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BLKÖ:Bettinelli, Xaver

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Betti, Zacharias Graf
Band: 1 (1856), ab Seite: 357. (Quelle)
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Bettinelli, Xaver (Gelehrter und Priester der Gesellsch. Jesu, geb. zu Mantua 18. Juli 1718, gest. ebendas. 13. Sept. 1808). Nach einer sorgfältig geleiteten Erziehung und im Jesuitencollegium zu Bologna unterrichtet, trat er 1736 in den Orden derselben ein und erhielt nach längerer Zurückgezogenheit im Jahre 1739 die Lehrerstelle an der Jesuitenschule zu Brescia. Seine literarische Thätigkeit begann er mit dem Gedichte „Il mondo della luna,“ das er für die von Cardinal Quirini und den Schülern des Abbate Lazzarini errichtete Akademie in Brescia schrieb. Nach fünfjährigem Aufenthalte in Brescia ging B. nach Bologna, wo er viele literarische Anregung fand und ein verunglücktes Trauerspiel, „Jonathan“ verfaßte. Nachdem er 1748 die Professur der Rhetorik in Venedig versehen und einige Zeit zurückgezogen gelebt hatte, wendete er sich, von seiner Neigung getrieben, entschieden dem weltlichen Treiben zu, und fand (1751) als Director des adeligen Collegiums zu Parma eine ihm zusagende Anstellung. In dieser widmete er sich ganz historischen und poetischen Studien und machte auch das Theater zum Gegenstand seiner Vorsorge. Von 1755 an machte er größere Reisen durch Deutschland und Frankreich. Ein Angriff auf Dante, den er damals unter der Maske Virgils in seinen „Lettere dieci di Virgilio agli Arcadi“ ausführte, zog ihm gerechte Vorwürfe zu. Gasparo Gozzi hat ihn am gründlichsten angegriffen und siegreich widerlegt. Interessant war sein Besuch bei Voltaire in Genf, in dessen Gunst er sich zu setzen wußte, und der ihn in folgenden Zeilen:

„Compatriote de Virgile
Et son sécrétaire aujourd’hui
C’est a vous d’écrire sous lui
Vous avez son âme et son stile ...“

becomplimentirte, eine Artigkeit, die der Angreifer Shakespeare’s dem Angreifer Virgils ganz gut erweisen konnte. Im Jahre 1759 kehrte er nach Parma zurück und wählte endlich Verona zum bleibenden Aufenthalte, wo er einige Zeit, bis seine Gesundheit es ihm verbat, den Predigerstuhl einnahm. Als 1773 sein Orden aufgehoben wurde, nahm B. die Stelle eines Privatsecretärs des Herzogs von Modena an. Die letzten Jahre seines Lebens brachte er aber in seiner Vaterstadt zu, wissenschaftlichen Studien und seinem eigentlichen Berufe, der Erziehung, hingegeben. Bettinelli’s Schriften sind: „Ragionamenti filosofici, con annotazioni“; – „Dell’ Entusiasmo delle belle arti“ (2 Bde. in 3 Thln.), 1769 zuerst in Mailand gedruckt und von Werthes in’s Deutsche übersetzt (Bern 1778); – „Dialoghi d’amore“ (24 Gespräche, dem Lucian nachgebildet); – „Delle lettere e delle arti Mantovane; lettere ed arti Modenesi ec.“ – Die schon erwähnten: „Lettere dieci di Virgilio agli Arcadi,“ welche zuerst von Langlard (1759, 12°.) und dann von Pomereul (Florenz [Paris] 1778, 8°.) in’s Französische übersetzt wurden; – „Lettere a Lesbia Cidonia sopra gli epigrammi.“ Seine Gedichte umfassen 3 Bde. und enthalten 7 kleinere Gedichte, 16 Episteln, Sonette, Canzonen u. a. Sie sind nicht [358] ohne Witz und Geist und zeichnen sich durch Eleganz des Styls aus. Besonders geschätzt sind seine Episteln in Versi sciolti, welche zuerst zusammen mit den Versi sciolti des Frugoni und Algarotti (Venedig 1757) erschienen. B. schrieb auch mehrere Tragödien, u. z. außer dem schon genannten „Jonathan“ noch folgende: „Xerxes“; – „Demetrius Poliorcetes“ und „Roma salvata“, welche letztere Voltaire in’s Französische übersetzte. Sein Hauptwerk aber, welches ihm eine bleibende Stelle in der italienischen Literatur sichert, ist: „Risorgimento negli studj, nelli arti e ne’ costumi dopoi il mille“ (Bassi 1775, 2 Bde.), worin das Aufleben der italienischen Cultur von 1000–1500, also die denkwürdigste Periode Italiens geschildert ist, in welcher Venedig groß im Handel, Toscana prächtig in den Wissenschaften, die Lombardei stolz in den erfochtenen Siegen dastanden; ein Sylvester II., Gregor VII., Innocenz VII. und Gregor IX. den Ruhm der Kirche, Männer wie Anselmus Tomaso, Bonaventura jenen der Wissenschaft bildeten. Bettinelli’s Schriften erschienen in zwei Gesammtausgaben und zwar eine 1780–1782 in 8 Octavbänden; die zweite veranstaltete er, als er nach dem Einmarsch der Franzosen in Italien sich nach Verona zurückzog, begann sie 1799 und vollendete sie 1801 unter dem Titel: „Opere edite et inedite in prosa ed in versi“ (Venedig 1801, 12°., 24 Bde.). Man hat Bettinelli als Schmeichler der Könige und Beschützer des Despotismus dargestellt; man vergaß aber dabei seine gegen Macht und Gewalt bewiesene Schonung in Betracht zu ziehen, wodurch er diese Beiden den wohlthätigen Einflüssen der Philosophie zugänglich machen und Wahrheiten unbeirrt zur Geltung bringen wollte, welche der menschlichen Gesellschaft nützen konnten, eine Aufgabe, welche in jenen verworrenen Tagen auch nur theilweise zu lösen, es der Geistesgewandtheit eines Bettinelli bedürfte.

Napione, Vita dell’ abb. Sav. Bettinelli (Turin 1809). – Renati (Camillo), Orazione funebre in morte dell’ abb. S. Bettinelli (Mantua 1808, 4°.). – Suard, Mélanges des Littérature (Paris, an XII) I. Bd. S. 17–32: „De Voltaire et du poëte italien Bettinelli.“Ideler, Handbuch der italienischen Literatur. I. Bd. S. 580. – Morgenblatt 1810, Nr. 75. – Baur (Samuel), Allgem. histor. biogr. literar. Handwörterbuch. I. Bd. Sp. 113. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) II. Bd. S. 618. – Tipaldo, Biografia degli Italiani illustri. – Mazzuchelli, Scrittori d’Italia. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de M. le Dr. Hoffer (Paris 1853) V. Bd. Sp. 849. – Zeitgenossen, 3. Reihe (Leipz. 1829) I. Bd. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst.) IV. Bd. 4. Abth. S. 758. – Dandolo (Tullio), L’Italia nel secolo passato sin 1789 (Milano 1853) S. 345: „Plejade di poeti.“ – Per nozze Consolo-Jacur (Verona 1855, Antonelli), Lettere inedite degli illustri letterati Jac. Ab. Belgrado, Ab. C. Sibiliato, Cav. J. Pindemonte, Severin Bettinelli ec. ec.