Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Kröstau
Kröstau liegt auf einer kleinen Erhöhung 1½ Stunde von Plauen, eine ½ Stunde von Rodersdorf und ¼ Stunde von Kloschwitz.
Im Dorfe befinden sich 1 ganzer Hof, 4 Halbhöfner, 10 Viertelhöfe und 9 Häusler.
Vor der neuen Gerichtsorganisation gab es hier sehr untermengte Gerichte. Das Rittergut Kürbitz, Kloschwitz, das Amt Plauen, das frühere Stadtgericht zu Plauen, das Rittergut Kemnitz hatten Antheile.
Unter dem Rittergute Kröstau standen mit Ober- und Niedergerichten 21 Häusser, nämlich 2 halbe Höfe, 7 Herbergen, 9 Häusler, eine Schenke und das Gemeindehaus.
Das Schloss zu Kröstau ist im Jahre 1808 zum Theil nebst den Wirthschaftsgebäuden, Schäferei und Brauhause neu erbaut, und giebt dem Orte ein schönes Ansehn, überhaupt aber wie in der Abbildung zu ersehen ist, ein liebliches Bild.
Der Boden ist hier etwas lettenartig und weniger ergiebig, als zu Kloschwitz. Der Obstbau dagegen hier von Bedeutung.
Ueberhaupt wird auch in der neuern Zeit hier durch die Betriebsamkeit des Herrn Besitzers schönes vortreffliches Getreide erbaut.
In den frühesten Zeiten gehörte Kröstau dem weitverzweigten Adelgeschlechte derer von Röder, welches auch Rodersdorf, Kloschwitz und Rössnitz besass. Zu Anfang des 16ten Jahrhunderts besass das Gut Eberhardt von Röder. Von diesem Geschlecht kam es an Dietrich von Posseck im Jahre 1633, welcher Weischlitz und Rodersdorf besass. Dann acquirirte es die Familie von Reibold.
Im 18ten Jahrhundert aber wurde die Kastensche Familie damit beliehen und der jetzige Besitzer ist der frühere Gerichtsdirektor Herr Advocat Heinrich Kasten, der als Gerichtsdirector in Treuen wohnte, jetzt aber auf seinem Gute lebt, ein als Mensch und als Jurist gleich schätzenswerther Mann, welcher Humanität bei Handhabung des Rechts in seinem früheren Richteramte recht schön zu vereinigen wusste, und nie das Recht hinüber schweifen liess zum Unrecht. Kabale, Intrigue und Ehrgeiz kannte er nie. Für eine edle Sache ist er stets bereit zu kämpfen und zu aller Zeit ist er im Dienste der Unterdrückten. Eine eben so brave Hausfrau steht ihm zur Seite, eine geborne Schanz aus Oelsnitz, die Schwester des zu früh verstorbenen Bürgermeister Schanz in Dresden.
Unter einer solchen Familie können sich Untergebene nur wohl befinden, nur wohl fühlen.
[102] Eine halbe Stunde von Kröstau liegt das Deichselhaus, ein Vorwerk von dem Rittergute und in dessen Nähe der Deichselberg, von welchem man eine sehr weite und schöne Aussicht geniesst.
Eingepfarrt ist Kröstau nach dem lieblich gelegenen durch die jetzt leider eingegangene im Jahre 1818 begründete Erziehungsanstalt des Pastor Grundmann, weltbekannten Kloschwitz. Oft sah man hier auf dem Kröstauer Wege die Zöglinge des Kloschwitzer Instituts mit ihren Lehrern lustig und fröhlich, gesund an Körper und Geist, einher wandern und die schönen Puncte dieser Gegend aufsuchen.
Diese Erziehungsanstalt ist mit dem Tode des Begründers, des Herrn Pastor Grundmann seit 1850 wieder eingegangen, da keiner seiner Lehrer sich getraute, das verantwortliche Amt eines Direktors zu übernehmen. Die Wittwe des Herrn Pastor Grundmann lebt noch in Kloschwitz in einem hohen glücklichen, dem Wohlthun geweihten Alter. Viele der ärmern Anverwandten Grundmanns haben diesem würdigen Manne, diesem Jugendfreund und Jugenderzieher ihre jetzige Existenz zu verdanken.
Seinen Wahlspruch: „Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott“, hat er bis zu seinem Lebensende durch sein Wirken, durch seinen Wandel wahrhaft bethätiget. Seine Wittwe, eine geborne Haussner, deren Bruder, der jetzt in der Schweiz legende, frühere Stadtrichter Haussner zu Plauen war, stand ihrem Gatten in dem Erziehungswerke würdig zur Seite, und viele der Herren Rittergutsbesitzer Sachsens und sogar des Auslandes legten unter dieser vortrefflichen Leitung den Grund zu ihrer wissenschaftlichen Ausbildung.
Der jetzige Pastor in Kloschwitz ist Herr Pastor Viehweg aus Leipzig, welcher mit Clara Haussner aus Pirna, der Tochter des Kfm. Wilhelm Haussner in Pirna und des obgedachten Stadtrichter Haussners Bruder und der Enkelin des früheren Superintendenten Tischer in Pirna verheirathet ist. Die älteste Tochter des Letzteren aus erster Ehe, Minna Tischer war die Gattin des Kaufmann Haussner in Pirna.
Unter der Grundmannschen Familie und der Familie Kasten auf Kröstau bestand ein sehr freundnachbarliches Band. Oft sah man diese Familie mit der achtbaren Gerichtsherrschaft zu Kloschwitz hier oder in Kloschwitz vereinigt zu geselliger und heiterer Unterhaltung, oder zur Theilnahme an den Uebungen der Jugend. – Die sonstigen Nachrichten von Kröstau in Bezug des Verhältnisses zur Kloschwitzer Kirche sind sehr mangelhaft, da im Jahre 1612 das ganze Dorf Kloschwitz mit der Kirche und ihrem Archive ein Raub der Flammen wurde, wodurch auch viele andere interessante auf das Rittergut Kröstau Bezug habende Actenstücke mit untergegangen sind.
Das Aeussere und Innere der Kloschwitzer Kirche gewährt jetzt einen freundlichen Anblick.
Die Pfarrwohnung ist durch das oben erwähnte Institut in den Jahren 1831, 1838 und 1841 sehr erweitert worden, so dass nur noch der kleinere Theil des ursprünglichen Gebäudes stehen geblieben ist. Collator über Kirche und Schule ist der jedesmalige Besitzer von Kloschwitz.
Nahe bei Kloschwitz liegt ein kleiner Berg, die Weinleite genannt, welcher zu der Pfarre gehört, in dem Jahre 1839 mit Laubholz und Obstbäumen bepflanzt wurde und ein Uebungsplatz für die Zöglinge war. Im Jahre 1840 wurde ein Haus mit einem kleinen Thurme darauf erbaut.
Von dem Berge selbst hat man eine schöne Aussicht in die nahe liegenden Thäler.
Oben auf dem Kröstauer Fahrwege, welcher nach Rodersdorf, Thossen und Reuth führt, erblickt man diese herrliche Anlage gegenüberliegend.
Kröstau mit seinen 26 bewohnten Gebäuden, mit seinen 29 Familienhaushaltungen und 160 Einwohnern, gehört jetzt zum Gerichtsamte und zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirke Zwickau.
Die Bewohner von Kröstau leben von Ackerbau und Viehzucht.