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BLKÖ:Dobner, Gelasius

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 3 (1858), ab Seite: 331. (Quelle)
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Dobner, Gelasius, mit dem Klosternamen Felix Job a S. Catharina (Geschichtforscher und Priester aus dem Orden der frommen Schulen, geb. zu Prag 30. Mai 1719, gest. ebenda 24. Mai 1790). Den ersten Unterricht erhielt er von den Jesuiten; Philosophie und Theologie studirte er im Hause seines Ordens zu Horn in Oesterreich, und die Rechte an der Wiener Hochschule. Dem Geiste des Ordens gemäß, lehrte er anfangs an den Gymnasien zu Wien und Nikolsburg die lateinische Grammatik, und später zu Kremsier die Rhetorik. 1757 übernahm er die wissenschaftliche Ausbildung des Grafen Georg von Mansfeld. Nachdem er diese Aufgabe gelöst, widmete er sich ganz historischen Forschungen und arbeitete unter Einem an der Beseitigung jener Hindernisse, welche sich der Aufnahme der frommen Schulen in Prag bis dahin entgegengesetzt hatten. Das Institut wurde in Prag eingeführt und D. 1762 zum Rector des Ordenshauses, 1773 zum Consultor provinciae daselbst erwählt. Seine Leistungen für geschichtliche Kritik, worin er einen rastlosen Eifer entwickelte, konnten nicht unbeachtet bleiben. Maria Theresia, diese große Beschützerin der Wissenschaften, belohnte ihn mit einem jährlichen Gnadengehalte von 300 fl. und verlieh ihm die Würde eines k. k. Historiographen. Daß seine Arbeiten, mit denen er den Wust in der böhmischen Geschichte aufzuräumen begann, Anlaß zu mancher literarischen Fehde gaben, versteht sich von selbst; und mit Duchowsky, Pat. Athanasius, Pubička, dem Verfasser der chronologischen Geschichte Böhmens, hatte D. manchen Strauß auszufechten. Die böhmische Gesellschaft der Wissenschaften, deren ordentliches Mitglied er war, ließ ihm ein Denkmal von Marmor setzen. [Siehe Näheres in den Quellen.] D.’s größere selbständig erschienenen und in den Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften abgedruckten Arbeiten sind für die Geschichte von hoher Wichtigkeit. Vor Allem begann er mit der neuen kritischen Ausgabe des alten Geschichtswerkes: „Wenzeslai Hagek a Liboczan: Annales Bohemorum e bohemica editione latine redditi et notis illustravit a P. Victorino a S. Cruce ... nunc plurimis anidmadversionibus histor. chronol. ciriticis, nec non diplomatibus ... variique generis ... monumentis aucti a Gel. Dobner“, 6 Bde. (Prag 1761–83, 4°.) [Ebert Bibliographisches Lexikon I. Bd. Nr. 9171]. Der 7. Band wurde, wie Gräffer berichtet, von D. in Handschrift zurückgelassen. Die übrigen selbständig gedruckten Schriften – die mit einem (*) bezeichneten sind auch in den „Abhandlungen“, deren Jahr und Band hier in Klammern beigesetzt werden, abgedruckt – sind in chronologischer Folge: „Monumenta historica Bohemiae nusquam antehac edita“, 6 Bde. (Prag 1764–1786, 4°.) [Ebert Bibliographisches Lexikon I. Bd. Nr. 6271]. Ein reiches unschätzbares Quellenwerk, welches echte bisher ungedruckte Urkunden der ältesten Schriftsteller und viele gelehrte, theils deutsche, theils lateinische Abhandlungen enthält. Die Ersch und Gruber’sche Real-Encyklop. erste Section XXVI. Bd. [332] S. 227 führt den Inhalt sämmtlicher 6 Bde. im Detail an. – „Epistola apologetica adversus Luciferum urentem non lucentem, qua gentis Czechicae origo a veteribus Zecchis Adise populis et ponti Euxini Maeotydisque accolis vindicatur seu Appendix et elucidatio prodromi Annal. Hagecianorum“(Prag 1767, 4°.). Diese Schrift ist gegen Wenzel Procop Duchowsky gerichtet. – „Examen criticum disquisitionis nuper a P. Athanasio in lucem editae“ (Prag 1769, 4°.); – „Examen alterum, quo expenduntur et profligantur dubia a P. Pubitschka S. J. adversus originem Czechorum objecta“ (Prag 1770, 4°.); – „Abhandlung über die böhmische Diplomatik“ (Prag 1775, 8°.) [Kaysers Bücher-Lexikon II. Bd. S. 60, führt diese Schrift irrig als „Abhandlungen über die böhmische Dogmatik“ an; – * „Beweis, dass die Urkunde Boleslaws II., welche im Archiv des Klosters Břewniow bei Prag aufbewahrt wird, ächt und unter den bisher bekannten, die älteste sei“ (Prag 1775, 6°.) [Abhandlungen einer böhm. Priv. Ges. 1775, 1. S. 359]; – *„Kritische Untersuchung, wann das Land Mähren ein Markgrafthum geworden und wer erster Markgraf gewesen“ (Prag 1776, verm. Ausg. von ... Moese Chemnitz, 1781, 8°.). [Ebenda 1776, II. Bd. S. 183]; – *„Kritischer Beweis, dass die Mitra, welche Papst Alexander II. dem böhmischen Herzoge Wratislaw verliehen, nichts andere, als eine Chormütze oder bischöfliche Chorkappe gewesen“ (Prag 1777, 8°.) [Ebd. 1777, III. Bd. S. 131]; – „Beweis, dass Johann von Nepomuk wegen des Beichtsiegels gemartert worden“ (Prag 1784, 8°.); – *„Kritische Abhandlung von den Grenzen Altmährens im 9. Jahrhundert gegen einige, dem Ruhm des heutigen Markgrafthums Mähren nachtheilige Sätze des H. Stephan Salagins, eines neuen ungar. Schriftstellers“ (Prag 1784, 8°., 2. Aufl. 1794). [Ebenda 1784, VI. Bd.]; – „Vindiciae sigillo confessionis divi Joan. Nepomuceni Protomartyris poenitentiae assertae“ (Prag und Wien 1784, 8°.). – In den „Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen“ sind abgedruckt: „Historisch-kritische Beobachtungen über den Ursprung, die Abänderung und Verdoppelung des böhm. Wappenschildes“ [1778, IV. Bd. S. 185]; – „Historischer Beweis, dass Wladislaw II., Herzog in Böhmen, zu Anfang des Jahres 1158 in Regensburg gekrönt worden und dass der goldene Reif, so ihm und seinen Nachfolgern Kaiser Friedrich I. verliehen, eine wahre königl. Krone gewesen sei“ [Ebenda 1782, V. Bd. S. 1]; und in den „Abhandlungen der böhm. Gesellschaft der Wissenschaft“ befinden sich: „Kritische Untersuchungen über den slavischen Ritus in Böhmen“ [1785, I. Bd. S. 140]; – „Ob Method und dessen Mitarbeiter das Christenthum in Böhmen nach römischlateinischen oder griechischen Religionsgrundsätzen eingeführt? und ob dem Method das slavische Messlesen je vom Papst verboten worden“ [Ebenda 1785, I. Bd.]; – „Ob das heut zu Tage sogenannte cyrillische Alphabet für eine wahre Erfindung des slavischen Apostels Cyrill zu halten sei?“ [1785 I. Bd. S. 101]; – „Geschichte des mährisch-lundenburgischen Fürsten Ullrich, sammt den von ihm eingeführten ältesten Brünner Rechten“ [1786, II. Bd. S. 462]; – „Ueber die Einführung des Christenthums in Böhmen“ [1766, II. Bd. S. 394]; – „Historische Nachrichten von dem herzoglichen Geschlechte der böhmischen Theobalde“ [1787, III. Bd. S. 3]; – „Ueber das Alter der böhmischen Bibelübersetzung“ [1789, IV. Bd. S. 283]. – Mit Dobner beginnt für Böhmens und Mährens Geschichte erst die eigentliche Kritik in Benützung der Quellen und alten Denkmäler, das Märchen- und Fabelhafte, woran einige Patrioten in früheren Zeiten ganz absonderliches Behagen fanden und das nicht selten die Wahrheit der Thatsachen beeinträchtigte, wurde durch Dobners kritischen Geist ausgeschieden. Man bezeichnet diesen Anfang einer neuen Periode im Studium der böhmischen Geschichte mit dem Namen der Dobner’schen, wie er selbst [333] insgemein der „Vater der neueren Geschichte Böhmens“ genannt wird. Schlözer sagt von Dobner: „Dies ist der gelehrte Mann, der in der ältesten böhmischen und polnischen Geschichte, wiewohl unter schweren Anfechtungen – primus delirare desiit“ und Faustin Procházka in seinem „Commentarius de saecularibus liberalium artium fatis“ cap. 15 charakterisirt Dobner: „Dobnerus, aeri vir judicii, falsitate detecta, mentiendi finem fecit.“

Neuere Abhandlungen der kön. böhm. Gesellsch. der Wissensch. (Prag 1795, 4°.) II. Bd. S. 17. Biographie D.’s von J. Dobrowsky[WS 1]. – Programm des k. k. Neustädter Gymnasiums zu Prag am Schlusse des Schuljahres. 1854 (Prag 1854, 4°.) [enthält den Programmaufsatz: „Gelasius Dobners Leben und gelehrtes Wirken“ von Prof. Wilh. Hanisch]. – Erneuerte Vaterland. Blätter für den östr. Kaiserstaat (Wien, Strauß) Jhrg. 1815 S. 160. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Ghelen, 8°.) I. Bds. 1. St. S. 99. – Meusel (Johann Georg), Das gel. Teutschland (Lemgo 1783) 4. Aufl. I. Bd. S. 340 [nach diesem geb. 30. Mai 1710, doch wird diese Angabe im ersten Nachtrag berichtigt]. – I. Nachtrag S. 123. – II. Nachtrag S. 60. – Balbinus (Al. Boh.), Bohemia docta (Prag 1776, u. f., 8°.). – Oestr. Nat.-Encykl. (v. 'Gräffer' u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 724 [nach dieser wie nach Ersch und Gruber und der Biogr. générale geb. 30. Mai 1719, gest. 24. Nov. 1790]. – Ersch (J. S.) u. Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften u. Künste: (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 26. Bd. S. 226 [läßt ihn irrig 80 Jahre alt werden, da D. – geb. 1719, gest. 1790 – im 70. starb]. – Nouv. Biographie générale ... publiée sous la dir. de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XIV. Bd. Sp. 401 [führt ihn auf als Dobner Félix Job en religion Gélase de Saint Cathérine. – Biographie universelle (Paris, frères Michaud) [gibt das Jahr 1749 als D.’s Geburtsjahr an]. – Schaller (Jaroslaus), Kurze Lebensbeschreibungen jener verstorb. gelehrten Männer aus dem Orden der fromm. Schulen, die sich durch ihr Talent ... ausgezeichnet haben (Prag 1799, Geržabek, 8°.) S. 160. – Slavische Bibliothek. Von Fr. Miklosich u. J. Fiedler[WS 2] (Wien 1858, Braumüller, 8°.) II. Bd. Nr. 1 [enthält die Correspondenz Dobners mit dem Hofrath v. Rosenthal, welche Hr. J. Fiedler[WS 2] aus dem k. k. Staatsarchive mitgetheilt hat. Sie gibt einen klaren Einblick in das rege Streben, welches im Anbeginn der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Böhmen für Erforschung der heimischen Geschichte herrschte. Fragen über Bücher, Urkunden, Siegel werden in sehr eingehender Weise behandelt. Diese Correspondenz umfaßt 19 Briefe in ununterbrochener Zeitfolge vom 11. Dec. 1761 bis 12. Sept. 1767]. – Kayser (Christian Gottlob), Vollständ. Bücher-Lexikon (Leipzig 1834, 4°.) II. Bd. S. 60 [gibt den 8. Mai 1790 als Todestag an]. – Porträt. Dasselbe befindet sich vor dem 4. Bande der Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen. – Monument. Das für Dobner von der kön. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag errichtete Monument trägt folgende Inschrift: Gelasio Dobnero | Bohemo Pragensi | Hagecii Commentatori Sodali Suo | Posuit Societas Scientiarum Bohem. | IX Idus Jun. MDCCXC | aetatis suae LXXI. |

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: F. Dobrowsky.
  2. a b F. Fiedler.