physiology, p. 337.
  72. Diese Thatsache wurde auf der Reise der Novara festgestellt, s. Anthropologischer Theil, Dr. Weisbach, 1867, p. 265.
  73. Smithsonian Institution, 1863, p. 289. Ueber die Moden der arabischen Frauen s. Sir S. Baker, The Nile Tributaries, 1867, p. 121.
  74. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 1, S. 240; Bd. 2, S. 274.
  75. Schaaffhausen, Archiv für Anthropologie, 1866, S. 164.
  76. Mr. Bain hat (Mental and Moral Science, 1868, p. 304–314) ungefähr ein Dutzend mehr oder weniger verschiedener Theorien der Idee der Schönheit gesammelt; aber keine stimmt völlig mit der hier gegebenen überein.
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