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BLKÖ:O’Donnell, Joseph Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 21 (1870), ab Seite: 5. (Quelle)
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O’Donnell, Joseph Graf (Staatsmann, geb, im Jahre 1756, gest. zu Wien 4. Mai 1810). Der Graf, der bald Franz, dann wieder Franz Joseph und endlich auch nur Joseph genannt wird, ist ein Sohn des Maria Theresien-Ordensritters Heinrich [s. d. S. 1]. Er erhielt seine Ausbildung in der Theresianischen Ritter-Akademie, bezog dann, um die Rechtswissenschaften zu studiren. die Hochschule Göttingen, wo er sich mit dem nachmals um Deutschlands Befreiung von französischem Joche so verdienten Stein befreundete und kehrte im Jahre 1775 nach Wien zurück, wo er bei der galizischen Hofkanzlei in den Staatsdienst trat. Kenntniß, Talent und Fleiß brachten ihn bald vorwärts, schon im Jahre 1777 kam er als Appellationsrath nach Lemberg, wurde aber in kurzer Zeit als Rath in das Gremium des Landesguberniums übersetzt, von wo er seiner Tüchtigkeit wegen im Jahre 1787 als referirender Hofrath zur vereinigten Hofkanzlei nach Wien einberufen wurde. Aus dieser Zeit sind Auszüge von Briefen des Grafen in die Oeffentlichkeit gelangt, welche zusammengestellt eine Art Memoire über die damaligen Verhältnisse Galiziens bilden. Der Graf selbst, der Galizien als seine Heimat betrachtete – denn sein Vater, Graf Heinrich, lebte viele Jahre und starb zuletzt in diesem Lande – verfolgte die Angelegenheiten dieses Landes mit theilnahmsvollem und doch unbefangenem Blicke und sind seine Ansichten über die Verhältnisse desselben noch für die Gegenwart von hohem Interesse. Sie sind auch unter dem Titel: „Die galizische Frage im Jahre 1790. Auszüge aus Briefen des Hofrathes und politischen Landesreferenten Grafen J. O’Donnell“ im österreichischen Volksfreunde, Nr. 284–288, im Feuilleton, abgedruckt. Mit Allerh. Entschließung vom 6. December 1791 zum Landeshauptmann von Kärnthen unter gleichzeitiger Verleihung der geheimen Rathswürde berufen, versah er diesen Posten bis zu dem Jahre 1794, in welchem er mit Allerh. Entschließung vom 4. November g. J. zum General-Feldkriegscommissär für die damalige kriegerische Epoche ernannt wurde. Der Graf entsprach auch vollkommen dem in ihn gesetzten Vertrauen, er bewies es durch seine Energie und umsichtigen Vorkehrungen, denen allein nach der Schlacht bei Fleury die Rettung [6] des größten Theiles der Verpflegsbedürfnisse, Munition, Spitäler in kürzester Zeit und mit aller Vorsicht und in größter Ordnung zu danken. Nach dem Friedensschlusse zog sich der Graf von den öffentlichen Geschäften zurück, genoß auch mehrere Jahre in dieser Zurückgezogenheit der Ruhe, bis ihn die im Jahre 1808 erfolgte Berufung zum Präsidenten der k. k. allgemeinen Hofkammer wieder in das Gewühle der öffentlichen Geschäfte und dazu noch in solche der verwickeltsten Art versetzte. Die Beschaffung außerordentlicher Geldmittel für die damalige bevorstehende Kriegsperiode (1809) in einem nahezu durch vierzehnjährige große Kriege in seinen finanziellen Zuständen geradezu erschöpften Staate nahmen seine ganze Energie und Thätigkeit in Anspruch. Vehse, der den österreichischen Staatsmännern keiner Periode Lobreden zu halten pflegt, schreibt über den Grafen: „Auf Zichy folgte Graf ODonnell of Tyrconnell, ein redlicher und auch geist- und kenntnißreicher Mann, ein Special von Gentz, ein Jugendfreund von Stein von der Universität Göttingen her, der aber auch nicht helfen konnte, obgleich ihn Gentz „ohne allen Zweifel einen der Besten in Oesterreich, einen Mann von ausgezeichnetem Verdienste an Stein einmal rühmte und obgleich dieser beste sogar geistliches Gut zur Finanzreform zog“. Die Verdienste des Grafen wurden höchsten Ortes durch Verleihung des Großkreuzes des St. Stephan-Ordens gewürdigt. Leider erlag der Graf, der vielleicht der Einzige jenes finanzielle Attentat auf Oesterreichs Völker, den Achtzehnhunderteilfer Bankerott zu hintertreiben im Stande gewesen wäre, und dessen notorisches Rechtlichkeitsgefühl ein anderes mindergrausames Auskunftsmittel ersonnen hätte, den Anstrengungen seines beschwerlichen Dienstes; ein Schlagfluß endete im Alter von erst 54 Jahren plötzlich in der Nacht vom 4. Mai 1810 das Leben dieses ehrlichen Staatsmannes. Das Handschreiben, welches Kaiser Franz ddo. Guttenbrunn 8. Mai 1810, an die Witwe Gräfin Therese, geborne O’Donnell, eine Tochter des Maria Theresien-Ritters Johann Graf O’Donnell [s. d. S. 4] richtete, beweist, wie nahe selbst den höchsten Kreisen der Verlust eines solchen Menschenlebens ging. „Ich lasse Ihnen, heißt es in diesem Allerh. Handbillete, unter Einem mit Einschluß Ihrer Kinder eine Pension jährlicher sechstausend Gulden und sechstausend Gulden zur Bestreitung der Auslagen anweisen, welche der obgedachte traurige Fall verursacht haben muß. Sie werden übrigens überzeugt sein, daß die Kinder eines so verdienten Staatsmannes auch noch in der Zukunft ein theurer Gegenstand meiner Sorgfalt seyn werden.“

Oesterreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1830, M. Chr. Adolph, 8°.) Bd. I, S. 42. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) Jahrg. 1810, Nr. 151. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1810, S. 272. – Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Doll, 8°.) Jahrg. 1810, III. Band, S. 118. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864, S. Hirzel, gr. 8°.) Bd. I, S. 156. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 79.