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ADB:Karl von Egmont

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Artikel „Karl, Herzog von Geldern“ von Pieter Lodewijk Muller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 288–292, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_von_Egmont&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 09:41 Uhr UTC)
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Karl, Herzog von Geldern, gewöhnlich Karl von Egmond genannt, ward 1467 in Arnheim geboren, † am 30. Juni 1538, Sohn des Herzogs Adolf (s. d.) und Catharina’s von Bourbon. Als Karl der Kühne den Vater gefangen und dessen Herzogthum erobert hatte, ward der Sohn in Gent erzogen und blieb auch später am Hofe der Herzogin Maria von Burgund und des Erzherzogs Maximilian, des späteren Kaisers. So begleitete K. den Beherrscher seines [289] Erblandes nachher in den Krieg gegen Frankreich. In der Schlacht von Béthune aber (Juli 1487) ward er gefangen und wechselte so die österreichische mit der französischen Haft. Doch die Geldrischen hatten den jungen Erben ihres Landes nicht vergessen. Sie ertrugen nur gezwungen die burgundisch-österreichische Herrschaft und von allen Seiten von den Feinden Maximilians angefeuert, brachten die Stände des Herzogthums und der Grafschaft Zütphen das Lösegeld zusammen, das die Franzosen um so lieber annahmen, als sie durch Karls Befreiung den Oesterreichern schwere Sorge zu bereiten hofften. So geschah es, daß 1492 K. aus seiner Gefangenschaft in sein Erbland zurückkehrte und ihm von den meisten Städten und Edlen, den Drohungen Maximilians und den Bemühungen seines Statthalters, des Grafen Adolf von Nassau zum Trotz gehuldigt wurde. Die Franzosen hatten keine irrige Rechnung gemacht. Das ganze Leben Karls war von jetzt an ein fast ununterbrochener Krieg mit dem Hause Oesterreich: wenn auch nicht der gefährlichste, so ward er doch der lästigste Gegner des Erzhauses, ein unermüdlicher Feind, der diesen Kampf als Aufgabe seines Lebens betrachtete und dessen Fähigkeiten als Kriegs- und als Staatsmann, dessen unerschöpfliche List und Tücke nicht am wenigsten, selbst einer so überlegenen aber durch andere Kriege gebundenen Macht, wie der österreichischen in den Niederlanden gewachsen war, so lange er irgend welche Bundesgenossen zählte. Karls Erhebung zum Herzog hatte natürlich auch Krieg mit dem jetzigen Kaiser Maximilian und dessen Sohn Philipp dem Schönen, dem späteren König von Castilien zu Folge. Als derselbe ein Jahr gewährt, unterwarf K. sich dem Schiedsspruche der Kurfürsten. Doch als (1494), wie zu erwarten, ihm das Recht auf Gelderland völlig abgesprochen ward, ja selbst erklärt wurde, Geldern sei seit dem Tode des Herzogs Reinald IV. (1423) rechtlich an das Reich zurückgefallen gewesen und die Herrschaft der Egmond also eine Usurpation, weigerte sich K. nicht allein selber dem Spruch zu gehorchen, sondern auch die Geldrischen erhoben sich mit heftiger Erbitterung gegen denselben. Der Krieg entbrannte von Neuem. Die Geldrischen, gegen welche die Oesterreicher nur einen kleinen Theil ihrer Kräfte, welche in Italien und an anderen Orten vollauf beschäftigt waren, ins Feld führen konnten, blieben aber mit Hülfe der französischen Unterstützung an Geld und Truppen den Holländern und Brabantern gewachsen. Es war meistens der kleine Krieg in Geldernland, Utrecht, Overyssel, Brabant und den benachbarten deutschen Ländern, ein Krieg, arm an großen Gefechten und Unternehmungen, aber desto reicher an schrecklichen Verheerungen. Der Friede des J. 1498 zwischen Maximilian und König Ludwig XII. von Frankreich hatte jedoch die Vermittelung des letzterern zwischen K. und seinen deutschen Nachbarn, namentlich dem Herzog von Cleve, zu Folge. Im Juni des J. 1499 ward zu Aachen ein Waffenstillstand geschlossen, der mehrere Jahre hindurch verlängert ward und in welchen auch der Kaiser und sein Sohn, ohne genannt zu werden, mit einbegriffen wurden. 1503 entbrannte aber der Krieg aufs Neue. Der Kaiser veranlaßte seinen Sohn, denselben jetzt selbständig zu führen. Der vereinten Macht der Niederländer und ihrer deutschen Nachbarn war der Herzog, wie tapfer er sich wehrte, und wie oft er auch den Krieg ins feindliche Gebiet überzupflanzen suchte, nicht gewachsen. Verrath unter den Seinen, wo immer mehrere adliche Geschlechter die österreichische Partei hielten, kam hinzu. Der Seekrieg auf dem Zuidersee gegen die Holländer war unglücklich, die kleinen Städte ergaben sich bald dem König von Castilien, als derselbe nach heißem Kampfe Arnheim gewonnen. Nur Zütphen blieb fest. Da verlor K. den Muth. Er bat Philipp um freies Geleit und bat ihn fußfällig um Frieden. Er ward ihm gewährt, doch unter harten Bedingungen, u. a. sollte K. den König nach Spanien begleiten. [290] Kaum hatte der Sieger Geldern verlassen, als K. aus Antwerpen, wohin er sich begeben, um wie es hieß, nach Spanien überzusiedeln, dahin flüchtete. Ein Jahr später, 1506, fing der Krieg von Neuem an. Unter gewaltigen Verlusten von beiden Seiten, namentlich Holland und Brabant litten unsäglich, ward derselbe fortgesetzt bis zum J. 1508, als K. mit in den Frieden von Cambray eingeschlossen ward. Er war aber nicht zufrieden, obgleich die Erhaltung des Status quo und der Schiedsspruch des Kaisers und der Könige von Frankreich, England und Schottland über seine Ansprüche auf das Herzogthum, wahrlich bessere Bedingungen enthielten, als er zu erhalten gehofft hatte, und nur den Rathschlägen der Königin Margarethe von Oesterreich, der Regentin der Niederlande zu danken waren, welche glaubte, die Niederländer würden die Last des Krieges nicht weiter tragen wollen. Treulos wie er war, – man konnte meinen, er glaubte sich gegen seine Feinde nicht gebunden – und vielleicht der Erschöpfung derselben trauend, stand K. nicht an, jenen Frieden gleich nachher wieder zu brechen, weil die Bedingungen ihm nicht gefielen. Fünf Jahre währte dann wieder der Krieg, von endlosen Unterhandlungen eher genährt als unterbrochen und ohne entscheidenden Vortheil für beide Parteien, bis ein vierjähriger Stillstand demselben ein vorläufiges Ende brachte. Da jedoch Arnheim dabei in des Feindes Händen blieb, überfiel er gleich nachher, März 1514, diese Stadt und vertrieb die österreichische Besatzung; der Krieg fing also wieder an. Und das Glück war dem Kühnen hold; im selben Jahre riefen die Groninger, die der Graf Edzard von Ostfriesland nicht länger schützen konnte, gegen die Macht des Herzogs Georg von Sachsen und den Kaiser, Karls Hülfe an und huldigten ihm unter der Oberlehnsherrlichkeit des Königs von Frankreich, des Bundesgenossen Karls. Auch die nationale Partei in Friesland schloß sich ihm an, als er Truppen dahin sandte. So ward K. das Haupt aller Oesterreich feindlich gesinnten Elemente in den Niederlanden. Ein Stillstand im J. 1515 von Franz I. erwirkt, der von Oesterreich und Gelderland als Vermittler erwählt ward, hatte selbst in Friesland gar keine Folge, der Krieg hörte deswegen keinen Augenblick auf. K. selber jedoch zog, denselben benutzend, mit 6000 Mann nach Frankreich, um seinen Bundesgenossen auf dem Zuge nach Italien zu begleiten. Doch bevor die Schlacht bei Marignano geliefert ward, kehrte er um und ließ nur seine Landsknechte dem König. Schon im nächsten Jahr entbrannte auch der Krieg mit Holland und bald mit Utrecht und den übrigen österreichischen Ländern wieder. K. fand jetzt Bundesgenossen an der berüchtigten freien Landsknechtsbande, dem schwarzen Haufen und an dem nicht weniger berüchtigten Seeräuber Grossem Pier. Zwölf Jahre, 1516 bis 1528, dann und wann von nie gehaltenen Stillständen unterbrochen, währte der Kampf, bis die Niederlage der Franzosen bei Pavia demselben eine den Geldrischen ungünstige Wendung gab. Von da an verlor K. an Boden. Auch die Geduld seiner Unterthanen, welche ihm so lange als dem Vertreter ihrer nationalen Interessen gegen Oesterreich mit unerhörter Treue und Opferfreudigkeit gedient hatten, scheint erschöpft gewesen zu sein. Denn K., wiewol eben deshalb gezwungen namentlich den Städten Freiheiten und Rechte, die sie früher nie besessen, zuzugestehen, war ihnen öfter ein harter Herr, der keine Rechte achtete. So hielten auch die Gröninger nur nothgedrungen namentlich aus Haß gegen die von den Oesterreichern und Sachsen geschützten Ommelande bei ihm aus. So gab er endlich nach. Im Frieden von Gorcum (3. October 1528) ward er gezwungen, falls er ohne männliche Erben starb, die Erbfolge in seinen Ländern dem Hause Cleve zu sichern, ein Fall der leicht eintreten konnte, da er, nicht mehr jung 1519 mit Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg verheirathet, bis jetzt noch keine ehelichen Kinder hatte. Auch ward K. verpflichtet, [291] Gelderland als Lehen von den Herzogen von Brabant und Grafen von Holland, also nicht vom Reich zu besitzen und allen Verbindungen mit Frankreich zu entsagen. Die wenigen Friedensjahre, welche jetzt K. und seinen Ländern eine ungewöhnliche Ruhe gönnten, währten nicht lange. Streitigkeiten mit seinen Unterthanen, Fehden mit den Nachbarn kamen öfters vor, doch die unersättliche Kampflust des Herzogs fand darin ebensowenig Befriedigung wie sein Haß gegen Oesterreich in den Gorcumer Friedensbedingungen. Schon 1534 schloß er ein geheimes Bündniß mit Franz I., dem er dabei seine Länder als Lehnsherrn übergab, und bald mischte er sich in die dänischen Wirren, der Partei, welche dem Kaiser gegenüberstand, sich anschließend. Unter dem Vorwande dieses dänischen Krieges wollte er sich zur unbeschränkten Herrschaft über Groningen erheben, was ihm jedoch nicht gelang und die Groninger und Ommeländer bewog, sich dem Kaiser zuzuwenden; sie hatten doch schon wenig Vortheil von seiner Oberhoheit gehabt, namentlich der Stadt wurden von ihm mehrere ihrer beanspruchten Rechte über die Ommeländer abgesprochen. Den Kampf um den Besitz Groningens mußte K. also im Frieden von Grave (10. Octbr. 1536) aufgeben und seine sämmtlichen Besitzungen im Norden der Niederlande dem Kaiser überlassen. Diesem wenigstens sein eigenes Geldern vorzuenthalten, war das letzte Ziel seines Lebens. Er berief dazu im October 1537 einen Landtag und schlug demselben vor, man solle dem König von Frankreich die Erbfolge übertragen. Doch jetzt hatte er sich in seinen Unterthanen geirrt, sie waren der endlosen Kriege herzlich satt, und weigerten sich einstimmig. Noch wollte K. ohne den Landtag mit seinem Plane fortfahren und sie mit Gewalt zwingen, Frankreich zu huldigen: da entstand ein allgemeiner Aufruhr. Nur Arnheim und Geldern hielten zu ihm, der ebenso schonungslos sein eigenes Land mit seinen Landsknechten verwüstete, wie immer das feindliche Gebiet. Nach langen Unterhandlungen ward er gezwungen, dem Wunsche der Stände zu genügen und den Sohn des Herzogs von Cleve-Jülich zum Nachfolger zu erklären, dem er genöthigt ward noch bei seinen Lebzeiten die Regierung zu überlassen (27. Jan. 1538). Tief gebeugt zog sich der alte Herzog auf die Veluwe zurück, in fünf Monaten führte ihn sein Herzeleid zum Grabe. Am 30. Juni 1538 starb K. in seinem 71ten Jahre in Arnheim, wo noch jetzt ein prächtiges Grabmal die Asche des unruhigen Fürsten deckt. K. war ohne Frage eine der merkwürdigsten und bedeutendsten Persönlichkeiten der niederländischen Geschichte; ein Mann von seltener Energie, mit großen politischem und militärischem Scharfblick. In ihm verkörperte sich der Widerstand der Nordniederländer gegen die burgundisch-österreichische Herrschaft, zusammen mit dem im niederländischen Volke warmen lebendigen Localpatriotismus, der die burgundische Centralisation auf den Tod bekämpfte. Doch ist K. weit entfernt, den Namen eines Patrioten, sei es auch eines geldrischen Patrioten zu verdienen. Denn seine Politik war eine rein persönliche; sie galt nur der Befriedigung seines so zu sagen dämonischen Hasses gegen Oesterreich. Derselbe K., der die österreichische Herrschaft auf den Tod bekämpfte, stand keinen Augenblick an, die französische anzuerkennen, und sein Leben lang war er mehr ein französischer Condottiero, der auf eigene Faust und mit eigenen Ländern ausgestattet focht, als ein Reichsfürst, der seine Selbständigkeit zu bewahren suchte. Seinem Streben fehlt jeder höhere Zweck, jeder Schwung. Als Landesherr genoß er lange eine beispiellose Popularität (nur die Adelsgeschlechter waren ihm abgeneigt), ohne daß er aber etwas that, dieselbe zu verdienen, als daß er die Unabhängigkeit seines Landes vertrat. Bigott katholisch, verfolgte er eifrig die in seinem Lande auftauchenden Lutheraner; sodann war der Vater von nur unehelichen Söhnen keineswegs ein Muster der Sittlichkeit. Die französischen Subsidien und die Kriegsbeute gestatteten ihm fast immer in Pracht und Reichthum zu leben. Seine Wortbrüchigkeit [292] ist beispiellos. Seine militärische Begabung war gewiß nicht gering, jedoch mehr die eines Parteigängers als eines Feldherrn, während seine Kriegsführung unter Befehlshabern wie Martin von Rossum und anderen Landsknechtshäuptlingen einfach barbarisch genannt zu werden verdient. Eine gewaltige Erscheinung, doch keineswegs ein großer Mann.

Vgl. Nijhoff, Gedenkwaardigheden uit de Gesch. v. Geld. Slichtenhorst, Geld. Geschied. Pontanus, Hist. Gelriae. Pontus Heuterus. Von neueren Historikern Arend und Wenzelburger.