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ADB:Seuffert, Johann Michael

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Artikel „Seuffert, Johann Michael v.“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 53–58, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seuffert,_Johann_Michael&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 10:45 Uhr UTC)
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Seuffert: Johann Michael v. S., würzburgischer, später bairischer Staatsmann, geboren am 5. Januar 1765 zu Würzburg. † am 9. Mai 1829 ebendaselbst. S. war der Sohn eines Rittmeisters im Dragonerregiment des fränkischen Kreises, der infolge tapferer Thaten im siebenjährigen Kriege vom gemeinen Reiter zu jener Stellung, welche im allgemeinen nur Mitglieder des fränkischen Adels erlangen konnten, aufgerückt war. Nachdem der junge S. die St. Peters-Schule, Gymnasium und Hochschule seiner Vaterstadt besucht hatte, wurde er 1786 zum Licentiaten beider Rechte promovirt. Unter den Streitsätzen, welche er bei dieser Gelegenheit vertheidigte, befand sich u. a. die Behauptung, jedem Volke stehe das Recht zu, aus durchaus gerechten und klar zu Tage liegenden Gründen, z. B. wegen offener Verletzung der Grundgesetze, den Fürsten der Majestätsrechte zu entkleiden und ihm den sonst schuldigen Gehorsam zu künden. Der jugendliche Anwalt des jus revolutionis wurde dem Landesherrn denuncirt, aber der milde und aufgeklärte Franz Ludwig v. Erthal verhängte nicht bloß keine Strafe über ihn, sondern nahm aus dessen Händen die Inauguralabhandlung sammt den vielbesprochenen Streitsätzen freundlich entgegen und gewährte ihm die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien auf der Hochschule zu Göttingen. (Der Vorgang wird in den Denkwürdigkeiten Seuffert’s nicht erwähnt, aber sein Sohn Joh. Adam (s. S. 58) erzählt davon in dem unten angeführten Aufsatze.) In Göttingen hörte S. Vorlesungen bei Pütter, J. G. Böhmer, Heyne, Gatterer, [54] Schlözer, Spittler u. A.; kurze Zeit übte er sich auch in praktischen Geschäften am Reichskammergericht zu Wetzlar. Seiner allgemeinen Bildung kam eine Anstellung als Hofmeister der Söhne des Grafen v. Schönborn zu Statten, denn auf Schloß Pommersfelden befand sich eine treffliche Bibliothek und eine berühmte Bildergallerie. In diese Zeit fällt die Abhandlung „Von dem Rechte des peinlich Angeklagten, seinen Richter auszuschließen“ (Nürnberg 1787). Nach Würzburg zurückgekehrt wurde er 1788 zum Repetitor der Hofedelknaben ernannt; bald darauf wurde er aber als außerordentlicher Professor an die Hochschule berufen, wo er über juridische Encyclopädie und deutsches Privatrecht Vorlesungen hielt. Sowohl die 1790 erschienene „Geschichte des deutschen Adels in den Hohen Erz- und Domcapiteln“, worin die ausschließliche Ueberlassung der geistlichen Pfründen an Mitglieder des Adels lebhaft bekämpft wird, als eine die Territorialität der Jagdfrohnen angreifende Schrift „Operae venatoriae ad territoriales quatenus referendae sint?“ (Würzburg 1790) erregten ob ihrer freimüthigen Sprache Aufsehen, aber trotzdem oder gerade deshalb wurde er 1790 ins geheime Cabinet des Fürstbischofs berufen und 1792 unter Beibehaltung seiner Professur zum wirklichen Hofrat und geheimen Referendär ernannt. Wenn auch die Geschichte über das Regiment des Krummstabs in Deutschland im allgemeinen kein günstiges Urtheil gestattet, so gab es doch gerade unmittelbar vor Aufhebung der geistlichen Staaten nicht wenige feingebildete, volksfreundliche Fürstbischöfe, die den Regentenberuf in würdigster Weise auffaßten; zu ihnen zählt vor Allen Franz Ludwig v. Erthal, dessen Pflichteifer in Seuffert’s Denkwürdigkeiten mit höchstem Lobe bedacht wird. Hinwieder schenkte der Bischof seinem Cabinetschef unbeschränktes Vertrauen und bediente sich des geistesverwandten Mitarbeiters bei allen Unternehmungen, wodurch er insbesondere im Unterrichts- und Erziehungswesen gesunden Fortschritt zu fördern trachtete. Für die auswärtige Politik mußte natürlich in erster Reihe die Rücksicht auf Erhaltung der Selbständigkeit des Fürstenthums maßgebend sein. Franz Ludwig war ein Gegner jeder Einmischung in die inneren Verhältnisse Frankreichs und duldete keine Emigranten an seinem Hofe; als aber einmal der Reichskrieg an Frankreich erklärt war, kam er allen reichsständischen Verbindlichkeiten getreulich nach. Daß bei Ausgang des Krieges das Deutsche Reich und insbesondere die geistlichen Reichsfürsten die Zeche würden bezahlen müssen, sagte der Fürstbischof seinem vertrauten Diener schon bei der ersten unglücklichen Wendung des Krieges voraus. „Wir werden das Stück Tuch abgeben, aus welchem man für Freund und Feind Entschädigungen zurechtschneiden wird“. Der Fürst behielt Recht, doch traf das Loos der Entthronung nicht mehr ihn, sondern seine Nachfolger Christoph Franz v. Buseck und dessen Coadjutor Georg Karl v. Fechenbach. Als am unglücklichen Ausgang des Krieges für Deutschland nicht mehr zu zweifeln war, tauchten in verschiedenen Flugschriften schwere Anklagen gegen die geistlichen Staaten auf, offenbar zu dem Zweck, die öffentliche Meinung zu Gunsten einer Entschädigung der weltlichen Fürsten für den Säcularisationsgedanken zu gewinnen. Doch auch zu Gunsten der geistlichen Staaten wurde Stimmung zu machen gesucht, und von den in diesem Sinne thätigen Schriftstellern war S. wohl einer der eifrigsten und beredtesten. Eine Philippika gegen den Prälatenstand: „Unser Reich ist nicht von dieser Welt!“ bekämpfte er durch die Schrift: „Der jämmerliche Prediger mit dem Vorspruch: Unser Reich etc., oder noch Etwas über Säcularisirungen, besonders nach Grundsätzen der Kantischen Philosophie“ (Regensburg 1798). Darin wird die Unrichtigkeit der dort gezogenen Schlüsse und – auf Grund der Rechtslehre Kant’s – die Ungerechtigkeit der Anschläge auf den geistlichen Stand überhaupt nachzuweisen versucht. Eine zweite Flugschrift „Ueber die Aufstellung größerer Staatenmassen in Teutschland statt der vielen kleineren“ [55] (Leipzig 1799) beantwortet die Frage, ob eine solche Neugliederung zeitgemäß und nützlich sei, in negativem Sinne; gerade die Großmächte, namentlich Oesterreich, hätten ein Interesse an Erhaltung der kleinen, zumal der geistlichen Stände, denn sobald es außer Oesterreich und Preußen nur noch Mittelstaaten gäbe, würde unzweifelhaft die Triasidee auftauchen. Und wieder wird der Warnungsruf erhoben: Kein einziger Fürst wird künftig sicher auf dem Throne sitzen, wenn sich die weltlichen Machthaber so himmelschreiende Gewaltthat gegen die geistlichen erlauben werden. Zwar gab damals noch Preußen, dessen Annectirungsgelüste in Franken am meisten gefürchtet wurden, die bündigste Versicherung, die Integrität der geistlichen Nachbarstaaten allzeit getreulich respectiren zu wollen, doch ließ sich voraussehen, daß das Versprechen nur so lange in Kraft bleiben würde, bis der gelegenste Zeitpunkt gekommen wäre, den von Hardenberg vorgezeichneten Weg einzuschlagen. S. leitete in dieser kritischen Zeit klug und kräftig sämmtliche Geschäfte, die sonst den Wirkungskreis mehrerer Ministerien auszufüllen pflegten. Welch maßgebender Einfluß ihm eingeräumt war, erhellt am besten aus der Schrift eines Gegners, welche 1803 nach vollzogener Einverleibung Würzburgs in Baiern erschien: „Kurzer und treuer Abriß der seither geführten Staatsverwaltung im Hochstifte Wützburg“. Darin wird der letzte Fürstbischof mit Vorwürfen überhäuft, weil er die Regierung ganz und gar seinem Vertrauten S., dem „ersten und letzten Director der Staatsmaschine“, überlassen habe. S. habe sich durch wirklich hervorragende Talente und Kenntnisse, sowie durch die Geschicklichkeit, seine Gaben zu rechter Zeit geltend zu machen, in kurzer Zeit eine so hohe Stellung erworben, dann aber habe er sein Glück durch Hochmuth, Eigendünkel und Nepotismus mißbraucht und dadurch nicht wenig zum Sturz des geistlichen Regiments beigetragen. In Bezug auf die innere Verwaltung müsse unterschieden werden zwischen der Haltung, welche S. unter dem aufgeklärten Franz Ludwig einnahm, und der aufrichtigeren, welche er sich unter Georg Karl erlauben durfte. In jener ersten Periode habe er die Schrift „Vom Verhältniß des Staats und der Diener des Staats gegen einander im rechtlichen und politischen Verstand“ verfaßt. ein förmliches Programm freisinniger Grundsätze, welche in dem Satze gipfeln: „Les fonctions publiques ne peuvent être considerées comme des distinctions, ni des recompenses, mais comme des devoirs publics“; in der späteren Periode aber habe er all die schönen Worte aus früheren Tagen zu Schanden gemacht. An der Vernachlässigung der Rechtspflege und Polizei, am Rückgang der Bildungsanstalten trage in erster Reihe S. die Schuld. Um jedoch diese Anklagen gerecht zu würdigen, ist die Tendenz der anonym erschienenen Schrift im Auge zu behalten: es handelt sich für den oder die Verfasser darum, möglichst drastisch den Nachweis zu liefern, daß die geistlichen Staaten im allgemeinen und das Fürstbisthum Würzburg im besondern nichts Andres mehr verdient hätten, als mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu werden. Auch lassen sich die meisten gegen S. gerichteten Vorwürfe mit Hülfe der Belege seiner amtlichen Thätigkeit widerlegen. Namentlich die umfangreiche Correspondenz des Fürstbischofs mit S. zeigt, welch liebenswürdiges Verhältniß zwischen dem Fürsten und seinem ersten Diener bestand. S. war auch nichts weniger als lässig im Kampfe für die Selbständigkeit seines engeren Vaterlandes, aber es war von vorn herein ein hoffnungsloses Fechten. Als im Friedensvertrag von Luneville im allgemeinen das Princip aufgestellt wurde, daß diejenigen weltlichen Fürsten, welche an Frankreich linksrheinisches Gebiet abzutreten hatten, durch geistliches Gut entschädigt werden sollten, ließ S. eine neue Flugschrift erscheinen: „Versuch einer doctrinellen Auslegung des siebenten Friedensartikels von Luneville“ (Germanien 1801). Er suchte darin hauptsächlich nachzuweisen, daß sich auf Besitzungen, welche schon seit dem [56] Münster’schen Frieden unter französischer Hoheit standen, der Ausdruck: „qui faissaient partie de l’empire germanique“ gar nicht beziehen lasse, daß mithin nur für geringfügige wirkliche Verluste Entschädigung zu leisten und diese auch ohne Vernichtung aller geistlichen Staaten zu regeln sei. Als darauf neue Angriffe auf die geistlichen Staaten erfolgten, erwiderte S. in den Flugschriften: „Der siebente Artikel des Friedens von Luneville bedarf allerdings einer Auslegung“ und „Rechtfertigung des Versuchs einer doctrinellen Auslegung des siebenten Friedensartikels“ (Germanien 1801). Die geistlichen Staaten seien fast durchaus mittels vollgiltiger und oneröser Rechtstitel erworben, und auch die Dynasten der Häuser Habsburg und Zollern seien nicht anders als die Bischöfe aus Güterbesitzern oder kaiserlichen Beamten zu Reichsständen geworden. Die Vereinigung der höchsten geistlichen und weltlichen Gewalt in einer Person sei so wenig unnatürlich oder zweckwidrig, daß sie im Gegentheil dazu beitrage, das Regiment der geistlichen Staaten zu einem wahrhaft väterlichen zu machen. Auch als trotz aller Vorstellungen und Verwahrungen immer deutlicher zu Tage trat, daß die Säcularisirung im Princip nicht mehr abzuwenden sei, gab S. den Kampf noch nicht auf, sondern suchte nun wenigstens das Fürstbisthum Würzburg zu retten. Zuerst ging er nach Paris, um sich der mächtigsten Freunde zu versichern, aber trotz des Aufwands großer Summen für „Convenienzen und Geschenke“ – der oben angeführte „Kurze und treue Abriß“ beklagt die Verschwendung von zwei Millionen – war ausreichende Hülfe nicht zu erlangen. Nun entsandte der Bischof (Dec. 1801) seinen Vertrauten nach Wien, um des Kaisers Gunst und des Erzherzogs Karl Fürbitte zu erwirken. Auch die Bischöfe von Constanz, Regensburg u. A. standen mit S. in regem Briefwechsel; es war in Aussicht genommen, ihn bei der künftigen Friedensdeputation als gemeinsamen Vertreter des geistlichen Standes aufzustellen. S. konnte sich jedoch von vorn herein die Trostlosigkeit der Lage nicht verhehlen. „Sie wissen“, schrieb er bald nach seiner Ankunft in Wien, am 3. Januar 1802, an seinen Herrn, „daß es meine Gewohnheit nicht sei, in Dingen, welche zwei Seiten haben, die schwärzeste hervorzuheben. Ich gebe vielmehr nicht leicht etwas verloren. Allein das Entschädigungsweesen und das Schicksal der geistlichen Staaten scheint dermal in der bedenklichsten Lage zu seyn“. Umsonst wies S. bei den Verhandlungen in Wien darauf hin, daß Würzburg zu den bevölkertsten und reichsten Territorien des Reichs zähle, – beziehe doch der Bischof von Würzburg ein Jahreseinkommen von 1,500,000 Gulden, während Mainz, dessen Erhaltung als eine Nothwendigkeit hingestellt werde, nur 1,300,000 abwerfe! Was halfen alle beruhigenden Versicherungen der kaiserlichen Minister und des treuesten Gönners der geistlichen Staaten, des Erzherzogs Karl! Die von Preußen, Frankreich und Rußland geschlossene Convention vom 4. Juni 1802 „schlug dem Faß den Boden aus“. Nun sollte noch ein letzter Rettungsversuch gemacht werden: S. ging im August 1802 nach Regensburg, wo die außerordentliche Reichsdeputation zur Regelung der Entschädigungsfrage tagte. Er setzte noch immer einige Hoffnung auf Oesterreich, auf ein Veto des deutschen Kaisers. Allein noch am Tage seiner Ankunft kam die Nachricht, daß die Hauptstadt des Fürstbischofs von Passau von Oesterreichern besetzt worden sei; daraus war nur der traurige Schluß zu ziehen, daß „nunmehr auch andren Entschädigungslustigen die Erlaubniß zum Zugreifen ertheilt worden sei“. S. verhandelte täglich mit Görz, Albini, Rechberg und andren Diplomaten; die Berichte darüber sind eine lehrreiche Quelle zur Geschichte des Säcularisationswerkes. Schon am 6. September mußte er seinen Landesherrn über die Hoffnungslosigkeit seiner Bemühungen aufklären; die Einziehung der geistlichen Fürstenthümer sei – dies werde ihm von allen Seiten versichert – durch Nichts mehr aufzuhalten; die Vertreter der aufgegebenen Staaten [57] könnten nur noch darauf ihr Augenmerk richten, daß für den Unterhalt der Fürsten und der Domcapitel zur Genüge gesorgt werde. Auf jeden Bericht Seuffert’s antwortete der Bischof persönlich, wobei er fast niemals unterließ, ein Wort des Dankes für die trefflichen Dienste seines Anwalts einzuflechten. „Ich kann ihnen nicht genugsam ausdrücken“, schreibt Georg Karl am 9. Sept. 1802, „wie dankbar ich ihnen bin vor alle die anhänglichkeit, welche sie mir bezeugen. Wann Freundschaft in der Welt schon Entschädigung für alles Unglück ist, wie viel und in welchem Höhengrad muß es erst pei eines Mannes von so entschiedenem werth seyn, als sie, lieber Freund, es sind“. „Was ich bekomme“, schreibt der Bischof am 19. October, „wenn es noch so wenig oder noch so viel ist, werde ich ihrer Klugheit und Geschicklichkeit verdanken“. Am 22. October: „Morgen wird also unsere Zernichtung unwiderruflich entschieden werden. Das Land kostet mir Thränen; über mein persönliches Schicksal werde ich, Dank sei es ihren Bemühungen, nicht zu klagen haben, und nach bezahlten meinen Schulden als ehrlicher Mann sterben können, der sich über sein Regentenleben wenigstens keine Vorwürfe machen muß.“ Nachdem der Congreß die Ueberlassung des Würzburger Landes an Pfalz-Baiern verfügt hatte, ging S. im Auftrag seines Herrn nach München, um mit dem Kurfürsten und dem Ministerium wegen der Uebernahme der fürstlichen Beamten und Diener zu unterhandeln. Montgelas vermied jede Anspielung auf die jüngsten Vorgänge. Um so offenere Sprache führte der Kurfürst. Er könne an das Schicksal des Bischofs nicht denken, versicherte er, ohne zu Thränen gerührt zu werden. Er wolle alles thun, um den neuen Unterthanen den Regierungsübergang so erträglich wie möglich zu machen und die Liebe der Würzburger zu gewinnen; er werde ihnen den Montgelas ganz allein überlassen, – das sei ein ausgezeichneter Kopf und sein bester Freund! – sonst sollte in den ersten drei Jahren in der Administration keine Aenderung eintreten. Er selbst, der Kurfürst, freue sich kindisch darauf, nach Würzburg zu kommen! Auch an der Kurfürstin würden die Würzburger eine gute Landesmutter bekommen; auf den ersten Blick erscheine sie vielleicht kalt und stolz, aber die Würzburger würden sie bald lieben lernen. Wenn seine bairischen Landstände – damit schloß die Unterredung mit S. in Schloß Nymphenburg – fortfahren sollten, ihm so viel Sorgen und Verdruß zu bereiten, so könnte es wohl einmal geschehen, daß er seine Residenz ganz und gar nach Würzburg verlegte. Nach erfolgter Einverleibung des säcularisirten Fürstenthums wurde S. zunächst zum Mitglied der Hofcommission zur Neuordnung der Behörden, nach Beendigung dieser Arbeiten zum Präsidenten des Hofgerichts ernannt. Als bald darauf Würzburg in Erzherzog Ferdinand einen eigenen Großherzog erhielt, schenkte auch dieser dem erprobten Beamten sein volles Vertrauen. S. wurde durch Decret vom 25. December 1806 zum Staatsrath erhoben, so daß er wieder wie in der fürstbischöflichen Zeit, an der Spitze von Justiz und Verwaltung stand. Aus unbekannten Gründen verlor er jedoch die Gunst des Großherzogs; die Ernennung zum Hofcommissär (1810) war keine Beförderung, sondern eine Kaltstellung. S. ließ diese Zurücksetzung, wie Behr versichert, mit männlicher Würde ohne Klage über sich ergehen. Als 1814 die bairische Regierung zurückkehrte, wurde S. als Hofgerichtspräsident reactivirt, 1817 an die Spitze des Appellationsgerichts für den Untermainkreis gestellt, – ließen ihn doch persönliche Würde, Scharfblick, Geistesgegenwart bei Beurtheilung schwieriger Fragen, Festigkeit in Handhabung von Ordnung und Gerechtigkeit als „gebornen Präsidenten“ erscheinen. Der Achtung, die er in weitesten Kreisen genoß, dankte er die Wahl zum zweiten Präsidenten des Landtags. 1820 wurde er zum wirklichen Staatsrath in außerordentlichen Diensten ernannt. Die Vaterstadt ehrte ihn durch Wahl ins Collegium [58] der Gemeindebevollmächtigten. In allen diesen Stellungen behauptete er den Ruf eines unparteilichen Rechts- und selbstlosen Menschenfreundes.

Kurzer und treuer Abriß der seither geführten Staatsverwaltung im Hochstift Würzburg (1803). Vgl. über diese selten gewordene Schrift Ruland im Serapeum, Zeitschrift für Bibliothekswissenschaft, Jahrgg. 1867, S. 252. (Ruland spricht die Vermuthung aus, an dem Buche hätten mehrere junge Männer gearbeitet; auch der junge W. Behr (s. A. D. B. II, 286) sei als Verfasser genannt worden. Dagegen läßt sich jedoch erinnern, daß gerade W. Behr nach dem Tode J. M. Seuffert’s in einer Trauerrede (s. Beilage zum bayerischen Volksblatt, Jahrgg. 1829, Nr. 18) den Vorzügen und insbesondere der amtlichen Thätigkeit des Verschiedenen in den letzten Jahren des geistlichen Regiments begeistertes Lob spendete.) – Mnemosyne, Beiblatt zur Neuen Würzburger Zeitung, Jahrgg. 1843, Nr. 1–7, 29, 132 ff.: Bruchstück einer Selbstbiographie des am 9. Mai 1829 verstorbenen k. Staatsraths und Appellationsgerichtspräsidenten Johann Michael v. S., niedergeschrieben um das Jahr 1812. – Aus dem Leben Joh. Mich. v. Seuffert’s (von seinem Sohne Joh. Adam) in der Beilage zur Augsb. Allgem. Zeitg. vom 12. Febr. 1851. – Acten und Familienpapiere im Besitze des Enkels, Professor E. A. Seuffert in München.