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ADB:Schorn, Karl

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Artikel „Schorn, Karl“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 382–384, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schorn,_Karl&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:54 Uhr UTC)
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Schorn: Karl S., Historienmaler, geb. am 16. October 1803 zu Düsseldorf, war, nachdem er das Gymnasium besucht hatte, zum Architekten bestimmt und trat auch deshalb in die unter Professor Schaeffer stehende Schule, doch zeichnete S. damals schon im Wetteifer mit seinem jugendlichen Freunde Monten, welcher sich der Jurisprudenz zuwenden sollte, Schlachten, Kriegsscenen und viele der deutschen Mythologie entnommene Stoffe. Obwohl von Cornelius mit anerkennenden und belobenden Aussprüchen angefeuert und in dem Kreise der vielen um den Meister versammelten Schüler stets neu begeistert, fand S., welcher sich in der Oelmalerei ausbilden wollte, in Düsseldorf nicht die gewünschte Führung und wendete sich deshalb 1824 nach Paris zu Gros und Ingres, wo er die Technik in einer Weise erlernte, welche ihm später sehr zu statten kam. Er lieferte mehrere Copien nach Rafael, malte einige kleinere Bilder nach eigenen Entwürfen und kam mit diesen und vielen Naturstudien, übrigens immer noch unbefriedigt, suchend und tastend 1827 nach München. Hier wurden ihm einige allegorische Figuren übertragen, welche S. über den Bogenpfeilern der Arkaden mit feinem Gefühl für Farbe und Form ausführte, ebenso zeichnete er unter Heinrich Heß mehrere große, sorgfältig aquarellirte Cartons für die großen Fensterbilder des Regensburger Domes, welche durch Sigmund Frank auf Glas gemalt wurden. Auch glückten ihm einige Genrebilder. Dann wendete sich S. 1832 nach Berlin, trat in das von vielen Schülern besuchte Atelier des gefeierten Professor Wilhelm Wach und malte mehrere Genrebilder: „Franz I. und Diana von Poitiers“, „Salvator Rosa unter den Räubern“ wie er den Hauptmann derselben porträtirt, eine „Maria Stuart mit dem Sänger Riccio“, „Kaiser Karl V. in St. Just“, auch einen „Pygmalion“, „Arion“ auf dem Delphin und andere Stoffe, aber auch „Karten spielende Wallensteiner“ (lithographirt von Lange und Mittag) und „Papst Paul III., das von Cranach gemalte Luther-Bildniß betrachtend“ – beide aus der Wagener-Sammlung, heutzutage in der Nationalgalerie zu Berlin. S. erweckte damals schon große Hoffnungen und erhielt viele Anerkennung, namentlich auch mit einer „heiligen Caecilia“ (Kunstblatt 1835, S. 195), welche er öfter wiederholte; das Bild einer „Italienischen Familie“, welche vor einer Betsäule in Andacht versammelt ist, wurde 1839 von E. Rauch für den Mannheimer Kunstverein gestochen, sein „Cromwell vor der Schlacht bei Dunbar“ von C. Fischer für den Kunstverein in Königsberg 1842 auf Stein gezeichnet. Auch einige sogenannte Klosterbilder machten damals Aufsehen, z. B. die „Einkleidung eines jungen Mönches“, eine „Nonne“, welche tief bewegt ihrem entflogenen Vögelchen nachblickt, dessen leerer Bauer am Fenster hängt; dazu kamen drei in halber Figur und beinahe in Lebensgröße gemalte „Franciskaner“, welche sich im Bierkeller gütlich thun, vom Pater Guardian aber überrascht werden – ein Bild, welches in München Anstoß erregte und auf König Ludwig’s Befehl aus dem Kunstverein entfernt werden mußte, doch in der historischen Abtheilung der dritten internationalen Kunstausstellung des Jahres 1888 unbeanstandet, aber immer noch eines Käufers gewärtig, wieder auftauchte. Neben anderen Arbeiten, wie Illustrationen [383] für den „Bildersaal der preußischen Geschichte“ und den gleichfalls lithographirten lebenden Bildern zur Feier der Brandenburger Ritterschaft (1840), entwarf S. zwei Skizzen „Aus der Zeit des Bauernkriegs“ und der „Wiedertäufer zu Münster“. Dieses letztere Thema wurde von König Friedrich Wilhelm IV. zur Ausführung in einem großen Gemälde erwählt und bestellt. S. entschloß sich, nachdem er noch eine Studienreise nach Italien – der Besuch Westfalens und Münsters wäre hierzu zweckdienlicher gewesen – unternommen hatte, das Bild in München auszuführen. Da es damals noch keine großen Ateliers in dieser Stadt gab, miethete S. einen im zweiten Stockwerk gegen Norden gelegenen Saal des kgl. Odeon, woselbst auch Friedrich Dürck ein ähnliches Local für seine lebensgroßen Porträtbilder gefunden hatte. Hier inscenirte S. mit vielen Mühen und ungeheuerem Kräfteaufwand 1843–45 sein großes Werk von 9 Meter Breite und 6 Meter Höhe. In völlig akademischer Manier wählte der Maler den Moment, wo die bei der Einnahme von Münster gefangenen Wiedertäufer zum Verhör vor den Fürstbischof geführt werden. Letzterer sitzt in einem Thronsessel, umgeben von seinen Räthen, vor ihm erscheinen Johann von Leyden, Knipperdolling und die anderen Betheiligten, während die Weiber des Propheten theilweise zu den Füßen des Thrones sich niedergeworfen haben; zahlreiche Zeugen und Zuschauer füllen den Hintergrund, unter denen sich auch ein häßliches Gezwerge als Hofnarr bemerklich macht. Um historische Treue kümmerte sich S. ebensowenig, wie der Dichter Hamerling bei seinem „König von Sion“; statt die von Aldegrever mit höchster Wahrheit gezeichneten Porträts der Hauptfiguren zu benützen, construirte S. ideale Gesichter für seine Gestalten, welche nur, ebenso wie auf den antinationalen Hussitenbildern Lessing’s, Helden und Märtyrer darstellen sollten. Gemalt waren sie freilich in der neuen Manier von Gallait und Biefve, in jener die Beschauer damals bestrickenden Bravour des alles bestehende Herkommen gründlich ausfegenden Realismus. Es gab also doppelte Anfechtungen und Tendenzstreitigkeiten; Maler und Laien zeterten hin und wieder, zertheilten sich nach Schlagwörtern und Lagern in kochender Feindschaft (vgl. Beil. 286 Allg. Ztg. 1845). Eine Vereinigung der Parteien schien nicht möglich; das Bild wurde auf seiner Rundreise in allen größeren Städten ebenso emphatisch begrüßt und bejubelt, wie kritisch zergliedert und anathematisirt. Beim ruhigen Erwägen seiner Vorzüge und Schwächen ist uns heutzutage der damalige Rummel beinahe unbegreiflich. König Ludwig aber that das Beste, um den Lärm zu beschwichtigen; er bestellte bei dem Künstler die Darstellung einer „Sündfluth“ in gleichem Umfange von Kaulbach’s „Zerstörung Jerusalems“ mit der Bestimmung, daß dasselbe auch der Neuen Pinakothek einverleibt werde. Im Februar 1847 erhielt S. die Stelle eines Akademie-Professors übertragen und 1849 das Ritterkreuz des Verdienstordens vom heiligen Michael. Leider hatte der tödtliche Keim einer Krankheit den Maler in seinem Schaffen vielfach gehemmt, S. erlag schon am 7. October 1850. Der ungeheuere Stoff zerrieb die Kräfte des Meisters, bevor er sein Werk vollendet hatte, welches nach der pietätvollen Bestimmung des königlichen Maecen als ein gewaltiges Wrack der Nachwelt überliefert werden sollte in dem unveränderten Zustande, wie der Tod dem Künstler den Pinsel aus der Hand geschlagen hatte. Professor Zimmermann, welcher die linke Seite mit der auf den Wassern herziehenden Arche noch untermalen wollte, stand glücklicherweise zeitig genug davon ab. Das colossale Fragment imponirt vollkommen und läßt auch da, wo nur flüchtige Kohlenskizzen die Idee des Künstlers andeuten, die durchweg geniale Kraft sowohl des Componisten wie des Malers erkennen. Auf einem, die unabsehbare Wasserwüste vorerst noch überragenden Berge hat sich der letzte, in zwei Theile gegliederte Menschenrest zusammengeknäuelt. Wie in der entfesselten Natur ist auch unter den Menschen die Empörung ausgebrochen. Unten zuerst [384] gegen die Götzenpriester. Mit der wahnsinnigen Wuth der Verzweiflung hält der Eine zuversichtlich beschwörend gegen die stürmenden Wasser sein ohnmächtiges Idol, welches der Nächste schon verzweifelnd mit grimmer Wuth in die Wellen schleudett, indeß der Dritte, von dem rachegierigen Volke mit dem eigenen Götzenbilde erschlagen, zusammenbricht; daneben verläßt ein Weib den hülfelosen, blinden Greis, der in Todesangst vergebens mit den Händen nach den Seinen tastet; hier taucht aus den Wellen noch eine sinkende Mutter empor, ihr einzig Kind hinaufzugeben, indeß ein Vater das angeklammerte Weib mit den eigenen Kindern im feigen Trieb der Selbsterhaltung von sich schleudert und ein Geiziger über Sterbende hinweg nach gleißenden Perlen hascht. Zunächst stehen händeringende Frauen, welche zu der in der Ferne schwebenden Arche hülfeflehend hinausrufen, daneben eine Anzahl von Dirnen, die mit ihren Verführern in starrer Verzweiflung den Tod erwarten, indeß ein Wüstling im Taumel der Lust noch ein Opfer erhascht. Oben aber, auf der letzten Spitze, ist der Kampf gegen die weltliche Macht losgebrochen, die Empörung gegen den tyrannischen Herrscher, welcher im dämonischen Zorne, daß noch ein Höherer über ihm walte, die Hände gotteslästerlich gen Himmel ballt, indeß seine alten Rathgeber und bärtigen Weisen stumm geworden und die Königin, hinter dem Gatten, auf dem hier werthlosen Schiff der Wüste reitend, ihren Schmuck und ihre Kostbarkeiten ausbietet, um die Stürmer zu besänftigen, welche für frühere Unbilden mit geschwungenem Beile unwiderstehlich hereinbrechen. – Indessen waren bei Schorn’s Tode die Gelehrten und Maler über das Bild wieder nicht einig; man vermißte die stylistische Größe in der Formgebung, hielt die Figuren und das Colorit für allzu modern. Julius Thäter berichtet an den Bildhauer Rietschel, das Bild bringe den davorstehenden Beschauer allerdings in Verlegenheit; Schwind habe „pfiffig“ ein eigentliches Urtheil vermieden und sehr bezeichnend seine Freude nur darüber ausgedrückt „daß all’ dieses Lumpengesindel ersäuft werde“ (vgl. Thäter’s Biographie 1887. II, 69). Jordan’s Urtheil, S. habe es „auf dem von ihm bevorzugten Gebiet der Geschichtsdarstellung großen Styles nur zu mäßigen Erfolgen gebracht“, ist jedenfalls zu hart. S. wird als eine sehr edle Natur geschildert, hochgebildet, geistreich und von feiner, liebenswürdiger Form im Umgang, er blieb gerecht in seinem Urtheil, neidlos und anerkannte jedes echte künstlerische Streben. Er war mit einer Schwester Karl Piloty’s verheirathet.

Vgl. Nagler 1845. XV, 515 ff. – Nekrolog in Beil. 289 Allg. Zig. 1850. – Kunstvereinsbericht für 1850, S. 49. – Neuer Nekrolog der Deutschen 28. Jahrgang 1850, Weimar 1852, S. 648 ff. (hier ist das richtige Geburtsdatum gegeben, doch enthält der Artikel sicherlich viel Unrichtiges, wie überhaupt die meisten biographischen Berichte über S. an Unzuverlässigkeit leiden). – Müller, Künstlerlexikon 1864. III, 486. – Seubert 1879. III, 266. – Jordan, Katalog der Nationalgalerie in Berlin 1880. II, 189.