ADB:Helth, Caspar
Honterus’ berief, wies er zurück. Neben der reformatorischen Thätigkeit Helth’s beruht seine Bedeutung darauf, daß er der Stadt Klausenburg die erste Buchdruckerei gegeben, die sowie seine Werke namentlich für die ungarische Litteratur überaus fördernd gewirkt hat. Das erste darin erschienene Buch ist Luther’s kleiner Katechismus in Octav (1550) mit sechs, je an der Spitze der einzelnen Hauptstücke stehenden, auf den Inhalt derselben bezüglichen vortrefflichen Holzschnitten. Im folgenden Jahr gab H. auch den deutschen Text, 1553 den großen Katechismus ungarisch heraus. Das bedeutendste Werk seiner Presse wie seiner mitwirkenden Uebersetzungskunst ist jedoch die Bibel in ungarischer Sprache, von der „der erste Theil“, die fünf Bücher Mosis, übersetzt von ihm, dann von dem Klausenburger „ungarischen Prediger“ Stephan Gyulai, dem Klausenburger „Schulmeister“ (Rector) Gregor [712] Vizaknai und Stephan Ozorai 1551 in Quart erschien. In demselben Jahre gab er Jesus Sirach heraus, dessen Uebersetzung ihm Ungenannte von Tolna zugeschickt und die Stephan Gyulai neu durchgesehen hatte, 1552 die Salomonischen Schriften (beide in Octav), in demselben Jahr „der Bibel vierten Theil“, die großen und kleinen Propheten enthaltend (Quart), 1560 „Die Psalmen“ (Octav), 1562 „Das Neue Testament“ (Quart), 1565 schon in seinem Alter, wie er schreibt, den von ihm allein übersetzten „zweiten Theil der Bibel“ mit den Büchern Josua, der Richter, Ruth, Samuels und der Könige; zu den anderen Theilen des Alten Testamentes hat Zeit und Kraft ihm nicht mehr gereicht. Von den weiteren, von ihm und in seiner Druckerei erschienenen ungarischen Werken sind die bedeutenderen: „Hundert Fabeln“, nach Aesop und Anderen bearbeitet (1565), „Das Netz“ oder „Die spanische Jagd“ – az hispaniai vadassag – (1570), eine Uebersetzung von des Reginaldus Gonsalvius Büchlein über die spanische Inquisition, das für die siebenbürgische und ungarische Reformationsgeschichte ungemein werthvoll ist durch die Vorrede, in der H. die einzige ausführliche Nachricht vom Schäßburger Religionsgespräch hinterlassen hat, das Johann Zapolya 1588 halten ließ; dann die „Historischen Lieder“ (historiás énekes könyv) (1574), und die von H. mit Benützung des in Bonfin enthaltenen Stoffes verfaßte „Chronik von den Thaten der Ungarn“ (1575), auf daß diese „in ihrer eigenen Sprache die ruhmvollen Thaten ihrer Vorfahren lesen können“, ein Buch von überaus tiefgehendem Einfluß auf den ungarischen Nationalgeist; auch das „Verbözische Gesetzbuch“ erschien 1572 in Helth’s Presse, eine ungarische Uebersetzung desselben im Jahre vorher, eine ungarische Agende in zweiter Auflage 1559. Die ersten Jahre besaß H. die Buchdruckerei gemeinschaftlich mit Georg Hoffgref und alle dort 1550–1552 erschienenen Werke geben die beiden Namen an; 1553 wird der Helth’s allein genannt, von da an bis 1559 der Hoffgref’s allein; die beiden Männer hatten sich, wie H. sagt, wegen der Unverträglichkeit des Genossen getrennt; sechs Jahre sei er, nicht zum Nutzen der Kirche, von dieser Arbeit fern geblieben. Erst in der zweiten Auflage der genannten Agende (1559) und von da weiter erscheint er, und zwar allein, wieder als Drucker. Auch die Pfarre in Klausenburg legte H. 1556 nieder, in der Franz Davidis ihm folgte; 1557 unterschreibt er sich blos Senior der Klausenburger Gemeinde. Der Gegensatz der sturmvollen Zeiten ist schwer in seine mildere Seele gefallen. Als in Klausenburg bald die Abendmahlslehre der Schweizer die des Augsburgischen Bekenntnisses bekämpfte und noch schneller von den unitarischen Dogmen des Lälius und Faustus Socinus durch Blandrata und Davidis verdrängt wurde, schwankte auch er. Schon die Vorrede zum zweiten Theil seiner Bibelausgabe (1565) ist voll Wehmuth; er ringt nach Einigkeit mit der Gemeinde, nach Frieden mit sich selbst, um kurze Zeit darauf über die Undankbarkeit der Klausenburger und ihre Schmähschriften noch bitterer zu klagen und über ihre weisen Schmiede, die alle Wochen neue Meinungen und neue Aeste am Baum des Glaubens schmieden. Und doch – in der zehntägigen Disputation, die 1568 vom 8. März an in Weißenburg von sächsischen und ungarischen Geistlichen gegen die „Neuerer“ gehalten wurde, war er mit dem sächsischen Bischof Matthias Hebler unter den Schiedsrichtern von Seiten „der katholischen Wahrheit“, zwei Jahre später, in der neuen Auflage, die er 1570 in seiner Presse über jene Disputation veröffentlichte, sagte er sich von dieser „Wahrheit“ feierlich los und dankte Blandrata und Davidis, daß sie seine Schwäche und Thorheit geduldig zum reineren Lichte geführt. – H. starb 1574 oder 1575 während des Druckes seiner ungarischen Chronik; daß er, der deutsche Mann, mit in erster Reihe geholfen dem ungarischen Volk die Bibel in seiner Muttersprache zu geben, dann daß er mit jener Chronik thatsächlich und erfolgreich [713] die moderne ungarische Geschichtschreibung begonnen, ist sein unvergängliches Verdienst.
Helth: Kaspar H. (ungarisch nennt er sich Heltai, d. i. Heltauer – Heltau, eine sächsische Gemeinde, 1 Meile südlich von Hermannstadt), der erste Reformator von Klausenburg, das damals noch eine vorwiegend sächsische Stadt war, und erste Buchdrucker dort, ist selbst ein siebenbürger Sachse von Geburt, indem er in seinem 1552 herausgegebenen (ungarischen) Dialog: „Von der gefährlichen Natur der Trunkenheit und Schwelgerei“ die Nachsicht seiner Leser anspricht, falls das Büchlein nicht rein ungarisch geschrieben sei; denn es sei wol bekannt, „daß ich nach meiner Sprache ein Sachse bin und dieses bischen Ungarisch vor 16 Jahren gelernt habe.“ Sein Geburtsjahr ist, wie sein Geburtsort, nirgends angegeben; jenes dürfte jedoch um 1520 fallen, da er am 17. Febr. 1543 in Wittenberg immatriculirt erscheint. Nach seiner Rückkehr (1545?) berief ihn Klausenburg zum Stadtpfarrer; hier führte er die Kirchenverbesserung durch und blieb der Gemeinde treu, als 1548 Bistritz ihn zu demselben Amte berief. Denn „wir bedürfen seiner überaus“, schrieb der Rath von Klausenburg hieher, „für den Unterricht und die Gründung der evangelischen Lehre, den wir mit so großer Mühe für dieses Amt und diesen Dienst erwerben konnten“ und H. selbst entschuldigt sich, weil er nicht komme: „wider so viel Bittens und Flehen, Klagens und Weinens und wider frischer Gewalt kann ich nicht.“ Auch den Ruf Kronstadts, das ihn 1557 zum zweiten Nachfolger- Horányi, Memoria Hungarorum et provincialium, scriptis editis notorum. Pars secunda, Viennae 1776. G. J. Haner, Scriptores rerum Hungaricarum et Transsilvanicarum, Viennae 1777. Joh. Seivert, Nachricht von Siebenb. Gelehrten, Preßburg 1785, mit Ergänzungen wieder abgedruckt in Jos. Trausch, Schriftstellerlexikon der Siebenb. Deutschen, 2. Theil, Kronstadt 1870. Thorwächter in der Siebenb. Quartalschrift, Bd. II. (S. 270 ff.), Hermannstadt 1795. Fr. Toldy, A magyar nemzeti irodalmi története (Geschichte der ungarischen Nationallitteratur), Pest 1865; Derselbe, A magyar költészet története (Geschichte der ungar. Dichtkunst), Pest 1867; Derselbe, Magyar költök élete (Lebensbeschreibungen ungarischer Dichter), 1. Theil, Pest 1870. K. Szabo, Az erdélyi köntyvtárok régi magyar könyveiröl im „Erdély museum-egylet evkönyvei“ (Von den alten ungarischen Büchern der siebenbürgischen Bibliotheken, in den Jahrbüchern des siebenbürgischen Museumsvereins), Bd. 5, Klausenburg 1871; Derselbe, Régi magyar könyvtár (Alte ungarische Bibliothek), ein eben unter der Presse befindliches, in den Schriften der ungarischen Akademie erscheinendes Werk, dessen Aushängebogen der Herr Verfasser mir für diese Arbeit zuvorkommend und freundlichst zur Verfügung stellte. Ueber Helth’s Einfluß auf die ungarische Geschichtschreibung A. Flegler in Sybel’s histor. Zeitschr., Bd. 17 (München 1867), S. 356 ff.