Zum Inhalt springen

ADB:Petersen, Carl

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Petersen, Karl“ von Wilhelm Bröcking in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 26–31, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Petersen,_Carl&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Peters, Johann
Nächster>>>
Petri, Friedrich
Band 53 (1907), S. 26–31 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Friedrich Petersen in der Wikipedia
Carl Friedrich Petersen in Wikidata
GND-Nummer 116122994
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|26|31|Petersen, Karl|Wilhelm Bröcking|ADB:Petersen, Carl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116122994}}    

Petersen: Karl Friedrich P., hamburgischer Bürgermeister, wurde am 6. Juli 1809 in Hamburg geboren. Sein Vater, Marcus Hermann P., war in selbständiger Stellung bei der „Schreiberei beschäftigt, er war also nach heutiger Bezeichnung Hypothekenbeamter. Zehnjährig (im October 1819) trat P. ins Johanneum als Schüler ein, und nach dem Abgange von dieser Anstalt besuchte er vom September 1826 bis Ostern 1827 das (akademische) Gymnasium. Von seinen Lehrern übte Professor Hipp (s. A. D. B. XII, 463) großen Einfluß auf P. aus. Um Ostern 1827 bezog er, reifer als so mancher seiner Altersgenossen, die Universität Göttingen, um die Rechte zu studiren, und zu Michaelis 1827 siedelte er nach Heidelberg über, um seine Studien dort fortzusetzen. Am 12. Mai 1830 erlangte er die juristische Doctorwürde, und nach einem mehrmonatlichen Aufenthalte in Paris wurde er am 6. Juli 1831 in seiner Vaterstadt als Advocat immatrikulirt. Da er in seinem Berufe tüchtig war und sein Vater mannichfache Verbindungen hatte, wurde er der Sachwalter mancher der angesehensten hamburgischen Firmen. Im J. 1837 vermählte P. sich mit Kathinka Hasche, der Tochter des geachteten Juristen Dr. Hasche. Fünf Kinder gingen aus dieser Ehe hervor; eines von ihnen, ein Knabe, wurde jedoch schon im zartesten Lebensalter dahingerafft. P. hatte nicht lange nach seiner Rückkehr in die Vaterstadt ein Haus erworben, um an den Versammlungen der Erbgesessenen Bürgerschaft theilzunehmen, und übte in ihr auf die vaterstädtischen Angelegenheiten unausgesetzt mehr oder minder Einfluß. Selbstverständlich gehörte er auch der Bürgergarde an. In den Jahren 1833–37 bekleidete er das Ehrenamt eines Armenpflegers. Längere Zelt war P. Mitarbeiter der „Literarischen und kritischen Blätter“ der „Börsenhalle“. Im J. 1840 veröffentlichte er dort eine Widerlegung der damals großes Aufsehen erregenden Schrift „Die europäische Pentarchie“ und bekannte hierin sein Deutschthum, wie denn seine Empfindungen und Gesinnungen von frühester Jugend an deutschpatriotisch waren. Sein warmes Interesse für die Vaterstadt bethätigte er u. a. dadurch, daß er sich an den mühseligen Arbeiten für die Publikation der hamburgischen „Gerichtsordnung und Statuta“, die zu den werthvollsten Leistungen des Vereins für hamburgische Geschichte gehört, betheiligte. Beim Ausbruch des großen Brandes im J. 1842 half er seinem Vater, die Bücher und Dokumente der „Schreiberei“, des Hypothekenamtes aus dem Rathhause retten. Das Vertrauen seiner [27] Mitbürger berief P. in das Schätzungsgericht, das im Hinblick auf den Wiederaufbau des eingeäscherten Stadttheils zur gerechten Durchführung der Expropriation berufen war. Mit großer Entschiedenheit trat er, als seit März 1843 die Sielbaufrage im Mittelpunkte der öffentlichen Discussion stand, in einer besonderen Schrift für den talentvollen Ingenieur Lindley und seine Pläne ein. Im J. 1848 schloß P. sich dem gemäßigt-liberalen, bei der großen Menge als reactionär verschrieenen Patriotischen Verein, dessen Präsident er für einige Zeit wurde, an und bewahrte überhaupt eine maßvolle politische Haltung. Diese Haltung war indessen nicht nach dem Geschmack der damaligen Zeit, und so erlitt P., der als Candidat für die Constituante aufgetreten war, bei den Wahlen eine entschiedene, immerhin aber recht ehrenvolle Niederlage. In der deutschen Frage war er zunächst für die Constituirung eines einigen Deutschlands unter Preußens Führung und später (im Herbst 1849) für den Anschluß Hamburgs an das Dreikönigsbündniß. Eine sehr eifrige Thätigkeit entfaltete P. als Mitglied der im September 1849 gebildeten sog. „Neunercommission“, die den Auftrag hatte, die von der Constituante entworfene Verfassung, ein rechtes Erzeugniß des politischen Idealismus, nach gewissen Grundsätzen abzuändern und sich darüber mit der Constituante zu verständigen. P. veröffentlichte im J. 1851 eine kleine, großes Aufsehen erregende Schrift: „Die Hamburgische Verfassungesfrage“, um den unter seiner Mitwirkung zu Stande gekommenen Verfassungsentwurf von 1850 gegenüber dem Widerspruche, der innerhalb und außerhalb Hamburgs (vor allem beim Bundestag) laut geworden war, zu vertheidigen, und bemühte sich, den Entwurf als durchaus nicht revolutionär, sondern weit eher als conservativ hinzustellen. Auch anderen öffentlichen Angelegenheiten wandte P. sein Interesse zu, so bemühte er sich besonders um das hamburgische Theaterwesen, das einer Besserung damals dringend bedurfte.

Im Februar 1855 wurde P. in den Senat gewählt. Seine juristischen Kenntnisse wurden zunächst für das Gerichtswesen verwerthet (Justiz und Verwaltung waren damals noch nicht getrennt), an der Verwaltung nahm er anfänglich nur in zweiter Linie theil. Er wurde im J. 1856 in eine innerhalb des Senats gebildete Commission gewählt, die Vorschläge bezüglich derjenigen Verfassungsreformen machen sollte, die am dringendsten geboten und auch erreichbar erschienen, und im Sommer 1858 wurde er an Stelle Kirchenpauer’s Referent für die Verfassungsangelegenheit im Senat. P. war in dieser Frage allmählich viel conservativer geworden und war im J. 1859, als wieder eine lebhafte Agitation für die Einführung der Verfassung von 1850 einsetzte, sehr weit davon entfernt, sich mit ihr, an der er doch so eifrig mitgearbeitet hatte, zu identificiren. Auf Petersen’s Vorschlag hin erklärte sich der Senat damit einverstanden, daß zunächst eine repräsentative Bürgerschaft – im wesentlichen nach den Bestimmungen der Verfassung von 1850 – ins Leben gerufen und mit dieser die weitere Verfassungsform vereinbart wurde. Am 6. December 1860 trat die erste gewählte Bürgerschaft zusammen. Der Abschluß des Verfassungswerkes kam indessen nicht so leicht zu Stande, wie P. das erwartet hatte, da die neugewählte Bürgerschaft den Senatsvorschlägen Widerstand entgegensetzte, und P. sah sich veranlaßt, in einer Reihe von Zeitungsartikeln für die Senatsvorlage, theilweise mit scharfen Worten, einzutreten (Ende December 1859 und Januar 1860). Auf Grund eines Compromisses, an dem auch P. mitgewirkt hatte, kam schließlich eine Einigung zu Stande.

Wie in der Entwicklung der Vaterstadt, so machte die neue Verfassung, die am 28. September 1860 publicirt wurde und noch heute in ihren Grundzügen [28] zu Recht besteht, auch in Petersens Laufbahn Epoche, denn er trat jetzt an die Stelle des beim Eintritt der neuen Ordnung aus dem Senate mit anderen älteren Mitgliedern ausscheidenden Senators Blumenthal und schaltete seit Anfang 1861 als erster Polizeiherr, der damals auch Leiter des Gefängnißwesens, des Auswandererwesens und des Feuerlöschwesens, ferner Chef des Criminaluntersuchungswesens und Strafrichter mit ausgedehnter Competenz war und seine Befugnisse kraft einer gewissen patria potestas in patriarchalischer Weise ausübte, im Stadthause. Von diesem Theil seiner Wirksamkeit her datirt Petersen’s große Popularität, denn er liebte es mehr die hülfreiche als die schreckende und strafende Seite seines Amtes hervorzukehren. Der Milde seiner Sinnesart entsprach es, daß er als Polizeiherr auch den Bestrebungen des Thierschutzvereins in jeder möglichen Weise Vorschub zu leisten suchte. Seine Autorität wußte P. unter allen Umständen zu wahren, und er bewies dies vor allem in den kritischen Tagen des Juni und Juli 1870, wo die Arbeitseinstellungen im Baugewerbe zu allerhand Ruhestörungen führten. P. erntete damals nach der kraftvoll bewirkten Wiederherstellung der Ordnung seitens des Senats wie der Bürgerschaft lebhafte Anerkennung. Mit bescheidenen Mitteln und einem verhältnißmäßig kleinen Personal leistete P. im Polizeiwesen wirklich Bewundernswerthes, aber ein Mißstand lag darin, daß zu viel auf seiner Person beruhte. Auf die Dauer konnte P. sich der Erkenntniß nicht verschließen, daß das bisherige System nicht mehr aufrecht zu halten sei, und er hielt es für seine Pflicht, selbst die Hand zu einer Reorganisation der Polizei zu bieten. Ende 1875 war das Werk zum Abschluß gebracht und damit eine Einrichtung geschaffen, die in ihren Grundzügen noch heute besteht. P. trat nunmehr persönlich von der Leitung der Polizeiverwaltung zurück, da sie der Bethätigung seiner Individualität keinen genügenden Spielraum mehr bot, behielt aber noch ein Jahrzehnt den Vorsitz im Krankenhauscollegium und im Gesundheitsrath bezw. im Medicinalcollegium, der zu den Befugnissen des ersten Polizeiherrn ebenfalls gehörte, bei, denn er vermochte sich nicht von der ihm lieb gewordenen, seinem humanen Sinn zusagenden Wirksamkeit an der Spitze dieser Behörde zu trennen. Großen Einfluß übte P. u. A. auf die Erbauung des Allgemeinen Krankenhauses in Eppendorf, begeistert für den Gedanken, daß es zu einer Musteranstalt für ganz Deutschland werden sollte.

Im April 1863 betheiligte sich P. zum ersten Male als Senatscommissar an einer Bürgerschaftssitzung. Am 27. April trat er in einer ebenso geschickten wie warmherzigen, patriotischen Rede für eine Senatsvorlage ein, die einen besseren Schutz der hamburgischen Schifffahrt und der deutschen Küsten bezweckte, mit dem Erfolge, daß der Senatsantrag, der schon einmal rundweg abgelehnt war, endgültig genehmigt wurde. Seitdem P. in den Senat eingetreten war, hatte sich zwar sein Patriotismus nicht vermindert, wol aber war er partikularistischen Regungen zugänglicher geworden. Als Ideal schwebte ihm damals ein einiges Deutschland vor, in dem den einzelnen Staaten ein höheres Maaß von Selbständigkeit verbleiben würde, als dies unter preußischer Führung für wahrscheinlich galt. Gleich vielen anderen Hamburgern hatte er in jenen Jahren mehr Sympathie für Oesterreich als für Preußen; fühlte man sich doch seit 1857, dem Jahre der Handelskrisis, wo man von Oesterreich thatkräftige Hülfe erhalten hatte, der österreichischen Regierung zu besonderem Danke verpflichtet. Er verkannte indessen niemals, welche Beschränkungen die Macht der Verhältnisse der Politik eines Kleinstaates auferlegt, und bekundete dies vor allem in dem denkwürdigen Jahre 1866. P. war Anfang Juni 1866 wegen seiner angegriffenen Gesundheit nach Gastein gegangen, [29] kehrte aber auf Grund einer Depesche vom 17. Juni, die seine Rückkehr als wünschenswerth bezeichnete, in die Heimath zurück. Es ist ganz unzweifelhaft dem sehr erheblichen Einflusse Petersen’s zu danken, daß in der entscheidenden Bürgerschaftssitzung vom 4. Juli 1866, in der P. zusammen mit Senator Versmann als Senatscommissar fungirte, die von Preußen beanspruchte Contingentsstellung bewilligt wurde und daß damit eine Wendung erfolgte, welche die bedrohte Unabhängigkeit Hamburgs von neuem sicherte. Die Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 brachten auch für P. die Erfüllung eines Traumes seiner Jugend; er war besonders stolz darauf, daß einer seiner Söhne mit in den Krieg zog und bedauerte nur, nicht selbst mit ins Feld rücken zu können.

Mit dem 1. Januar 1876 trat P. in die glänzendste Periode seines Lebens, indem der Senat ihn zum Bürgermeister wählte. Entgegen seiner ursprünglichen Absicht hat P. die Bürgermeisterwürde – von den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zwischenräumen abgesehen – bis an sein Lebensende behalten. P. betheiligte sich auch in seinem neuen Amte, das ihm in höherem Maaße als bisher Repräsentationspflichten brachte, weiter an der stillen Arbeit der Verwaltungsbehörden. Ein neues Arbeitsgebiet fiel ihm zu, als er im Frühjahr 1880 die Leitung der Verwaltungsabtheilung für Reichs- und auswärtige Angelegenheiten übernahm. Damals gerade kam die Frage des von Bismarck gewünschten und vom Senat vor der Hand abgelehnten Zollanschlusses Hamburgs in Fluß. P., der anfangs für den Zollanschluß schlechterdings nicht zu haben war, weil er ihn nicht nur für Hamburg, sondern auch für das Gesammtinteresse Deutschlands für nachtheilig hielt, arbeitete schließlich, als er zur Erkenntniß gelangte, daß in dieser Frage hinter Bismarck die Mehrheit des deutschen Volkes stand, und sich als Staatsmann der Nothwendigkeit, eine nachgiebige Haltung zu beobachten, nicht verschließen konnte, im Verein mit Senator Versmann mit Nachdruck und Geschick darauf hin, daß der Zollanschluß, der eine so gewaltige Umwälzung für Hamburg bringen sollte, von der Bürgerschaft genehmigt wurde. Von P. stammen u. a. drei Artikel, die in den „Hamburger Nachrichten“ erschienen und wirksam für die Annahme der Vereinbarung mit dem Reiche plädirten. Am 15. Juni 1881 fand die entscheidende Bürgerschaftssitzung statt, und hier hielt P. eine zugleich von patriotischem wie von staatsmännischem Empfinden getragene Rede zu Gunsten der Annahme des Vertrages mit dem Reiche, und diesem Auftreten Petersen’s ist es ganz wesentlich zu danken, daß die Senatsvorlage mit 106 gegen 46 Stimmen angenommen wurde. Ebenso hatte er einen gewissen Antheil an dem Zustandekommen des die Berlin-Hamburger und die Hamburg-Altonaer Verbindungsbahn betreffenden Staatsvertrages zwischen Hamburg und Preußen, der am 27. Februar 1883 von der Bürgerschaft gutgeheißen wurde. P. hatte den Gedanken, daß das gesammte hamburgische Eisenbahnwesen allmählich ganz preußisch werden sollte, im Anfange keineswegs freudig begrüßt, und wenn gelegentlich in den Verhandlungen über diese Angelegenheit preußischerseits ein drohender Ton angeschlagen worden war, so hatte er den Standpunkt vertreten, daß Hamburg sich sein Recht nicht verkümmern lassen und sich nicht einschüchtern lassen dürfe, aber er hatte es sich doch angelegen sein lassen, allerlei Mißverständnisse aus dem Wege zu räumen, die eine Verständigung zu erschweren schienen, und damit einer befriedigenden Lösung dieser Frage vorgearbeitet. Von 1883–88 standen dann die Arbeiten der zur Bewirkung des Anschlusses eingesetzten Ausführungscommission, in der P. den Vorsitz hatte, im Mittelpunkte seines Interesses. Ein besonders weihevoller Tag war für P. jener 29. October des Jahres 1888, an dem den zum Behufe der [30] neuen Zoll- und Freihafeneinrichtungen aufgeführten Bauten in Gegenwart Kaiser Wilhelm’s II. der Schlußstein eingefügt wurde.

Zu den öffentlichen Angelegenheiten, denen P. während der letzten zwölf Jahre seines Lebens seine unausgesetzte Aufmerksamkeit schenkte, gehörte die Erbauung eines neuen Rathhauses; besaß doch Hamburg seit dem großen Brande von 1842 kein wirkliches Rathhaus mehr. Es war von großer Bedeutung, daß P., der die Nothwendigkeit des Baues nie verkannt hatte, im Herbst 1880 Vorsitzender der Rathhausbaucommission wurde. Im Verein mit Senator Versmann vermochte er die Bürgerschaft dafür zu gewinnen, daß ein von neun angesehenen Hamburger Architekten ausgearbeitetes Project genehmigt wurde (3. Juni 1885). Am 6. Mai des folgenden Jahres konnte er dann die Festrede bei der Feier der Grundsteinlegung halten.

Seit dem Jahre 1889 hatten sich zwischen P. und Bismarck freundschaftliche Beziehungen angeknüpft. Die kühle Bewunderung, die P. ursprünglich für den großen Staatsmann hegte, hatte sich im Laufe der Jahre in warme, begeisterte Verehrung umgewandelt. P. erschien seitdem wiederholt als Gast in Friedrichsruh und umgekehrt Bismarck bei P.

Wie P. sich von jeher für die dramatische Kunst interessirt hatte, so zeigte er auch für alle anderen Kunstgebiete und für die Wissenschaft lebhaftes Interesse. Mit besonderem Eifer ließ sich P. angelegten sein, für Johannes Brahms die Verleihung des hamburgischen Ehrenbürgerrechts durch Beschluß von Senat und Bürgerschaft zu erwirken, und seinen Bemühungen gelang es, daß der Antrag des Senats am 22. Mai 1889 ohne jede Debatte von der Bürgerschaft angenommen wurde. Petersen’s Sinn für Geschichte ließ ihn mit besonderer Freude alle, selbst die bescheidensten Bemühungen zur Erforschung der hamburgischen Vergangenheit begrüßen. Kam er auch nicht dazu, sich selbst als Historiker zu bethätigen, so schöpfte er doch aus der Beschäftigung mit geschichtlichen Dingen historischen Sinn, historische Auffassung. Sie führte ihn dazu, auch die politischen Dinge so anzuschauen, wie sie im Lichte der historischen Betrachtung erscheinen mußten, und darauf beruhte nicht zum wenigsten seine Bedeutung als Staatssmann.

Mit frohen Erwartungen waren Hamburg und P. in das Jahr 1892, das mit der Choleraepidemie so schweres Leid über die alte Hansestadt bringen sollte, eingetreten. Die weihevolle Rede, die P. am 7. Mai 1892 bei der Richtfeier des Rathhauses hielt, war sein Schwanengesang. Nicht lange nachher erkrankte er, um nicht wieder zu genesen. Er verbrachte den ganzen Sommer in seiner Sommerwohnung in Flottbeck und war außer Stande, seine früher stets bewährte Kraft der durch die furchtbare Epidemie bedrängten Vaterstadt zur Verfügung zu stellen. Am 14. November 1892 schlossen sich seine Augen für immer. Hamburg hatte einen unersetzlichen Verlust erlitten, und vielhundertstimmig kam der Schmerz um seinen Heimgang zum Ausdruck. P. war sich in seiner Liebe für die Vaterstadt stets gleich geblieben, darin aber zeigte sich der gewaltige Fortschritt, der sich während der letzten Jahrzehnte seines Lebens in ihm wie in den deutschen Verhältnissen vollzog, daß er sich Hamburg Wohlfahrt immer weniger getrennt vorstellen konnte von der Wohlfahrt des gesammten deutschen Vaterlandes. – Außer den schon genannten litterarischen Arbeiten veröffentlichte P.: „Einige Bemerkungen über Getreideverkäufe ab russischen Häfen“ (Hamburg 1854).

Schröder-Klose, Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis z. Gegenwart, 6. Band (Hamburg 1873), S. 31 f. – Wohlwill, Bürgermeister Petersen (Hamburg 1900); – Derselbe, Die hamburgischen Bürgermeister [31] Kirchenpauer, Petersen, Versmann (Hamburg 1903); – Derselbe in: Mittheilungen d. Vereins f. Hamburg. Geschichte, 24. Jahrg. 1904, S. 464–466.