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Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H13

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Heft 12 des Voigtländischen Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 13 der Section Voigtländischer Kreis
Heft 14 des Voigtländischen Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Unterneundorf
  2. Rodersdorf
  3. Kröstau
  4. Irfersgrün


[97]
Unterneundorf.


Unterneundorf liegt 3/4 Stunde von Plauen, 1/4 Stunde von dem Dorfe Oberneundorf, und eine kleine halbe Stunde von dem schön an der Elster gelegenen zum Rittergute Unterneundorf als Vorwerk gehörigen Strassberg entfernt.

Unterneundorf gehörte ums Jahr 935, wo solches schon von den Sorben-Wenden erbaut worden ist, dem Grafen Bruno von Eberstein, welcher als Graf und Richter vom Kaiser Heinrich, dem Finkler über den Gau Dobenau, wozu Plauen und Neundorf gehörte, gesetzt war. Dann wurde Neundorf einer Familie verliehen, die nach dem Orte sich nannte, die Familie von Neundorf. Ein Marquard von Neundorf war der letzte Erb-, Lehn- und Gerichtsherr von dieser Familie auf Neundorf, welche nicht mit dem Geschlecht derer von Naundorf verwechselt werden darf. Die Herren von Neundorf sind ausgestorben, wogegen das Adelsgeschlecht derer von Naundorf noch exestirt. Von dem Geschlechte derer von Neundorf ist Neundorf an die Familie von Reibold gekommen, die lange Zeiten hindurch im Besitze dieses Gutes sich behauptet haben, und zwar vom 15ten Jahrhundert bis zum Anfange des 18ten Jahrhunderts. Zu Ende des 15ten Jahrhunderts lebte der Ahnherr dieser Familie, Philipp von Reibold auf Rössnitz und Neundorf. Der Stifter der Plauischen Kirchenbibliothek, die jetzt mit der dortigen Schulbibliothek vereinigt ist. Einer seiner Nachkommen Hans von Reibold, Burggräflicher Landrentmeister liess in der Mitte des 16ten Jahrhunderts ein neues grosses Schloss mit vielen Thürmen, welches zum Theil jetzt noch steht, zu Neundorf erbauen. Er selbst hatte das traurige Geschick, durch ein in seinem Wohnzimmer des Nachts entstandenes Feuer im Jahre 1571 zu verbrennen. Auf ihn folgte Joachim von Reibold, welcher auch Netzschkau, Sachsgrün, Ebmath, Haselbrunn, Rösnitz, Polenz, Gutenfürst, Kloschwitz und Thannhof besass. Dann wurde Johann Joachim von Reibold, Kammerjunker zu Bayreuth damit beliehen, welcher bis in die Mitte des 17ten Jahrhunderts lebte, dem Adolph Haubold von Reibold, Churfl. Sächs. Rittmeister succedirte, welchem auch Haselbrunn und Petershof gehörte. Dann übernahm der Hofmarschall Philipp Ferdinand von Reibold zu Ende des 17ten und Anfang des 18ten Jahrhunderts das Gut, von welchem es nach dessen im Jahre 1712 erfolgten Ableben an seine hinterlassene Wittwe Anna Barbare Dorothea von Reibold geh. Gräfin von Stubenberg überging.

Von dieser Zeit an blieb der Besitz von Neundorf nicht mehr bei der Reiboldschen Familie. Vielmehr acquirirte es im Jahre 1721 Wilhelm August Graf von Stubenberg, ein Bruder der vorgenannten Wittwe, von welchem es im Jahre 1772 Frau Henriette Wilhelmine verehel. Gräfin von Geiersberg übernahm. Dann acquirirte es im Jahre 1780 der Obermarschall Graf von Röder, ein wichtiges und damals sehr blühendes Geschlecht im Voigtlande, welches seinen Ursprung von den alten Rederwenden und seinen Namen von der alten von dem Markgrafen von Brandenburg Gerro im Jahre 957 zerstörten Stadt Rethre, Rethra oder Rade in der Uckermark herleitet. Der Graf von Röder verkaufte aber schon im Jahre 1788 das Gut an den Kaufmann Emmanuel Haussner in Plauen, eine reiche und weitverzweigte Familie, deren einzelne Glieder sich um Plauen sehr verdient gemacht haben. Viele unserer Album-Leser werden bei Nennung dieses Namens vielleicht an ihre schön verlebte Jugend in dem von Neundorf nicht weit entlegenen Institute des Pastor Grundmann erinnert, dessen Wittwe eine geborne Haussner ist.

Im Jahre 1792 übernahm Neundorf Johann Friedrich Haussner, der Sohn des Emmanuel Haussner. Dann wurde Neundorf öffentlich verkauft, und im Jahre 1805 erstand es Johann Gottlieb Seidel auf Bösenbrunn. [98] Derselbe hatte wenig Glück in Neundorf. Das Gut hatte Seidel nach damaligen Verhältnissen zu theuer gekauft und die Kriegsdrangsale brachten diesen sonst so vortrefflichen Mann in Verlegenheit. Das Gut musste wieder nothwendiger Weise verkauft werden und im Jahre 1821 ward Herr Johann Gottlieb Golle auf Kleingera, ein naher Anverwandter Seidels, damit beliehen, ein vortrefflicher Landwirth und ausgezeichneter Familienvater.

Leider genoss er die Freude, das Gut Neundorf wieder in die Höhe gebracht zu haben, nicht lange und starb viel zu früh für die Seinigen und für seine Gerichtsuntergebenen.

Ihm folgten im Jahre 1833 seine beiden Söhne, Herr Franz Ludwig und Herr Carl Friedrich Golle und nach dem Tode des ersteren wurde im Jahre 1835 Herr Carl Friedrich Golle alleiniger Besitzer von Neundorf, der solches jetzt noch immer hat.

Durch den Letztgenannten ist der bereits von seinem sel. Vater begonnene Neubau im Rittergute vollendet, der grösste Theil der Seitengebäude abgetragen und an der Stelle desselben neue, grosse Wohn- und Wirthschaftsgebäude errichtet; auch der ganze Schlosshof bedeutend erweitert worden. Sämmtliche Gebäude sind nach 3 Seiten zu umgeben von einem grossen Obst-, Gemüse- und Blumengarten, in welchem sich auch ein neu erbautes Gewächshaus und schöne Anlagen befinden.

Ueberhaupt gehört dieses Rittergut dem Umfange nach zu den grössten, dem Boden und dem Klima nach zu den fruchtbarsten im ganzen Voigtlande.

Getreide und Kartoffeln werden hier in bester Qualität erbaut, ja sogar Obst in reicher Menge.

Der gegenwärtige Besitzer hat auch in der neuern Zeit das Rittergut Syrau, 11/2 Stunde von Plauen an der Plauen-Pausaer Strasse und 1/2 Stunde vom Anhaltpuncte Mehltheuer an der Leipzig-Hofer Eisenbahn gelegen, acquirit, und hier ist eine bedeutende Bierbrauerei, wo ein Bier gebraut wird, welches dem Plauischen Bier nicht nachsteht.

Nicht unerwähnt kann hier das zu Neundorf gehörige Vorwerk Strassberg bleiben, ein Ort, der seiner anmuthigen Lage wegen von Plauen aus als Spaziergang häufig besucht ist.

Strassberg war früher ein besonderes Gut. Heinrich der Oberhofrichter von Plauen, (dessen Enkelin, Namens Elisabeth, des Grafen Otto von Arnshauck Tochter sich im Jahre 1300 mit dem Markgrafen Friedrich mit der gebissenen Wange vermählte und die Mutter des im Jahre 1310 gebornen Friedrichs des Ernsthaften und demnach die Stammmutter des gesammten Hauses Sachsen der Ernstinischen wie der Albertinischen Linie ward;) hat 1276 das Gut Strassberg, nebst der daselbst befindlichen Mühle und einigen andern Gütern dieses Dorfes, so wie der Hälfte des Forstes bei Kronschwiz seiner Gemahlin Kunigunde zum Leibgeding geschenkt. Unter Genehmigung der Herren von Weida und Gera überliess es letztere im Jahre 1295 dem Dominikaner-Nonnenkloster Kronschwitz bei Weida, welches von Jutta, Burggräfin von Altenburg, der Gemahlin Heinrich des Marianer von Gera, im Jahre 1233 gestiftet worden war. In der ersten Hälfte des 15ten Jahrhunderts wurde zwar durch Heinrich II. Burggrafen zu Meissen und Herrn zu Plauen der Besitz des Gutes und Dorfes Strassberg dem genannten Kloster Kronschwiz widerrechtlich entrissen, aber durch Churfürst Ernst und Herzog Albert von Sachsen im Jahre 1466 demselben wiederum restituirt.

So blieb das Dorf und Gut im Besitze vom Kloster Kronschwiz bis zur Zeit der Reformation.

Nach Einziehung aller Klostergüter nach der Reformation wurde im Jahre 1533 auch das Gut Strassberg dem Kloster Kronschwiz genommen und unter Sequester gestellt.

Im Jahre 1543 wurde der Sequesterations-Notar Anton Pestel vom Churfürst Johann Friedrich für treu geleistete Dienste mit dem Gute Strassberg beliehen, nach dessen Tode aber dem Gute Neundorf einverleibt, bei welchem es bis auf die heutigen Zeiten verblieb.

Bald nach dieser Einverleibung wurde von Joachim Reibold die jetzige Kirche zu Strassberg neu, auf einen Berg, die Burg genannt, erbaut. Sie ist sehr fest und von Grund aus massiv und wird nach allen Seiten hin weit gesehen. An der, der Orgel und der Kanzel gegenüberstehenden Wand hängt das Brustbild des eben erwähnten Ferdinand Philipp von Reibold.

Die Kirche hat ein bedeutendes Vermögen. Dieselbe ist umgeben von einem Gottesacker, auf welchem sich auch unter der Sacristei ein Erbbegräbniss der Besitzer von Neundorf befindet. Auf diesem Friedhofe werden die Todten von Strassberg und resp. von Unterneundorf begraben. Doch müssen für die Verstorbenen des erst genannten Dorfes die Leichengebühren auch an Plauen nach dem daselbst üblichen geringsten Satze bezahlt werden; da in früheren Zeiten alle Verstorbenen des Kirchspiels auf den Gottesacker zu Plauen begraben wurden.

Eingepfarrt sind hierher: Strassberg, Unterneundorf und Kobitzschwalda. Doch hat das Rittergut Unterneundorf auch eine herrschaftliche Kapelle in der Haupt- und Stadtkirche Plauen.

Das Dorf Oberneundorf, welches mit dem Rittergute Unterneundorf nicht zu verwechseln ist und zum grössern Theile früher zu Unter-Neundorf gehörte, ist nach Plauen eingepfarrt.

Die Kirche ist Filial von Plauen und der zweite Land-Diaconus von Plauen stets hier Pfarrer.

Die Collatur steht dem Pfarramte zu Plauen zu.

Zu Ende des 17ten und zu Anfang des 18ten Jahrhunderts wurde vom Herrn Philipp Ferdinand von Reibold und von dessen Gemahlin der Versuch gemacht, eine eigene Pfarrei in Strassberg zu errichten, so dass man auch schon den Grund zu einem neuen Pfarrgebäude daselbst, wovon die Spuren jetzt noch vorhanden sind, am Fusse des Kirchberges der Schule gegenüber zu legen angefangen hat.

Die Schule zu Strassberg, deren Collatur dem Besitzer des Rittergutes Neundorf zusteht, ist im Jahre 1647 vom Obersteuereinnehmer Hans Christoph von Reibold gegründet.

Eingeschult sind die Orte Strassberg, Unterneundorf, Kobitzschwalde und Oberneundorf. Der früher hier angestellt gewesene Schullehrer Vogel wurde später nach Theuma versetzt und hat hier vor einigen Jahren sein 50jähriges Amtsjubiläum gefeiert.

[99] Herr Landdiaconus Steinhäusser in Plauen ist Pfarrer in Strassberg und in der Filia von Oberlosa.

Der Name Strassberg mag daher stammen, dass durch den Ort in der frühesten Zeit die alte Reichsstrasse nach Nürnberg führte.

Ausserdem ist im Orte noch eine sehr schöne Mühle, die früher den Gebrüdern Stengel auf Troscheneuth gehörte, und ein Gasthof, dessen Besitzer der Fleischermeister Roth ist.

Neundorf hat 27 bewohnte Gebäude mit 39 Familienhaushaltungen und 220 Einwohner, wogegen Strassberg 34 bewohnte Gebäude, 34 Familienhaushaltungen und 220 Einwohner zählt. Besagte Orte gehören zum Gerichtsamt und zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen und zum Regierungsbezirke Zwickau.

M. G.     




Rodersdorf
untern Theils.


Rodersdorf liegt 12[WS 1] Stunden westlich von Plauen, 3 Stunden nördlich von Oelsnitz auf einer Höhe, von wo aus man eine weite Fernsicht über das Voigtland hat.

Das Dorf Rodersdorf zerfällt in Rodersdorf obern und untern Theils. In beiden Theilen befindet sich ein Rittergut. Unsere Beschreibung gilt Rodersdorf untern Theils.

Die Benennung des Ortes ist von Roder, und dem Worte stroff, straff, troff zusammengesetzt. Man kann vermuthen, dass das Wort Roder, so viel als roden oder reuten sei. Allein da es nicht Roderstroff, sondern allgemein Rodersdorf in allen alten Urkunden geschrieben wird, auch in uralten Zeiten die edlen Roder, oder Röder, daselbst ihren Rittersitz gehabt haben, so kann man mit vielmehr Bestimmtheit annehmen, dass der Ort von diesem alten Geschlecht angebauet und nach ihm benannt worden ist. Diese Herren von Röder haben Rodersdorf von Anfang der Erbauung bis zum 17ten Jahrhundert besessen. Otto von Röder ward im Jahre 1430 auf dem Schlosse zu Plauen, wohin er sich geflüchtet hatte, von den Hussiten nebst vielen andern Edlen ermordet. Heinrich von Röder lebte im Jahre 1448 zu Thossen, und Otto, des erstgedachten ermordeter Sohn, zu eben der Zeit in Rodersdorf, wo anfänglich nur ein Rittergut war und zwar mit besondern Vorzügen: denn dies hatte in der Stadt Plauen die wüste Mauer, einige Häusser und etliche Fleischbänke zu leihen.

Es ward später von zwei Brüdern in zwei Rittergüter getheilt. Da kamen im Jahre 1538 Eberhardt und Caspar vor. Im Jahre 1605 hatte Carl, Fabian, Adam und Hans Georg das hiesige obere Rittergut in gemeinschaftlicher Lehne und besassen noch ausserdem Kröstau, Pottiga und Langenhessen. Dieses Adelgeschlecht war überhaupt im Lande so stark ansässig, dass es in Kriegszeiten vierzehn Pferde für die sächsischen Regenten stellte. Später waren noch Linien davon auf den Rittergütern Pöhl mit Helmsgrün, Gansgrün und Lewitz. Im Jahre 1606 kam Rodersdorf untern Theils an Hans Joachim von Seidewiz, von welchem es im Jahre 1634 Wolf Dietrich von Posseck und sein Bruder Wolf Albrecht von Posseck erworben haben. Dann ging es auf die Familie von Gössnitz im Jahre 1658 über, welche es bis zum Jahre 1746 besass. Von dem letzten der Familie Hans Wilhelm von Gössnitz kaufte es Frau Baronosse von Stein, die es bis zum Jahre 1754 besass, wo es der Vicebürgermeister Hübschmann aus Oelsnitz acquirirte. Bei dieser Familie blieb es vom Jahre 1754–1803. In dem letzteren Jahre wurde der Amtshauptmann Schönfels damit beliehen, von welchem es der gegenwärtige Besitzer Herr Friedrich Wilhelm Michaelis erkaufte, wogegen die Söhne des vorgenannten Herrn Amtshauptmann von Schönfels jetzt Reuth, Tobertitz und Ruppertsgrün bei Werdau besitzen. Herr Major von Schönfels in engern und weitern Kreisen bekannt als Präsident der ersten Stände-Kammer ist mit Reuth beliehen, [100] 1 Stunde oberhalb Rodersdorf an der Sächs.-Bayerschen Eisenbahn. Die herrschaftliche Wohnung und die Wirthschaftsgehäude sind von dem dermaligen Besitzer von Rodersdorf untern Theils Herrn Michaelis ganz neu und massiv aufgeführt und weit hin erblickt man diese freundliche Besitzung. Das Gut selbst war früher mehr Holzgut, ist aber jetzt durchgängig sehr nutzbar angelegt. Hier wird sehr schönes Getreide gebaut und die Wiesencultur ist eine vorzügliche zu nennen. Vom dermaligen Besitzer des Gutes ist auch ein sehr schöner, grosser Obst- und Gemüsegarten angelegt worden.

Die Kirche von Rodersdorf ist ebenfalls sehr alten Ursprungs, lange vor der Reformation war hier schon eine Parochie, welche in Zeiten des Pabstthumes vortreffliche Feldgüter hatte.

Wegen ihrer Entlegenheit vom Orte hat der im Jahre 1304 angestellt gewesene römisch-katholische Parochus, Laurentius Eilbel mit Zuziehung und Bewilligung des deutschen Hauses zu Plauen solche entlegene Feldgüter gegen einen jährlichen Erbzins von 5 Ngr. auf ewig vererbet und secularisirt, die noch heute, ob schon später weltliche Abgaben darauf geschlagen worden sind, seit Jahrhunderten im Erbe und Kauf vom Vater auf Sohn gegen 1600 Mtl. überlassen werden. Die Nachkommen der Teschnerschen Familie in Stein sind im Besitze dieser Güter.

Geschichtlich merkwürdig ist die Altarbekleidung der Kirche.

Die Hochreichsgräflich-Stubenbergische Familie hatte ein Feldaltargewand, welches der König Gustav Adolph von Schweden bei seinem Gottesdienste im Felde gebraucht und nachmals einem seiner vornehmsten Officiers zum Andenken geschenkt hat, von welchem es auf die obgedachte Hochreichsgräfliche Familie gekommen ist. Da diese die Kirche zu Rodersdorf mit einem würdigen Geschenke begnadigen wollte, fiel man auf dies vorhandene Denkmal des nordischen Helden. Es war aber auf einen nur mässigen Altar noch zu klein und deckte nur den vordersten Vorhang des Altars; deshalb lies man das kleine weise atlassene und mit schönen Figuren gestickte Gedecke, so wie es der König im Felde entweder über einen Zelttisch oder über ein paar Trommeln zum Gottesdienste mochte gebraucht haben mit dem Hochreichsgräflich-Stubenbergischen und Hochadelich-Reiboldschen Wappen mit Gold, Silber, Seide und ein paar hundert Stücken guter Perlen verschönern, mit einer angefügten, oben roth, damastenen Altardecke und durch Seitengehänge vergrössern und also zum völligen Ausputz des Altars der gedachten Kirche zurichten und ihr verehren. Das dazu gehörige Tüchlein, worauf die Agende gelegen, ist auch dazu gekommen. Es ist von weissem Damast und die Buchstaben G. A. R. S. (Gustavus Adolphus Rex Sueciae) sind verzogen, nebst den darüberstehenden drei schwedischen Kronen, mit grosser und erhabener Arbeit in Gold gestickt.

Rodersdorf hat schon, wie oben erwähnt worden ist, vor der Reformation eine eigne Parochie ausgemacht.

Churfürst Johann Friedrich liess nach dem Absterben Johann Weigelts, Frühmessners zu Kürbitz, im Jahre 1538 die Frühmesse oder Kaplanei zu Kürbitz, welche das heutige Filial Thossen war, aus gewissen Ursachen aufheben und hochgedachter Fürst schenkte dem damaligen Pfarrer zu Rodersdorf Erhardt Sollmann, die ganze Kaplanei, mit allen Einkünften, da sie ihm näher lag, als dem Pastor zu Kürbitz und machte auf Vorstellung Georg Rautens, Superintendenten zu Plauen, ein Filial von Rodersdorf daraus. Dem Pfarrer zu Kürbitz wurden die Feldgüter davon zu Theil.

Bei der Nennung des Filials von Rodersdorf, der Kirche zu Thossen können wir nicht umhin zu bemerken, dass dieses Dorf eine der ältesten Kirchen im Voigtlande hat.

Thossen liegt in dem Grunde eines Thals mitteninnen, ¼ Stunde von Rodersdorf. Es ist noch bis jetzt gegen Mittag und Abend mit Birken-, Buchen-, Tannen-, Fichten- und Kieferhainen eingefasst. Das Dorf war ehedessen und theils auch mit alten Linden, Landespen und Ilmen[WS 2] in der Nähe gleichsam umgeben und deswegen noch immer etwas schattigt.

Es gehet mitten durch das Dorf ein fliessendes Wasser, und nahe an der Kirche entspringt eine feine Quelle, von welcher die Einwohner sagen, dass sie unter der Kirche hervorquelle. Wahrscheinlich ist in dem alten Heidenthume der Gott Thor und die Göttin Hera hier angebetet worden. Der Ort selbst dankt seine Entstehung dem alten edlen Tosso oder Dosse. Man sieht noch jetzt unter dem obern Theil des Altars der Kirche dieses Ortes, und zwar in der Mitte, ein liegendes Männchen, welches ein Schild im goldenen Felde hält, in welchem sich zwei quer über einander gelegte schwarze Wurfpfeile befinden. Diese Wurfpfeile haben die edlen von Tosso in ihren frühern Wappen geführt, wovon sie auch ihren Namen hergeleitet haben mögen: denn Dossany heisst wendisch so viel als fassend, nämlich ein Gewehr, siegerisch, siegreich. Im 15ten Jahrhundert besass dieses Geschlecht die Güter Stöckigt, Steinsdorf, Erlbach und Wolbach im Voigtlande.

Die Einführung des Christenthums in dem Orte Thossen geschah ums Jahr 1237. Man leitet dies aus dem linken Flügel des Altars ab, auf welchem die heil. Elsbeth in der einen Hand eine Schüssel mit Obst hält, mit der andern einem vor ihr knieenden Bettler einen Brodstollen reicht. Diese Elsbeth, eine Tochter des Königs Andreas von Ungarn und die Gemahlin des Landgrafen von Hessen und Thüringen, ist erst im Jahre 1235, nachdem sie Wittwe geworden war, in die Zahl der Heiligen aufgenommen worden. Diese Heilige machte damals mit ihrer Canonisation und noch vorher mit dem Gerüchte ihres frommen Wandels in Thüringen und einem grossen Theile Deutschlands so viel Aufsehen, dass man sie mit grossem Eifer verehrte und in den neuen Tempeln aufstellte.

Neben dieser heiligen Jungfrau linker Hand des Altars steht ein Heiliger, der eine Anzahl Steine in beiden Händen hält und der den heiligen Stephanus vorstellen soll. Auf dem rechten Flügel des Altars steht die heilige Anna. Darunter stehen die Namen S. Anna, S. Elisabeth. Auf der geschnitzten Halskette der Jungfrau ist das bischöfliche Siegel von rothem Wachs von 4 Feldern. In dem oberen rechten befinden sich zwei kreuzweis über einander gelegte Bischoffsstäbe, sowie in dem untern linken und in dem obern linken und untern rechten ist ein Bischoff oder Heiliger abgedruckt. Ohne Zweifel ist es das Bischöflich Naumburgische oder Zeitzische Siegel, als unter welchem Bisthum das ganze Gebiet der Dobenau, wozu auch Thossen gehörte, stand. Diese Siegel waren das Zeichen der Weihe: denn auf keinem Altar durfte das Messamt gehalten [101] werden, wenn dieser nicht vorher von ihm oder seinem Coadjutor geweihet worden war. Die Herren des Altarlehns waren in den ältesten Zeiten die edlen Thossen und nach ihnen, wechselweise die deutschen Herren zu Plauen, und die Herren von Feilitzsch und von Schlegeler zu Kürbitz in Gemeinschaft.

Ausserdem sind noch nach Rodersdorf die Dörfer Schönlind, Döhles und Steins eingepfarrt.

Die Kirche zu Rodersdorf brannte 1600 ganz ab und wurde 1662 wieder neu erbaut.

Pfarre und Schule sind gut gebaut und bieten Bequemlichkeit auf jegliche Weise.

Die Collatur über Kirche und Schule steht dem Superintendenten zu Plauen zu.

Zu dem Dorfe Rodersdorf gehören noch 3 Mühlen: die Luftmühle, die Neumühle und die Mühle am Leimbach.

Rodersdorf obern und untern Theils hat 79 bewohnte Gebäude mit 99 Familienhaushaltungen und 522 Einwohnern, und gehört zum Gerichtsamt und zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.

Rodersdorf hat viel Tagelöhner und Handwerker, die theils auf den beiden dasigen Rittergütern und in der benachbarten Stadt Plauen hinlänglich Beschäftigung und Unterhalt finden.

M. G.     




Kröstau.


Kröstau liegt auf einer kleinen Erhöhung 1½ Stunde von Plauen, eine ½ Stunde von Rodersdorf und ¼ Stunde von Kloschwitz.

Im Dorfe befinden sich 1 ganzer Hof, 4 Halbhöfner, 10 Viertelhöfe und 9 Häusler.

Vor der neuen Gerichtsorganisation gab es hier sehr untermengte Gerichte. Das Rittergut Kürbitz, Kloschwitz, das Amt Plauen, das frühere Stadtgericht zu Plauen, das Rittergut Kemnitz hatten Antheile.

Unter dem Rittergute Kröstau standen mit Ober- und Niedergerichten 21 Häusser, nämlich 2 halbe Höfe, 7 Herbergen, 9 Häusler, eine Schenke und das Gemeindehaus.

Das Schloss zu Kröstau ist im Jahre 1808 zum Theil nebst den Wirthschaftsgebäuden, Schäferei und Brauhause neu erbaut, und giebt dem Orte ein schönes Ansehn, überhaupt aber wie in der Abbildung zu ersehen ist, ein liebliches Bild.

Der Boden ist hier etwas lettenartig und weniger ergiebig, als zu Kloschwitz. Der Obstbau dagegen hier von Bedeutung.

Ueberhaupt wird auch in der neuern Zeit hier durch die Betriebsamkeit des Herrn Besitzers schönes vortreffliches Getreide erbaut.

In den frühesten Zeiten gehörte Kröstau dem weitverzweigten Adelgeschlechte derer von Röder, welches auch Rodersdorf, Kloschwitz und Rössnitz besass. Zu Anfang des 16ten Jahrhunderts besass das Gut Eberhardt von Röder. Von diesem Geschlecht kam es an Dietrich von Posseck im Jahre 1633, welcher Weischlitz und Rodersdorf besass. Dann acquirirte es die Familie von Reibold.

Im 18ten Jahrhundert aber wurde die Kastensche Familie damit beliehen und der jetzige Besitzer ist der frühere Gerichtsdirektor Herr Advocat Heinrich Kasten, der als Gerichtsdirector in Treuen wohnte, jetzt aber auf seinem Gute lebt, ein als Mensch und als Jurist gleich schätzenswerther Mann, welcher Humanität bei Handhabung des Rechts in seinem früheren Richteramte recht schön zu vereinigen wusste, und nie das Recht hinüber schweifen liess zum Unrecht. Kabale, Intrigue und Ehrgeiz kannte er nie. Für eine edle Sache ist er stets bereit zu kämpfen und zu aller Zeit ist er im Dienste der Unterdrückten. Eine eben so brave Hausfrau steht ihm zur Seite, eine geborne Schanz aus Oelsnitz, die Schwester des zu früh verstorbenen Bürgermeister Schanz in Dresden.

Unter einer solchen Familie können sich Untergebene nur wohl befinden, nur wohl fühlen.

[102] Eine halbe Stunde von Kröstau liegt das Deichselhaus, ein Vorwerk von dem Rittergute und in dessen Nähe der Deichselberg, von welchem man eine sehr weite und schöne Aussicht geniesst.

Eingepfarrt ist Kröstau nach dem lieblich gelegenen durch die jetzt leider eingegangene im Jahre 1818 begründete Erziehungsanstalt des Pastor Grundmann, weltbekannten Kloschwitz. Oft sah man hier auf dem Kröstauer Wege die Zöglinge des Kloschwitzer Instituts mit ihren Lehrern lustig und fröhlich, gesund an Körper und Geist, einher wandern und die schönen Puncte dieser Gegend aufsuchen.

Diese Erziehungsanstalt ist mit dem Tode des Begründers, des Herrn Pastor Grundmann seit 1850 wieder eingegangen, da keiner seiner Lehrer sich getraute, das verantwortliche Amt eines Direktors zu übernehmen. Die Wittwe des Herrn Pastor Grundmann lebt noch in Kloschwitz in einem hohen glücklichen, dem Wohlthun geweihten Alter. Viele der ärmern Anverwandten Grundmanns haben diesem würdigen Manne, diesem Jugendfreund und Jugenderzieher ihre jetzige Existenz zu verdanken.

Seinen Wahlspruch: „Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott“, hat er bis zu seinem Lebensende durch sein Wirken, durch seinen Wandel wahrhaft bethätiget. Seine Wittwe, eine geborne Haussner, deren Bruder, der jetzt in der Schweiz legende, frühere Stadtrichter Haussner zu Plauen war, stand ihrem Gatten in dem Erziehungswerke würdig zur Seite, und viele der Herren Rittergutsbesitzer Sachsens und sogar des Auslandes legten unter dieser vortrefflichen Leitung den Grund zu ihrer wissenschaftlichen Ausbildung.

Der jetzige Pastor in Kloschwitz ist Herr Pastor Viehweg aus Leipzig, welcher mit Clara Haussner aus Pirna, der Tochter des Kfm. Wilhelm Haussner in Pirna und des obgedachten Stadtrichter Haussners Bruder und der Enkelin des früheren Superintendenten Tischer in Pirna verheirathet ist. Die älteste Tochter des Letzteren aus erster Ehe, Minna Tischer war die Gattin des Kaufmann Haussner in Pirna.

Unter der Grundmannschen Familie und der Familie Kasten auf Kröstau bestand ein sehr freundnachbarliches Band. Oft sah man diese Familie mit der achtbaren Gerichtsherrschaft zu Kloschwitz hier oder in Kloschwitz vereinigt zu geselliger und heiterer Unterhaltung, oder zur Theilnahme an den Uebungen der Jugend. – Die sonstigen Nachrichten von Kröstau in Bezug des Verhältnisses zur Kloschwitzer Kirche sind sehr mangelhaft, da im Jahre 1612 das ganze Dorf Kloschwitz mit der Kirche und ihrem Archive ein Raub der Flammen wurde, wodurch auch viele andere interessante auf das Rittergut Kröstau Bezug habende Actenstücke mit untergegangen sind.

Das Aeussere und Innere der Kloschwitzer Kirche gewährt jetzt einen freundlichen Anblick.

Die Pfarrwohnung ist durch das oben erwähnte Institut in den Jahren 1831, 1838 und 1841 sehr erweitert worden, so dass nur noch der kleinere Theil des ursprünglichen Gebäudes stehen geblieben ist. Collator über Kirche und Schule ist der jedesmalige Besitzer von Kloschwitz.

Nahe bei Kloschwitz liegt ein kleiner Berg, die Weinleite genannt, welcher zu der Pfarre gehört, in dem Jahre 1839 mit Laubholz und Obstbäumen bepflanzt wurde und ein Uebungsplatz für die Zöglinge war. Im Jahre 1840 wurde ein Haus mit einem kleinen Thurme darauf erbaut.

Von dem Berge selbst hat man eine schöne Aussicht in die nahe liegenden Thäler.

Oben auf dem Kröstauer Fahrwege, welcher nach Rodersdorf, Thossen und Reuth führt, erblickt man diese herrliche Anlage gegenüberliegend.

Kröstau mit seinen 26 bewohnten Gebäuden, mit seinen 29 Familienhaushaltungen und 160 Einwohnern, gehört jetzt zum Gerichtsamte und zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirke Zwickau.

Die Bewohner von Kröstau leben von Ackerbau und Viehzucht.

M. G.     



[103]
Irfersgrün.


Irfersgrün liegt 2 Stunden östlich von Reichenbach, 11/2 Stunde westlich von Kirchberg, 3 Stunden südlich von Zwickau und eben so weit nördlich von Auerbach am Quirlbache in einer wilden, aber nicht ganz unangenehmen Gegend. Es erstreckt sich über einen Flächenraum von 931 Acker 280 □Ruthen mit 13,264,84 Steuereinheiten.

Der Name des Ortes bedeutet so viel als Ehrenfriedersgrün und wurde im Jahre 1349 Erefridersgrune genannt.

in den frühesten Zeiten mag Irfersgrün zu der Herrschaft Kirchberg gehört haben und erst später von neu Herren von Plauen, als Besitzer von Kirchberg an einzelne Familien verliehen worden sein.

Zuerst finden wir hier das Geschlecht derer von Oelsnitz, welche es lange Zeit hindurch besessen haben. Von diesem Geschlechte kam es an die Familie von Hartitzsch. Am 18ten Januar 1632 übereignete der damalige Besitzer, Hans Abraham von Hartitzsch das Gut an Moritz Haubold von Schönbergk zu Neumark.

Im Jahre 1700 wurde Irfersgrün von Carl Erdmann von Reitzenstein, im Jahre 1727 von Carl Rudolph von Carlowitz, im Jahr 1754 von Haus August von Lichtenhain, im Jahre 1776 von Lic. Johann Friedrich lange besessen.

Nachher erkaufte das Gut laut Lehnscheine d. d. 12. März 1788 u. 8ten März 1805 Florentine verehel. Superintendent Donner in Meissen und am 21sten März 1805 acquirirte es der Domherr Carl Christoph von Arnim auf Planitz. Nach dessen im Jahre 1813 erfolgten Ableben wurde das Gut auf dessen 3 hinterbliebene Söhne

Georg Heinrich Wolf, Gebrüder von Arnim
Hans Carl und
Friedrich Hennig

durch tastamentarische Bestimmung verfällt und von demselben bis zum Jahre 1828 gemeinschaftlich besessen.

Endlich erkaufte dasselbe der vorgenannte Friedrich Hennig von Arnim am 21. Nov. 1828 von seinen beiden älteren Brüdern und überliess es am 8. October 1834 wiederum käuflich an seinen ältesten Bruder den Königl. Sächs. Kammerherrn, Georg Heinrich Wolf von Arnim auf Planitz, welcher am 9. October 1855 mit Tode abgegangen ist und eine Wittwe, eine geb. Gräfin zur Lippe und zwei unmündigen Söhne hinterlassen hat. Diese beiden minorennen Söhne

Alexander Joseph Carl Bernhardt und Gebrüder von Arnim
     Achim Arno

sind im Monat Febr. 1856 als Besitzer von Irfersgrün eingetragen worden, in deren Besitze dasselbe jetzt noch ist. Dieser Familie hat Irfersgrün viele Wohlthaten zu verdanken, und bei der verw. Kammerherrin von Arnim findet der Bedrängte, der Hülfesuchende zu jeder Zeit Rath und Trost, sowie bei dem auf Irfersgrün wohnenden Bruder, dem Grafen zur Lippe.

Die Gebäude des Gutes sind sehr massiv im neuen Style aufgeführt. Es hat eine grosse Brauerei, eine Ziegelei und einen Pechofen.

Auch gehören zum Gute grosse Teiche und Torfstich. Eine Mühle mit Säge ist ebenfalls hier. Das Gut ist verstärkt durch das dazu geschlagene Vorwerk Voigtsgrün, welches früher ein besonderes Gut gebildet hat und von den Herren[WS 3] von Arnim im Jahre 1689 mit Planitz und Wölkau (mit einem Hammer) gegen ihr Rittergut Pretzsch von Georg III. eingetauscht worden ist, da Letztrer ein Freund der Jagd war, wozu sich in Pretzsch reichlich Gelegenheit bot. Das Schloss Pretzsch 2 Meilen von Torgau und Wittenberg gelegen, ist historisch-merkwürdig durch die Trauung des Vorbesitzers von den Herren von Arnim, des Hans von Löser mit Ursula von Porzig, welche Dr. Luther im Jahre 1524 vollzog. Hans von Löser war ein feuriger Anhänger der Reformation und Luthers guter Freund. Luther verlebte hier mit Melanchthon, Justus Jonas, Amsdorf und andern berühmt gewordenen Männern so manche frohe Stunde.

Ausser Planitz und Voigtsgrün halten die Herren von Arnim bei diesem Tausche noch Neusorge und Walda für das Gut Pretzsch erhalten. Die beiden letztern Güter verkauften die Herren von Arnim wieder; dagegen blieben Planitz und Voigtsgrün seit diesem Tausche in immerwährendem Besitz dieser achtbaren Familie. Die Bewirthschaftung Voigtsgrüns von Planitz aus war zu schwierig und zu kostspielig; daher acquirirten im 19ten Jahrhundert die Herren von Arnim das Rittergut Irfersgrün und nun wurde Voigtsgrün als Vorwerk zu letzterem geschlagen. Voigtsgrün liegt dicht an der voigtländischen Grenze, am Anfange des nach Hirschfeld hinabfliessenden Wässerchens, 21/2 Stunden südlich von Zwickau, [104] 11/2 Stunde westlich von Kirchberg, 2 Stunden von Reichenbach und Lengefeld, 1/4 Stunde von Irfersgrün. Die Strassen von Reichenbach nach Schneeberg und nach Wiesenburg führen da vorbei. Südlich ist das Holz, Wolfspfütze genannt, nahe, und überhaupt giebt es hier noch schöne Holzzung. Von Voigtsgrün kann man auf das hohe Gebirge, auf die grosse Kette von Waldungen und auf den sogenannten Auersberg bei Eibenstock sehen.

In der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts wurde hier namhafter Bergbau getrieben.

Merkwürdig ist auch Voigtsgrün als Fundort des blätterigen Cölestinhs.

Der Ort ist nach Ebelsbrunn eingepfarrt. in der Nähe von Ebelsbrunn ist der sogenannte Lindenbrunnen, wo die Pleisse ihren Anfang nimmt.

Irfersgrün hat seine eigene Kirche. Eine Kirche stand hier schon vor der Reformation. Bis zum Jahre 1572 war Irfersgrün ein Filial von Waldkirchen. In diesem Jahre erhielt Irfersgrün seinen besondern Pfarrer, und der erste Pfarrer war hier Wolfgang Herrmann. Hier war auch Friedrich Gottschald, der Vater des jetzigen Bürgermeisters Gottschald in Plauen, vom Jahre 1777 bis 1814 als Pastor angestellt.

Die Kirche ist geräumig und hell und gewährt einen freundlichen Anblick.

In früheren Zeiten sind hier Pfarrdotalgerichte vorhanden gewesen, worüber sich folgende Urkunde vorfindet:

„Da Paul Bischoff (Pfarrer zu Waldkirchen) gestorben war und dasige Pfarre hat sollen wiederum besetzt werden, ist wegen der Pfarrlehen ein grosser Disput entstanden, vier haben solche praisendiret: der Metzsch in Netzschkau, der Metzsch in Mylau, der Waldkirchen um einen Pfandschilling versetzt gehabt, der Ober-Pfarrer in Reichenbach, nämlich Dölz und hiesiger Gerichtsherr von Oelsnitz. Deswegen ist in Zwickau eine Commission angestellt worden, dabei unter andern gewesen der von Dölau auf Dürren-Hoff (jetzt Thürnhof) bei Elsterberg. Der Metzsch von Mylau und der Ober-Pfarrer in Reichenbach haben de jure suo renunciret. Da haben der Metzsch zu Netzschkau und hiesiger Herr Christoph von der Oelsnitz mit einander es auszumachen gehabt.“

„Letztrer hat 60 Mtz. zur Verbesserung des Pfarrsalarii, jedoch nur unter der Bedingung hergegeben, dass die Pfarrdotalen die Lehn nicht mehr bei der Pfarre zu Irfersgrün, sondern bei dem Gerichtsherrn suchen sollen.“

Die Collatur über Pfarre und Schule steht dem jedesmaligen Besitzer von Irfersgrün zu. Die Inspection über Kirche und Schule hat der Superintendent zu Plauen.

Vor der neuen Gerichtsorganisation gehörten von dem Dorfe Böchelsgrün oder Bechtlisgrün (von den Neuem stets Pechtelsgrün geschrieben) 15 Begüterte unter die von Arminschen Gerichte zu Irfersgrün.

Jetzt gehört Irfersgrün und Pechtelsgrün zum Gerichtsamt Lengenfeld, zum Bezirksgericht Zwickau, zur Amtshautmannschaft Zwickau und zum Regierungsbezirk Zwickau. Voigtsgrün dagegen zum Gerichtsamt Kirchberg, dagegen unter dieselben Oberbehörden, wie Irfersgrün.

Irfersgrün hat 110 bewohnte Gebäude, 130 Familienhaushaltungen und 730 Bewohner.

Die Einwohner bestehen theils aus solchen, die von ihrem Ackerbau leben, theils aus Professionisten (meistens Webern) und einigen Tagelöhnern, die auf dem Gute stets eine gute und nährende Beschäftigung finden können.

Durch Irfersgrün führt jetzt von Lengenfeld aus eine schöne Strasse nach Kirchberg und von Voigtsgrün an wird der Weg nach Kirchberg angenehm und schön. Liebliche Landschaften wechseln mit hübschen Dörfern ab. Dieser Weg ist sehr belebt durch die starke Verbindung und dem starken Verkehr zwischen Lengenfeld und Kirchberg.

Irfersgrün baut übrigens schönes Getreide und gute Kartoffeln, dagegen wenig Obst.
M. G.     




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Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist: 2 Stunden
  2. Ulmen?
  3. Vorlage: Herrren
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