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Burney Tagebuch 3/Anmerkungen zum dritten Bande

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Anmerkungen zum zweyten Bande Tagebuch einer musikalischen Reise (1773) von Charles Burney
Anmerkungen zum dritten Bande
Erstes Register


[298]
Anmerkungen zum dritten Bande.


S. 2. Sollte es so ausgemacht seyn, daß sich der Schall in den kalten Zonen schwerer fortpflanzte?

(Ebendas.) Der Unterricht im Singen wird in Ober- und Niedersachsen auch gegeben. Jede lateinische Schule, und auch Dorfschulen haben ihre Cantores, und in den meisten kleinen Städten ist ein Musikchor. In Thüringen [299] ist es wie in Böhmen. Jedes Dorf hat seine Sänger und Spieler, die sich in den Schulen bildeten, und des Sonntags ihre Kirchenmusiken mit nicht geringer Genauigkeit aufführen. Hiervon hätte Herr Burney doch Nachricht einziehen sollen. Es wäre wohl für einen allgemeinen Geschichtschreiber ein paar Meilen werth gewesen.

S. 6.[WS 1] (Böhmischer Adel.) Der böhmische Adel hat im eigentlichsten Verstande, auf seinen Gütern Musiker. Ich weiß sogar einen Herrn (dessen Namen mir itzt nicht beyfallen will.) der seine Bauern und Bäuerinnen in italiänischer Musik und im Tanzen so hatte unterrichten lassen, daß sie ihm von Zeit zu Zeit ordentliche Opern aufführten; und er überraschte einstmals den König von Preussen mit einer solchen Oper, die ihm sehr gefallen hat. Nachher waren die Helden und Prinzessinnen wieder Ackerleute. Die Schulen thun es allein nicht. Von Herrn Benda hätte Herr Burney richtigern Unterricht einziehen können.

S. 26. (Anthems ausdrückt.) Nemlich in soweit beydes Kirchenmusik ist. In der innern Einrichtung sind sie aber sehr verschieden. Anthems sind nemlich bloß, schicklich oder unschicklich zusammengesetzte, biblische Sprüche, die der Komponist nach Gutdünken zu Chören, Recitativen oder Arien macht. Unsre [300] deutschen Kirchenkantaten bestehen in Chören, Arien, Duetten, Recitativen und untermischten Kirchengesängen, welche der Dichter ausdrücklich in Ordnung bringt; sind auch wohl nur für eine oder zwey Singestimmen gesetzt.

S. 30. (Meisterhaften Manier.) Der Verfasser braucht sein Masterly, gemeiniglich bey einem Komplimente, das ihm nicht recht von Herzen geht. Wir Deutschen halten keinen für meisterhaft, der ohne feurige Einbildungskraft spielt, wenn das Stück, welches er spielt, es zuläßt.

S. 31. Der Verfasser denkt bey seinem unablässigen Tadel über die Grösse der deutschen Orgeln und ihre Füllstimmen, gar nicht daran, daß beydes nothwendig ist, eine grosse Gemeine, die mehr als ein paar Zeilen hinter einander singen soll, im Tone zu erhalten. Sollte er nie gehört haben, wie sie herunterzieht, wenn die Orgel schwächer ist, als die Gemeine? Mit der Nothwendigkeit der Fülle der Orgel lernt man auch die Nothwendigkeit der Pedale begreifen, und wer Orgeln gut hat spielen gehört, begreift auch leicht die grosse Wirkung des Pedals. In England soll man nichts davon wissen, weil die Orgeln da niedlich und elegant seyn sollen. Aber kann England uns Muster seyn? Wenn mancher Organist beym Solospielen [301] das Registrieren nicht versteht, so ist das nicht der deutschen Orgeln Schuld. Wer Herrn Burneys Anmerkung über der deutschen Meynung vom Pedale Seite 217 im dritten Bande liest, den muß die Lust ankommen, Herrn Burney das zu antworten, was Scarlatti zum Herrn l’Augier über seine zehn Finger sagte. In Italien hängen die Pedale freilich an den Manualen, und gehn, (wie vermuthlich auch in England) mit dem kleinen Finger der Linkenhand einen Gang. Und dann machts nur eine nothdürftige Verstärkung, und ist wie der Violon in einem Conterte, der doch gewiß nicht einmal entbehrlich ist. – Nach Bachs Grundsätzen ist das Pedal nothwendig, wenn die Orgel in ihrer wahren Manier gespielt, und nicht zum Clavier herabgesetzt werden soll. Wenn ein wirklicher Meister die Orgel spielt, so hebt das Pedal die grössesten Gedanken ungemein, und giebt der Musik eine so hohe Majestät, die kein ander Instrument je hervorbringen kann. Hätte Herr Burney doch einmal den hällischen Bach spielen gehört, zu einer Zeit, da ihn nicht der Geist der algebraischen Künste trieb!

S. 35. (Wohlgewähltes Mittel u. s. w.) Seckendorf in seiner Hist. Luther. führt einige Lieder an, die solche Wirkung thaten; in [302] den vielen Büchern von der Geschichte deutscher Lieder, die Wetzel, Gottschalk, Busch und andre geschrieben haben, kann man auch solche Exempel auffinden.

S. 36. Es sind nicht bloß Gesänge, was die Chorschüler singen. An den meisten Orten singen sie Motteten, welche aus einem Spruche, davon ein Theil gewöhnlich eine Fuge ist, und einer Arie, welche von einem Baßsänger begleitet wird, zu bestehen pflegen. Herr Rolle hat dergleichen viele komponirt, die sehr schön sind.

S. 37. Die Nänie ist wohl nichts anders, als das bekannte Begräbnißlied: Nun lasset uns den Leib begraben, mit der Antwort. Uebrigens führt auch an vielen Orten bey Begräbnissen, der Cantor in der Kirche ordentliche geistliche Trauerkantaten auf. Die Austheilung des Geldes geschieht auf hunderterley Weise. Es gehen auch viele junge Leute ins Singechor, die kein Geld nehmen.

S. 40. (Leipziger Messe.) Es kommen wirklich noch itzt aus allen Gegenden von Europa Kaufleute dahin. Wollte uns der Verfasser wirklich zu verstehen geben, daß das auch der Fall mit den englischen Marktflecken wäre? Viele Engländer, die Leipzig recht gut kennen, werden bey diesem Artikel doch große Augen machen.

[303] S. 44. Die kochische Gesellschaft, hätte sich in Leipzig, das die meiste Zeit bis an 2000 Studenten hat, sehr wohl halten können, wenn sie nicht durch einige Professoren und Geistliche vertrieben worden wäre. Sie war vorhin Jahrelang da gewesen.

S. 47:48. (Italiänische Opern.) In Gotscheds Vorrathe der dramatischen Dichtkunst, stehn von 1693 jedesmal Deutsche angegeben, die er selbst besaß. Bis 1720 sind solche häufig.

S. 73. Hier fehlen Marpurgs kritischen Briefe über die Tonkunst, die ihm mehr Ehre machen, als seine auch nicht allemal correkten Kompositionen.

S. 77. (Stimme dunkel.) Das war sie traun sonst ganz und gar nicht. Der sel. Schiebeler nannte sie daher gleich Hoboe.

S. 78. Der Leser wird wohl thun, die Urtheile des Herrn B. über die Schmeling, auf dieser und auf der 153. Seite[WS 2] zu vergleichen, und zu reimen so gut er kann.

S. 110. (Man kann nicht läugnen u. s. w.) Wer kann hier begreifen, nach welchen Grundsätzen über die Musik geurtheilt werden soll, wenn wahrhaftig gute Sätze und schöne Gedanken eines Genies, das sie vor Jahren zuerst erfand, nun dem Kenner nichts mehr werth seyn solle, weil andre sie nachgeahmt haben? Aber von Quantz insbesondere: ein Mann, [304] den Herr Burney für eins der grössesten deutschen musikalischen Genies hält, der Quantzens Sachen fast 20 Jahr durch gehört hat, behauptet noch itzt, daß Quantz gewiß Genie, und zwar Originalgenie gehabt habe. – Welches Urtheil soll gelten, wenn das Urtheil eines Genies nicht gelten soll, das auch Kenner der Kunst ist? – Daß aber ein Mann, der 300 Stücke einerley Art gemacht hat, sich hie und da wiederholt, das ist kein so grosser Fehler, als das Gegentheit ein Wunder sein würde?

Noch Eins, das bey dieser Gelegenheit so schicklich ist, als bey einer andern. Muß der Tonkünstler, der sich original zu seyn fühlt, durchaus alle neue Moden mit machen? Bleibt er dann noch Original oder wird er Nachahmer? Ists erweislich, daß die komische Wendung, welche die Musik genommen hat, durchgehends wahre Verbesserung heissen könne? Ist nicht aus der Instrumentalmusik fast alles Herzrührende heraus? Wo bleibt der wesentliche Unterschied des Ernsthaften und Komischen? Wo sind die Adagio’s, wer kann sie spielen? Wer mischt nicht Lustigkeiten hinein? Wo ist Gesang der Instrumente, besonders auf der Geige herrschend? Oder soll statt der alten steifen Contrapunktkunst nun die buntscheckige Gaucklerkunst das Reich haben? [305] Soll der Komponist also mit der Zeit Schritt halten? Nein, zu rechter Zeit aufhören, das soll er. Das that Quantz nicht. Vielleicht aus andern sehr gültigen Ursachen nicht; und da ers nicht that, so fiel er nicht in den Fehler, daß er Sätze (vielleicht wußte er das nicht, und das kann den Virtuosen, die oft nicht viel Neuigkeiten hören, als ihre eignen, leicht begegnen.) noch wiederholte, als sie schon zu bekannt waren.

S. 103. Eine vollständige Beschreibung wird der Liebhaber im folgenden Werke finden: Description des Palais de Sanssouci, de Potsdam & de Charlottenburg contenent &c.&c. Dresde, chez Walther. 1773. 4.

S. 146. Ein besondrer Fußpfadt ist indessen in vielen deutschen Städten, z.E. in Braunschweig, Hannover, Göttingen u. m.

S. 151. (In Berlin für Ketzer hält.) Es ist sonderbar, daß Herr Burney sich einbildet, und seine Leser überreden will, in Berlin habe alles auf Quantz und Graun geschworen! Es giebt da eine große Menge Leute, selbst am Hofe, deren Geschmack nichts weniger als eingeschränkt ist. Es giebt sogar Antiquanzianer von Gewicht.

S. 155. Der Herr Professor Sulzer hat die musikalischen Artikel in seinem Lexicon nicht allein gemacht. Im ersten Theile hat Agricola viel gearbeitet, und im 2ten arbeitet Kirnberger.

[306] S. 165. (Cantor.) Herr Burney hätte auch leicht erfahren können, daß bey den lateinischen Schulen in Städten, der Cantor einer der ersten Collegen ist.

S. 168. Sind die musikalischen Calculationen in der Mathematik unnütz? Dafür hielte solche ein Doctor der Musik?

[S. 168.] Musikalische Streitigkeiten hat Mattheson mehr und derber geführt, als Marpurg und Kirnberger, die beyden einzigen Berliner, die Streitschriften geschrieben haben.

S. 169. Hätte der Verfasser wirklich von Grauns deutschen Opern welche gesehen? Das wäre doch wohl nothwendig; denn alle diese machte er, ehe er in Italien gewesen war. Und sie haben so viel Melodie, Ausdruck und Neuheit, als man in manchen Arien seiner neuern nicht finden wird.

S. 170. Wo sind die Menge Gedichte und Lobreden, die Herr Burney auf Graun anführt, und wovon das Publikum nichts weiß? Man schätzte ihn allerdings sehr hoch, und bedauerte einen Mann vom lobenswürdigsten Charakter. Auch ausser Berlin hatte er und Hasse lange Jahre Deutschland vergnügt. Sonderbar ist’s, daß Herr Burney einer ganzen Nation sagen will, das sollte euch nicht gefallen! Ist das Wahrheit, daß Grauns Bewundrer so wüthend sind? Herr Burney hat auf seiner Reise durch Deutschland [307] manchen Bewundrer Grauns kennen gelernt, ist er verfolgt worden? Er kann deswegen auch ganz sicher wieder zu uns kommen. Herr Burney kann auch finden, daß selbst in Berlin Grauns eifrigste Freunde, z. E. Herr Agricola, ihn nicht vergöttern. Er lese nur in Sulzers allgemeiner Theorie der schönen Künste 1 Th. S. 109. und 110 der 4. Edition, den Artikel Ausdruck. Da heißt es: „Graunen hatte die Natur eine Seele voll Zärtlichkeit, Sanftmuth und Gefälligkeit gegeben. Wiewohl er nun alle Geheimnisse der Kunst in seiner Gewalt hatte, so war ihm nur der Ausdruck des Zärtlichen, des Einnehmenden und Gefälligen eigen, und mehr als ein mal scheiterte er, wenn er das Kühne, das Stolze, das Entschloßne auszudrücken hatte.“

S. 171. Wie würde es aussehen, wenn Herr B. den Beweiß führen sollte, daß Graun sich nach Vinci gebildet hätte! Der erste Widerspruch ist der, daß Graun seine ersten Opern setzte, da Vinci in Deutschland wohl kaum bekannt war. Sodann ist in seinen Opern nichts Vincisches. Graun ist viel weicher, zärtlicher; Vinci stärker und höher. Graun ist ausführlicher und seine Melodie viel fliessender; Vinci mahlt fast keinen Gedanken aus; Graun nicht selten zu sehr; Grauns Instrumente wirken [308] mit vielmehr Kunst und Ueberlegung mit, Vinci ist sorgloser, obgleich nicht unwirksam. Graun hat schon viel Passagien und Coloraturen; Vinci weniger. Im Recitativ sonderlich zeigt Graun mehr Wissenschaft der Modulation und Deklamation, und modulirt zuweilen, ohne daß die Worte es erfodern, zu kühn. Vinci wird man nicht stark im Recitativ finden. Graun wiederhohlt sich oft, ist sich zu gleich, Vinci ist abwechslender. Vinci liebt kurze Ritornelle, Graun lange. Vinci scheint auf seine accompagnirte Recitative (ausgenommen im letzten Akt der Dido,) wenig zu halten; Graun bringt sie gerne an, und ist glücklich darinn. Und nun vor allem, Vinci in Duetten, Terzetten, Quartetten! welch ein himmelweiter Unterschied. – Diese Vergleichung liesse sich weiter ausdehnen, wenn es gälte; auf Arbeiten beyder Männer über ein Subjekt. – Grosse Erfindung, d.i. reiche, und im Erhabnen, Schrecklichen, Heftigen, könnte man Graum allerdings absprechen; dabey hat er die Trommelbässe bis zum Ueberdruß. Aber wer ihm im Zärtlichen, Sanften, ihm eigenthümliche Gedanken, Rührung, weiches Gefühl und Erfindung abläugnen wollte! – Eilfertige Kritiker können freylich leicht dazu verleitet werden. Sie nehmen eine ganze Oper, (wobey dem Komponisten durch allerley [309] Umstände die Freyheit des Geistes eingeschränkt wurde, und weil er nicht Universalgenie genug war, ihnen in allen und jeden Theilen Genüge zu thun und ein vollkommnes Ganzes zu machen. Ergo – sind die Theile, worin die Poesie einem Genie gemäß war, nicht schön! Es ist doch immer gut um ein klein wenig Philosophie, um dem Geschmack des Gehörs ein wenig zu Hülfe zu kommen.

Ebendaselbst. (Unnachahmlich nennen könne u. s. w.) So Etwas nennt man Petit. Princip.

S. 172. (J. Gottl. Graun.) Ganz Deutschland hat seine Sinfonien gerne gehört. Seine Manier ist nun freylich grade das Zärtliche nicht. Aber würde man den Poeten verwerfen, der eine etwas brausende feurige Manier hätte, die zwischen dem Kühnen, Erhabenen und Sanften in der Mitte läge? Man würde ihn nicht Oben an setzen – aber verwerfen? So bunt, als viele neuere Sinfonien konnte der Con. M. Graun nicht seyn, das war damals noch nicht ausstehlich. Doch glaub’ ich, die Manier seiner Sinfonien sei sich selbst stets zu gleich, ohne daß er sich ausschrieb. Daß Gedanken geborgt, wird man wohl nicht sagen, so wie nicht läugnen wollen, daß viele aus ihm geborgt haben. Wenn doch ein Burney der Zweyte im Jahr 1783 reisete, wie würden [310] alsdann die Helden Burney’s der Ersten, z. E. Haydn, u.s.w. mitgenommen werden!

S. 173. Aus Gesprächen weiß ich, Bach giebet nicht zu, daß Quantz sich nach Vivaldi gebildet habe. Quantzens Concerte haben auch eine feinere Einrichtung, sind mit den Instrumenten verwebter, als die von Vivaldi, die ich von ihm kenne. Lernen sollen und müssen wir ja alle von denen die vor uns waren. Aufs ängstliche Kopiren, nur darauf kommts an!

S. 174. (In ihrem Laufe zu hemmen.) Wer wäre denn das eigentlich gewesen? Daß man in Berlin nicht jede Neuerung so gerade weg annimmt! That es doch Hasse und Metastasio und Bach u. a., die der V. lobt, auch nicht. Aber nicht sowohl berliner Komponisten, als berliner musikalische Schriftsteller sind Schuld an dem üblen Rufe der berliner Schule. In Wien, Manheim gieht es auch Komponisten so, so! Nur lassen sie auch bey andern Fünfe grade seyn; und so ziehen sie sich denn auch keine Feindschaft auf den Hals. Die berliner Kritiker verkannten das Genie anderer Komponisten, sobald sie gegen die Regeln der musikalischen Gramatik anstiessen; und ob sie gleich mit Fug gegen manchen wahren Unsinn in grosser Italiäner Werken eiferten, so hatte es doch oft das Ansehn, als ob sie alles Gute zu eilig übersähen, und dem Genie nicht erlaubten, [311] etwas zu wagen – wenn es nicht aus ihrer Schule war. Das macht freylich eben so wenig Freunde, als es bessert. – Den alten Quantz zu tadeln, daß er itzt nicht so frey denke! ’T is not fair, Sir!

S. 176. Spaltungen und Ketzer haben in Berlin grosse Freyheit; gut! Toleranz in allen unschädlichen Sachen, Herr Doktor! Warum soll ein grosser Monarch, nicht das Recht eines jeden Privatmannes unangefochten geniessen, in der Musik seinem Geschmacke zu folgen?

S. 180. (Matthesons Schriften finden.) Händels Leben, aus dem Englischen übersetzt, mit vielen Anmerkungen und Zusätzen, von Mattheson. Hamburg 8vo, ist weit vollständiger, als in der Ehrenpforte. Für Matthesons Gedächtniß wäre es aber gut, wenn er die meisten Zusätze weggelassen hätte.

S. 184. Von Telemann sagt der Verfasser viel zu wenig, weil er dies wahre Genie mit seinen vielen Tugenden und Fehlern nicht genug aus seinen Werken kannte. Schade, daß er nicht die Leichengedichte und Zeitungsartikel bey Telemanns Tode hatte. –

S. 188. (Handlungsakademie.) In der Nachricht, die hier Herr Burney davon giebt, sind ein paar kleine Fehler, die diejenigen, denen daran gelegen ist, aus der erneuerten Nachricht von dem hamburgischen [312] Institut, zur Erziehung und Vorübung des jungen Kaufmanns von J. G. Büsch, P. P. herausgegeben im Februar, 1773.“ leicht berichtigen können.

S. 193. (Von einem Chor.) Es war der: „Fürwahr er trug unsre Krankheit.“ Die Adagioarie: „Wende dich zu meinem Schmerze.“

S. 194. (Ohne einen Nebenbuhler) Viele Nebenbuhler Bachs im deutschen Kirchenstyle, würde Herr Burney wohl auch nicht aufweisen können, obgleich Herr Bach, ohne daß ich seine Gründe errathen kann, seiner Kirchenstücke in seiner Lebensbeschreibung keine Erwähnung thut.

S. 195. Wer Herrn Burney die Nachricht gegeben hat, daß Hamburg 200,000 Einwohner habe, der hat die Zahl wissentlich oder unwissentlich um ein merkliches vergrößert.

S. 210. Ueber die Länge der bachischen Stücke, kann man folgendes Experiment machen: Man nehme sein längstes Concert, aus der neu in Berlin bey Wintern gedruckten das dritte aus E dur, z. E. – man nehme die Tempo’s so langsam als möglich, mache die zwey Cadenzen jede etwa 4 bis 5 Tacktlängen – es dauert gerade 20 Minuten. Sollte man das Werk eines der ersten Genieen nicht so lange anhören können! Die arme Musik! Wer doch mit der Poesie so kurz wegkäme, [313] oder – mit diesen Reisen, und diesen Noten dazu! – Das Schlechte ist freylich zu lang, währte es auch nur eine Minute. Die Langeweile bey einem Stücke, muß wohl an etwas anderm, als an seiner Länge liegen.

Ebendaselbst. (Ueber seine Subjekte sagen läßt.) Eine Wette von Drey gegen Zwey, Herr Dokter Burney, Bach weiß über seine bearbeiteten Subjekte noch was vorzubringen, daß des Hörens werth ist.

S. 221. (Zwo Stunden,) Welch eine Figur für einen Geschichtschreiber! Sollten ihm auch seine eigen Landesleute wohl glauben, daß die Deutschen in ihren Kirchen einen Gesang von zwo Stunden sängen? Wenn nun während seines Spazierganges,[WS 3] die Predigt gehalten worden, und man nach derselben einen Gesang nach der vorigen Melodie sang, fand er sie dann noch (Still) bey derselben? Es ist wirklich nicht fein, solche Data zu machen, und dann eine ganze Nation darnach zu schildern, und mit einem Sneer zu sagen, die musikalischen Tugenden der Deutschen bestehen in Geduld und Gründlichkeit!

S. 222.[WS 4] (lang sey.) Der Beweiß, wenn auch alles seine Richtigkeit hätte, wäre doch wenigstens wohl nur aus dem 16. Jahrhunderte, denn neue Gesänge hat man in Bremen wohl nicht. Sonst findet man auch unter allen deutschen Tanzmelodien, Liedern u. s. w. der verschiedenen Provinzen, viele die sehr kurz sind; [314] dieses möchte auch einigermaßen einen Begriff geben, wie nothwendig in Deutschland erfodert wird, daß ein musikalisches Stück kurz sey. Der Schluß von 100 Liedchen ist ja wohl eines von einem Gesange werth!

S. 224. (Glockenspiele zugemessen.) Hamburg ist glücklich durchgekommen bey unserm Verfasser! Es hat wirklich zwey Glockenspiele, die theils durch Walzen alle Stunden, und zu andern gewissen Zeiten, auch bey freudigen und traurigen Veranlassungen, von Menschenhänden gespielt werden.

S.269. (Der Styl) Herrn Müthel hat wohl nicht Bachs Styl, ob er gleich sehr original ist; sonderlich in seinen Claviersonaten ist er wilder, minder zärtlich, rauschender. Er ist auch noch länger als Bach, welches ja nicht hätte sollen vergessen werden.




In den Zusätzen hätten billig noch genannt werden sollen: In Hanover, Hr. Beneke, ein sehr braver Violonschellist, und Herr Herschel, ein guter Violinist und Komponist für Instrumentalsachen. Veichtner, in Curland,[WS 5] ein Schüler von Benda auf der Geige, von dem Sinfonien gedruckt sind. Kleinknecht, ein Thüringer, der ehemals für die Flöte sehr berühmt war, und Sachen dafür hat stechen lassen. Herr Mathes, ein geschickter Hoboist und Herr Zycka, ein Violonschellist, beyde in Berlin.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 8.
  2. Vorlage: 145. Seite
  3. Vorlage: Spagierganges
  4. Vorlage: Ebendas.
  5. Vorlage: Cnrland
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