Zum Inhalt springen

ADB:Schneider, Johann Gottlob (Philologe)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schneider, Johann Gottlob (Philologe)“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 125–127, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneider,_Johann_Gottlob_(Philologe)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:20 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 32 (1891), S. 125–127 (Quelle).
Johann Gottlob Theaenus Schneider bei Wikisource
Johann Gottlob Theaenus Schneider in der Wikipedia
Johann Gottlob Theaenus Schneider in Wikidata
GND-Nummer 104117672
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|32|125|127|Schneider, Johann Gottlob (Philologe)|Richard Hoche|ADB:Schneider, Johann Gottlob (Philologe)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104117672}}    

Schneider: Johann Gottlob (Theaenus) S., nach seiner Heimath „Saxo“ sich zubenennend, hervorragender Philologe des 18. und 19. Jahrhunderts, wurde in dem Dorfe Kollmen in Sachsen – zwischen Wurzen und Hubertusburg – am 18. Januar 1750 als der Sohn eines armen Maurers geboren. Schon als Kind kam er aus dem Geburtsorte fort, da ihn ein kinderloser Oheim in Elsterwerda zu sich nahm; hier erhielt er seine erste Bildung und die Vorbereitung [126] für den Eintritt in die Landesschule Pforta, deren Schüler er bis 1769 blieb. Die Anregung, die er hier erhielt, bewog ihn, in Leipzig sich ausschließlich philologischen Studien zu widmen, so dringend auch der Oheim forderte, daß er Jurist werden solle; J. J. Reiske, J. F. Fischer und vornehmlich F. W. Reiz waren die Lehrer, denen er am meisten verdankte, wenn er auch kein fleißiger Besucher ihrer Vorlesungen war. Den Kreis seiner Studien erweiterte er bald durch eingehende Beschäftigung mit den technischen und Naturwissenschaften; auch in diesen ging er, wie in der Philologie, schon früh seine eigenen Wege. Bereits 1770 veröffentlichte er: „Anmerkungen über den Anakreon“; 1771 sein „Periculum criticum in Anthologiam Constantini Cephalae“ Arbeiten, welche von dem Scharfsinn und der ungewöhnlichen Gelehrsamkeit des jugendlichen Verfassers ein glänzendes Zeugniß ablegten. Um Heyne, der damals auf der Höhe seines Ruhmes stand, kennen zu lernen, ging S. 1772 (oder 1773) nach Göttingen, fand hier auch vielfache Förderung in seinen Studien, gerieth aber, da der Oheim jede Unterstützung versagte und Gelegenheit zu Erwerb sich auch nur selten bot, in die drückendste Nothlage. Aus dieser befreite ihn 1774 das Anerbieten des berühmten Straßburger Philologen R. F. Ph. Brunck, der bei einem Besuche in Göttingen durch Heyne auf S. aufmerksam gemacht wurde, mit ihm nach dem Elsaß zu gehen und ihm bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten Hülfsarbeit zu leisten. Hier in Straßburg fand S. Muße und Mittel zur ungestörten Fortsetzung und Vollendung begonnener wissenschaftlicher Arbeiten; schon 1774 erschien sein „Versuch über Pindar’s Leben“, 1775 die Ausgabe der Plutarchischen Schrift „De educatione“ mit dem Lehrgedicht des Marcellus von Sida im Anhange, 1776 die Sammlung der Pindarischen Fragmente und die Ausgabe des Oppianus (neu bearbeitet 1813) und eine Anzahl kleinerer Arbeiten. – Das Verhältniß zu Brunck, der an Schneider’s Arbeiten, besonders an der Oppian-Ausgabe, selbst thätigen Antheil nahm, scheint auf die Dauer doch mancherlei Unbequemlichkeiten gehabt zu haben; namentlich fand S. die in dem reichen Hause des k. französischen früheren Kriegscommissars und damaligen Steuereinnehmers übliche Lebensführung mit seiner deutschen Sitteneinfalt nicht immer vereinbar. Er zögerte daher, als ihm im J. 1776 der preußische Minister v. Zedlitz eine Professur in Frankfurt a. d. O. anbot, keinen Augenblick, dem Rufe zu folgen, so schmal die ihm gebotene Besoldung auch war. Die akademische Thätigkeit befriedigte S. im allgemeinen wenig. Wie er selbst s. Z. sich den Schatz seiner Kenntnisse durch stille eigene Arbeit erworben und wenig von den Vorlesungen seiner Lehrer gehalten hatte, so legte er auch der Wirkung seiner eigenen Lehrthätigkeit nur geringen Werth bei. Weder in Frankfurt, noch in Breslau, wohin er bei der Verlegung der Universität 1811 übergesiedelt war, trat er als akademischer Lehrer hervor; auch aus der Leitung des philologischen Seminars, welche er gemeinschaftlich mit L. F. Heindorf führte, gewann er wenig Befriedigung. Er empfand es daher als eine besonders glückliche Fügung, daß ihm 1814 nach G. G. Bredow’s Tode die Verwaltung der königlichen und Universitätsbibliothek übertragen wurde und er nunmehr Vorlesungen nicht mehr zu halten brauchte. In stiller Zurückgezogenheit – „antiqua et Catoniana vitae ratione“ – konnte er von da an ganz seinen Studien leben; er starb in Breslau am 12. Januar 1822.

Unter den wissenschaftlichen Arbeiten aus Schneider’s akademischen Jahren ist in erster Linie sein kritisches griechisches Wörterbuch zu nennen, welches zuerst 1795–97 in zwei Bänden erschien und durch die Methode der Behandlung, Schärfe der Kritik und Fülle des Stoffes alle früheren Arbeiten dieser Art weit hinter sich läßt. Es hat als die erste selbständige und umfassende Arbeit auf dem Gebiete der griechischen Lexikographie seit Henricus Stephanus [127] die Grundlage für alle späteren griechischen Wörterbücher gebildet. Ein besonderes Verdienst dieser Arbeit war die Aufnahme der bis dahin ganz vernachlässigten naturwissenschaftlichen und technischen Ausdrücke, zu deren Erklärung S. durch seine umfassenden naturwissenschaftlichen Studien sich besonders befähigt hatte. Auch die übrige wissenschaftliche Thätigkeit Schneider’s bewegte sich vorzugsweise auf den Gebieten, welche der Naturwissenschaft und der Philologie gemeinsam sind: 1801 erschien seine zweibändige „Sammlung von Elementar-Kenntnissen aus der Naturgeschichte und der Naturlehre der Alten, besonders der Griechen“, mit „Verbesserungen und Erklärungen des griechischen Textes, Erklärungen und Vergleichungen der angeführten Lehrsätze und Versuche und mancherlei litterarischen Beiträgen zur Geschichte der Physik bei den Alten“; schon 1784 hatte er eine commentirte Ausgabe der Thiergeschichte des Aelian erscheinen lassen, 1811 folgte in 4 Bänden die Thiergeschichte des Aristoteles, 1813 die physikalischen Briefe des Epikur, 1818–21 die Gesammt-Ausgabe des Theophrastus in 5 Bänden, neben zahlreichen anderen ähnlichen Arbeiten. Von seinen Arbeiten zur einschlägigen römischen Litteratur sind vornehmlich die große Sammlung der Schriftsteller über Landwirthschaft (1794–97, 4 Bde.) und die Ausgabe des Vitruvius in 3 Bänden (1807–8) zu nennen. – Außer mit der naturwissenschaftlich-technischen Litteratur beschäftigte S. sich vornehmlich mit Xenophon, dessen Schriften er seit 1790 in Einzelausgaben, 1815 in einer sechsbändigen Gesammtausgabe erscheinen ließ, und mit Aristoteles, dessen Politik er 1809, die sog. Oekonomik, 1815 herausgab. Auch auf die Argonautica des sog. Orpheus erstreckten sich die Studien des unermüdlich fleißigen Gelehrten (Ausgabe 1803); der von ihm unternommene Nachweis über die Unechtheit der als Machwerk aus späterer Zeit erkannten Argonautica zog ihm die heftige Gegnerschaft D. Ruhnken’s zu, der ihn als „Orpheomastix“ verspottete.

Fr. Passow, Memoria Joh. Theaeni Schneideri in Opuscula academica, S. 337–350. – Bursian, Gesch. d. Phil., S. 509–511 u. mehrfach. – Schriften-Verzeichniß bei Pökel, phil. Schriftsteller-Lexikon, S. 246.