Aachener Stadtrechnungen aus dem XIV. Jahrhundert/Zoelle des Landfriedensbundes
Im Jahre 1375 wird von Neuem der Bund auf 4 Jahre geschlossen zwischen dem Erzbischof Friedrich von Köln, dem Herzog von Brabant und den Städten Köln und Aachen. Weil aber die Verbündeten die Erfahrung gemacht hatten, daß der Bund vielfach hinter seiner Aufgabe zurückgeblieben und zuletzt ganz unwirksam geworden sei und zwar bloß aus Mangel an Mitteln, um die unvermeidlichen Unkosten zu decken, so beschlossen sie in demselben Jahre, für die Dauer des Bündnisses und nicht länger, in ihren Ländern Zölle einzuführen. Es ist von Interesse, diese Zölleeinrichtung nach Urkunde näher kennen zu lernen, nicht bloß, weil der Ertrag in den späteren Rechnungen unter den Einnahmen figurirt, sondern auch, weil sie uns einen Blick in die damaligen Handelsverhältnisse unserer Gegenden gewährt. (S. Beil. Nr. V.)
Die Zölle wurden erhoben zu „Kuninxtorp“ (Königsdorf) und auf andern Straßen in dem Kölner Erzstifte, die zwischen Maas und Rhein hin- und herführten; – zu Berchheim und Birkesdorf und auf andern Straßen, in dem Lande von Jülich, „die tusschen Mase ind Ryn uyss und in geent;“ – „zu Royde ind zu der Wyden,“ (zu Herzogenrath und im Weiden) und auf andern Straßen des Landes von Brabant zwischen Maas und Rhein, jedoch in eines jeden Herrn Land nur an einer Stelle und zwar nach folgendem Maßstabe. Von jedem Pferde das am Wagen oder Karren Kaufmannsgut führt, als: Wein, Waid, Wolle, Häringe, Bückinge und andere Fische, Garn, Flachs, Leinwant, „Roede“ (rothe Farbe), Alaun, Salz, Schmalz, Schmier, Butter, Früchte z.B. Feigen, Rosinen, Mandeln, dann Wachs, Zinn, Blei, Kreide, [52] („Knyte“) „und ander groff gůyt van gewichte,“ (und anderes Schweres Gut), das man mit dem Centner verkauft, – also von jedem solchen Pferde soll man nehmen zwei Weißpfennige[1]), deren jeder zwei Schilling courant gilt, „tzwene wiisse pennynge ychlichen van tzwen schillinge as nu genge und geve sint.“ (Nach unserm Gelde ungefähr 91/2 Sgr.)
Von jedem Pferde, „dat an Wagen off an karren geit, die ander durbar couffmansguyt vurent,“ an Wagen oder Karren, die anderes kostbares Kaufmannsgut führen, als: Specereien, „Bunt-Werk“ (Pelzwerk), Seide, „Zendail“ (Zindel, Halbseide), Gewand, Wollen-, Seiden- oder Goldtuch oder anderes dergleichen, werden drei Weißpfennige erhoben. Jedes „couffpert“, Pferd, das zum Verkauf gebracht wird, angespannt oder los, zahlt 3 Weißpfennige. Pferde an leeren „Getzouwen“ (Gefähren) sind frei, ebenso diejenigen, die Körnerfrüchte, als: Weizen, Roggen, Hafer u. s. w., Holz, Kohlen, Heu, Stroh und dergleichen führen. Ferner sind alle Nahrungsmittel zollfrei, die einer zu seinem eigenen Bedarf, nicht zum Handel, transportirt. – Den Geschworenen des Landfriedens wird aufgetragen die Zollstellen „mit guden, beschedenen luyden“ d. h. mit rechtschaffenen Leuten, die Bescheid wissen, zu besetzen, die ihnen schwören, alle Gefälle in die dazu bestimmten Kasten zu werfen, welche die Geschworenen verschließen und alle 3 Monate leeren mußten.
Die ganze Einnahme wurde in vier Theile getheilt; entsprechend dem Kontingent eines Jeden erhielt davon der Erzbischof und die beiden Herzoge jeder 1 Viertel, das letzte Viertel aber theilten die beiden Städte. Das vertheilte Geld durfte zu nichts anderm als zum Nutzen und Vortheil des Landfriedensbundes verwandt werden. Damit aber der Kaufmann sich über diesen Zoll nicht entsetze „sich des vůrschreven tolles nyt en ververe ind den die liever geve“, und ihn desto lieber gebe, so geloben die Herren und die Städte, wenn einem Kaufmanne, der einen der Zölle entrichtet, sein Gut geraubt werden sollte, ihm dasselbe aus den Zolleinnahmen und falls diese nicht reichen, aus ihrem eigenen Vermögen zu ersetzen, wozu jeder Verbündete nach Maßgabe seines Antheils beizutragen [53] habe. Nach Ablauf der vier Jahre des Bündnisses sollte kein Zoll mehr erhoben werden, es sei denn, daß der Bund erneuert werde, dann sollten auch die Zölle für die Zeit der Verlängerung bestehen bleiben. Wenn ein Fuhrmann, um den Zoll zu umgehen, nicht die rechte Straße fuhr und Nebenwege einschlug, so hatte er „Leib und Gut“ verwirkt, die Ladung aber verblieb dem Eigenthümer; was in dieser Weise den Fuhrleuten abgenommen wurde, floß in die gemeinschaftliche Bundeskasse und kam dem Landfrieden zu gut.
Damit das Bündniß, welches um Ostern 1379 ablief, keine Unterbrechung erleide, treten dieselben Verbündeten mit Hinzuziehung der Herzogin Johanna von Brabant schon um Aller Heiligen des J. 1378 auf Geheiß des Kaisers Karls IV. abermals zu einem fünfjährigen Bunde ganz unter denselben Bedingungen zusammen. Noch vor Ablauf desselben wird im J. 1383 am 9. April eine Verlängerung in derselben Weise auf 3 Jahre beschlossen.
Weitere Urkunden über Erneuerung des Landfriedens besitzt unser Archiv nicht; wir haben auch diesen Gegenstand für unsern Zweck nicht weiter zu verfolgen, da die Belagerungen der Schlösser Dick und Reiferscheid innerhalb der besprochenen Frist vor sich gehen.
- ↑ Im J. 1375 war 1 Guld. = 20 Weißpfenningen = 31/3 Mark oder 40 Schillinge, womit die obige Angabe der Urkunde genau übereinstimmt. cf. Ropp I. 153 und Meyer S. 873.