22. Die Einheitswurzeln für einen zusammengesetzten Wurzelexponenten
und der durch sie bestimmte Kreiskörper.
§ 94.
Der Kreiskörper der
-ten Einheitswurzeln.
Es bedeute
eine beliebige positive ganze rationale Zahl, und es werde
gesetzt. Die Gleichung
-ten Grades
|
|
besitzt die
Wurzeln
|
|
Diese Zahlen heißen die
-ten Einheitswurzeln; der durch sie bestimmte Körper werde mit
bezeichnet und der Kreiskörper der
-ten Einheitswurzeln genannt. Setzt man, falls
durch mehr als eine Primzahl teilbar ist:
|
,
|
wo
,
, … verschiedene rationale Primzahlen seien, so kann man eine Partialbruchzerlegung vornehmen
|
,
|
wo
,
, … ganze rationale positive oder negative Zahlen bedeuten, und dann
, zu
,
zu
, … prim ist. Die Benutzung dieser Zerlegung liefert
|
,
|
wenn
, … gesetzt wird; es entsteht also durch Zusammensetzung der Körper
der
-ten Einheitswurzeln,
der
-ten Einheitswurzeln‚ … genau der Rationalitätsbereich
. Wir behandeln dementsprechend zunächst den einfacheren Fall
, wo in
nur eine Primzahl
aufgeht.
§ 95.
Der Grad des Kreiskörpers der
-ten Einheitswurzeln und die Zerlegung der Primzahl
in diesem Körper.
Für den Kreiskörper der
-ten Einheitswurzeln gelten folgende Tatsachen:
Satz 120. Bedeutet
die Primzahl
oder eine ungerade Primzahl, so besitzt der durch
bestimmte Kreiskörper
der
-ten Einheitswurzeln den Grad
. Die Primzahl
gestattet in
die Zerlegung
, wo
ein Primideal ersten Grades in
ist.
Beweis.
genügt der Gleichung vom
-ten Grade:
|
.
|
Bedeutet
eine nicht durch
teilbare ganze rationale Zahl und dann
eine ganze rationale Zahl von der Art, daß
nach
ausfällt, so folgt ähnlich wie auf S. 195, daß sowohl
|
,
|
als auch der reziproke Wert davon, nämlich:
|
|
ganze Zahlen sind; es ist daher
eine Einheit. Auf Grund dieses Umstandes können in der nämlichen Weise wie in § 91 die Gleichungen:
|
|
geschlossen werden, wo
![{\displaystyle \Lambda =1-{\mathsf {Z}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/fff942b9377de2f56da2e9fe1e8683ee45955978)
,
![{\displaystyle {\mathfrak {L}}=(\Lambda )}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/52bfd5f2b4c69422157c55ba229b8448c6097498)
gesetzt ist und in den Produkten
![{\displaystyle g}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d3556280e66fe2c0d0140df20935a6f057381d77)
alle zu
![{\displaystyle l}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/829091f745070b9eb97a80244129025440a1cfac)
primen Zahlen
![{\displaystyle >0}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b590bbbcf66fd5a62c56490804db67a445a6548b)
und
![{\displaystyle <l^{h}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/93b38d768146704700a012b4065f66764ee53d7f)
zu durchlaufen hat.
Durch dieselbe Überlegung wie in § 91 folgt hieraus, daß der Grad des Körpers
mindestens
ist, und damit zugleich, daß er genau diesen Wert hat.
§ 96.
Die Basis und die Diskriminante des Kreiskörpers der
-ten Einheitswurzeln.
Satz 121. In dem durch
bestimmten Kreiskörper
der
-ten Einheitswurzeln bilden die Zahlen
|
, , , …,
|
eine Basis; die Diskriminante dieses Körpers ist
|
,
|
wo für
oder
nach
das Vorzeichen — und sonst das Vorzeichen
gilt.
Satz 122. Ist
eine von
verschiedene rationale Primzahl und
der kleinste positive Exponent, für welchen
nach
ausfällt, und wird
gesetzt, so findet in
die Zerlegung
|
|
statt, wo
, …,
voneinander verschiedene Primideale
-ten Grades in
sind.
Die beiden Sätze 121 und 122 werden genau in der entsprechenden Weise bewiesen, wie die für den Körper
aufgestellten Sätze 118 und 119.
§ 97.
Der Kreiskörper der
-ten Einheitswurzeln. Der Grad, die Diskriminante und die Primideale dieses Körpers.
Jetzt sei
ein Produkt aus Potenzen verschiedener Primzahlen, etwa
…. Der nach § 94 definierte Kreiskörper
der
-ten Einheitswurzeln entsteht dann, wie dort ausgeführt worden ist, durch Zusammensetzung der Kreiskörper
,
, … der
-ten, der
-ten‚ … Einheitswurzeln. Da die Diskriminanten der letzteren Kreiskörper zueinander prim sind, so folgt aus Satz 87 (§ 52) unmittelbar die Tatsache:
Satz 123. Der Grad des Körpers
der
…-ten Einheitswurzeln ist:
|
.
|
Wenden wir die zweite Aussage in Satz 88 auf die Kreiskörper
‚
, … an und beachten den Satz 121, so folgt das weitere Resultat:
Satz 124. Der Kreiskörper
der
-ten Einheitswurzeln besitzt die Basis:
|
, , , …, .
|
Die Diskriminante des Körpers
![{\displaystyle k({\mathsf {Z}})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bf4dea1df5e4356d6644417546ffbaaf5b513aec)
der
![{\displaystyle m}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0a07d98bb302f3856cbabc47b2b9016692e3f7bc)
-ten Einheitswurzeln ergibt sich durch die erste Aussage in Satz 88.
Endlich kann auf Grund des Satzes 88 unter Zuhilfenahme der Eigenschaften der Zerlegungs- und der Trägheitskörper die Zerlegung einer rationalen Primzahl
im Körper
ausgeführt werden. Man erhält so den Satz:
Satz 125. Ist
eine in
nicht aufgehende rationale Primzahl und
der kleinste positive Exponent, für welchen
nach
ausfällt, und wird dann
gesetzt, so findet im Kreiskörper
der
-ten Einheitswurzeln die Zerlegung
|
|
statt, wo
, …,
voneinander verschiedene Primideale
-ten Grades in
sind.
Ist ferner
eine Potenz von
, und wird
gesetzt, so findet im Körper
der
-ten Einheitswurzeln die Zerlegung
|
|
statt,
, …,
voneinander verschiedene Primideale
-ten Grades in
sind [Kummer (15)‚ Dedekind (5), Weber (4)].
Zum Beweise des Satzes 125 nehmen wir der Kürze wegen
an und bezeichnen dann die Kreiskörper der
-ten,
-ten Einheitswurzeln mit
bez.
. Ferner sei
eine von
,
verschiedene rationale Primzahl und
,
seien je ein idealer Primfaktor von
bez. in den Körpern
,
; wir bezeichnen in
,
die Zerlegungskörper der Primideale
,
bez. mit
,
. Es seien
,
die kleinsten Exponenten, für welche
nach
bzw.
nach
ausfällt, und es möge
|
|
gesetzt werden: dann sind
,
bez. die Grade der Körper
,
und
,
der Relativgrad von
in bezug auf
bez. der Relativgrad von
in bezug auf
. Nach Satz 88 zerfällt die rationale Primzahl
in dem aus
,
zusammengesetzten Körper
in
Ideale; diese sind daher sämtlich Primideale ersten Grades in
. Wir betrachten unter diesen insbesondere das Primideal
und bezeichnen mit
einen Primfaktor von
in dem aus
,
zusammengesetzten Körper
; es sei
, der Zerlegungskörper des Primideals
in
. Es folgt zunächst aus der Definition der Zerlegungskörper, daß
entweder mit
, übereinstimmen oder in
als Unterkörper enthalten sein muß. Die Relativgruppe des aus
,
zusammengesetzten Körpers in bezug auf
ist zyklisch vom Grade
; die Relativgruppe des aus
,
zusammengesetzten Körpers in bezug auf
ist zyklisch vom Grade
. Wir entnehmen hieraus, daß, wenn
das kleinste gemeinsame Vielfache der Zahlen
,
bedeutet, die Relativgruppe von
in bezug auf
keine zyklische Untergruppe von höherem als
-ten Grade enthalten kann. Da
als Trägheitskörper des Primideals
eine zyklische Relativgruppe in bezug auf
besitzen muß und der Körper
den Körper
enthält, so folgt, daß jene zyklische Relativgruppe von
in bezug auf
höchstens den Grad
hat.
Andrerseits stellen wir folgende Betrachtungen an. Die beiden Körper
und
haben den Körper
, aber keinen Körper höheren Grades als gemeinsamen Unterkörper, da sonst
in
noch weiter zerlegbar sein müßte. Desgleichen haben die beiden Körper
und
den Körper
zum größten gemeinsamen Unterkörper. Wir legen nun
als Rationalitätsbereich zugrunde; es ist dann
ein solcher Relativkörper in bezug auf
, der weder mit
, noch mit
einen Relativkörper in bezug auf
gemein hat. Hieraus schließen wir ohne Mühe, daß
, höchstens vom Relativgrade
in bezug auf
sein kann. Der Körper
, ist daher höchstens vom Grade
, d. h. die Relativgruppe von
in bezug auf
hat mindestens den Grad
. Dies zusammen mit der oben bewiesenen Tatsache zeigt, daß der Grad der Relativgruppe von
in bezug auf
gleich
sein muß, womit sich für den gegenwärtig betrachteten besonderen Fall die Aussage des Satzes 125 deckt.
Nach Satz 123 genügt
einer irreduziblen Gleichung
vom
-ten Grade mit ganzen rationalen Koeffizienten, und nach dem Beweise zu Satz 87 bleibt diese Gleichung
auch noch irreduzibel, wenn man als Rationalitätsbereich irgendeinen Körper zugrunde legt, dessen Diskriminante zu
prim ist [Kronecker (3[1], 21[2])].
Die Bildung der linken Seite
dieser Gleichung geschieht in folgender Weise. Wird für den Augenblick zur Abkürzung allgemein
|
|
und
|
|
gesetzt, so ist:
|
.
|
[Dedekind (1[3]), Bachmann (2[4])].
Ist
eine ganze rationale Zahl und
eine in
aufgehende zu
prime Primzahl, so hat mit Rücksicht auf Satz 125
stets die Kongruenzeigenschaft
nach
. Es gibt danach offenbar unendlich viele Primzahlen
mit dieser Kongruenzeigenschaft.
§ 98.
Die Einheiten des Kreiskörpers
. Die Definition der Kreiseinheiten.
Es gelten folgende Tatsachen:
Satz 126. Wenn
eine Potenz einer Primzahl
ist und
eine nicht durch
teilbare Zahl bedeutet, so stellt in dem durch
bestimmten Kreiskörper der Ausdruck
|
|
stets eine Einheit dar.
Wenn die Zahl
verschiedene Primfaktoren enthält und
eine zu
prime Zahl bedeutet, so stellt in dem durch
bestimmten Kreiskörper der Ausdruck
|
|
stets eine Einheit dar.
Beweis. Der erste Teil dieses Satzes 126 ist bereits in den Beweisen der Sätze 117 und 120 festgestellt worden. Um den zweiten Teil zu beweisen, setzen wir
und
|
,
|
wo
eine zu
und
eine zu
prime ganze rationale Zahl bezeichnet; dabei wird
|
.
|
Nun ist:
|
,
|
wo das Produkt über
zu erstrecken ist, oder:
|
,
|
wo das Produkt über
zu erstrecken ist.
Wir unterscheiden jetzt zwei Fälle, je nachdem die Anzahl der Primzahlen
‚ die in
enthalten sind, zwei oder mehr als zwei beträgt. Im ersteren Falle ist die rechte Seite der Formel (37) nach dem bereits feststehenden ersten Teile des Satzes 126 eine Einheit. Im zweiten Falle können wir annehmen, der zu beweisende Satz 126 sei bereits für diejenigen Kreiskörper
als richtig erkannt, bei welchen die Zahl
durch weniger Primzahlen als
teilbar ist; es trifft dann dieser Satz für den Kreiskörper zu, der durch die
-ten Einheitswurzeln bestimmt ist. Danach sind dann Zähler und Nenner des auf der rechten Seite von (37) stehenden Bruches für sich Einheiten. Der Ausdruck (36) ist ein Faktor des Produktes auf der linken Seite von (37) und daher gleichfalls in jedem Falle eine Einheit. Damit
ist der Satz 126 vollständig bewiesen.
Von einer jeden beliebigen Einheit eines Kreiskörpers
gilt die Tatsache, daß sie gleich dem Produkte aus einer Einheitswurzel und einer reellen Einheit ist. Die Einheitswurzel liegt dabei nicht notwendig immer in dem Körper
selbst, sondern kann, wenn
verschiedene Primzahlen enthält, bei geradem
eine
-te‚ bei ungeradem
eine
-te Einheitswurzel sein [Kronecker (7)]. Wir sprechen insbesondere die folgende, schon von
Kummer erkannte Tatsache aus:
Satz 127. Bezeichnet
eine ungerade Primzahl, und betrachten wir in dem durch
bestimmten Kreiskörper
den durch
bestimmten reellen Unterkörper
vom Grade
, so ist ein beliebiges System von Grundeinheiten dieses reellen Körpers
stets auch für den Körper
ein System von Grundeinheiten.
Beweis. Ist
eine beliebige Einheit in
so ist
eine solche Einheit in
die selbst und deren Konjugierte sämtlich den absoluten Betrag
besitzen, und sie stellt daher nach Satz 48 eine Einheitswurzel dar; wir setzen
wo
eine ganze Zahl sei. Die Einheit
besitzt dann die Eigenschaft:
|
(38)
|
In dieser Formel (38) kann rechter Hand nur das positive Vorzeichen gelten. Anderenfalls nämlich wäre
eine rein imaginäre Einheit; dann setzen wir
so daß
eine Einheit des reellen Unterkörpers
wird. Die Relativdifferente der Zahl
in bezug auf den reellen Unterkörper
ist
und mithin prim zu
. Demnach müßte auch die Relativdifferente des Körpers
in bezug auf den Körper
prim zu
sein. Bedeutet nun
ein beliebiges in
aufgehendes Primideal des reellen Körpers
so würde daher nach Satz 93 dieses Ideal nicht gleich dem Quadrate eines Primideals des Körpers
sein. Da aber
in
höchstens zur
-ten Potenz vorkommt, so fände sich diese letzte Folgerung in Widerspruch mit dem Satze 117 über die Zerlegung der Zahl
im Körper
also gilt in der Tat auf der rechten Seite der Formel (38) das obere Vorzeichen. Aus
folgt, daß die Zahl
reell ist. Damit ist der Beweis des Satzes 127 erbracht.
Die in Satz 126 angegebenen Einheiten sind imaginär. Um reelle Einheiten zu erhalten, bilden wir‚ je nachdem
eine Potenz einer Primzahl ist oder verschiedene Primzahlen enthält, die Ausdrücke:
|
|
bez.
|
|
wo
eine zu
prime Zahl bedeute und der positive Wert der Quadratwurzel genommen werde. Diese Einheiten sollen kurz Kreiseinheiten genannt werden. Mit Rücksicht auf
[5] erkennt man, daß in dem ersteren Falle diese Einheiten im Körper
selbst liegen, während sie im zweiten Falle als Produkte aus Einheiten des Körpers
in
-te bez.
-te Einheitswurzeln erscheinen, je nachdem
gerade oder ungerade ist.