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ADB:Siebold, Adam Elias von

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Artikel „Siebold, Adam Elias von“ von Franz von Winckel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 183–184, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Siebold,_Adam_Elias_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:35 Uhr UTC)
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Siebold: Adam Elias v. S., der jüngste Sohn Karl Kaspar v. Siebold’s (S. 186), wurde am 5. März 1775 in Würzburg geboren. Während die drei älteren Brüder Philosophie, Naturwissenschaften und Medicin studirten, wurde A. E. v. S. zum Kaufmannsstande bestimmt und trat in ein Augsburger Geschäft ein, aber nur für wenige Monate; dann begann auch er Medicin zu studiren und zwar zuerst in Würzburg, später in Jena und Göttingen und schließlich wieder in Würzburg, wo er 1798 den Doctortitel erhielt. Frühzeitig hatte er eine besondere Liebe zur Geburtshülfe gefaßt, in welcher schließlich Stark in Jena, F. B. Osiander in Göttingen und später, als er schon Professor extraordinarius war, Johann Lukas Boër in Wien seine Lehrer wurden. Seit 1798 in Würzburg habilitirt und seit 1799 Extraordinarius, hatte er 1804 den Bau der neuen und ersten Gebäranstalt daselbst zu leiten, und zum Ordinarius ernannt, eröffnete er dieselbe 1805 mit einer Rede „Ueber Zwecke und Organisation der Klinik in einer Entbindungsanstalt“. 1804 hatte A. E. v. S. bereits die „Lucina“, eine Zeitschrift zur Vervollkommnung der Entbindungskunst gegründet; während dieser Titel den Gedanken nahe legen konnte, daß er in die Fußtapfen F. B. Osiander’s getreten sei und das Entbinden, nicht die Beobachtung der natürlichen Hergänge als Hauptaufgabe des Arztes und Lehrers betrachte, hat er das erste Heft der Zeitschrift grade seinem Lehrer Johann Lukas Boër, wegen dessen Verdiensten um die „Entbindungskunst“ gewidmet. So nahm v. S. einen vermittelnden Standpunkt zwischen Osiander’s Polypragmasie und Boër’s expectativem Standpunkt ein, wie sich auch in seinem Aufsatze „Ideen zur Beschränkung der Instrumentalhülfe bei schweren Geburten“ zeigt, in welchem er auf die richtige Lagerung der Parturiens, speciell die Seitenlagerung zur Beförderung des Geburtsmechanismus hinweist (Lucina II, 2, 1, 1805). In dieser Zeitschrift besprach er auch schon frühzeitig Frauenkrankheiten (Bd. III, 372), z. B. den Vorfall der Scheide und Gebärmutter, die Inversion derselben (IV, 55) u. A. In einer Anmerkung zu dem Verzeichniß der Vorlesungen über Medicin, Chirurgie und Entbindungskunde an der Universität Würzburg für das Wintersemester 1806–7 sagte er, daß man im Auslande das Gerücht ausgestreut habe, daß unter dem Kurfürsten Ferdinand[WS 1] die Würzburger Universität eingehen werde; der Kurfürst sei aber der Universität sehr gnädig gesinnt und dieselbe habe auch noch 420 Studenten, darunter gegen 100 Mediciner. Speciell aber habe die medicinische Facultät die vortrefflichsten Anstalten und in der Entbindungsanstalt habe er eine Privatsammlung von Becken, Präparaten, Instrumenten, Zeichnungen und Stichen und eine hinlängliche Menge von Schwangern und Gebärenden. Mit großem Eifer wirkte v. S. als Lehrer und das Aufblühen der medicinischen Facultät ist ihm zum großen Theil zu danken. 1816 wurde er nach Berlin berufen und eröffnete daselbst 1817 die neue Universitätsfrauenklinik, mit welcher er eine Poliklinik für kranke Frauen und eine geburtshülfliche Poliklinik verband.

Bereits 1803 hatte v. S. ein „Lehrbuch der theoretisch-praktischen [184] Entbindungskunde“ geschrieben, dessen zweiter Band 1804 erschien und welches bis 1824 verschiedene Auflagen erlebte; von seinen größeren Schriften sind ferner zu nennen: „Annalen der klinischen Schule an der Entbindungsanstalt zu Würzburg“, 1806; „Lehrbuch der Hebammenkunst“ 1808; „Handbuch der Frauenzimmerkrankheiten“, 2 Bände, 1821–26. Seine Lucina wurde 1813 zum „Journal für Geburtshilfe, Frauenzimmer- und Kinderkrankheiten“ erweitert. v. S. starb, nur 53 Jahre alt, am 12. Juli 1828 an einem (?) carcinomatösen Magenleiden mit Magenblutungen. Er hinterließ zwei Söhne und vier Töchter. Universität und Stadt betrauerten seinen Tod in hohem Maaße.

Lucina, Bd. I–IX. – Neuer Nekrolog der Deutschen, Jahrg. VI, 1828, I, 572. – Ed. C. J. v. S., Versuch einer Geschichte der Geburtshilfe, Berlin 1845. II, 630, und Geburtshülfliche Briefe. 1862, S. 48. – Kleinwächter[WS 2] in Gurlt-Hirsch, Biogr. Lexikon, V, 391.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ferdinand (1769–1824), Erzherzog von Österreich, Großherzog von Toscana, Kurfürst von Salzburg, Großherzog von Würzburg.
  2. Ludwig Kleinwächter (1839–1906), Professor der Geburtshilfe in Prag, dann Innsbruck.