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ADB:Lochau, Martin von

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Artikel „Lochau, Martin von“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 53–55, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lochau,_Martin_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:48 Uhr UTC)
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Band 52 (1906), S. 53–55 (Quelle).
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Lochau: Martin von L., Abt der Cistercienserabtei Alten-Zelle bei Nossen, steht in dem Ruf, einer der gelehrtesten Aebte seiner Zeit gewesen zu sein und wird als „der große Beförderer der Gelehrsamkeit in Sachsen“ gefeiert. Doch beschränkt sich dasjenige, was sich über ihn ermitteln läßt, nur auf eine verhältnißmäßig kleine Reihe von gesicherten Angaben, die hier zusammengestellt werden sollen. Wann er geboren wurde, und wann er in das Kloster Alten-Zelle eingetreten ist, läßt sich nicht feststellen. Die erste urkundliche Erwähnung seines Namens, die bis jetzt bekannt ist, rührt vom 23. Februar 1485 her, an welchem Tage er an der Universität Leipzig zu den Vorlesungen als Cursor zugelassen wurde. Schon am 13. Januar des folgenden Jahres erhielt er die Erlaubnis über die Sentenzen des Lombardus vorzutragen und am 22. Juni 1487 wurde er zum Licentiaten der Theologie ernannt. Später wird er wiederholt in Briefen, die an ihn gerichtet sind, als Doctor theologiae bezeichnet, doch fehlt die Bestätigung durch einen Eintrag in die Leipziger Universitätsmatrikel. Seine Wahl zum Abt erfolgte im J. 1493. Als solcher sorgte er nicht bloß für die Besitzerweiterung des ihm anvertrauten Klosters, das er zu großer Blüthe brachte, sondern er war auch eifrig bemüht, das geistige Leben und die wissenschaftliche Bildung seiner Conventualen zu heben. Zu diesem Zwecke begünstigte er einmal das seit etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts in Leipzig errichtete Bernhardiner Collegium, das den aus den sächsischen Cistercienserklöstern hervorgegangenen Studenten der Theologie zum Aufenthaltsorte diente, und dessen Insassen allerhand akademische Vorrechte in Leipzig genossen. Er ließ im J. 1509 ein neues Gebäude aufführen und sorgte dafür, daß die Insassen ein sorgenfreies Leben führen konnten, für welche Bestrebungen ihm die Gunst des Herzogs Georg von Sachsen, deren er sich überhaupt in hohem Maaße erfreute, zu [54] statten kam. Vor allem aber nahm er sich der Vermehrung der Klosterbibliothek an, die sich unter den Zeitgenossen mit Recht eines ausgezeichneten Rufes erfreute und die zu den bedeutendsten Büchersammlungen in Mittel- und Norddeutschland zählte, was sich nach dem auf uns gekommenen, im Jahre 1514 angefertigten Katalog feststellen läßt. Wie weit Lochau’s eigene Gelehrsamkeit reichte, läßt sich nicht sagen, da sich außer einigen Predigten und der Vorrede zu der von ihm herausgegebenen Homilie des heil. Bernhard „super Stabat juxta crucem Jesu mater“ etc. (Lips. 1516, 4°) nichts von seiner Hand erhalten hat. Auch die Behauptung, daß er mit Erasmus und Reuchlin in brieflicher Verbindung gestanden habe, ist nicht zu beweisen, da sich Briefe von ihm in der bisher veröffentlichten Correspondenz dieser beiden Häupter des Humanismus nicht vorfinden. Dagegen war er dem als Lehrer des Griechischen an der Universität Leipzig wirkenden Petrus Mosellanus nahegetreten. Er beherbergte ihn in seinem Hause zu Meißen, wohin die Universität während der in Leipzig ausgebrochenen Pest im J. 1519 übergesiedelt war. Zum Danke dafür widmete ihm Mosellanus seine Uebersetzung der Theologie des Gregor von Nazianz ins Lateinische. Trotzdem er also als einer der aufgeklärten Männer seiner Zeit erscheint, gehörte er zu denjenigen, welche die Heiligsprechung des Bischofs Benno von Meißen besonders eifrig betrieben. Als die in Rom bei Papst Alexander VI. erhobenen Vorstellungen nichts fruchteten, wandte sich das Meißner Domcapitel im September 1498 an L. mit dem Ersuchen, an den Papst und das Cardinalcollegium zu schreiben und ihnen seine Wünsche bezüglich der Canonisation vorzutragen. Ob man aus diesem Vorgehen schließen darf, wie es geschehen ist, daß L. in Rom gut angeschrieben war, oder ob man seiner Gelehrsamkeit eine besonders geschickte Vertretung dieser Angelegenheit zutraute, möge dahin gestellt bleiben. Jedenfalls nahm er sich der Sache aufs wärmste an und sandte noch im September nicht weniger als drei Schreiben nach Rom ab. Der Erfolg war der, daß man in Rom beschloß, eine Commission zur Untersuchung der geltend gemachten Wunderthaten Benno’s einzusetzen. Zu den drei Mitgliedern dieser Commission wurde auch L. durch ein päpstliches Breve vom 2. April 1499 ernannt. Aber so eifrig er auch bemüht war, den Handel zu Ende zu führen, indem er sich z. B. bei Autoritäten wie dem Leipziger Professor der Rechte Johannes Breitenbach und bei dem Meißner Domherrn Dr. Nicolaus v. Heynitz Gutachten erbat und den angeordneten Sitzungen in Meißen und Borna beiwohnte, so war es ihm nicht beschieden, die Erfüllung seines Wunsches zu erleben, da erst Papst Adrian VI. am 31. Mai 1523 die Erhebung Benno’s unter die Heiligen vollzog. Dagegen war er noch Zeuge der beginnenden Lutherischen Reformationsbewegung, der er sich nicht abgeneigt gezeigt haben soll. Erkrankt wandte er sich nach Meißen und ließ sich in dem ihm gehörigen Hause von den dortigen Aerzten behandeln. Als jedoch sein Leiden schlimmer wurde, kehrte er in das Kloster Alten-Zelle zurück und starb dort im März 1522.

Joh. Conr. Kautsch, Des alten berühmten Stiffts-Closter und Landes-Fürstlichen Conditorii Alten-Zella … geographische und historische Vorstellung. II. Theil Dreßden u. Leipzig 1721, S. 131–139 und VIII. Theil ebenda 1722 (Register unter Martin). – K. Chr. C. Gretschel, Kirchliche Zustände Leipzigs vor und während der Reformation im Jahre 1539. Leipzig 1839, S. 171, 172. – Carl Heinr. Ferd. v. Zehmen, Die Reihenfolge der Aebte des ehemaligen Cistereienser-Klosters Alten-Zelle. Dresden 1845, S. 34–37. – Eduard Beyer, Das Cistercienser-Stift und Kloster Alt-Zelle. Dresden 1855, S. 81–83. – Oswald Gottlob Schmidt, Petrus Mosellanus. Leipzig 1867, S. 58. – Otto Langer, Bischof Benno von [55] Meißen in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen. II. Bd., 2. Heft. Meißen 1888, S. 105–108. – Ludw. Schmidt, Beiträge z. Geschichte der wissenschaftl. Studien in sächs. Klöstern. I. Altzelle. Dresden 1897, S. 2, 4, 5, 9, 27 fg. – Georg Erler, Die Matrikel der Universität Leipzig. Bd. I Lpz. 1895, S. 305; Bd. II, Lpz. 1897, S. 13. Beiträge z. sächs. Kirchengesch., 15. Heft. Lpz. 1901, S. 20–26. – F. Geß, Akten u. Briefe z. Kirchenpolitik Hzg. Georgs v. Sachsen, 1. Bd. Lpz. 1905. (Vgl. das Register unter Abt Martin von Lochau.)