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BLKÖ:Palacký, Franz

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Palacký, Johann
Band: 21 (1870), ab Seite: 179. (Quelle)
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Palacký, Franz (Geschichtsforscher, geb. zu Hotzendorf [Hodslawice], einer zur Herrschaft Neutitschein in Mähren gehörigen Ortschaft, 14. Juni 1798). Sein Vater war ein armer calvinischer Schulmeister zu Hotzendorf. Der Sohn erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung in Preßburg, später in Wien, und beschäftigte sich anfänglich vornehmlich mit Sprach- und ästhetischen Studien, wofür auch seine ersten schriftstellerischen Versuche, unter anderen die Anfangsgründe der čechischen Dichtkunst, eine čechische Uebersetzung einiger Gedichte Ossian’s und eine im „Krok“ abgedruckte Uebersicht der Geschichte der Aesthetik und ihrer Literatur, Belege sind. Nach beendeten juridischen Studien war er einige Zeit als Hofmeister bei einer hochadeligen Familie in Ungarn bedienstet. Im Jahre 1823 übersiedelte er nach Prag, wo ihm die um die Förderung der Kunst und Literatur in Böhmen hochverdienten Kaspar und Franz Grafen Sternberg bald ihre Gunst zuwendeten und den unterrichteten strebsamen jungen Mann auf die rechte Fährte, nämlich auf die Geschichte, wiesen. Unter ihrer Aegide warf sich P. mit Fleiß und Eifer auf das seit Dobner, Pubitschka und Pelzel ziemlich brach gebliebene Feld der böhmischen Geschichtschreibung, wobei ihm die großen Bücher- und Urkundenschätze in den Bibliotheken und Archiven Prags. des böhmischen Adels, insbesondere das ungemein wichtige Rosenberg’sche und Schwarzenberg’sche zu Wittingau im Budweiser Kreise Böhmens und dann jene in Wien reiche Ausbeute lieferten. Im Jahre 1827 übernahm er nun auch die Redaction der von dem böhmischen Museum [180] neugegründeten Zeitschriften, nämlich der „Monatschrift“ und des „Časopis“, von denen aber Palacký und seine Mitarbeiter die deutsche „Monatschrift“ bald vernachlässigten, hingegen dem in čechischer Sprache erscheinenden „Časopis“ ihre ganze Kraft widmeten und dieses Organ mit wichtigen und interessanten Artikeln ausstatteten. Hinsichtlich dieses Organs, seiner Bedeutung und seines Einflusses in Böhmen, dem sprachverwandten Mähren und unter den Slovaken in Ungarn ist im Hinblick auf Palacký’s Wirken Einiges zu bemerken. Palacký führte nahezu zwölf Jahre (von 1827 bis 1838) die Redaction des „Časopis“ und das Blatt förderte die nationalen Bestrebungen nach allen Richtungen hin. Die damalige absolute Regierung betrachtete diese Bestrebungen mit unverhehltem Mißtrauen, die Censur, wie in allen Provinzen der Monarchie wachsam, hatte auch auf Palacký ihr scharfes Auge gerichtet. Bemerkenswerther Weise aber machte ihm weniger diese strenge Wachsamkeit von Seite der Regierung, als die Indolenz und geistige Versumpfung eines großen Theiles seiner Landsleute zu schaffen. Dabei warf sich ein Theil der Nationalen auf kleinliche Dinge in Schrift und Sprache, welche zu erbitterten Streitigkeiten Anlaß gaben. Ehe man daran ging, eine neue Literatur zu schaffen, wobei man aber zufällig vergaß, daß eine solche außer der Sprache noch manches andere bedarf, begann man mit Untersuchungen, was in der Sprache veraltet sei, was beibehalten werden könne, was beseitigt, was neueingeführt werden müsse. Da die böhmische Schriftsprache seit zwei Jahrhunderten brach gelegen, fehlte es nicht an reichem Stoff zu linguistischen Händeln, was dem eigentlichen geistigen Schaffen an und für sich jedoch wenig zuträglich war. Da war es Palacký, welcher, wenn er auch die Parteiungen nicht vollends beseitigte, doch ihre schädliche Wirksamkeit auf das Minimum zurückführte, indem er durch die consequenteste Befolgung des beantragten und endlich eingeschlagenen Weges es dahin brachte, daß die Meisten von denen, die ihn kritisirten, den Spuren seiner Schritte folgten. Diese ABC-Kämpfe, die der Regierung am wenigsten gefährlich erschienen, hatten aber doch einen bedeutsamen politischen Hintergrund. Palacký und seine Gegner, schreibt einer von Palacký’s Biographen, waren zwei Arten Kämpfer, die eine brach für österreichische, die andere für russische Tendenzen ihre Lanzen. Am deutlichsten zeigte sich dieß in dem Streite über den byzantinischen Ursprung der slavischen Liturgie, wobei Palacký und Kopitar [Bd. XII, S. 437] einander gegenüber traten. Kopitar rief diese Fehde hervor durch seinen „Glagolita Clozianus“ (Wien 1836), worin mit einem großen Aufwande von Gelehrsamkeit der Beweis versucht wird, daß die slavische Liturgie keinen byzantinischen Ursprung habe, die Heimat der slavischen Kirchensprache, deren sich jetzt noch 40 Millionen Slaven vom abendländischen, wie vom morgenländischen Ritus bedienen, vielmehr in dem österreichischen Pannonien zu suchen sei, womit zugleich gesagt wird, daß die Christianisirung der Slaven an der südlichen Donau von der lateinischen Kirche ausgegangen sei. Palacký und Šafářík widersprachen diesen Behauptungen, indem sie vom historischen Standpuncte ihre Beweisgründe vorbrachten und den byzantinischen Ursprung der slavischen Liturgie behaupteten. Die kirchlich-politische Bedeutung dieses Streites [181] ist aber darin zu suchen, daß, wie Palacký’s Biograph schreibt, Kopitar durch seine Ansicht die Union der griechischen Katholiken Oesterreichs und der Donauländer mit der lateinischen Kirche anbahnen wollte, während Palacký und Šafářík der russischen Politik dienten, die von einer solchen Union aus naheliegenden Gründen nichts wissen will. Von seinen Gegnern wurde Palacký als russischer Parteigänger verschrieen, er berief sich hingegen auf die Pflicht des Geschichtsforschers: der Wahrheit und nur der Wahrheit zu dienen, die er durch seine Forschungen über die Liturgie erfüllt habe, ohne sich darum zu kümmern, ob das Resultat Oesterreich unangenehm sei und den Beifall Rußlands habe. Im Lande hatte sich P. bald unter den Großen wie im Volke selbst einen großen Anhang erworben; ein Ausdruck dieser Sympathien, wie eine Anerkennung seiner bisherigen geschichtlichen Arbeiten, unter denen bis damals die kritisch zusammengestellte Sammlung von 17, durch Alter, Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit hervorragenden čechischen Chroniken, ebenso vieler ungenannter Fortsetzer des Przibik Pulkawa und Benes von Horzowitz von 1378 bis 1527 mit 1143 größtentheils neuen wichtigen, und wissenswerthen Daten dieser Zeit (der III. Band der „Scriptores rerum Bohemicarum“) bei weitem die bedeutendste war, bestand in seiner auf dem Landtage 1829 durch die böhmischen Stände erfolgten Ernennung zu ihrem Historiographen mit lebenslänglichem Gehalte, welcher Kaiser Franz seine Genehmigung versagte und welche erst von Kaiser Ferdinand I., im Jahre 1837 beim Antritte seiner zweiten italienischen Reise erlangt werden konnte. Im nämlichen Jahre legte auch Palacký die Redaction der čechischen Zeitschrift des National-Museums (des „Časopis“) nieder. Indessen wurde seine Schrift über die alten böhmischen Geschichtschreiber mit dem Preise gekrönt und als Landeshistoriograph ging er an die Bearbeitung der Geschichte Böhmens, nachdem er auf mehreren Reisen in den wichtigsten Archiven seine ohnehin schon reichen Materialien theils ergänzt, theils von seinem Gesichtspuncte aus bearbeitet hatte. Im Jahre 1836 war der erste Band seiner Geschichte Böhmens erschienen, der bis zum Jahre 1197 reicht. Im Jahre 1198 bricht die Chronik des gleichzeitigen Abtes Gerlach von Mühlhausen ab und es entsteht von da an bis 1248, also durch ein halbes Jahrhundert, welches eben den wichtigsten Wendepunct der älteren böhmischen Geschichte bildet, eine Lücke in den Quellen, welche auch spätere Chronisten auszufüllen unterlassen haben. In den archivalischen Schätzen des Vaticans, dieses Hauptarchivs der ganzen Christenheit, versprach sich P. große Ausbeute, und jene Ausweise, welche ihm die so reichen Sammlungen des In- und Auslandes bisher versagt hatten. Er unternahm demnach im Jahre 1837 eine Reise nach Rom, konnte aber ob der kurzen Zeit seines Aufenthaltes daselbst nicht Umfangreiches leisten. Von den Urkunden erhielt er nur jene zur Abschrift, welche in den mangelhaften Verzeichnissen nachgewiesen waren. Das Resultat seiner Reise gab er in einem Reiseberichte (Prag 1838) der literarischen Welt bekannt. [Die bibliographische Uebersicht der Werke und wichtigeren, in Sammelschriften enthaltenen Aufsätze und Abhandlungen P.’s folgt S. 186, in den Quellen]. Nun arbeitete er unausgesetzt an seiner Geschichte Böhmens, [182] wovon bis 1868 fünf Abschnitte in zehn Bänden, welche bis zu den Königen Wladislaus II. und Ludwig I., bis 1526 reichen, erschienen sind. Die Herausgabe geschieht auf Kosten der Stände. Das deutschgeschriebene Werk – die čechische Uebersetzung folgte erst 13 Jahre später – machte mit seinem Aufwande von Gelehrsamkeit, Scharfsinn und Talent in den betheiligten Kreisen großes Aufsehen. Die Geschichtsforschung verdankt diesem Werke manchen lehrreichen Aufschluß, aber, wie die unbefangene Kritik sich darüber aussprach, ein wahres Geschichtsbuch ist die Geschichte Böhmens von Palacký nicht. Palacký – so spricht sich die deutsche Kritik aus – schreibt als Apologet, sein Böhmen strahlt ihm im vollsten Glanze des Ruhmes und der höchsten Culturbildung, die Deutschen sind Barbaren, verwüstende Eroberer. In der Schilderung der böhmischen Urzeit entrollt Palacký ein idyllisches Gemälde, einen wahrhaft patriarchalischen Zustand, die Bevölkerung allen friedlichen Künsten ergeben, die Regierung von Aeltesten mit Gerechtigkeit und Güte geführt. Im zwölften Jahrhunderte haben die Böhmen in Bildung und Gesittung keinem Volke Europa’s, dießseits der Alpen und des Rheins, nachgestanden, ja schon damals manchem vorangeleuchtet. Die rein apologetische Stellung, welche das Werk Palacký’s der deutschen Geschichtschreibung gegenüber einnimmt, tritt immer entschiedener hervor, je mehr deutsche und böhmische Interessen anfangen, sich feindselig zu werden. König Ottocar, der Gegner Rudolph’s von Habsburg, ist ihm „der größte politische Reformator des Mittelalters“, wenn auch vielleicht nicht für ganz Europa, doch unbedingt für Böhmen. Die deutschen Geschichtschreiber, die diesen König anders schildern, erklärt Palacký für Verleumder der böhmischen Nation und nennt Schlosser als den schlimmsten von ihnen. Karl IV., den Kaiser Maximilian I. noch sehr milde als „des heiligen römischen Reichs Erzstiefvater“ bezeichnet, wird von den Deutschen aus gehässigen Motiven getadelt. „Es ist nur der Neid, schreibt Palacký, über Böhmens damalige Größe und blühenden Wohlstand im Gegensatze zu des Reiches Ohnmacht und innerer Erschlaffung, welche jene verleumderischen Klagen gewisser deutscher Patrioten bis auf den heutigen Tag hervorruft“. Dieses Werk rief begreiflicher Weise Entgegnungen deutscher Geschichtsforscher hervor, worauf Palacký sich beklagte, man habe die österreichische Censur auf ihn gehetzt, durch die Verleumder sei es dahin gekommen, daß er nicht mehr schreiben dürfe. Ungeachtet dessen wurde er, als die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien gegründet wurde, am 14. Mai 1847, also eben bei der ersten Ernennung, zum wirklichen Mitgliede ernannt. Nun kam das Jahr 1848 heran, die Bewegung bemächtigte sich aller Gemüther, und der ungeahnte freie Aufschwung, der überall zu Tage brach, zeitigte auch die eigenthümlichsten Blüthen. Im slavischen National-Congresse zu Prag, welcher traurig endete, saß Palacký auf dem Präsidentenstuhle. Der Fünfziger-Ausschuß – dieser „Generalstab des deutschen Vorparlaments“, wie ihn Laube nennt – forderte Palacký, der sich um das Deutschthum gerade keine Verdienste erworben hatte, dennoch auf, in seiner Mitte Platz zu nehmen. Der Historiograph Böhmens antwortete ablehnend. Und dieses Schreiben eben faßt, so zu sagen, die feindlichsten [183] Resultate der Palacký’schen Geschichtsforschung zusammen, kann aber auch – jedoch nur bis 1861 – als sein Programm, Deutschland und Oesterreich gegenüber gelten. „Die Böhmen, schreibt er in dieser Ablehnungsepistel, haben mit Deutschland nicht im mindesten zu schaffen, die ganze Verbindung Böhmens mit Deutschland war ein Verhältniß nicht von Volk zu Volk, sondern von Herrscher zu Herrscher. Oesterreich darf mit Deutschland höchstens ein ewiges Schutz- und Trutzbündniß eingehen, ein Anschluß des Kaiserstaates an Deutschland würde den ersten unheilbar schwächen, ja ihn unmöglich machen. Gleichwohl ist Oesterreich ein Staat, dessen Erhaltung, Integrität und Kräftigung eine hohe und wichtige Angelegenheit nicht des slavischen Volkes allein, sondern ganz Europa’s, ja der Civilisation und Humanität ist. Es ist dieß als Schutzwehr und Gegensatz gegen Rußland, als das Band der zahlreichen kleinen Volksstämme im Südosten, welche vereinzelt alle den Russen zum Opfer fallen müßten. Wahrlich, ruft er die ihm in den letzten Jahren oft vorgehaltenen, mit seiner jetzigen politischen Haltung nicht eben im Einklange stehenden Worte aus: „wahrlich existirte der österreichische Kaiserstaat nicht schon längst, man müßte im Interesse Europa’s, im Interesse der Humanität selbst sich beeilen, ihn zu schaffen“. Ueber sein damaliges Verhältniß zur Regierung unmittelbar wurden erst in neuerer Zeit, nämlich im Jahre 1865, im čechischen Parteiblatt „Národ“ Aufschlüsse gegeben, welche natürlich als von seiner Partei herrührend, nur mit größter Vorsicht benützt werden können. So heißt es daselbst auch, P. wäre am 8. Mai durch Minister Pillersdorf auf telegraphischem Wege eilends nach Wien berufen worden. Als sich Palacký am folgenden Tage bei Pillersdorf einfand, habe ihm dieser, nachdem er ihn kaum begrüßt hatte, ein kaiserliches Handbillet überreicht, welches nichts Geringeres als seine Ernennung zum Unterrichtsminister enthielt. Er habe ihn auch sofort in die Ministerconferenz, welche eben abgehalten werden sollte, führen wollen. Palacký aber, von dem Vorfalle zu sehr überrascht, brauchte eine Weile, um sich zu fassen, ließ sich hierauf mit dem Minister in ein Gespräch über den Stand der Dinge ein, und als er die bedeutenden Unterschiede zwischen seinen und des Ministers politischen Anschauungen gewahrte, bat er sich Bedenkzeit über Nacht aus. Als er am andern Morgen zu Pillersdorf zurückkehrte mit einer schriftlichen Erklärung, weßhalb er jenes Amt zur Zeit nicht annehmen könne, bemerkte er mit Erstaunen, daß der Minister darüber sogar erfreut war. Palacký wußte noch nicht, welche Sensation seine Berufung in’s Cabinet mittlerweile in Wien verursacht hatte und daß die hervorragendsten magyarischen und deutschen Parteihäupter gegen die Regierung zusammentraten, weil diese angeblich sie slavisiren wolle. Der „Národ“ berichtet, daß ein großer Aufstand vorbereitet und bereits ein Wiener Fleischhauer, der sich selbst dazu angeboten, zu Palacký’s Ermordung bestellt war u. s. w. Daß Palacký auf dem Slavencongresse in Prag die Präsidentenrolle gespielt, wurde bereits erwähnt, nach dem „Národ“ fällt ihm auch noch das Verdienst der Befreiung des Grafen Leo Thun zu, der damals im Clementinum von den Studenten gefangen gefangen gehalten wurde. Als die Wahlen für den österreichischen Reichstag stattfanden, wurde er im 2. Bezirke der [184] Stadt Prag in denselben gewählt. In demselben schloß er sich entschieden jener čechischen Phalanx an, die durch ihren Nationalitäts-Fanatismus dem Sturze des Reichstags und der nachgefolgten Reaction so trefflich vorgearbeitet hat. Er trat im Gegensatze zur obigen Erklärung an den Fünfziger-Ausschuß, in welchem er ein Oesterreich, wenn es nicht schon bestünde, erschaffen wissen will, nicht als Oesterreicher, sondern als Slave auf, und trug nicht wenig dazu bei, jene Nationalitätseifersüchtelei zu nähren, die noch heute die Förderung und Entwickelung des Verfassungswerkes in Oesterreich so sehr erschwert. Diese Partei sah und sieht es nicht ein, daß, wenn nur einmal durch liberale Grundrechte jedem Staatsbürger ohne Unterschied des Stammes volle Gleichheit vor dem Gesetze gewährleistet, und wenn ihm die Möglichkeit[WS 1] gesichert ist, seine Angelegenheiten in seiner Muttersprache vor Gericht zu bringen und in selber beschieden zu werden, Alles geschehen sei, was vernünftigerweise gefordert werden könne, daß dann die Furcht vor Unterdrückung einer Nationalität oder Sprache unter jenen Voraussetzungen nichts als leeres Hirngespinnst sei. Im übrigen war seine Thätigkeit im Reichstage wenigstens äußerlich, unbedeutend, daß er sich aber im Getriebe der Parteien hinterm Vorhange unthätig verhalten haben sollte, ist – wenn auch davon bisher nichts enthüllt ist – doch kaum anzunehmen. Nur in den letzten Tagen des damals in Kremsier berathenden Reichstages trat er noch einmal, wie im Bewußtsein der Dinge, die da bald kommen sollten, gegen die deutschen Bestrebungen auf und verlangte, wenn aus Oesterreich deutsche Abgeordnete nach Frankfurt gingen, für die Slaven das Recht, einen panslavistischen Reichstag zu beschicken, für die Italiener das Befugniß, in der Constituante zu tagen. Die Verfassung vom 4. März kam auch für die Čechen überraschend, aber sie hofften noch immer als Dank für ihre zur Sprengung des Reichstags geleistete Mithilfe eine allgemeine Čechisirung. Nach und nach kamen die Dinge freilich anders, als man sie von dieser Seite gewünscht und erwartet. Palacký’s Haltung wurde aber immer unverständlicher. Während er in der Union die „Einheit Oesterreichs“ als erste Nothwendigkeit hinstellte, sagte er bald darauf in einem andern slavischen Blatte: „Was in der „Union“ von der Einheit gesagt wird, ist mit Einschränkungen zu verstehen. Wir sind für das eine und ungetheilte Oesterreich nur so lange, bis der Bruch zwischen Deutschland und Oesterreich erfolgt und die Deutschen vereinzelt neben uns stehen. Im Herzen sind wir gut föderalistisch, und wenn Oesterreich darüber zu Grunde geht, was thut es? Slaven sind seine Erben und so bleibt das Areal immer in der Familie.“ Nun trat er im December 1849 in der Zeitung „Národne Noviny“ plötzlich mit jenem merkwürdigen, gegen den Einheitsstaat gerichteten Programm – in Deutschland nannte man es treffend ein „Kriegsmanifest“ [siehe das Nähere in den Quellen, S. 192, Nr. VII] – auf, welches in ganz Oesterreich und selbst in Deutschland von einem Rufe der Entrüstung begleitet ward, zugleich aber Allen die Augen öffnete, wohin diese Partei steuerte. Diese „schriftliche“ Theilung des Föderativstaates Oesterreich in sieben Reiche, das deutsche, das čechisch-slavische, polnisch-ruthenische, italienische, magyarische, rumänische und südslavische und welche einzelnen Reiche so abgegrenzt waren, daß das slavische Element seinem [185] Areale nach das stärkste geworden wäre, dann die Grundzüge einer Verfassung, die er für diesen Föderativstaat entwarf, waren für mehrere Jahre die letzte ostensible politische That des čechischen Reichshistoriographen. Im Uebrigen lebte P. seinen wissenschaftlichen Arbeiten, die – seine politischen Ansichten bei Seite gesetzt – seinen Ruhm und Ruf als Gelehrter nur mehren halfen, wenngleich auch bei denselben hin und wieder eine Ader Politik unterfloß, wie z. B. bei dem wieder erwachten Streite um die Echtheit der „Böhmischen Handschriften“, welcher bald einen politischen Charakter annahm und in welchem er nach langer Zeit wieder in einer auf das Gebiet der Nationalitätsangelegenheiten hinübergespielten Frage zuerst in der „Bohemia“ und dann in der Sybel’schen Zeitschrift in nationalfanatischer Weise das Wort ergriff. In den „Národne listy“, die längst als sein Leiborgan galten, veröffentlichte er später einige Aufsätze über das Verhältniß Böhmens zu Mähren, und erklärte Mähren für ein Land ausschließlich slavischen Charakters, seit welcher Zeit es auch im genannten Blatte unter Rubrik: „Böhmische Krone“ figurirt. Die Polenrevolution im Jahre 1863 gab P. von Neuem Veranlassung zu einer Meinungsäußerung, die bald weiter colportirt wurde und dem Gelehrten den Vorwurf des Gesinnungswechsels einbrachte. Als der Polenaufstand ausbrach und sich Sympathien dafür auch in Böhmen zeigten, meinte nämlich Palacký, „daß diese Kundgebung von Sympathien für die Polen den Čechen in Petersburg sehr schaden. Er sehe das Heil des Slaventhums nur im russischen Czar. Er glaube nicht, daß die Polen im gegenwärtigen Kampfe siegen würden, geschähe es aber doch, so würde dieß unser (Böhmens) größtes Unglück sein. Was die ihm vorgehaltene Aenderung seiner Gesinnung betraf, so meinte P, „daß er im Frühjahre 1848, als er sein bekanntes (oben erwähntes) Schreiben nach Frankfurt gerichtet, sich noch dem Vertrauen auf die gegenseitige endliche Gerechtigkeit der befreiten Völker hingegeben habe; nach den seither gewonnenen Erfahrungen wäre ein solches weiteres Vertrauen gefährliche Selbsttäuschung. Früher kann man noch erwarten, daß auch die russische Regierung in nicht langer Zeit dem Einflusse slavischer und daher freisinniger Grundsätze unterliegen wird. Viel wurde sein Name genannt, als er anläßlich der Feier des tausendjährigen Bestandes Rußlands mit noch anderen Gesinnungsgenossen seine Wallfahrt nach Moskau unternahm. In neuester Zeit erst wurde der Gelehrte gezwungen, gegen Anschuldigungen aufzutreten, die im Hause der Abgeordneten von dem Grafen Dürckheim gegen ihn, doch ohne ihn zu nennen, gerichtet waren, in denen er aber als ein „Verführer des böhmischen Volkes“ und als „öffentlicher Landesverräther“ bezeichnet wurde, da er als ein hervorragender Führer der čechischen Nation seinen Einfluß, den er zu Friedenszwecken verwenden könnte, nicht thatsächlich zur Geltung bringe, um den so wünschenswerthen Ausgleich baldigst herbeizuführen. An Ehren hat es dem Gelehrten und Parteiführer nicht gefehlt. Die Sympathien seiner Partei sprachen sich in den vielen hundert und hundert, von Stadt- und Landgemeinden ihm in den Landen der St. Wenzelskrone im Jahre 1861 verliehenen Ehrenbürger- und Gemeindegliedschaftsrechten aus, welche demonstrativen Huldigungen damals längere Zeit Gegenstand öffentlicher Besprechung [186] in den politischen Blättern waren. Zu seinem 63. Geburtstage (im Jahre 1861) erschienen am 14. Juni die „Obečne listy“ auf rosafarbenem Papiere. Auch erhielt er – da er eben in Wien sich befand – daselbst eine Deputation, bestehend aus drei Reichsräthen, drei Gelehrten, drei Studenten, drei dem Kaufmanns- und Bürger- und drei dem Gewerbestande angehörigen Herren, und eine zweite von drei Personen aus Prag, von denen ihn erstere im Namen der in Wien lebenden Čechen, letztere im Namen der čechischen Bevölkerung Prags beglückwünschte. Unter den mit Allerh. Handschreiben vom 18. April 1861 ernannten Mitgliedern auf Lebenszeit des Herrenhauses des österreichischen Reichsrathes befand sich auch Palacký, es war dieß ein Zugeständniß an die Wissenschaft, sowie an die nationale Pietät, welche bei Freund und Feind beifällige Aufnahme fand. Unter dem durch die verhängnißvolle Königgrätzer Katastrophe in traurigem Andenken fortlebenden Sistirungs-Ministerium, erhielt P. mit Allerh. Entschließung vom 27. October in Anerkennung seiner Verdienste um die Wissenschaft und speciell um die böhmische Historiographie taxfrei den Orden der eisernen Krone 2. Classe. Im Jahre 1862 ließen seine Verehrer eine Denkmünze ihm zu Ehren prägen [vergleiche die Quellen S. 190, Nr. V] und anläßlich seines 70. Geburtstages, welcher im Juni 1868 durch ein Palacký-Bankett im Baumgarten in Prag von 144 Theilnehmern, darunter Georg Fürst Lobkowitz, Graf Clam-Martinitz, Graf Kolowrat, festlich begangen wurde, brachte der Prager Pastor Ruzicka ihm, als „dem berühmtesten Nachfolger der mährischen Brüder“ einen Toast dar. Lange zuvor aber, schon im Jahre 1840, hat ihm Čelakowský [Bd. II, S. 315] in seiner hundertblättrigen Rose (Růže stolista) in einem eigens ihm gewidmeten Gedichte gleichsam im prophetischen Geiste zugerufen: „Auf, Geschichtsmann, in den Gängen des Vulkans, des eingestürzten, leuchte durch die Dämmerung, mach’ die alte Liebe jung“.

l. Palacký’s Werke, a) Selbstständig erschienene Schriften (in chronologischer Folge), „Počátkové českého básnictwí zwláště prosodie“, d. i. Anfangsgründe der čechischen Poetik, insbesondere der Prosodie (Preßburg 1818, 8°.), erschien ohne Angabe seines Namens und war in Gemeinschaft mit Šáfařík gearbeitet. – „Staří Letopisové čeští, od roku 1378 do 1527 čili pokračování o kronikách Přibíka Pulkavy a Beneše z Hořovic, z rukopisů starých vydané“, d. i. Alte böhmische Annalen von 1378 bis 1527, oder die Fortsetzer des Przibik Pulkava und Benes von Horzovic, aus alten Handschriften herausgegeben (Prag 1829, 8°.), wurde auf Kosten der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften verlegt und bildet den III. Band der „Scriptores rerum bohemicarum. Annales patrio sermone scripti etc.“ – „Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber. Gekrönte Preisschrift“ [Prag 1830, 8°.]. – „Přehled současný nejvyšších důstojníků zemských i dvorských v království českém od nejstarších času až do nynějška“, d. i. Synchronistische Uebersicht der höchsten Würdenträger, Landes- und Hofbeamten in Böhmen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Prag 1832, Fol.). – „Joseph Dobrowsky’s Leben und gelehrtes Wirken“ (Prag 1833, 8°.), auch in den Abhandlungen der kön. böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften [die übrigen Sonderabdrücke der „Abhandlungen“ sind mit einem Stern (*) bezeichnet]. – „Geschichte von Böhmen. Größtentheils nach Urkunden und Handschriften“. Erster Band: „Die Urgeschichte und die Zeit der Herzoge in Böhmen bis zum Jahre 1197“ (Prag 1836, zweiter Abdruck 1842, dritter Abdruck 1864, 8°.); – zweiter Band, erste Abtheilung: „Böhmen als erbliches Königreich unter den Przemysliden. Vom Jahre 1197–1306“ (ebd. 1839, [187] zweiter Abdr. 1847, dritter Abdr. 1865, 8°.); zweite Abtheilung: „Böhmen unter dem Hause Luxemburg bis zum Tode Kaiser Karl’s IV. Vom Jahre 1306–1378“ (ebd. 1842, zweiter Abdruck 1850, dritter Abdruck 1866, 8°.); – dritter Band, erste Abtheilung: „Böhmen unter König Wenzel IV. bis zum Ausbruche des Hussitenkrieges. Vom Jahre 1378–1419“ (ebd. 1845, 8°.); zweite Abtheilung: „Der Hussitenkrieg von 1419–1431“ (ebd. 1851, 8°.); dritte Abtheilung: „Böhmen und das Basler Concil. Sigmund und Albrecht. Jahr 1431–1439“ (ebd. 1854, 8°.); – vierter Band: „Das Zeitalter Georg’s von Poděbrad“, erste Abtheilung: „Die Zeit von 1439 bis zu König Ladislaus Tode 1457“ (Prag 1857, 8°.); zweite Abtheilung: „König Georg’s Regierung 1457–1471“ (ebd. 1860, 8°.); – fünfter Band: „Das Zeitalter der Jagielloniden“, erste Abtheilung: „König Wladislaw II. von 1471 bis 1500“ (Prag 1865); zweite Abtheilung: „König Wladislaw II. und König Ludwig I. von 1500 bis 1526“ (ebd. 1868). – *„Literarische Reise nach Italien im Jahre 1837 zur Aufsuchung von Quellen der böhmischen und mährischen Geschichte“ (Prag 1838, 4°.). – *„Die ältesten Denkmäler der böhmischen Sprache. Kritisch bearbeitet ...“ (Prag 1840, 4°.), dieses Werk hat P. in Gemeinschaft mit Paul Šáfařík gearbeitet und herausgegeben. – Archiv český, čili Staré písemné památky české i moravské. Z archivů domácích i cizích sebral ... Čtyry díly“, d. i. Čechisches Archiv, oder alte geschriebene böhmische und mährische Denkwürdigkeiten. Aus heimischen und fremden Archiven herausgegeben. Fünf Theile (Prag, 1.–4 Theil 1840 bis 1846, Gottl. Haase; der 5. Theil 1864 bei Tempsky in Commission]. – „Das vaterländische Museum in Böhmen im Jahre 1842. Vom Verwaltungsausschusse der Gesellschaft“ (Prag 1842, 8°.), auch in den „Verhandlungen“ des kön. böhm. Museums. – *„Ueber Formelbücher zunächst in Bezug auf böhmische Geschichte. Nebst Beilagen“. 2 Lieferungen (Prag 1842 und 1847, 4°.]. – *„Der Mongolen-Einfall im Jahre 1241. Eine kritische Zusammenstellung und Sichtung aller darüber vorhandenen Quellennachrichten“ (ebd. 1842, 4°.]. – *„Die Grafen Kaspar und Franz Sternberg und ihr Wirken für Wissenschaft und Kunst in Böhmen“ (Prag 1843, 4°.). – Dějiny národu českého v Čechách a v Moravě, dle původních pramenů“, d. i. Geschichte des čechischen Volkes in Böhmen und Mähren, nach Originalquellen bearbeitet. 1., 3., 4. u. 5. Theil, jeder in zwei Abtheilungen (Prag 1848–1860, Tempsky, 8°.). Im Jahre 1862 begann eine neue heftweise Ausgabe. So gibt Doucha’s „Knihopisný slovník česko-slovenský“ die Bändezahl des Werkes an; es würde sonach der zweite Band in der čechischen Ausgabe fehlen. Uebrigens ist dieß nur eine Uebersetzung der vorerwähnten zwölf Jahre früher begonnenen deutschen Originalausgabe. – Popis království českého čili podrobné poznamenání všech dosavádních krajův, panství, statkův, měst, městeček, vesnic i t. d. v jazyku českém i německém zhotovil …“, d. i. Beschreibung des Königreichs Böhmen u. s. w. (Prag 1848, 8°.), ist weiter nichts als ein Ortsverzeichniß des Königreichs Böhmen in čechischer und deutscher Sprache. – „Geschichte und Verhandlungen der Gesellschaft des böhmischen Museums in den Jahren 1846–1850“ (Prag 1851, 8°.), auch in den „Verhandlungen“ des böhmischen Museums. – *„Zeugenverhör über den Tod König Ladislav’s von Ungarn und Böhmen im Jahre 1457. Eine kritische Zusammenstellung und Würdigung der darüber vorhandenen Quellenangaben“ (Prag 1856). – „Urkundliche Beiträge zur Geschichte Böhmens und seiner Nachbarländer im Zeitalter Georg’s von Podiebrad (1450 bis 1471). Gesammelt und herausgegeben von –“ (Wien 1860, gr. 8°.), auch als 20. Band der II. Abtheilung (Diplomataria et acta) der „Fontes rerum austriacarum. Oesterreichische Geschichtsquellen“. Herausgegeben von der hist. Commission der kais. Akademie der Wissenschaften. – Zřízení zemské královstní českého za krále Vladislava roku 1500 vydané. Jura et constitutiones regni Boemiae regnante Vladislao anno 1500 editae a. M. Roderico Dubrava latinitate donatae ... nunc primum typis vulgatae cura Francisci Palacký“ (Pragae 1863, 4°.). – „Oesterreichs Staatsidee. 1866“ (Prag 1865, Kober, 8°.), zu gleicher Zeit in čechischer Ausgabe: „Idea statu Rakouského“ (ebd. Separatabdruck aus der Zeitung „Národ“). – „Die Geschichte des Hussitenthums und Professor Constantin Höfler. Kritische Studien“ (Prag 1868, gr. 8°.]. – „Leben des Grafen Kaspar Sternberg von ihm selbst beschrieben, nebst einem akademischen Vortrag über des Grafen Kaspar [188] und Franz Sternberg Leben und Wirken für Wissenschaft und Kunst in Böhmen. Zur fünfzigjährigen Feier der Gründung des böhmischen Museums herausgegeben“. Mit Titelbild (Prag 1868, gr. 8°.), eine von der schon oben erwähnten, im Jahre 1843 erschienenen Biographie verschiedene Schrift. – „Ueber die Beziehungen und das Verhältniß der Waldenser zu den ehemaligen Secten in Böhmen“ (Prag 1869, gr. 8°.), auch im 4. Hefte des Jahrg. 1868 der böhmischen Museums-Zeitschrift. – „Die Vorläufer des Hussitenthums. Aus den Quellen bearbeitet. Zweite Ausgabe“ (Prag 1869, gr. 8°.).
I. b) Die wichtigeren der in den von Palacký redigirten gelehrten Zeitschriften und in anderen Blättern enthaltenen Aufsätze, Abhandlungen u. s. w. In den von Palacký redigirten Zeitschriften sind zahlreiche Aufsätze seiner Feder erschienen, von denen mehrere Episoden seines großen Geschichtswerkes bilden; viele dieser Aufsätze sind im Almanach der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, III. Jahrg. (1853), S. 195–200, aufgezählt. Davon sind insbesondere anzuführen: in der Monatschrift der Gesellschaft des böhmischen Museums in Prag, welche P. von 1827 bis 1829 redigirte, 1828, März und December: „Aus und über Peter Eschenloer’s Geschichten der Stadt Breslau“; – 1829, Jänner: „Einiges über die ältesten Familiennamen des böhmischen Adels“; – Februar: „Die Burgen Riesenburg und Riesenberg in Böhmen und ihre Geschlechter“; – September und October: „Ueber J. A. Comenius und seine Werke“. – In den Jahrbüchern des böhmischen Museums, von P. in den Jahren 1830 und 1831 redigirt, 1830, 3. Heft: „Auch eine Meinung über die Franken und Waräger“; – 4. Heft: „Ueber den Chronisten Fredegar und seine Nachrichten von Samo“; – 1831, 1. Heft: „Jugendgeschichte Albrecht’s von Waldstein, zum ersten Male nach echten Quellen geschildert“; – 3. Heft: „Einiges über Geschwornengeschichte in Böhmen im 13. Jahrhundert“. – Im Časopis českého Museum, dessen Redaction P. von 1827 bis 1838 besorgte, 1829, 2. Heft (in čechischer Sprache): „Ueber die alten böhmischen Kalender, vorzüglich im 16. Jahrhundert“; – 1831, 1. Heft: „Ueber Zawisch von Rosenberg“; – 1832, 1. Heft: „Verzeichniß altböhmischer Personen- und Taufnamen“; – 1834, 1. Heft: „Historische Angaben über Böhmens Bevölkerung, seit den ältesten Zeiten“; – 4. Heft: „Etymologische Analyse der böhmisch-slavischen Ortsnamen“; – 1835, 2. Heft: „Beiträge zur Kenntniß des altböhmischen Rechtes und Gerichtsverfahrens“; – 1836, 3. Heft: „Geschichte des Gutes Lobkowitz“; – ebenda: „Kritische Würdigung und Erklärung der Stiftungsbriefe des Collegiatstiftes in Leitmeritz“; – 1837, 1. Heft: „Vergleichung der Gesetze Zar Stephan Duschan’s von Serbien mit Böhmens ältester Verfassung“; – 2. Heft: „Ueber St. Wenzel’s Märtyrertod nach der slavischen Legende, eine kritische Erörterung“; – 1842, 1. Heft: „Von dem russischen Fürsten Rostislaw, Vater der böhmischen Königin Kunigunde“; – 2. Heft: „Von der Fabel eines blutigen Landtages in Wilemov unter König Wenzel“; – 1846, 1. Heft: „Umschau in der Topographie Altböhmens, vorzüglich der jetzt germanisirten Kreise. – Auch arbeitete P. außer für diese von ihm redigirten Blätter noch für Hromadko’s „Prwotiny pěkných uměni“ (Erstlinge der schönen Wissenschaften); für die čechische Zeitschrift „Krok“ in den Jahren 1821 und 1823; für Hormayr’s und Mednyansky’s „Taschenbuch für die vaterländische Geschichte“, deren 6. Jahrgang (1825) von ihm die Ahnentafeln der Sternberge enthält und für die Wiener Jahrbücher der Literatur, welche 1829 seinen Aufsatz: „Ueber die Königinhofer Handschrift[WS 2]“ brachten. – Schließlich schrieb Palacký zu den von Jos. Math. Grafen von Thun verteutschten und von P. J. Šáfařík mit einer Einleitung versehenen „Gedichten aus Böhmens Vorzeit“ (deutsch und böhmisch) (Prag 1845, gr. 8°.) erläuternde Anmerkungen.
II. Biographien und Biographisches, a) Deutsche Quellen. Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1865, Nr. 192, Beilage S. 371: „Franz Palacky von 1848 bis 1852“. – d’Elvert (Christian), Historische Literaturgeschichte von Mähren und Oesterreichisch-Schlesien (Brünn 1850, Rud. Rohrer’s sel. Witwe, gr. 8°.) S. 225, 401–403, 406–409 [Biographie]. – Fremden-Blatt von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1863, Nr. 272: „Prager Briefe“ [Darstellung der Umstände, unter welchen Palacký den Frack mit der – Czamara vertauschte]. – Gratzer Volksblatt 1868, Beilage zu Nr. 163: „Franz Palacky. An seinem 70. Geburtstage“. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) Nr. 939, 29. Juni 1861. – Meyer [189] (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilung, Bd. XX, S. 220; IV. Supplement-Band, S. 1236. – Mußestunden (Wiener illustr. Blatt, 4°.) 1861, S. 238: „Franz Palacky“. – Oestr. National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 139; Bd. VI, S. 571. – Steger (Fr. Dr.), Ergänzungsblätter zu allen Conversations-Lexiken (Leipzig und Meißen, gr. 8°.) Bd. V, Nr. 249, S. 642. – Wenzig (Joseph), Blicke über das slavische Volk, seine Geschichte und Literatur u. s. w. (Leipzig 1855, Brandstetter, 8°.) S. 139. – Wigand’s Conversations-Lexikon für alle Stände (Leipzig 1846, Otto Wigand, gr. 8°.) Bd. X, S. 221. – Zeit-Bilder (Pesther illustr. Blatt, 4°.) 1861, S. 201.
II. b) Slavische Quellen. Česko Moravská Pokladnice. Obrázkový kalendář, d. i. Čechisch-mährisches Schatzkästlein. Bilder-Kalender auf das Jahr 1862 (Prag, Bellmann, 4°.) S. 111: „Památní muží“, d. i. Denkwürdige Männer. – Jungmann (Josef), Historie literatury české, d. i. Geschichte der böhmischen Literatur (Prag 1849, F. Řiwnáč, 4°.) Zweite, von W. W. Tomek besorgte Ausgabe, S. 605. – Maj. Jarni almanah na rok 1860. Redigoval Vizeslav Halek [enthält: Palacký’s Biographie von V. Zeleny]. – Národ, d. i. Das Volk (Prager čechisches Parteiblatt), 1865, Nr. 232, 233, 235, 236, 237 u. 238, im Feuilleton: „František Palacký“. – Národní listy, d. i. Volkszeitung (Prag, Fol.) 1868, Nr. 158, 159, 161 u. 162, im Feuilleton: „Slavný den Františka Palackého“, d. i. Franz Palacký’s Ehrentag, von Ferd. Schulz. – Národní pokrok, d. i. Der National-Fortschritt (Prager čechisches Parteiblatt), 1868, Nr. 176, im Feuilleton. – Obecné listy, d. i. Allgemeine Zeitung (polit. Wochenblatt, Prag. 4°.) 1861, Nr. 16 u. 17. – Posel z Prahy, d. i. der Bote aus Prag (Zeitschrift in čech. Sprache, 4°.) 1860, S. 189: „Fr. Palacký dějepisec národu českého“, d. i. Franz Palacký, der Geschichtschreiber des böhmischen Volkes. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 18539, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 24–32. – Sojka (Jan Eraz.), Naší mužové. Biografie a charakteristiky mužův slovanských, d. i. Unsere Männer. Biographien und Charakteristiken slavischer Männer (Prag 1862, Ant. Renn, 12°.) S. 162–198. – Světozor (Prager čechisches illustrirtes Blatt) 1868, Nr. 11, S. 106: „Fr. Palacký“. – Wlastenský kalendář na rok 1861, d. i. Vaterländischer Kalender auf das Jahr 1861. Herausgegeben von Wenzel Filipek (Prag, 4°.) S. 69.
III. Zur politischen Charakteristik Palacký’s. Bohemia 1861, Nr. 173 (über Palacký’s und Rieger’s Danksagung für die von mehr als tausend Stadt- und Landgemeinden in Böhmen und Mähren ihnen verliehenen Ehren- Bürger- und Gemeindegliedschaftsrechte]; – dieselbe 1863, Nr. 27, S. 270: „Palacky“ [über seine Rede in der Landtagssitzung am 25. Jänner 1863]; – dieselbe 1863, Nr. 145, S. 1619: „Gegen Palacky und Hilferding“; – dieselbe 1868, Nr. 148, S. 1916: „Rieger und Palacký bei dem Prinzen Napoleon“. – Debatte (Wiener polit. Blatt) 1868, Nr. 45, im Feuilleton: „Prager Chronik“ (Palacky als Huß redivivus). – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 188: „Die Erklärung der Czechenführer Palacky und Rieger“ [eine neue Variation ihrer alten politischen Ansichten]. – Die Geißel. Satyrisch-belletr. Tageblatt (Wien, 4°.) II. Jahrgang (1849), Nr. 303 u. 304: „Ueber Dr. Palacky’s Plan zur Organisirung Oesterreichs“. Von J. Wagner. – Magazin für die Literatur des Auslandes. Redigirt von Lehmann (Leipzig, 4°.) 1863, S. 342: „Russische Propaganda in Böhmen“; – dasselbe, 1868, Nr. 18, S. 264: „Zur Geschichte der Czechen in Deutschland. Zur Naivheit die Unverschämtheit“. – Národní pokrok, d. i. Der National-Fortschritt (Prager polit. Blatt, Fol.) 1868, Nr. 119 u. 193, im Feuilleton. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 228: „Palacky über die Nationalitäten-Frage“; – dieselbe, 1869, Nr. 1696, im Feuilleton: „Ein Capitel čechischer Geschichte“. – Oesterreichischer Volksfreund (Wiener polit. Parteiblatt) 1868, Nr. 137, im Feuilleton: „Die Palacky- und Museumsfeier in Prag“. – Prager Zeitung 1863, Nr. 136 [über Palacký’s Erklärung, seine Ansichten in der Polenfrage betreffend]. – Pester Lloyd (Pesther polit. Blatt) 1861, Nr. 108, im Feuilleton: „Das czechische Triumvirat. II. Palacky“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 108: „Palacky und Deák“. – Reichstags-Gallerie. Geschriebene Porträts der hervorragendsten [190] Deputirten des ersten österreichischen Reichstages (Wien 1849, Jasper, Hügel und Manz, 8°.) III. u. IV. Heft, S. 81. – Sonntagsblätter, herausgegeben von Ludwig Aug. Frankl (Wien, 8°.) VII. Jahrgang 1848), S. 695: „Reichstags-Silhouetten“. Von Welser. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864, S. Hirzel, gr. 8°.) Bd. I, S. 171; Bd. II, S. 264, 265, 266, 268, 617, 624. – Südtirolische Zeitung (Botzen, 4°.) 1850, Nr. 3: „Palacky“. – Tagesbote aus Böhmen 1863, Nr. 160, 161 u. 165: „Palacky über Polen“; 1868, Nr. 107, im Feuilleton: „Eine Würdigung der Angriffe des Dr. Frantz Palacky“. – Wanderer (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1861, Nr. 146, im Feuilleton [Palacký’s Charakteristik als Reichstagsredner].
IV. Zur literarischen Charakteristik Palacky’s. Adler. Herausg. von Groß-Hoffinger (Wien, gr. 4°.) 1838, Nr. 65: „Palacky’s Entdeckungen im Vatikan zu Rom“. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, F. A. Brockhaus, 4°.) 1866, Nr. 24, S. 377; 1868, Nr. 28, S. 445 [über seine „Geschichte von Böhmen“]. – Bohemia 1868, Nr. 37 u. 38, im Feuilleton: „Palacky’s jüngste Schrift“ [betrifft: die Geschichte des Hussitenthums und Prof. Constantin Höfler]. – Fremden-Blatt von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 319 [Palacký und Höfler, zur Beleuchtung des Palacký’schen Vorgehens bei Abfassung seiner Geschichte Böhmens]. – Oesterreichische Zeitung (Wiener Journal, Fol.) 1857, Nr. 45: „Ein historischer Vortrag Palacky’s“ [er betrifft Peter von Chelcicky, der als geistiger Urheber der böhmischen Brüder, Herrnhuter und Quäker angesehen werden kann]. – Otavan, der Bote von der Otawa (Pisek, 4°.) 1863, Nr. 6, S. 43: „Palackého zásluhy o jmenoslovi místné“, d. i. Palacký’s Verdienste um eine entsprechende Nomenclatur. – Tagesbote aus Böhmen (Prager polit. Parteiblatt, 4°.) 1858, Nr. 310, 311 u. 312, im Feuilleton: „Herr Palacky und der kategorische Imperativ seiner paläographischen Moral“. – Zarncke, Literarisches Centralblatt (Leipzig, Avenarius, 4°.) 1867, Nr. 12, 1868, Nr. 30: über seine Geschichte von Böhmen; 1868, Nr. 29: „Die Geschichte des Hussitenthums und Prof. Constantin Höfler“; 1869, Nr. 8, Sp. 198: über das „Leben des Grafen Kaspar Sternberg“.
V. Denkmünze auf Palacký. Palacký’s Landsmann W. Seidan[WS 3] hat auf ihn im Auftrage einiger Verehrer des čechischen Historiographen eine Medaille geprägt. Diese zeigt auf der Aversseite das Brustbild und Palacký’s Namen: František Palacký. Unterm Rumpfe steht: Seidan. Auf der Reversseite die auf einem Löwen (wahrscheinlich dem čechischen) sitzende Muse der Geschichte, in der rechten Hand Tafel und Feder haltend, mit der linken ausgestreckten Hand einen Schleier entfernend. Als Legende steht Palacký’s Devise: Svoji ke svému a vždy dle pravdy. Od jeho ctitelův, d. i. Jedem das Seine und Alle für die Wahrheit. Von seinen Verehrern. Eine Abbildung der Denkmünze, jedoch nur der Aversseite, enthält Waldheim’s „Illustrirte Zeitung“ (Wien, kl. Fol.) Jahrg. 1862, Nr. 17, S. 200; eine Beschreibung die „Prager Zeitung“ 1862, Nr. 83.
VI. Porträte und Caricaturen Palacký’s. 1) Ohne Unterschrift, in Holz geschnitten für einen noch nicht ausgegebenen Neuen österreichischen Plutarch, von F. Bartel, Xylograph in Wien, im Jahre 1869. – 2) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges: F. Palacký. Dauthage (lith.) 1855. Gedruckt bei Jos. Stoufs (Wien, bei Jos. Bermann, Halb-Fol.]. – 3) Unterschrift. Facsimile des folgenden Satzes und des Namenszuges:

Zwěstuju, wam powěst weleslawnú –
Nastojte, r wes swój um shierajte!

Frant. Palacký
.
Hellich del. Kriehuber lith. 1843. Gedr. bei J. Höfelich in Wien (Halb-Fol.), sehr selten. – 4) Unterschrift. Facsimile des Wahlspruchs und Namenszuges: Swoji ke swému a wždy dle prawdy. František Palacký. Das ganze Bildniß ist von einem Lorbeerkranze eingerahmt, auf dessen Blättern Palacký’s Werke verzeichnet stehen. P. Wurster sc. Nakladatel J. L. Kober v Praze (4°.). – 5) Unterschrift: Dr. František Palacký. Holzschnitt o. A. d. Z. [in der illustr. Prager Zeitschrift: „Rodinná kronika“ 1863, Nr. 50]. – 6) Die Beschimpfungen österreichischer Staatsmänner und der deutschen Nation in den čechischen Partei, illustrirten Witz- und Spottblättern, vornehmlich in den Humoristický listy, hatten zur Folge, daß auch die deutschen Witzblätter bald mit mehr, bald mit weniger Glück die čechischen Parteiführer zum Gegenstande bildlicher Darstellungen machten, wenn ihre Ausschreitungen Stoff [191] zur bildlichen Satyre darboten, so z. B. brachte der Figaro [wahrscheinlich von dem Griffel des geistvollen L. Müller] 1863, Nr. 28, den čechischen Historiographen als Dudelsackpfeifer, russische Lieder vortragend; – in Nr. 29 u. 30, in Gesellschaft mit seinem Schwiegersohne Lad. Rieger bemüht, den böhmischen Löwen beim Schweife in’s Lager des Panslavismus zu bringen; – 1866, in Nr. 37 u. 38: Palacký und Rieger, ersterer mit der Maschinen-Trompete (als Bandelier) um die Brust, beide auf dem böhmischen Löwen reitend, mit der Unterschrift: „So, jetzt können’s me uns doch wiederseh’n lassen“; – in Nr. 44 u. 45, Palacký und Rieger, das Schlußtableau bei den Illuminationsfeierlichkeiten in Prag bildend; – 1869, in Nr. 21, S. 84, ein Bombardon blasend, um dem Baron Koller zu beweisen, daß er mit der Melodie des Ausnahmszustandes Tact zu halten verstehe; – Nr. 28 u. 29, S. 112, seine Ansicht über den verruchten Buben, der durch das Schleudern explodirender Körper die Prager Bevölkerung schreckte; – der Kukuk, ein anderes Wiener Spottblatt, 1867, Nr. 27 u. 28, stellte P. auf der Pilgerreise zum Moskauer Slavencongresse dar.
VII. Einzelheiten: Palacký’s Geburtshaus. – Gedicht auf P. – Epigramm auf P. – Palacký und Graf Dürckheim. – Palacký’s Gedenktafel in Jena. – Palacký’s Programm vom 23. November 1849. – Palacký’s Geburtshaus. Eine Ansicht von Palacký’s Geburtshaus brachte die Prager illustrirte Zeitung „Rodinna kronika“ (Volkschronik) im Jahrgange 1862, Nr. 11, S. 131, im Holzschnitte mit der Unterschrift: Rodiště Františka Palackého v Hodslavicích na Moravě, und eine zweite Ansicht davon hat F. Bartel, ein junger Wiener Xylograph, gleichfalls in Holz geschnitten. – Gedicht an Palacký. Ein solches enthält das Blatt Moravska Orlice, d. i. der mährische Adler, 1868, Nr. 128, im Feuilleton: „Morava Frant. Palackému“, d. i. Mähren an Franz Palacký. Von Anonymus J. S.Epigramm auf Palacký. Weitberühmt und gelehrt, doch eingepöckelt in Galle | Ueber das eigene Wort: „Oesterreich müßte entsteh’n, | Wenn’s nicht bestände schon“, da jetzt nach Norden und Süden | Sendete and’re Parol’ slavisches Trennungsgelüst. | so heißt es von ihm in den bei Otto Wigand in Leipzig im Jahre 1862 erschienenen „Silhouetten aus dem österreichischen Reichsrathe“. – In anderer Weise wieder geißelt Palacký’s ethnographische Phantasien der Figaro (ein Wiener Spott- und Witzblatt, 4°.) 1863, Nr. 31, S. 122, in der Darstellung: „Das panslavische Weltreich. Aus einem Zukunftswerke des Dr. František Palacky“. – Palacký und Graf Dürckheim. Graf Dürckheim hat im Hause der Abgeordeten des Reichsrathes in der Sitzung vom 6. November 1868 Herrn Palacký – ohne zwar ihn zu nennen, doch, wie Herr Palacký selbst in einem „Eingesendet“ erklärte, unter prägnanter Bezeichnung seiner Person – einen „Verführer“ des böhmischen Volkes und einen „öffentlichen Landesverräther“ genannt. Herr Palacký hat diese Ansicht des Grafen in einem Blatte in einer Weise abgelehnt, daß der Graf Dürckheim in einem „Eingesendet“ den böhmischen Historiographen in entschiedenster Weise in die Schranken des Anstandes verwies. Das Nähere über diesen Vorfall, der auch einen Preßproceß gegen den Redacteur der „Correspondenz“, ein Organ Palacký’s, Anton Tuma, zur Folge hatte, siehe in den hier bezeichneten Quellen: Fremden-Blatt von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1868, Nr. 342: „Palacky und Graf Dürckheim“; – Gratzer Volksblatt, 18. November 1868: „Palacky und Graf Dürckheim“; – Neues Wiener Tagblatt 1868, Nr. 314: „Palacky und Graf Dürckheim“ [in der Rubrik: Stimmen aus dem Publicum]. – Denktafel auf Palacký in Jena. Als im Jahre 1858 die Universität Jena ihr 300jähriges Jubiläum feierte, schmückte sie auch die Häuser, in welchen hervorragende Männer als Studenten gewohnt, mit Gedenktafeln. Eine solche Tafel trägt auch den Namen Franz Palacký’s, der seine Bildung deutschen Hochschulen verdankt. Wenige Jahre später, schreibt das weiter unten genannte Blatt, nachdem die deutsche Nation in ehrender Unbefangenheit dem slavischen Geschichtsforscher bei festlichster Gelegenheit eine so ehrenvolle Huldigung dargebracht, hat Franz Palacký es unternommen, in einer gegen Prof. Constantin Höfler gerichteten Schrift die deutsche Nation auf das Gehässigste zu verunglimpfen – wie er ja dieß auch schon lange früher gethan – und sich so weit zu vergessen, „die Deutschen als ein Räubervolk hinzustellen“. Ein Aufschrei des Unwillens und gerechter Erbitterung ging damals durch die deutschen Blätter aller Farben, und die „Gartenlaube“ (Leipzig, [192] Ernst Keil) 1868, S. 288, richtete gleichsam als berechtigter Sprecher des Deutschthums folgende Apostrophe an den čechischen Parteimann: „Herr Palacky gehört einer Nation an, die von jeher bei ihren Nachbarn übel berüchtigt war, nämlich der čechischen [hier ist das „čechisch“ in absichtlicher Unterscheidung von „böhmisch“, worunter die deutsche Bevölkerung Böhmens gemeint ist, angewendet]. Man weiß, wie dieses Volk gern Mein und Dein verwechselt, man kennt seine schmachvollen Judenhetzen aus der allerjüngsten Zeit, seine Schwärmerei für den Feudaladel, seine Vorliebe für das Concordat und seine Opposition gegen das liberale Ministerium. Ist so das Volk beschaffen, dann darf man sich nicht wundern, wenn seine Gelehrten in ähnlicher Weise vorgehen und gegen die Deutschen die gröbsten Schmähungen ausstoßen. Dieß that in einer historischen Streitschrift gegen Professor Höfler kürzlich der genannte Palacky. Nach ihm gibt es zwei Völkergruppen: Räubervölker und „friedliche erwerbfleißige“. Zu den ersteren gehören die Deutschen, Mongolen, Türken, Hunnen, zu den letzteren vorzugsweise die Slaven. Bei uns floß das Recht aus der Quelle der rohen Gewalt, bei allen Slaven aber aus dem vereinbarten Willen der Gesammtheit. Das allgemeine Merkmal der ursprünglich[WS 4] slavischen Zustände ist die Freiheit, das der Deutschen die Herrschaft und Knechtschaft; ja dieser Historiograph beweist uns sogar, daß vom Standpuncte der Staatenbildung die Römer und die Deutschen tief unter den Russen, ja selbst unter den Mongolen stehen! Daß die Deutschen, welche den Slaven Städtewesen und Bürgerthum brachten, welche in Böhmen die Eisenbahnen bauten, Handel und Industrie begründeten, Anspruch auf Dankbarkeit der Slaven haben, leugnet der genannte Gelehrte, der auch die Erfindung machte, daß die Leibeigenschaft von den Deutschen bei den Slaven eingeführt wurde. Es möge dieß genug sein, um die Phantasie des „größten slavischen Gelehrten“ zu charakterisiren.“ Nach dieser Apostrophe richtet nun die „Gartenlaube“ an das gemüthliche, gegen seine Feinde nur allzu gerechte Volk der Deutschen und an die Stadt und Universität Jena die Anfrage, ob es nicht Ehrensache der Stadt und Universität Jena wäre, die Tafel von dem Hause, in welchem Palacký einst gewohnt, zu entfernen. Zur Zierde könne sie der freundlichen Musenstadt sicher nicht gereichen, und jeder Deutsche, der dort den Namen des haßerfüllten Čechen liest, wird sich mit Ekel von dem Hause abwenden müssen, in welchem ein Verunglimpfer unseres Volkes wohnte? Unter den einzelnen Stimmen, welche gegen Palacký’s Vorgang Proteste erhoben, zeichnet sich jene des Kaufmanns Albin Gerth durch energischen Ausdruck vor anderen aus, wie aus dem „Neuen Fremden-Blatt“ 1868, Nr. 126, ersichtlich ist. – Palacký’s Programm und Grundzüge einer Verfassung für den Föderativstaat Oesterreich vom 23. November 1849. Dieses merkwürdige, in Deutschland „das Kriegsmanifest Palacký’s gegen den österreichischen Einheitsstaat“ genannte Programm stand in dem von Havlíček, demjenigen Manne, der „lieber die russische Knute, als die deutsche Freiheit“ wollte, redigirten Blatte „Národne Noviny“. Nach Palacký’s Programm zerfiele Oesterreich im čechischen Interesse in einen Föderativstaat von sieben Gruppen. Das deutsche Reich umfaßt Tirol, die Erzherzogthümer Oesterreich, den Norden der Steiermark, den Norden und Nordosten von Böhmen, Schlesien und ein Stück Mähren. Das zweite, das čechisch-slavische Reich, besteht aus dem südlichen Böhmen, Mähren und der Slovakei in Ungarn. Das dritte Reich sollen die polnisch-ruthenischen Gebiete bilden, mit Hinzufügung jener ungarischen Comitate, die eine überwiegende ruthenische Bevölkerung haben. Dem italienischen Reiche weist Palacký die Lombardei und Venedig zu. Das fünfte Reich würde das rein magyarische Ungarn sein; das sechste wäre das rumänische, das aus Siebenbürgen, der Bukowina, einem Theile des Banats, der Marmaros und Stücken der angrenzenden Comitate bestände. Endlich das siebente und letzte Reich wäre das südslavische, die Wojwodina, wie die Slaven sie verstehen, die drei Königreiche (Croatien, Dalmatien, Slavonien), Slovenien bis hinauf nach Klagenfurt und die slavischen Gebietstheile der Steiermark umfassend. Einen allgemeinen Reichstag will Palacký nicht, denn dieser Reichstag müßte in Wien zusammentreten und in deutscher Sprache verhandeln, was ein unerhörter Greuel wäre. Die auswärtigen Angelegenheiten, der Krieg, die Finanzen und der Handel, würden besonderen absoluten Ministern überantwortet, hingegen die Ministerien des Innern, der Justiz und des Unterrichts als allgemein für die Monarchie aufgelöst [193] und durch Local- und Nationalminister ersetzt werden. Die einzelnen Landestheile erhalten dann die Nationalvertretung, die für den Gesammtstaat unthunlich ist, weil er sich als einen Complex von Nationalitäten darstellt. Wenn diese Forderungen der Slaven der Staat nicht erfüllte, so könnte derselbe von neuen Revolutionen heimgesucht werden. Uebrigens sei jede von dem Staate eingegangene Verbindlichkeit, sobald sie gegen die Nationalität verstoße, null und nichtig, „denn ein unmoralisches Versprechen ist nach göttlichem und menschlichem Rechte nicht bindend“. Das Blatt „Národne Noviny“ wurde in Folge der Polemik, die sich über dieses Programm entspann, von der Militärbehörde verboten. Ja es soll nahe daran gewesen sein, daß Palacký in Folge dessen vor ein Kriegsgericht am Hradschin gestellt worden wäre; auch soll ihm später noch die Internirung gedroht haben und diese Maßregel nur durch den plötzlichen Tod des Ministers Schwarzenberg hintangehalten worden sein.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Mögkeit.
  2. Vergleiche dazu Königinhofer Handschrift (Wikipedia).
  3. Vorlage: Fr. Seidan.
  4. Vorlage: ursprünlich.