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ADB:Fredericks, Wilhelm

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Artikel „Fredericks, Wilhelm“ von Jacob Cornelis van Slee in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 332–333, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fredericks,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:24 Uhr UTC)
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Band 7 (1878), S. 332–333 (Quelle).
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Fredericks: Wilhelm F. Im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erfreute sich die Kirche Groningens einer Blüthe und eines Friedens, welche fast überall anderwärts fehlten. Dort lebte der wahrhaft religiöse Geist des Wessel Gansfort und Agricola’s fort und es zeigte sich der wohlthätige Einfluß der Brüder des gemeinsamen Lebens besonders deutlich in einem wahrhaft sittlichen Leben und einer aufgeklärten Gesinnung der Geistlichkeit. Das humanistische Streben eines Erasmus, wiewol an sich anderen Zielen zustrebend, erwarb großen Beifall, wie bei den Groninger Scholarchen, Gosewin von Halen und Nicolaus Lesdorp, so auch bei den vornehmsten Geistlichen, unter welchen Jeliner, Canter und Evert Jarges am meisten hervortreten. Dies Streben schien zugleich eine allmählige Besserung der kirchlichen Schäden und eine langsame, jedem gewaltsamen Eingriffe von außen her wehrende Reformation der Kirche zu versprechen. Die Seele dieses Kreises ausgezeichneter Männer war der Hauptpastor der Martinikirche, Wilhelm F., welcher besonders seit 1521 als persona personatus der Kirche Groningens fast bischöfliche Macht erhielt, und durch seine Gelehrsamkeit das unbeschränkte Lob des Erasmus erwarb. Er war nicht nur Magister der freien Künste, sondern auch Doctor der Medicin. Vielleicht – denn Nachrichten über sein früheres Leben besitzen wir nicht – hat er die Heilkunde wirklich ausgeübt, ehe er die Priesterweihe erhielt. Er muß auch verheirathet gewesen sein, da er einen Sohn Hieronymus hinterlassen hat, und doch das Lob eines Zeitgenossen, er sei ein Mann von ganz und gar tadellosem, sittlichem Leben gewesen, den Gedanken des Zusammenlebens mit einer Concubine (focaria) fern hält. Vielleicht wandte er sich erst nach dem Tode seiner Gattin dem geistlichen Stande zu. Ein Zeitgenosse sagt von ihm, dem Augustinus ähnlich sei er „die Ehre des Landes, die Zucht der Priester, das Orakel des Volkes, die Hoffnung der Waisen, die Zuflucht der Armen, der Vertheidiger der Wittwen und der Gönner aller [333] Guten.“ Er übte den größten Einfluß auf die sittlich-religiösen, kirchlichen und politischen Verhältnisse seiner Umgebung. Durch seine Persönlichkeit und Macht hielt er die Opposition im Zügel, welche sich dem Herzoge von Geldern, Karl von Egmond, dessen Herrschaft die Stadt Groningen anerkannt hatte, im Interesse Kaiser Karls V. widersetzte. Daneben war ihm das sittliche Leben seiner Geistlichen, der Schulunterricht des Volkes, die Vertilgung des Aberglaubens und vieler kirchlichen Mißbräuche ein Gegenstand ernster Sorge. Auch blieben seine Bemühungen nicht ohne Frucht. Die Kirche Groningens schritt wirklich vorwärts auf der Bahn einer stetigen Entwicklung und innerer Reformation. Daher widerstrebte ihm, dem Geistverwandten des Erasmus, der gewaltsamere und niederreißende Charakter der lutherischen Kirchenreinigung. Jede durchgreifende Maßregel erschien ihm unräthlich und unnöthig. Die Kirche, glaubte er, werde durch geduldig anhaltende Beseitigung abergläubischer Mißbräuche und wachsende Erleuchtung von selbst zur gewünschten Erneuerung gelangen. Die deutsche Reformation hatte daher im Kreise des Wilhelm F. kaum einen anderen Einfluß, als daß hier nun das freie religiöse Streben im Geiste Wessel Gansfort’s um so öffentlicher auftrat. Den alten Feinden der Brüder Gerhard Groote’s, den Dominicanern, war dennoch auch dieses, bedachtsame reformatorische Bestreben zuwider. Der Humanismus erschien ihnen kirchengefährlich; ja, F. und seine Genossen waren ihnen der Heterodoxie verdächtig. Daher forderte der Prior des Dominicaner-Convents zu Groningen, Laurens Laurensen, den Geistverwandten des Erasmus zu einer Disputation heraus, welche 1523 stattfand. Dieses Gespräch, dessen Acta de Hoop Scheffer in seiner „Geschied. der Herv. Kerk in Nederl. 1531“ mittheilt, gibt uns ein schönes Bild von der geschilderten freien Gesinnung der Groningischen Geistlichkeit, und daß sie in der That auch auf die Nächstbetheiligten nicht ohne nachhaltigen Eindruck blieb, beweist der Umstand, daß der Prior, auch nach seiner Ernennung als Inquisitionsrichter niemals wagte, die Groninger Humanisten anzugreifen. Die Reformation dieser Gegend schritt in solchem Geiste ohne Gewaltthätigkeiten vorwärts, bis sie ihren Abschluß durch Praedinius, Stephan Sylvius und Andere erhielt. Der Tod hatte inzwischen schon 1524 den F. abgerufen; diesem aber gebührt unstreitig die Ehre einer in damaliger Zeit so seltenen ruhig friedlichen Entwicklung der kirchlichen Angelegenheiten.

Vgl. außer der gen. Schrift:Van der Aa, Biogr. Woordenb. Glasius, Godgel. Nederl., und besonders J. Reitsma in den Bijdr. tot. de gesch. en oudheidk. van Groningen, t. III. -