ADB:Han, Ulrich
Ulrich H. (Haan, Gallus)[WS 1], einer der ältesten deutschen Buchdrucker, der jedoch, wie auch andere seiner Landsleute, seine Kunst nicht im Vaterlande selbst, sondern im Auslande betrieb. Sein Geburts- und Todesjahr sind unbekannt, doch fällt das letztere wahrscheinlich in das J. 1476 oder schon in das Ende von 1475. Man nahm früher und bis in die neuere Zeit an, daß H., von Geburt ein Wiener, daselbst seine Thätigkeit als Drucker bereits 1462 begonnen habe. Durch ein auf den Wiener Bürgermeister Holzer gedrucktes Pasquill nämlich, das H. am 20. August 1462 an den Kirchenthüren angeheftet, sei er in böse Händel verwickelt worden, in Folge deren ihm der Pöbel seine Pressen und alles Werkzeug zerschlagen und er selbst sich in den Schutz Friedrichs IV. begeben habe; diesem sei er nach Korneuburg und später nach Wiener-Neustadt gefolgt, von wo ihn ein Antrag des päpstlichen Nuntius, Kardinals Torquemada, im Frühjahre 1464 nach Rom gerufen habe. Diese Angaben über Han’s älteste Thätigkeit zu Wien sind jedoch irrig und alle bis jetzt bekannten verbürgten Nachrichten über sein äußeres Leben beschränken sich darauf, daß derselbe, nicht aus Wien, sondern aus Ingolstadt in Baiern gebürtig, etwa um 1450 in Wien das Bürgerrecht sich erworben und als Udalricus Gallus oder H. in Rom 1467–75 theils allein, theils gemeinschaftlich mit Simon Nicolaus de Lucca gedruckt habe. Im J. 1476 erscheint bereits Lupus (Wolfgang) Gallus, Frater Udalrici Galli de Vienna (Wien) als Nachfolger Han’s. Dieser mag daher vor 1455 wol als Briefmaler oder in ähnlicher Wirksamkeit in Wien gelebt haben, als Buchdrucker aber ist dies zu keiner Zeit möglich, indem auch nicht der geringste Beleg für seine Wienersche Thätigkeit als Buchdrucker überhaupt oder vor dem J. 1467 urkundlich aus den Acten der Stadt oder aus irgend einer gleichzeitigen Geschichtsquelle hiefür erbracht werden kann. H. befand sich ohne Zweifel unter den Auswanderern, die nach der Ueberrumpelung der Stadt Mainz durch Adolf von Nassau die Guttenberg’sche Officin verließen und ihren Weg nach Rom nahmen. H. selbst wurde allerdings – in welchem Jahre jedoch, ist ungewiß – von dem Cardinal Torquemada (Turrecremata) nach Rom berufen, zum Drucker von dessen Meditationen, die am 31. December 1467 vollendet und mit Holzschnitten verziert, die Presse verlassen haben. Dieses Werk gehört zu den bibliographischen Seltenheiten ersten Ranges, indem bis jetzt nicht mehr als drei Exemplare dieser Ausgabe entdeckt wurden, zu Wien, Nürnberg (Stadtbibl.) und Paris. Zugleich ist es das erste Buch, das in Italien [496] mit Holzschnitten versehen herauskam. Ein späteres Druckwerk waren die Commentarien jenes seines Wohlthäters über die Psalmen von 1470. Der gelehrte Bischof von Teramo, Jos. Anton Campanus, war der Corrector mehrerer Werke, die H. bis 1471 druckte (Bayle, Diction. „Campanus“), ein Beweis, wie hoch damals der typographische Beruf geehrt wurde, zugleich aber auch, wie H. für die Gelehrten Roms und Italiens ein erwünschter Mittler war, um die werthvollen Schriften der Alten, die im Moder liegend und vernachlässigt Gefahr liefen, zu Grunde zu gehen, diesem Schicksale zu entreißen. Eines der letzten Werke, die H. noch allein im Druck besorgte, ist (Goedeke, Gr. I. 140) die „Margarita poetica des Albrecht v. Eyb“, das vom 20. November 1475 datirt ist. In der Folge schloß H. mit seinem Schüler und Gehülfen Simon Nicolaus de Lucca einen Gesellschaftsvertrag und Beide druckten nun zuerst in dem Hause des Taliacoris, später in dem des Giovanni Filippo de Lignamine aus Messina, eines der gelehrtesten Einwohner Roms, noch eine Menge guter Werke, welche letzterer durchsah und corrigirte, bis dieser endlich selbst eine eigene Druckerei errichtete. Ein vollständiges Verzeichniß aller durch H. allein gedruckten (10) Werke gibt Maittaire in seinen Annalen, darunter auch mehrere Schriften Cicero’s. Weil sich H. auch zuweilen „Gallus“ schrieb, so glaubten die Franzosen, ihn für sich beanspruchen und einen „Le Coq“ aus ihm machen zu dürfen, allein in den Schlußschriften der von ihm gedruckten Werke unterschrieb er sich (vergl. Justiniani Institutiones 1475) ausdrücklich: „Udalricus Gallus Alamanus alias Han ex Ingelstat Civis Wienensis“, auch blos Vlr. H. oder Haan (so in den Meditationes). Uebrigens wetteiferte H. in Bezug auf äußere und innere Vollendung seiner Drucke mit seinen Zeitgenossen auf das rühmlichste, wie er denn auch mit Johann von Speyer (vergl. d. Art.) und besonders Janson die sogen. Antiqua, die seine deutschen Landsleute Konrad Sweynheym und Arnold Pannarz in Rom aufgebracht hatten, vervollkommnete, wozu ihnen wahrscheinlich die besseren Manuscripte, die sie in Italien gefunden, zum Vorbilde gedient hatten. – Ein sonst völlig unbekannter Venediger Buchdrucker, Wilhelm Gallus, der nur einmal (Litterar. Anzeiger 1806, 385–386) unter dem Jahre 1477 als Drucker des Simonis Dalmatae opusc. de baptismo vorkommt, scheint ein Anverwandter oder Abkömmling des Ulrich H. gewesen zu sein; eben so wirkte ein Drucker Simon Haan um das J. 1632 zu Straubing (Serapeum 1864, 256) und bekannt ist der Frankfurter Buchhändler Weygandt Han um 1560, der u. a. auch eine Bearbeitung des Brant’schen Narrenschiffes (Zarncke, N. S. XCIII) erscheinen ließ (s. u.).
Han:
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Sowohl unter dem Namen Ulrich Han, als auch unter Ulricus Alemannus gibt es Artikel in der ADB.