Zum Inhalt springen

BLKÖ:Schwandner, Johann Georg von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 32 (1876), ab Seite: 278. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Johann Georg von Schwandner in Wikidata
GND-Eintrag: 104196890, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Schwandner, Johann Georg von|32|278|}}

Schwandner, Johann Georg von (Geschichtsforscher, geb. auf dem Schlosse Stadelkirchen unweit Steyr in Oberösterreich 21. September 1716, gest. zu Wien 28. September, n. A. 1. October 1791). Sein Vater war Privatbeamter, die Studien begann S. in Linz, setzte sie dann in Wien fort, wo er die Rechte beendete, sich der advocatorischen Praxis zuwendete und längere Zeit als Advocat lebte. Darnach trat er als Secretär in Dienste bei dem General Molk und machte mit demselben ausgedehnte Reisen durch Italien, Deutschland, Ungarn, Serbien, die Walachei und die österreichischen Erblande. Nach seiner Rückkehr von denselben war er als k. k. Hofagent in Wien thätig und blieb es, bis nach Heyrenbach’s [Bd. VIII, S. 463] im Jahre 1779 erfolgten Tode die Stelle eines Bibliothekscustos an der Wiener Hofbibliothek erledigt wurde. Schwandner bewarb sich um den Posten, und, obgleich bereits damals 63 Jahre alt, errang er den Sieg über den bedeutend jüngeren Mitbewerber, den Büchercensor Constantin v. Khautz [Bd. XI, S. 90]. Mit kaiserlichem Beschluß vom 24. August 1779 wurde er zum zweiten Custos ernannt, rückte im Jahre 1791 zum ersten mit dem Jahrgehalte von 3000 fl. vor, ohne jedoch diese Stelle lange zu genießen, da er noch im nämlichen Jahre im Alter von 75 Jahren starb. Die zwölf Jahre seiner unmittelbaren Thätigkeit in der Hofbibliothek sind durch seine Fortsetzung der von Heyrenbach begonnenen Recension der Manuscripte der Hofbibliothek (von Nr. 552 bis 1018) und die Beschreibung von 2000 anderen, später erworbenen würdig bezeichnet. Diese Beschreibung umfaßt sechs, von Schwandner eigenhändig geschriebene Foliobände, wovon fünf die Beschreibung, der sechste das Repertorium dieser fünf Bände enthält. Lange vorher noch, ehe er in die Dienste der Hofbibliothek getreten war, hatte er folgende Werke herausgegeben: „Scriptores rerum Hungaricarum veteres ac genuini, partim primum ex tenebris eruti, partem antehac quidem editi, nunc vero ex MCtis codicibus et rarissimis editionibus bibliothecae Augustae Vindobonensis ab innumeris mendis vindicati, plurimis variantibus lectionibus et necessariis hinc inde quibusdam illustrati, partim etiam ad nostra usque tempora continuati etc.“ 3 volumina (Vindobonae 1746–1748, Fol.; neue Aufl. ebd. 1766–1768, 4°.), die erste Auflage mit vielen Kupfern, welche in der zweiten fehlen. Dieses Quellenwerk hat der berühmte ungarische Geschichtsforscher Mathias Bel mit einer Vorrede eingeleitet und ist dasselbe mit einem reichen Wortregister versehen; – „Calligraphia latina“ (Vindobonae 1756, Fol. max.) Nach seiner Anstellung in der Hofbibliothek veröffentlichte er durch den Druck ein Werk mit folgendem Titel: „Chartam lineam antiquissimam omnia hactenus producta specimina aetate sua superantem ex cimeliis Bibliothecae Augustae [279] vindobonensis omnium Europae eruditorum judicio exponit ...“ (Vindobonae 1788, Rud. Gräffer, 4°.) , dasselbe enthält eine auf Linnenpapier geschriebene, eine Erbschaftsstreitigkeit des Klosters der Benedictinerinen zu Goeß in Steiermark betreffende Urkunde des Kaisers Friedrich II., aus dem Jahre 1243, welche als die älteste dieser Art bekannt ist, da die ältesten anderen, auf Linnenpapier vorhandenen, in Frankreich aus dem Jahre 1316, in England aus dem Jahre 1340, in Italien aus 1360 und in Spanien aus dem Jahre 1367 datiren. Zum Drucke zum Theile vorbereitet, theils vollendet, hinterließ S. einen „Codex epistolaris Regum Hungariae cum epistolis Petri de Arva, Archiepiscopi Colocien. olim Mathiae Corvini, Regis Hung. Cancellarii“ und „Specimen diplomaticum Regni Hungariae“ mit 30 noch niemals veröffentlichten Sigillen aller Könige in Ungarn sammt den dazu gehörigen Diplomen. Von früher Zeit her ein großer Bücherfreund, besaß Sch. eine in der ungarischen, böhmischen und österreichischen Geschichte ungemein reiche Bibliothek mit vielen Seltenheiten, welche, obgleich auf viele Tausende geschätzt, nach seinem Tode, einige Manuscripte ausgenommen, leider um einen Spottpreis hintangegeben wurde. Schwandner selbst war in geschichtlichen Werken, nicht minder in Religionsschriften sehr bewandert. Selbst ein streng religiöser Mann, hatte er verschiedene fromme Gewohnheiten angenommen, so z. B. kam er meistens still betend auf die Bibliothek. Dabei war er sehr redeselig, und wenn man bei ihm eine Auskunft suchte, so konnte man wohl sicher sein, eine solche und gewöhnlich gediegene zu erhalten, mußte aber dabei Vieles mit in den Kauf nehmen, was man eben damals nicht brauchte. Im historischen Gebiete, namentlich was Ungarn betraf, war er ein tüchtiger Bibliograph, und durch seine „Scriptores rerum Hungaricarum“ hat er sich selbst ein bleibendes Denkmal errichtet. Dieses Werk, wie seine notorisch bekannte Frömmigkeit mögen bei der Kaiserin, als sie den schon alten Mann in ihrer Bibliothek anstellte, den Ausschlag gegeben haben. Männer wie den wackeren Bartenstein [Bd. I, S. 163], Georg Christian v. Knorr [Bd. XII, S. 172, in den Quellen], v. Senkenberg u. A. zählte er zu seinen Freunden; der Kaiser und die Kaiserin schätzten und achteten ihn, Letztere insbesondere ob seiner unumwundenen Geradheit, welche einmal der Kaiserin nach einer Audienz, die sie ihm gegeben, die Bemerkung über ihn entlockte: „Er ist ein wahrer Landler“ [so heißt man die wegen ihrer Geradheit, die nicht immer die Ausdrücke wählt, bekannten Oberösterreicher]; der Kaiser, der, wie bekannt, ein großer Münzensammler war, ließ ihn öfter zu sich kommen, um über zweifelhafte Stücke in seiner Sammlung seine Meinung einzuholen. Zu Herrgott’s „Monumenta Aug. Domus Austr.“ hatte er viel beigetragen Die Societät incognitorum literariorum in terris austriacis hatte ihn schon im Jahre 1747 unter ihre ersten Mitglieder aufgenommen, und die damals in Ansehen stehende Akademie zu Roveredo hatte ihm im Jahre 1755 ihr Diplom geschickt.

(De Luca). Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1778, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 117. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1810, S. 418. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1808, S. 173. – Oesterreichische National-Encyklopädie [280] von Gräffer und Czikann (Wien (1837, 8°.) Bd. IV, S. 611 [nach dieser bereits am 20. Sept. 1791 gestorben]. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von Ebersberg (Wien, 8°.) 1838, Bd. III, S. 1148, im „Rückblick in die Vergangenheit“ [nach diesem auch am 20. September 1791 gestorben].