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BLKÖ:Patachich von Zajezda, Adam Freiherr

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 21 (1870), ab Seite: 341. (Quelle)
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Patachich von Zajezda, Adam Freiherr (Erzbischof von Kalocsa, geb. auf dem bei Karlstadt gelegenen Familienschlosse 18. Februar 1717, gest. zu Kalocsa 19. Juli 1784). Entstammt einer alten, ursprünglich croatischen Adelsfamilie die sich jedoch später auch in Ungarn ansässig gemacht und ausgebreitet hat, deren einzelne Sproßen verschieden geschrieben erscheinen, wie Patachich, Patačić, |Patatich, Pathatich, obgleich sie doch Alle einer und derselben Familie angehören. Eine ausführliche genealogische Darstellung derselben gibt Iván Nagy in seinem ungarischen Adelswerke: „Magyarország családai czimerekkel es nemzékrendi táblákkal“ u. s. w. Bd. IX, S. 139–144. Adam Patachich ist der Sohn des im Jahre 1733 verstorbenen Nikolaus P. aus seiner Ehe mit Prudentia Patachich, einer Verwandten aus einer anderen Linie dieser Familie. Adam erhielt eine sorgfältige Erziehung, hörte in Gratz die philosophischen Studien, in Wien die theologischen. [342] Daselbst erhielt er bei einem in Gegenwart des Kaisers Karl VI. abgehaltenen öffentlichen philosophischen Tentamen aus der Hand des Monarchen eine goldene Halskette und von der philosophischen Facultät die Doctorwürde. Von Wien wurde er nach Rom in’s Collegium Apollinare geschickt, wo er die theologische Doctorwürde erwarb, und da er sich als geschickter Poet bewährte, im Jahre 1739 in die Gesellschaft der Arkadier unter dem Namen Sirasius Acrotophorius aufgenommen wurde. Von Wien kehrte Adam in sein Vaterland zurück und erhielt die Pfarre in dem seiner Familie erblich gehörenden Marktflecken Verbovetz. Nach zwei Jahren wurde er Titularabt der seligen Jungfrau von Abraham; im April 1741 Domherr zu Agram, worauf ihn im Jahre 1743 die Kaiserin Maria Theresia mit der einträglichen Propstei des h. Benedict von Kaposfö beschenkte. Im Jahre 1751 ging er als Begleiter des Agramer Bischofs Franz Klobusiczky [s. d. Bd. XII, S. 111, in den Quellen] als dessen Canonicus a latere zum ungarischen Landtage nach Preßburg, wo er eine solche Umsicht in den Geschäften an den Tag legte, daß ihn die Kaiserin zum Rathe bei der ungarischen Hofkanzlei und bald darauf zum Titularbischofe von Novi ernannte. Neun Jahre arbeitete P. in der ungarischen Hofkanzlei, nun verlieh ihm die Kaiserin am 29. August 1759 das Bisthum Großwardein, die Würde des Obergespans im Biharer Comitate und jene eines geheimen Rathes. Als Obergespan und Kirchenfürst entfaltete P. durch neunzehn Jahre eine verdienstvolle Thätigkeit, förderte das Unterrichtswesen in seiner Diöcese, verbesserte die verwahrloste bischöfliche Residenz und deren ökonomische Verhältnisse, setzte den von Paul Grafen von Forgacs begonnenen Bau der Kathedrale fort, errichtete Schulen, den Unterricht in denselben persönlich überwachend, und bezahlte die Lehrer aus seinem Einkommen. Zugleich gründete er aus eigenen Mitteln in Großwardein eine Bibliothek, welche mehr als 15.000 Bände zählte. Seine Toleranz und Milde in religiösen Sachen gewann Tausende von Seelen der römischen Kirche. Eilf Dörfer mit 6000 Seelen, welche sich zur griechisch-nichtunirten Kirche bekannten, kehrten während der Zeit, als er das Bisthum leitete, zur katholischen Mutterkirche zurück. Maria Theresia belohnte diese Verdienste des Kirchenfürsten dadurch, daß, als Joseph Graf Batthyány [Bd. I, S. 177], damals Erzbischof von Kalocsa, im Jahre 1776 Erzbischof von Gran und Primas von Ungarn wurde, sie den Bischof Patachich zu dessen Nachfolger im Kalocsaer Erzbisthum ernannte. Auch auf diesem neuen Posten entwickelte P. eine wohlthuende Thätigkeit, er ließ den erzbischöflichen Palast neu herstellen, erbaute fünf neue Häuser für die Domherrn, schenkte der Kathedrale einen kostbaren, auf viele Tausende geschätzten Pontifical-Apparat. Als im Jahre 1777 die königl. ungar. Universität von Tyrnau nach Ofen verlegt wurde, übertrug ihm die Kaiserin die oberste Leitung des ungarischen Studienwesens und ernannte ihn zum Präsidenten des literarischen Senates für ganz Ungarn. Auch da wirkten sein Einfluß, sein Wissen und sein Eifer belebend und ermuthigend, das Schulwesen hob sich, die literarische Production, von ihm aufgemuntert, begann sich zu regen und die Kaiserin ehrte diese unverdrossene Thätigkeit des Staatsmannes, im Jahre 1778 durch Verleihung des Großkreuzes des St. Stephan-Ordens. Mit den genannten [343] Geschäften verband aber P. noch diejenigen eines Mitrichters der Septemviraltafel, und dieß hinderte ihn längere Zeit, am Sitze seines Erzbisthums zu verweilen, er führte sonach die Geschäfte desselben von Pesth aus, nur von Zeit zu Zeit seine Diöcese besuchend. In derselben ließ er mehrere Kirchen, wie zu Császártöltés, Tsávol neu erbauen, andere, wie jene zu Báts, Foktu vollenden und rief manche andere wohlthätige Anstalt in’s Leben. Die kirchlichen Reformen, welche nach dem Tode der Kaiserin von Joseph II. vorgenommen wurden, hatten bekanntlich die Reise des Papstes Pius nach Wien zur Folge. Patachich, obgleich sehr leidend, begab sich dennoch nach Wien, wohnte den daselbst stattfindenden Berathungen über die Kirchenangelegenheiten persönlich bei und wirkte durch seinen Einfluß, seine Klugheit und Sachkenntniß in so ersprießlicher Weise, daß Kaiser Joseph II. seine Thätigkeit nicht nur in einem eigenhändigen Schreiben an den Fürst Primas Batthyány anerkannte, sondern den greisen Kirchenfürsten durch das mit Edelsteinen besetzte Großkreuz des St. Stephan-Ordens auszeichnete, welches der Kaiser bisher selbst an seiner Brust getragen. – Noch sei hier der musikalischen Neigungen P.’s gedacht. Von Jugend an liebte und betrieb P. mit Eifer die Musik. Zu seinem bischöflichen Hofstaat zu Großwardein gehörte eine musterhafte Capelle, deren Leitung Joseph Haydn’s Bruder Michael anvertraut war. Als Haydn im Jahre 1762 einem Rufe nach Salzburg folgte, trat ein auch nachmals berühmt gewordener Musicus, Karl Ditters von Dittersdorf [Bd. III, S. 316], an dessen Stelle. Dittersdorf entwickelte auf diesem Posten, von dem Bischofe gefördert und ermuntert, eine große Thätigkeit, er bildete eine tüchtige Capelle, besetzte die fehlenden Stellen mit ausgezeichneten Individuen und brachte verschiedene größere symphonische Meisterwerke zur Aufführung. Er selbst componirte Opern und Concertstücke, unter anderen Metastasio’s Oratorium: „Isacco figura dal Redentore“, welches Bischof Patachich in’s Lateinische übersetzte. Dieses musikalische Leben und Treiben am bischöflichen Hofe zu Großwardein war in steter Entfaltung begriffen und gelangten Nachrichten darüber wohl in entstellter und übertriebener Form zu den Ohren der frommen Kaiserin, die sich dann darüber in wenig beifälliger Weise äußerte, worauf Dittersdorf, der fünf Jahre daselbst gewirkt, nach Wien zurückkehrte und die Capelle aufgelöst und entlassen wurde. – Erzbischof Patachich hat bei mehreren festlichen Gelegenheiten Vorträge gehalten, welche auch gedruckt worden sind, und zwar: „Divus Stephanus primus Hungariae Rex ... panegyrica dictione celebratus a. 1764“ (Posonii, 4°.); – „Homilia, quam habuit Colocae die 17. Nov. anno MDCCLXXVI cum ecclesiam eandem Metropolitanam primo accepit et auctum Capitulum suum ac Seminarum traditis super dote perpetua literis stabilivit“ (Colocae, Fol.); – „ Rede an die adelige Jugend, da diese von u. s. w. Erzbischof Patachich u. s. w. in die neuerrichtete Erziehungsstiftung eingeführet worden den 13. November 1777“ (Ofen, 8°.); –„Eucharisticon Magnae M. Theresiae Hungariae Reginae dum etc. Rem Hungariae Literariam, Universitatem Budensem, Regiam Nobilium Academiam Theresianam constabilivet, Diplomatisque firmaret“ (Budae 1780, 4°.); von dieser letzten Rede ist auch eine [344] deutsche Uebersetzung von H. C. Bretschneider (ebd. 1780, 4°.) erschienen. Viele Dichtungen, ferner ein Wörterbuch der croatischen Sprache hat P. in Handschrift hinterlassen und werden dieselben in der von ihm selbst gestifteten, mit 17.000 Bänden ausgestatteten erzbischöflichen Bibliothek zu Kalocsa aufbewahrt. P. starb in seiner erzbischöflichen Metropole im Alter von 67 Jahren.

Ungarischer Plutarch oder Nachrichten von dem Leben merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn und der dazu gehörigen Provinzen. Aus authentischen Quellen geschöpft ... von Carl Vincenz Kölesy und Jakob Melzer (Pesth 1816, J. Eggenberger, 8°.) Bd. IV, S. 139. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 163. – Katholischer Phantasten- und Prediger-Almanach auf das Jahr 1784 (Rom, Madrid und Lissabon, 8°.) S. 67 [heißt daselbst irrthümlich Anton]. – Kukuljević-Sakcinski (Iván), Slovník umjetnikah jugoslavenskih, d. i. Lexikon der südslavischen Künstler (Agram 1851), Ljud. Gaj, Lex. 8°.) S. 336. – Gallerie der berühmtesten Tonkünstler des 18. und 19. Jahrhunderts (Erfurt 1816, Jos. Karl Müller, 8°.) Bd. I, S. 80–89. – Fejér (Georgius), Historia Academiae scientiarum Pazmaniae Archi-Episcopalis ac M. Theresianae regiae literaria (Budae 1835, 4°.) p. 110. – Paul Jos. Šafařík’s Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Jos. Jireček (Prag 1865, Friedr. Tempsky, 8°.) II. Illyrisches und croatisches Schriftthum, S. 65 u 111. – Pray (Georg), Specimen Hierarchiae Hungaricae, tomus II, p. 86. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1824, S. 408.