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ADB:Friedrich I. (Markgraf und Kurfürst von Brandenburg)

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Artikel „Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg, Kurfürst und Markgraf von Brandenburg“ von Theodor Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 464–475, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_I._(Markgraf_und_Kurf%C3%BCrst_von_Brandenburg)&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:59 Uhr UTC)
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Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg, als Kurfürst und Markgraf von Brandenburg F. I., geboren ca. 1371 (vor 8. Januar 1372), † am 21. September 1440 zu Cadolzburg. Als der jüngere Sohn des Burggrafen Friedrichs V. hatte er schon bei Lebzeiten seines Vaters sich in die Fremde begeben, und wie sein älterer Bruder Johann bei dem Bruder seiner Gemahlin, König Wenzel, so F. bei dem Gemahl seiner Schwester, Herzog Albrecht IV. von Oesterreich, Dienste genommen; gemeinsam begleiteten sodann die Brüder den König Sigismund in den Türkenkrieg und machten sich in der unglücklichen Schlacht bei Nicopolis (28. September 1396) um die Rettung des Königs verdient. Heimgekehrt theilten sie nach des Vaters Tode (21. Januar 1398) seinen Besitz in solcher Weise, daß Johann die Landschaften Baireuth und Plassenburg, F. Ansbach erhielt, beide das burggräfliche Amt mit den dazu gehörigen Lehen, sowie die österreichischen Lehen gemeinschaftlich verwalteten. Beider Brüder nächste Sorge und Thätigkeit wurde durch die Zerrüttungen im obersten Reichsregiment in Anspruch genommen. Des rechtmäßigen Königs Wenzel Gleichgültigkeit gegen die Interessen des Reiches, während er in Böhmen durch sein rohes und gewaltthätiges Verfahren sich die schimpflichsten Demüthigungen zuzog, hatte das Mißvergnügen gegen ihn aufs höchste gesteigert und schließlich unter mehreren ehrgeizigen Fürsten Süddeutschlands den Plan zur Reife gebracht, den König abzusetzen und den Pfalzgrafen Ruprecht, den Schwager der beiden Burggrafen, auf den deutschen Thron zu erheben. Die Burggrafen bei ihren gleich nahen Beziehungen zu Wenzel und Ruprecht bemühten sich diesem ungesetzlichen Act, – denn der deutsche König war unabsetzbar –, der nur von der äußersten Nothwendigkeit zu entschuldigen war, vorzubeugen, begaben sich daher in Verbindung mit dem Markgrafen von Meißen 1397 nach Böhmen und brachten es dahin, daß Wenzel im August in Deutschland erschien und am 20. September zu Nürnberg zwischen einer größeren Anzahl fränkischer Städte, denen sich auch Pfalzgraf Rudolf anschloß, einen Landfriedensbund zu Stande brachte, zu dessen Bundeshauptmann er den Burggrafen F. ernannte. Mit allem Eifer bemühete sich dieser mit dem schwachen Bundesheere, über das er verfügte, dem Friedensbruche in seinen Gebieten zu wehren, und hat schon damals mit gutem Erfolge sich der Steinbüchsen bedient, um Mauern und Thore der Raubnester zu zerstören. Da aber Wenzel schon nach wenigen Monaten Deutschland verließ und zunächst nach Frankreich, später in seine Erblande reisend die deutschen Angelegenheiten [465] gänzlich aus den Augen verlor, während die Anarchie in den verschiedensten Gegenden Deutschlands weit um sich griff, so wurde die Absetzung Wenzels aufs neue angeregt. Auch Burggraf F. scheint die Nothwendigkeit derselben erkannt zu haben; er steht jedenfalls im September 1399 auf Ruprechts Seite, während sein Bruder Johann der Sache Wenzels getreu bleibt. In Gegenwart Friedrichs wird am 20. August 1400 in Oberlahnstein Wenzel abgesetzt, am 21. Ruprecht zum Könige gewählt, wie denn auch F. ihm die bis dahin unterlassene Lehnshuldigung leistete. Die Erwartungen, die man an die Thatkraft und Einsicht des neuen Königs knüpfte, gingen jedoch nicht in Erfüllung; ein Einfall in Böhmen war erfolglos; auf einem Versuch, die von Wenzel für Geld entäußerte Reichsgewalt in Oberitalien wiederherzustellen, wird Ruprecht am 21. October 1401 bei Brescia geschlagen. Da nun auch die hauptsächlich durch den Burggrafen F. geführten Unterhandlungen, um Wenzel zur freiwilligen Abdankung zu bestimmen, fruchtlos blieben, so sank Ruprechts Ansehen bald zur Bedeutungslosigkeit seines Gegenkönigs herab; bei dem thatsächlichen Mangel eines Oberhauptes aber blieb dem einzelnen Stande gegen die bis zum Tode Ruprechts andauernden gesetzlosen Zustände keine andere Schutzwehr, als die er in seinen eigenen Kräften oder in Einzelverbindungen mit anderen fand. Die daraus hervorgegangenen Nachtheile hatte auch die Nürnberger Burggrafschaft schwer zu empfinden. Neben den Leibgedingen, welche an drei verheirathete Prinzessinnen zu zahlen waren, und den harten Lasten, welche die Reichskriege dem Lande auferlegten, wurde während dieser Jahre das Vermögen des Fürsten durch zwei schwere Fehden aufs äußerste erschöpft. Indem nämlich der Burggraf sich am 18. September 1401 mit der Prinzessin Elisabeth von Baiern vermählte, gewann er an ihr, der „schönen Else“, eine durch Geist, Gemüth und Bildung ausgezeichnete Lebensgefährtin, die nicht nur der dem Aussterben nahen Familie eine Nachkommenschaft von vier Söhnen und sechs Töchtern zubrachte, sondern auch ihrem Gemahl ebensowol in häuslichen Sorgen, wie in Regierungsgeschäften zur Stütze diente. Andererseits wurde jedoch F. durch sie in den Erbfolgestreit hineingezogen, welcher seit dem Tode ihres Vaters, des Herzogs Friedrich von Baiern-Landshut 1393 zwischen dessen Erben und den Baiernherzogen von Ingolstadt und München ausgebrochen war und bei der unversöhnlichen Natur des Herzogs Stephan von Ingolstadt und seines Sohnes Ludwig mit kurzen Stillständen fast bis an das Lebensende Friedrichs mit starker Erbitterung von beiden Seiten fortgesetzt wurde. Nicht minder verderblich wurde die Fehde, welche der Fürst bis 1408 mit der Nachbarstadt Rotenburg an der Tauber zu führen hatte, welche dem Schiedsspruche seines Gerichts sich nicht fügen wollte und schließlich durch die Begünstigung König Ruprechts jeder Strafe entging. Die natürliche Folge war, daß beide Burggrafen sich mit bedeutenden Schulden belasteten, viele Besitzungen an die Gläubiger verpfändet werden mußten und man schließlich zu der außerordentlichen Maßregel griff, von allen Einwohnern des Gebietes mehrere Jahre hintereinander ein Zehntel des Einkommens zu erheben. Da solche Belastungen nicht öfters vorkommen durften, so war eine Einrichtung nothwendig, nach welcher die Fürsten ohne solchen Zuschuß bestehen konnten. Friedrichs Räthe waren zum Theil dafür, daß er seinen besonderen Haushalt aufgebe und mit einem kleinen Gefolge an seines Bruders Hof zöge; ein vom Hofe König Sigismunds von Ungarn damals heimkehrender Ritter, Ehrenfried v. Seckendorf, bestand aber darauf, daß der lebenskräftige Fürst nicht als Hasenjäger verkommen dürfe, sondern zu König Sigismund gehen müsse, der solcher Stütze in seinen Kriegen sehr benöthigt und schon lange bemüht sei, ihn für sich zu gewinnen.

[466] Mit der Annahme dieses Rathes, mit welchem auch König Ruprecht einverstanden war, und seinem Zuge nach Ungarn (Sommer 1409) beginnt eine neue Periode seines Lebens. Nachdem F. seinem Dienstherrn hier in der gewaltsamen Unterwerfung aufständischer Magnaten ersprießliche Dienste geleistet hatte, für welche Sigismund ihm in einer Verschreibung über 20000 Fl. (25. Juli 1410) seinen Dank aussprach, bot der Tod König Ruprechts (19. Mai) dem Burggrafen Gelegenheit, von seiner staatsmännischen Tüchtigkeit einen glänzenden Beweis abzulegen. Das Wohl Deutschlands forderte die Wahl eines Fürsten, der die Fähigkeit und den Willen besaß, die gesunkene Auctorität des Reichsoberhauptes wiederherzustellen; beide Eigenschaften vereinigte unter den zu berücksichtigenden Fürsten niemand in höherem Grade als Sigismund, der überdies durch seine Wahl die durch die Absetzung Wenzels seinem Hause zugefügte Schmach sehnlichst zu tilgen wünschte. Aber für ihn war scheinbar wenig Aussicht. Formell war Wenzel der rechtmäßige König, und Kursachsen, sowie der Pfandinhaber der Kurmark, Markgraf Jobst von Mähren, widersetzten sich aus diesem Grunde jeder neuen Wahl. Kurmainz und Kurköln als Anhänger des Pisanischen Concils wollten weder Wenzel noch Sigismund, welche der römischen Obedienz anhingen, anerkennen. Als daher der Burggraf im August 1411 mit ausgedehnten Vollmachten für die Wahlhandlung in Deutschland erschien und im Namen seines Königs eine würdige Handhabung des Regimentes zusicherte, vermochte er nur den greisen Kurfürsten von Trier und seinen jungen Vetter von der Pfalz für jenen zu gewinnen. Dennoch begab er sich gleich diesen beiden persönlich nach Frankfurt, fand zunächst als Gesandter des Königs von Ungarn Eingang in die Stadt, forderte hier aber alsbald als Vertreter der Kurstimme von Brandenburg Antheil an der Wahlhandlung. Ohne Frage waren die Ansprüche des Markgrafen Jobst auf diese Kurstimme die berechtigten; er war aber ebenso wie der Kurfürst von Sachsen nicht erschienen. Mainz und Köln aber überzeugt, daß sie bei Anwesenheit beider nicht nur die Forderung des Burggrafen zurückweisen, sondern auch die Wahl Jobsts, zu der sie in Ermangelung eines anderen Candidaten sich entschlossen, durch Stimmenmehrheit durchsetzen würden, verschoben für diesen Zweck den auf den 20. September angesetzten Wahltermin auf eine spätere Zeit. Nichts konnte dem Burggrafen gelegener kommen, als die darin begangene offene Verletzung des Reichswahlgesetzes. Am 20. September erschien er mit seinen beiden Parteigenossen vor der Bartholomäuskirche; da die Kirche verschlossen war, hielten sie vor derselben am Frohnaltar ihre Sitzung und vereinigten nach vorhergegangener Prüfung ihrer Vollmachten ihre Wahlstimmen auf König Sigismund. Es half den Gegnern wenig, daß sie, indem sie selbst König Wenzel dazu bestimmten, seine böhmische Kurstimme dafür einzusetzen, fünf Kurstimmen zusammenbrachten, die am 1. October Jobst zum Könige wählten. Das Ungesetzliche dieser Wahl fiel umsomehr ins Gewicht, da Jobst wegen seiner Rohheit allgemein verhaßt, durch Sigismund mit einem Einfalle in Mähren bedroht, seine Königsrechte gar nicht zu üben wagte, und durch seinen plötzlichen Tod (17. Januar 1411) seinen Gegner vollends aller Sorgen enthob. Als dieser wenige Monate darauf (9. Juli) auch seinen Bruder Wenzel durch freigebige Verheißung äußerer Ehrenrechte zur Abtretung der Reichsregierung bewog, darauf Mainz und Köln durch Anerkennung des Pisanischen Conciles, die übrigen Kurfürsten aber dadurch, daß er sich am 21. Juli einer nochmaligen Wahl unterzog, für sich gewann, so sah er sich bald im ganzen Reiche als Oberhaupt anerkannt. Dieses glückliche Resultat knüpfte König Sigismund aufs engste an seinen klugen Berather; F. bildete fortan für die Verwaltung des deutschen Reichs den leitenden Mittelpunkt; unter dem Titel eines königlichen Rathes bezog er ein Jahrgehalt von 4000 Fl. „Erat in [467] flagranti Caesaris gratia“, sagt ein Zeitgenosse; ja der freigebige Monarch traf unmittelbar danach Vorkehrungen, um den Günstling durch Uebertragung der Herrschaft in der Mark Brandenburg, welche durch den Tod des Markgrafen Jobst an Sigismund zurückgefallen war, dauernd an sein Interesse zu fesseln. Als am 1. Mai 1411 auf Sigismunds Aufforderung Abgeordnete der Marken sich in Ofen einfanden, um ihm die Huldigung zu leisten, konnten die Mittheilungen, welche diese von den Zuständen in ihrer Heimath machten, ihm keinen Zweifel lassen, daß er in der Uebernahme dieser Erbschaft, welche er schon vor 23 Jahren (1388) als werthlos gegen eine geringe Geldsumme seinem Vetter überlassen hatte, sich eine Last aufbürde, die ihn in der Verfolgung seiner hochfliegenden Pläne nur hemmen konnte. In der That hatte während jener Jahre Jobst sich nur zu Zeiten im Lande gezeigt, um seine Habsucht zu befriedigen. Für diesen Zweck hatte er die wichtigsten Hebungen, Schlösser und unmittelbaren Städte an die mächtigeren Adelsfamilien verpfändet oder verkauft und diesen dadurch zu einer Selbständigkeit verholfen, welche die zum Theil zu mächtigen Fehdegesellschaften vereinigten zur Uebung rohester Willkür mißbrauchten; die Städte und noch mehr die auf dem platten Lande hatten Arbeit und Sorge hauptsächlich auf Abwehr edler und unedler Räuber zu verwenden; Selbsthülfe war allgemein. Am schlimmsten trieben es die Brüder Dietrich und Hans, Häupter des erst durch diese Wirren emporgekommenen Geschlechtes der Quitzow, welche, zumal nachdem Hans vom Markgrafen Jobst zum Landeshauptmann der Mittelmark bestellt war, mit ihrem Gesindel auch in die Nachbarlande räuberische Einfälle machten, diese aber dadurch veranlaßten, sich nicht nur durch Verheerungen der Mark, sondern auch durch Aneignung ganzer Grenzdistricte des herrenlosen Landes zu entschädigen. König Sigismund erklärte daher auf jene Mittheilungen, daß er diesen Uebeln abzuhelfen außer Stand sei; wol aber wolle er dem Lande den Burggrafen von Nürnberg zum obersten Hauptmann bestellen, der werde dem Lande Ruhe und Ordnung verschaffen, vor allem aber die verpfändeten Burgen, Städte und Einnahmequellen einlösen; er bestätigte den Ständen ihre Rechte und Freiheiten erst, nachdem sie das Gelöbniß abgelegt, den Burggrafen willig aufzunehmen und sich ihm rücksichtlich der ihm zu verschreibenden Geldsummen zu verpflichten. Noch deutlicher gab der König seine Absichten in Betreff des Burggrafen darin zu erkennen, daß er in denselben Tagen, wo König Wenzel ihm die Herrschaft über das Deutsche Reich abtrat, am 8. Juli 1411 in einem Patente jenem als obersten und allgemeinen Verweser der Mark, mit alleinigem Vorbehalt der kurfürstlichen Würde, unumschränkte Verfügung über das Land mit dem Rechte über Krieg und Frieden und ausgedehnteste Gerichtsbarkeit verlieh und diese Rechte auch auf seine Erben übertrug, in einem zweiten Patente vom 11. Juli aber ihm und seinen Erben den Besitz Brandenburgs so lange zusicherte, bis die ihm auf das Land verschriebenen 100000 Goldgulden gezahlt seien. Diese Summen sollten dem Burggrafen zum Ersatz für die Kosten dienen, welche die Wiederherstellung der Herrschergewalt in dem vorläufig fast aller Einkünfte entbehrenden Lande verursachen würde. Die Einlösungssumme wurde bald nachher unter der Form eines dem ältesten Sohne Friedrichs, Johann, bei seiner künftigen Vermählung mit der Barbara, Tochter des Kurfürsten Rudolf von Sachsen, bestimmten Heirathsgutes um 50000 Goldgulden erhöhet. Eine festere Zusicherung des Besitzes konnte König Sigismund wahrscheinlich dehalb nicht geben, da die dafür nöthige Zustimmung König Wenzels, der selbst diese Verpfändung erst am 15. December 1411 bestätigte, zur Zeit nicht erreichbar zu sein schien. Schwieriger als der Abschluß dieser Verträge war die Geltendmachung derselben. Da der Burggraf, durch Geschäfte [468] im Reiche und in seinen Stammlanden an der Uebernahme der Verwaltung fast ein ganzes Jahr verhindert, als seinen Vertreter den Ritter Wend von Eilenburg in die Mark sandte, so sahen die Märker in dem von geringer Truppenmacht unterstützten, ohne Energie auftretenden Manne nur eine Wiederholung der fremden Hauptleute, an denen sie in den letzten Zeiten viele böse Erfahrungen gemacht hatten, weigerten sich ihn anzuerkennen, und ließen sich in ihrem gesetzlosen Treiben nicht stören; auch die Besseren verspotteten den „Nürnberger Tand“, der ihnen Hülfe bringen wollte. Das änderte sich nun einigermaßen, als F. im Juni 1412 an der Spitze eines zahlreichen Gefolges fränkischer Mannschaft und begleitet von mehreren Reichsfürsten in der alten Hauptstadt Brandenburg eintraf und während er die Stände der Mittelmark dahin berief, bis zum Versammlungstage die Hauptorte Berlin, Cöln und Spandau besuchte und wie es scheint, nicht ohne Anwendung von Gewalt, zur Huldigung nöthigte. Das hatte die gute Wirkung, daß am 10. Juli die beiden Bischöfe, die Städte und ein Theil des Adels sich einstellten. Dagegen erklärten nach einigen Verhandlungen sämmtliche Stände der Altmark und Priegnitz durch ihren früheren Landeshauptmann Caspar Gans von Putlitz, daß weil König Sigismund sich nicht deutlich genug darüber ausgesprochen habe, sie weder den Burggrafen als ihren Hauptmann anerkennen, noch sich eine Einlösung der Pfandschaften gefallen lassen würden. Diesem Trotze der Landschaft gegenüber beobachtete der Burggraf eine Zeit lang eine durchaus zuwartende Stellung. Auf einer Rundreise durch die gehorsamen Gebiete zeigte er sich so leutselig, nachsichtig und freigebig, daß, zumal als Sigismund in wiederholten Schreiben an die Märker ihnen jeden Vorwand zum Ungehorsam entzog, ja die Widerstrebenden mit der kaiserlichen Acht bedrohte, die Zahl seiner Anhänger auch unter dem Adel sich ansehnlich vermehrte, und selbst die Störrigen, namentlich die Quitzow’s, welche schon auf den Kampf vorbereitet, mit den Putlitz’, den Rochow’s und Bredow’s Waffengemeinschaft geschlossen hatten, und in ihrem Trotze sich hören ließen, daß, wenn es auch ein ganzes Jahr Nürnberger regnete, sie ihre Schlösser doch wol behaupten würden, vor gewaltsamen Maßregeln gegen ihn zurückgeschreckt wurden. Diese zuwartende Haltung des Burggrafen hing wesentlich mit seinem Plane zusammen, erst dann Gewalt anzuwenden, wenn er den Ungehorsamen jede Aussicht auf auswärtige Hülfe entzogen hätte. Seit dem Ausgange der Askanier hatten die Nachbarfürsten der Mark in Magdeburg, Braunschweig, Sachsen, Anhalt, Mecklenburg, Pommern und Schlesien nicht nur große Landstrecken unter allerlei rechtlichen und unrechtlichen Formen an sich gebracht, sondern auch die innere Zerrüttung gefördert, um im Trüben fischen zu können. Aber F. wußte, daß jetzt mancher dieser Fürsten das märkische Räuberwesen, von dem er selbst zu leiden hatte, abgestellt wünschte; mit ihnen unterhandelnd glich er nicht nur alle Streitigkeiten vorläufig aus, sondern bestimmte namentlich den Erzbischof von Magdeburg am 19. September 1412 zu einem Vertrage, welcher ihn verpflichtete, zwei Jahre zur Bekämpfung der Friedensbrecher mitzuwirken; gleiche Verpflichtung gegen ein jährliches Dienstgeld, das er von König Sigismund empfing, übernahm Bernhard von Braunschweig-Lüneburg; andere Einigungen hatten zur Folge, daß der Graf Albrecht von Anhalt seine Verbindung mit den Quitzow’s aufgab, die mecklenburgischen Herzoge, sowie die Herzoge von Pommern-Wolgast und Glogau, zum Theil durch verwandtschaftliche Bande oder Dienstverträge gewonnen, die Bestrebungen des Burggrafen unterstützten. Nur die Herzoge Casimir und Otto von Stettin, welchen der alternde Vater Swantibor ebendamals 1412 sein Herzogthum übertragen hatte, mochten umsoweniger die Gewalt des Burggrafen aufkommen lassen, da sie von den aufständischen Märkern als Landeshauptleute in der Mittel- und Uckermark, welches Amt [469] Markgraf Jobst ihrem Vater ertheilt hatte, anerkannt worden und des Pfandbesitzes, des größten Theils der Uckermark, der ihnen in den früheren Zeiten zugefallen war, durch den Burggrafen beraubt zu werden fürchten mußten. Diese allein setzten in Verbindung mit den märkischen Bundesgenossen ihre räuberischen Einfälle in die Mark fort; am 24. October 1412 gelang es ihnen sogar in einem Ueberfalle auf dem Kremmer Damme, drei fränkische Edle aus der Umgebung des Burggrafen meuchelmörderisch ums Leben zu bringen. Doch vermochten solche Zwischenfälle nur wenig, den natürlichen Gang der Dinge aufzuhalten. Vielmehr bestimmte die veränderte Haltung der Nachbarn nach und nach nicht nur die Städte, sondern auch die meisten Adligen in der Altmark und Priegnitz auf die friedlichen Anerbietungen Friedrichs einzugehen und zu huldigen, ja selbst Caspar v. Putlitz und Hans v. Quitzow bequemten sich im Januar 1413 zu einem Vergleiche, in welchem sie einige bedeutende Pfänder gegen Zahlung der Pfandsumme herausgaben, im Besitze der übrigen gelassen wurden, jedoch das Recht des Burggrafen zu ihrer Einlösung anerkannten, Treuschwur leisteten und denselben sofort durch Theilnahme an der Eroberung und Zerstörung des Schlosses Trebbin, eines Hauptraubnestes der Herren v. Maltitz, zu bewähren veranlaßt wurden. Die Märkischen Herren waren jedoch keinesweges gemeint, sich durch geleistete Eide in ihrem gewohnten Treiben stören zu lassen. Unmittelbar von dem eroberten Trebbin warfen sich die Quitzow’s und ihre alten Fehdegenossen in das zum Magdeburger Erzstifte gehörige Klostergebiet von Zinna, verheerten es aufs gründlichste und entfalteten, indem sie dieses Unwesen das ganze Jahr 1413 fortsetzten, so bedeutende Streitmittel, daß der Burggraf eine Zeit lang sich auf Unterhandlungen mit ihnen einließ, um Zeit zu Rüstungen zu gewinnen. Nachdem er sich jedoch der Unterstützung Magdeburgs versichert und sein Heer mit einer Anzahl kriegserfahrener Ausländer verstärkt hatte, brach er am Anfange des Februar 1414 zu gleicher Zeit gegen die vier Hauptschlösser der Rochow’s und Quitzow’s vor. Zu seinen Streitmitteln gehörten bereits große, mit Steinkugeln geladene Pulverbüchsen, deren eine, von besonders starker Wirkung, Landgraf Friedrich von Thüringen ihm geliehen hatte. Der Erfolg war ein gewaltiger, binnen wenigen Tagen waren die Burgen von Friesack und Golzow gewonnen, Wichard v. Rochow, Herr der letzteren, gezwungen, im Bußgewande und mit einem Strick um den Hals, mit den Seinigen sich vor dem Anführer des Belagerungsheeres zu demüthigen. Als die stärkste Burg galt Plaue, innerhalb ihrer mit vielen Kosten erst kürzlich erneuerten 14 Fuß dicken Ringmauern glaubte Hans v. Quitzow vollständig gesichert zu sein; aber nach wenigen Wochen schon schwand diese Zuversicht; bei einem Fluchtversuche im Rohrsumpfe entdeckt und gefangen, sieht er alsbald seine Mannschaft sich freiwillig ergeben, welchem Beispiele bald auch der Ouitzow’sche Befehlshaber in Beuthen folgte. Unter dem Eindruck dieses Sieges begibt sich der Burggraf in die Altmark und läßt in gleich empfindlicher Weise auch hier die Widerspenstigen seine Kraft fühlen. Bis zum Frühjahr 1414 ist die Eigenmacht des Adels vollständig gebrochen; weit und breit wird in Deutschland in Liedern und Sprüchen die unerhörte Heldenthat des Nürnberger Markgrafen gepriesen. Eine nach Tangermünde berufene Ständeversammlung des gesammten Landes hält in Gegenwart des Fürsten am 20. März 1414 zunächst Gericht über die theils gefangenen, theils flüchtigen Anstifter und Leiter der bisherigen Rechtsverletzungen und einigt sich sodann über eine Landfriedensordnung, welche jede Gemeinschaft mit Friedebrechern für ein Verbrechen erklärt, jeden Stand zur Abwehr, Verfolgung derselben und zu gegenseitigen Hülfsleistungen gegen sie verpflichtet, ja sogar für das Verhalten der in seinem Dienste stehenden Kriegsknechte, deren Namen und Zahl er binnen Monatsfrist dem Landesherrn einzureichen hat, verantwortlich macht und endlich [470] Abhaltung ordentlicher Gerichte in jedem Gebiete, um dem Beschädigten zu seinem Rechte zu verhelfen, anordnet. Daß es dem Lande an einer Gewalt nicht fehle, welche dieser Ordnung Geltung zu verschaffen wisse, bewies der Burggraf, indem er unmittelbar danach den Edlen Werner v. Holzendorf, der den Dietrich v. Quitzow, nachdem er, aus dem belagerten Friesack ins Ausland entflohen, schon im Februar 1414 mit Raubgenossen in die Mark zurückgekehrt war, in seiner Burg Bötzow aufgenommen hatte, vor das Landgericht in Berlin forderte und als derselbe auf dreimalige Ladung nicht sich stellte, mit Einziehung aller seiner Güter bestrafte. Unmittelbar darauf verließ der Burggraf die Mark, seiner Gemahlin Elisabeth, die bis dahin die fränkischen Besitzungen verwaltet hatte, unter dem Beistande des Geistlichen Johann v. Waldow, die Leitung der Mark übertragend, um auf die Interessen des Reichsregiments gleich erfolgreich einzuwirken. – Im September 1414 empfing er in Nürnberg den aus Italien, wo er für das Zustandekommen eines Concils Sorge getragen hatte, zurückgekehrten König. Dieser, erzürnt über die kühle Aufnahme, die er in Deutschland gefunden hatte, indem die von ihm nach Speier und sodann nach Coblenz berufenen Fürsten meistens ausgeblieben waren, war entschlossen nach Ungarn zu gehen und Deutschland sich selbst zu überlassen. Dem Bemühen des Burggrafen gelang es, sowol den König diesem übereilten Entschluß abwendig zu machen, als auch die Fürsten zu einem rücksichtsvolleren Verhalten zu bestimmen; so wurde es möglich, daß noch in demselben Jahre die Krönung am 8. November in Aachen stattfand, worauf der König um Weihnachten und wenige Tage später auch der Burggraf in Costnitz, wo das Concil bereits seit zwei Monaten tagte, eintraf. In den religiösen Vorurtheilen seiner Zeit befangen, zeigt dieser hier für die Sache Hussens weder Verständniß noch Mitgefühl, wol aber beeiferte er sich, die Auctorität des Concils gegen Papst Johann XXIII., der sich derselben am 20. März 1415 durch die Flucht zu entziehen wagte, aufrecht zu erhalten. Als Feldhauptmann des Reiches vom Könige beauftragt, die Acht an Herzog Friedrich von Oesterreich, dem Mitschuldigen des Papstes zu vollstrecken, machte der Burggraf von seinen geringen Streitmitteln einen so geschickten Gebrauch, daß schon am 5. Mai der Herzog und bald danach auch der Papst zur Rückkehr nach Costnitz sich genöthigt sahen. In eben diesen Tagen, am 30. April vollzog der König eine Urkunde, in welcher er dem dem Burggrafen verliehenen Besitz der Mark Brandenburg größere Sicherheit dadurch verlieh, daß er die Abstandszahlung von 150000 Gulden auf 400000 erhöhte, andererseits auch die Würde eines Markgrafen von Brandenburg und Erzkämmerers des Reiches damit verband. Als Ursache dieser Standeserhöhung bezeichnet der König neben den Verdiensten, die sich F. um seine Person und um das Reich erworben habe, die Nothwendigkeit zur Herstellung des Gleichgewichtes unter den geistlichen und weltlichen Kurstimmen, von welchen letzteren zwei, die von Brandenburg und Böhmen, weil sie dem Könige zugehörten, ruheten, wenigstens eine durch diese Uebertragung wieder ins Leben zu rufen. Die Erhöhung der Abstandssumme war ohne Zweifel bedingt durch die bedeutenden Geldmittel, welche F. zum Theil durch Anleihen für die Beruhigung der Mark und für die Einlösung der Pfandgüter aufgebracht hatte. Wenn dann der neue Markgraf in einer Gegenerklärung (3. Mai 1415) sich verpflichtet, das Land und die Würde nicht nur gegen Zahlung des Abstandsgeldes, sondern auch dann und zwar unentgeldlich zurückzugeben, wenn er auf Sigismunds Geheiß oder mit dessen Willen römischer König werde, wie denn auch beim Erlöschen seines Geschlechtes Sigismund und Wenzel das Heimfallsrecht in der Mark zustünde, wenn er ferner gegen Sigismund und Wenzel und beider Erben bei den Königswahlen oder in künftigen Kriegen allerlei Leistungen zusagt, für welche damals geringe Wahrscheinlichkeit vorlag, [471] daß sie jemals gefordert werden würden, so erkennt man leicht, daß, wie einerseits damals dem Könige Sigismund der Gedanke nahe lag, seinem Freunde dereinst die Nachfolge zu verschaffen, die angebotenen Gegenleistungen darauf berechnet waren, auf König Wenzel einzuwirken, dessen Zustimmung zu einer Trennung Brandenburgs vom Königreich Böhmen erforderlich schien, um der Verleihung volle rechtliche Geltung zu verschaffen. Während König Sigismund darauf anderthalb Jahre einer großen Friedensreise widmete, auf welcher er die westlichen Staaten für die von dem Concil erstrebte kirchliche Einheit innerhalb der abendländischen Christenheit zu gewinnen suchte, benutzte F. diese Zeit, um theils die Kurfürsten, theils König Wenzel für die Anerkennung seiner Kurwürde zu gewinnen; bei den ersten gelang ihm dies vollständig, in Böhmen mußte er sich schon zufrieden geben, König Wenzel, der wegen Hinrichtung Hussens seinem Bruder aufs heftigste zürnte, durch eine Reise nach Prag (Juli 1416) mit demselben zu versöhnen und dadurch wenigstens von einem entschiedenen Widerspruche gegen seine eigene Erhebung abzuhalten. Längere Zeit widmete er der Mark, deren Ruhe während seiner Abwesenheit durch Dietrich v. Ouitzow gestört war, indem er mit dem Beistande der Herzoge von Stettin, später der mecklenburgischen Fürsten seine Raubeinfälle erneuerte. Unterstützt jedoch durch ein Achtsmandat, welches König Sigismund gegen die Pommern veröffentlichte, sowie durch die unter den mecklenburgischen Fürsten herrschende Zwietracht, brachte der Markgraf es schließlich dahin, daß der Friedensstörer vertrieben und auf Grund der mit seinen Schützern geschlossenen Verträge ein Theil der verpfändeten Uckermark ausgelöst wurde. Wirksamer für den innern Frieden waren die zahlreichen Gnadenacte, durch welche F. seine gedemüthigten adligen Widersacher mit seiner Herrschaft versöhnte und in Folge davon fast ohne jeden Widerspruch ihm von allen Ständen mit Bezug auf seine markgräfliche Würde aufs neue gehuldigt wurde. Nach Constanz im October 1416 zurückgekehrt, empfing er dann von dem drei Monate später hier ankommenden Könige Sigismund in einem feierlichen Acte am 18. April 1417 die Belehnung mit dem Kurfürstenthume.

F. befand sich damals auf der Höhe seiner Macht und seines Ansehens. Während sein Bruder Johann die Interessen der Familie in den fränkischen Erblanden wahrnahm, durfte er jetzt aus dem Besitz der Mark, für deren Erwerbung er bisher nur Opfer gebracht hatte, auch äußeren Gewinn zu ziehen hoffen, nicht bloß Zuwachs an Einkünften, wie denn 1416 zum ersten Male die Städte für ihn eine außerordentliche Landessteuer, eine „Landbede“, aufbrachten, sondern auch die Wiedererwerbung der Lehnshoheit über Pommern und aller der Gebietstheile, welche der markgräflichen Gewalt seit hundert Jahren entzogen worden waren. Noch bedeutenderer Geltung erfreute er sich im Reiche, wo König Sigismund ihm nicht nur bis zu Schluß des Concils die wichtigsten Regierungshandlungen übertrug, sondern auch am 2. October 1418 während seiner Abwesenheit aus Deutschland zu seinem Statthalter ernannte, und in dieser Eigenschaft hat er in der nächsten Zeit, wiewol meist nur auf das Gewicht seiner Persönlichkeit beschränkt, Streitigkeiten auch der mächtigeren Stände unter eineinander oder mit dem Könige beigelegt, das zerrüttete Münzwesen geordnet und die Erhebung der von Papst Martin V. dem Könige bewilligten Zehnten aller geistlichen Einkünfte in Deutschland bewerkstelligt, und dies mit solchem Erfolge, daß die vom Könige 1415 angedeutete Möglichkeit, daß F. deutscher König werden könnte, den Zeitgenossen der Verwirklichung sich zu nähern schien.

Die Macht der Ereignisse jedoch, vielleicht auch der leichte und unstete Sinn Sigismunds trieb bald darauf die bisher so enge Befreundeten zu beider Nachtheil in entgegengesetzte Richtungen. Der Widerwillen, den die Böhmen gegen den deutschen König wegen des ihrem Märtyrer Huß gebrochenen Geleites hegten, steigerte [472] sich, als er durch den Tod Wenzels (16. August 1419) Erbe der böhmischen Krone durch eine päpstliche Partei zu gewaltsamer Vernichtung der Hussiten aufgereizt, zum Januar 1420 einen Fürstentag nach Breslau berief, wo ein Kreuzzug gegen die Ketzer angeordnet wurde. Der anwesende Markgraf, der schon bisher stets versöhnlichen Maßregeln gegen die Hussiten das Wort geredet hatte, mißbilligte auch diesen Beschluß, welcher die Böhmen, deren Vornehmen bald durch ihre Zwietracht in sich selbst zerfallen werde, leicht zu einmüthigem Widerstande treiben dürfte, und gerade jetzt um so gefährlicher sei, wo der König von Polen durch einen parteiischen Schiedsspruch erbittert, den Sigismund hier in Breslau in dessen Streite mit dem deutschen Orden gefällt hatte, in der Unterstützung der Böhmen eine erwünschte Gelegenheit zur Rache fand. Während sein Rath unbeachtet blieb, sah F. sich genöthigt, ehe er an dem Zuge theilnehmen konnte, eiligst (Anfang März 1420) seinen bedrängten Märkern Hülfe zu bringen. Herzog Casimir von Stettin nämlich, durch König Sigismund kürzlich an seine Lehnspflicht gegen den Markgrafen erinnert, hatte in Verbindung mit mecklenburgischen und pommer’schen Fürsten die Abwesenheit Friedrichs benutzt, um unter Herbeiziehung polnischer Hülfstruppen durch einen verheerenden Einfall in die Mark die Kräfte des gefährlichen Nachbarn zu schwächen. Der Plan mißlang. Der Markgraf, in Eilmärschen zurückkehrend, warf sich noch im März auf die zum Entsatz von Angermünde heranziehenden Feinde und brachte in einem glänzenden Waffengange ihnen eine so empfindliche Niederlage bei, daß sie bald unter demüthigenden Verträgen sich zeitweilige Waffenruhe erbitten mußten. Als er nach vollständiger Beruhigung des Landes am Ende des Jahres sich nach Franken begab, fand er König Sigismund mißmuthig über den böhmischen Feldzug, in dem er in schimpflicher Weise von den Ketzern besiegt bis an die nördlichen Grenzen hatte weichen müssen, in seiner üblen Laune denjenigen sein Ohr leihend, die in dem Ausbleiben des Markgrafen die Ursache alles Unheils, einen Beweis seiner treulosen Gesinnung erblickten. Die Mittheilungen, die F. ihm machte, gaben diesem Unmuth neue Nahrung. Während einer Verhandlung mit den Polen über die Auslösung ihrer bei Angermünde in seine Hand gefallenen Landsleute wurde eine Heirath zwischen dem zweiten Sohne des Markgrafen F. und dem damals einzigen Kinde des Königs Wladislav Jagello, der Prinzessin Hedwig, zur Sprache gebracht. Der Markgraf ging auf den Vorschlag bereitwillig ein, nicht nur, weil sich seinem Sohne die Aussicht auf den polnischen Thron eröffnete, sondern auch in eigenem Interesse einmal, um dem Herzog Casimir von Stettin, der sich gleichfalls um die Prinzessin bewarb, zuvorzukommen, dann aber auch in der Hoffnung, mit polnischer Hülfe den deutschen Orden zu der bis jetzt verweigerten Zurückgabe der verpfändeten Neumark zu nöthigen. Da Sigismund, dem F. bei jenem Besuch diesen Plan mittheilte, demselben nicht widersprach, so säumte der Markgraf nicht, seine Zusage nach Polen zu senden und eine persönliche Zusammenkunft zum Frühjahr 1421 zu verabreden. Nicht lange jedoch, so erläßt Sigismund auf die Nachricht, daß die Hussiten dem polnischen Könige die Krone angeboten, an F. die Mahnung, von jener Heirath abzustehen; daß F., an seiner Zusage festhaltend, im April in Krakau mit dem Könige von Polen einen Heirathsvertrag für seinen achtjährigen Sohn und ein Bündniß gegen den deutschen Orden abschließt, wird an Sigismunds Hofe aufs übelste ausgedeutet. Die Stimmung ändert sich nicht, als sich herausstellt, daß Wladislav die böhmische Krone zurückgewiesen, der Markgraf aber seinen Bund mit Polen zunächst nur dazu benutzt habe, dem von den Polen aufs härteste bedrängten Orden einen Waffenstillstand auszuwirken. Die Spannung, die hiedurch einmal zwischen beiden Fürsten erzeugt, in der folgenden Zeit unter dem Einfluß verläumderischer Zuträgereien, namentlich [473] des boshaften Ingolstädter Herzogs bei der launenhaften Natur des Königs zu einer starken Kluft sich erweiterte, erwies sich für beide Theile, insbesondere aber für das deutsche Reich, in hohem Grade verderblich. Indem Sigismund von neuen Günstlingen geleitet, die Behauptung seiner Machtstellung hauptsächlich in den Mitteln seiner Hausmacht und in der Verbindung mit Herzog Albrecht von Oesterreich suchte, dem er 1421 seine einzige Tochter Elisabeth verlobte, hatte er in seinen politischen Entwürfen fortan nur dynastische Interessen im Auge und erinnerte sich nur dann seiner Pflichten gegen das Reich, wenn er der Hülfe desselben gegen die Böhmen bedurfte; und während seine Neigung für seinen Schwiegersohn in dem Maße wächst, daß er schon seit 1425 sich mit dem Gedanken beschäftigt, die deutsche Krone zu Gunsten Albrechts niederzulegen, läßt er sich durch wachsende Abneigung gegen F. zu den feindseligsten Handlungen gegen diesen verleiten. Die Statthalterschaft Friedrichs wird seit dem Bruche selbstverständlich als erloschen betrachtet, den Ränken seines böswilligen Gegners, Ludwigs des Bärtigen von Baiern-Ingolstadt, wird Vorschub geleistet, Herzog Casimir von Stettin (Februar 1424) im Widerspruche mit der 1417 dem Markgrafen ausdrücklich erneuerten Lehnsgerechtigkeit über Pommern für reichsunmittelbar erklärt und in Verbindung mit dessen Vetter Erich in Stolpe, welcher Unionskönig geworden ist, dazu aufgereizt, die Heirath des jungen Markgrafen Friedrich mit der polnischen Königstochter rückgängig zu machen, die Neumark (7. September 1429) als Besitzthum des deutschen Ordens anerkannt und dadurch gegen eine Einlösung von Seiten des Markgrafen geschützt; ja als F. am 17. Januar 1427 dem Kurverein zu Bingen beitritt, welcher Sigismund, im Falle er die Reichsgeschäfte vernachlässige, mit einer Beschränkung seiner Gewalt bedroht, sinnt der König, der darin den Plan, ihn abzusetzen, erkennt, darauf durch Aufbringung des Abstandgeldes jenem mit der Mark Brandenburg auch die Kurfürstenwürde wieder zu entreißen. So feindselige Schritte bleiben auch nicht ohne nachtheilige Wirkungen für den Markgrafen. In den fränkischen Landschaften wird der bairische Erbfolgekrieg von den Ingolstädtern erneuert, und F., der gerade in dieser Zeit seiner festesten Stütze in diesen Gegenden, seines Bruders Johann, durch den Tod (11. Juni 1420) beraubt wird, hat hier die Last dieses Krieges allein zu tragen. Um so schwieriger wird es unter solchen Umständen, die Mark gegen die feindseligen Nachbarn, denen der Unionskönig Erich seine Unterstützung leiht, zu schützen. Dabei macht er die trübe Erfahrung, daß trotz der Milde und Nachsicht, die er nicht nachläßt, dem gedemüthigten märkischen Adel zu beweisen, dieser dennoch dem Fürsten sein Gefolge fränkischer Mannen und seine häufige Abwesenheit aus der Mark zum Vorwurf macht. Ein Gefecht, das er (November 1425) den Pommern bei Vierraden liefert, und dessen nachtheiligen Ausgang er der Untreue seiner Truppen zuschreibt, erfüllt ihn mit solcher Abneigung gegen das Land, daß er seinem ältesten Sohne Johann (13. Januar 1426) die Regierung überträgt und für immer Brandenburg verläßt. Auch die Hoffnung, die er an die polnische Heirath knüpfte, ging verloren, seitdem dem Könige Wladislav seit 1425 Söhne geboren wurden; ebenso wenig geht die Hoffnung in Erfüllung, seinem Sohne Johann Kursachsen nach dem Aussterben des Askanischen Hauses (Nov. 1422), dem seine Gemahlin angehört, zu erwerben, indem König Sigismund dem Hause Wettin den Vorzug gibt. Doch weder die Undankbarkeit des Königs, noch alle jene Widerwärtigkeiten hielten den hochherzigen Fürsten ab, seinen Pflichten gegen das Reich mit Rath und That gewissenhaft nachzukommen, um so weniger, da er trotz der Ungnade des Königs nach wie vor als die Hauptstütze der Reichsgewalt anerkannt wird. Neben und vor anderen Reichsgeschäften nahmen die Hussitenkriege seine Sorge in Anspruch. Während König Sigismund in Uebereinstimmung mit der [474] päpstlichen Curie starrsinnig auf einen Ausrottungskrieg gegen die Ketzer bestand, ohne die Geringfügigkeit der Mittel, über welche er zu verfügen hatte, in Betracht zu ziehen, bemühte sich F., welcher mit Ausnahme des ersten Feldzuges von 1420 an allen Unternehmungen und zwar meistens als oberster Feldherr persönlich theilnahm, nachdem er bald nach trüben Erfahrungen die Nothwendigkeit erkannt hat, der neuen Kriegsweise dieser fanatischen Schaaren geeignete Widerstandskräfte gegenüber zu stellen, eine Reichsarmee geschulter Söldner aufzubringen, deren Unterhalt durch eine Reichssteuer gesichert werden sollte. Da aber die von ihm oder Gesinnungsgenossen schon 1422 gemachten Vorschläge ebenso wie ein ihnen entsprechender Reichstagsschluß von 1427 trotz des traurigen Ganges des Krieges bei der Schlaffheit des Königs und der Engherzigkeit der Stände in mangelhafter Weise zur Ausführung kamen, so erkannte er in einer friedlichen Einigung mit den Hussiten das alleinige Rettungssmittel. Solcher Einigung standen jedoch bedeutende Schwierigkeiten im Wege; es kam darauf an zunächst bei den hussitischen Führern, gegen welche man von deutscher Seite jede Art von Untreue für erlaubt hielt, Vertrauen zum Friedenswerke zu erwecken, andererseits eine Auctorität in Deutschlands aufzurichten, welche auch dem Widerspruche des Königs und Papstes gegenüber zum Abschluß des Friedens berechtigt, demselben Geltung zu verschaffen wußte. Eine solche Auctorität durfte man hoffen in der Kirchenversammlung zu gewinnen, welche Papst Martin V. bis zum März 1431 nach Basel zu berufen verpflichtet war. Nun hatte ein Raubzug, auf welchem die Hussiten im December 1429 Franken mit schwerer Verwüstung heimgesucht hatten, den Markgrafen genöthigt, den Feinden im Namen seiner fränkischen Mitstände eine bedeutende Brandschatzung für ihren Abzug und für Gewährung eines Stillstandes anzubieten. Bei den Verhandlungen hierüber, die am 6. Februar 1430 zum Abschlusse gediehen, fand er Gelegenheit, sich mit den Führern jenes Zuges zu befreunden; man kam überein, durch eine Disputation von Theologen beider Theile eine Ausgleichung des Glaubensstreites anzubahnen. Da aber der Papst nicht nur die Disputation verbot, sondern zu einer neuen Heerfahrt gegen die Ketzer aufreizte, von einer Berufung des Concils aber nichts hören ließ, so war es von gewaltiger Wirkung, als ein Placat, welches am 8. November 1430 in Rom am Vatican und anderen Orten angeheftet ward, und dessen Verfasser sich zwei deutsche Fürsten nannten – man hielt dafür allgemein den Markgrafen F. und seinen Schwiegersohn Herzog Ludwig von Brieg –, den Papst und die Cardinäle unter Androhung der Absetzung zur ungesäumten Berufung des Concils anmahnte. Das Placat hatte solche Wirkung, daß Cardinal Cäsarini bald danach zur Vorbereitung der Versammlung nach Deutschland gesandt wurde. Ehe noch das Concil mit der hussitischen Angelegenheit sich beschäftigen konnte, hatte der traurige Ausgang eines Unternehmens, welches Sigismund zu Stande gebracht hatte, und dessen Leitung dem Markgrafen aufgenöthigt war, namentlich die schmähliche Niederlage bei Tauß (14. August 1431), den Sinn des Königs dermaßen gebrochen, daß er selbst die Böhmen zur Beschickung des Concils aufforderte, unter der Versicherung, daß Markgraf F. bevollmächtigt sei, ihre Gesandten unter seinen Schutz zu nehmen und den zu schließenden Vergleich zu bestätigen. Während Friedrichs Freund, der Magdeburgische Domherr Heinrich Tocke, auf dem Concile die versöhnlichen Grundsätze desselben vertrat, hat F. selbst den übernommenen Auftrag gewissenhaft ausgeführt; er begleitete die erste Gesandtschaft des Concils persönlich nach Eger; in seiner Wohnung fanden die ersten Disputationen statt und im Vertrauen auf seine Bürgschaft begaben sich die Gesandten der Hussiten nach Basel. Daß die Verhandlungen sich zwei Jahre lang hinzogen, gereichte ihm selbst zu großem Nachtheile. Denn da er gehorsam dem [475] Concile, welches aus Einzelverträgen mit den Hussiten eine Erschwerung des allgemeinen Friedens fürchtend dieselben verbot, den mit denselben abgeschlossenen Stillstand nicht erneuerte, so benutzten dies hussitische Raubschaaren, um 1432 die Marken bis in die Gegend von Berlin zu verwüsten. Schließlich wurde jedoch und zwar vorherrschend durch seine Bemühungen das Ziel erreicht; die am 30. November 1433 abgeschlossenen Prager Compactaten, welche im Juni 1436 zu Iglau definitiv bestätigt wurden, haben dem deutschen Reich den Frieden wiedergegeben und Sigismund den böhmischen Königsthron verschafft. Es diente dem Gemüthe Friedrichs zu großer Beruhigung, und er sprach dies gegen seinen Sohn Albrecht auf die Nachricht vom Tode König Sigismunds, welcher am 9. December 1437 erfolgte, aus, daß seit eben jenen Ereignissen der König sich ihm wieder freundlich genähert habe. Jene vorherrschende Rücksicht auf das Wohl des Reiches, welche dem Markgrafen für sein früheres Walten maßgebend gewesen war, leitete ihn auch bei den beiden Königswahlen, welche er noch erlebte. Allerdings wünschte er, daß einer seiner drei älteren Söhne Sigismunds Nachfolger würde. Sobald jedoch die Mehrheit der Kurfürsten sich für Albrecht von Oesterreich erklärte, so trat er nicht nur derselben bei, sondern gab auch seinen patriotischen Sinn darin zu erkennen, daß er dem neuen König unter seinem Sohne Albrecht ein Hülfsheer zusandte, das jenem im Kampfe gegen die Böhmen und Polen die ersprießlichsten Dienste leistete. Ingleichen bemühete er sich, als Albrecht schon nach anderthalb Regierungsjahren am 27. October 1439 starb, dem Landgrafen Ludwig von Hessen, dessen Energie ein kräftiges Regiment erwarten ließ, das Reich zu verschaffen, fügte sich jedoch, als die Mehrheit aus Scheu vor einem thatkräftigen Könige am 28. Januar 1440 den Oesterreicher Friedrich III. erwählte. Damals hatte sich der greise Markgraf schon seit drei Jahren von den Geschäften auf die Cadolzburg zurückgezogen und bereits am 7. Juni 1437 über seine Lande so verfügt, daß von seinen vier Söhnen der älteste und der dritte Sohn, Johann und Albrecht, die fränkischen Landschaften sich theilen, der zweite Sohn Friedrich in Verbindung mit seinem jüngsten noch unmündigen Sohne Friedrich dem Feisten die Marken vorläufig gemeinsam besitzen sollten. Hier auf der Cadolzburg ist der Fürst am 20. September 1440 gestorben. Ein Altarschrein in der Kirche dieser Burg stellt ihn als eine kräftige Gestalt von mittlerer Größe dar, mit starkem dunkeln Haupthaar, das hinten bis zum Nacken herabhängt, mit rundem, vollem, etwas breitem Gesicht von mildem und wohlwollendem Ausdruck. Auch seine Zeitgenossen erkannten in ihm einen ihrer bedeutendsten Fürsten, der als Familienvater wie als Regent gleich hoch geachtet, Frömmigkeit mit dem ernstesten Pflichtgefühl vereinigte, wie er denn seine Stellung als die eines schlichten Amtmannes Gottes an dem Fürstenthum bezeichnete, trotz seiner Tapferkeit und Feldherrntüchtigkeit als einen Mann des Friedens, mit allem seinem Trachten vornehmlich darauf gerichtet, „daß das Recht gestärkt, das Unrecht aber gekränkt werde.“

Riedel, Gesch. des Preuß. Königshauses. Ranke, Genesis. Droysen, Gesch. der Preuß. Politik.