ADB:Ernst II. (Herzog von Schwaben)
Herzogs Ernst I., aus ostfränkischem Geschlecht, der seit 1012 mit dem Herzogthum belehnt war, und der Gisela, wurde um das J. 1007 oder 1008 geboren und verlor noch in seiner frühen Jugend am 31. Mai 1015 seinen Vater, der auf der Jagd durch einen unglücklichen Pfeilschuß eines seiner Vasallen getödtet wurde. Kurze Zeit nach dem traurigen Ereigniß begab sich seine Mutter, die hochstrebende und hochbegabte Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben und der burgundischen Königstochter Gerberga, die aus ihrer ersten Ehe mit dem sächsischen Grafen Bruno bereits einen Sohn Liudolf besaß, mit ihrem Knaben an das kaiserliche Hoflager zu Goslar und erhielt hier am 24. Juni 1015 von Heinrich II. für ihren Sohn die Belehnung mit dem Herzogthum, für sich aber die vormundschaftliche Regierung desselben. Doch scheint sie derselben nicht lange genossen [320] zu haben. Spätestens zu Ende des folgenden Jahres 1016 schritt Gisela, entgegen dem letzten Wunsche ihres verstorbenen Gemahls, zu einer dritten Vermählung mit dem rheinfränkischen Grafen Konrad aus dem salischen Geschlecht, dem nachmaligen Kaiser Konrad II. Dem Hause, in das sie somit eintrat, war Kaiser Heinrich II. ohnehin abhold; außerdem verletzte die Ehe, die noch innerhalb der verbotenen Verwandtschaftsgrade fiel, seinen in dieser Beziehung streng kirchlichen Sinn. Die Folge davon scheint es gewesen zu sein, daß Gisela der Vormundschaft entkleidet wurde, und daß der Kaiser dieselbe auf den Erzbischof Poppo von Trier, den väterlichen Oheim des jungen E. übertrug. Das erste Zeugniß, das wir von einer amtlichen Thätigkeit des letzteren haben, ist eine Urkunde Heinrichs II. vom 5. Febr. 1024, durch welche ein dem Kloster Ellwangen zugehöriger Wald in einen Bannforst verwandelt wurde: mit anderen benachbarten Fürsten ertheilte auch E., der in der Urkunde als Herzog von Alemannien bezeichnet wird, der kaiserlichen Verfügung seine Zustimmung. Doch darf man daraus nicht schließen, daß er bereits damals mündig gewesen sei und die Verwaltung seines Herzogthums selbständig geführt habe: wir hören ausdrücklich und von völlig glaubwürdiger Seite, daß noch im September desselben Jahres, als nach Heinrichs II. Tode die deutschen Fürsten sich zur Königswahl zu Kamba am Rhein versammelten, Erzbischof Poppo die vormundschaftliche Regierung führte. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die schwäbische Stimme hier für den Stiefvater des jungen Herzogs abgegeben wurde, und es scheint eine der ersten Maßregeln des neuen Königs gewesen zu sein, daß er E. mündig sprach: bereits zu Anfang des nächsten Jahres erscheint derselbe von jeder vormundschaftlichen Regierung befreit und völlig selbständig. Freilich machte er von dieser Handlungsfreiheit einen Gebrauch, den Konrad II., als er sie ihm anvertraute, am wenigsten erwartet haben mochte. Es ist bekannt, welche Schwierigkeiten dieser König in den ersten Jahren seiner Regierung zu überwinden hatte, um die Krone auf seinem Haupte zu befestigen. An allen Grenzen des Reiches erhoben sich die Feinde: in Italien brachen heftige Unruhen aus, und die Aufständischen traten mit dem König von Frankreich und einem der mächtigsten seiner Vasallen, dem sie ihre Krone anboten, dem Herzog Wilhelm von Aquitanien, in Verbindung; im Norden war das Verhältniß zu dem dänischen Grenznachbar mindestens kein ungetrübtes, im Osten sagte sich Herzog Boleslav von Polen offen von der Oberhoheit des Reiches los und nahm die Königswürde an. Und Konrad konnte, um diese Gefahren zu bekämpfen, keineswegs auf die Kräfte des ungetheilten Reiches zählen. Die vornehmsten lothringischen Grafen, geistliche wie weltliche, hatten schon auf dem Tage von Kamba ihre Unzufriedenheit mit der Wahl Konrads deutlich zu erkennen gegeben, und wenn auch die Bischöfe sich seitdem unterworfen hatten, so hatten doch die Herzöge und Grafen auf ihrem Widerstande beharrt, die Anerkennung des Königs verweigert und mit Frankreich Beziehungen angeknüpft. Dazu kam, daß auch Herzog Konrad von Worms, des Königs jüngerer Vetter und sein einstiger Mitbewerber um die Krone, sich seit dem Osterfeste 1025 den Aufständischen, unter denen sein Stiefvater, Herzog Friedrich von Lothringen war, zugesellt hatte. Es war unter diesen Umständen ein besonders harter Schlag für den König, als etwas später auch sein Stiefsohn mit anderen schwäbischen Herren, unter denen eine besonders mächtige Stellung der Graf Welf einnahm, der Empörung beitrat. Die Gründe, welche E. dazu bewogen haben, werden nicht überliefert: am wahrscheinlichsten ist es allerdings, was gewöhnlich angenommen wird, daß die burgundische Erbschaft, deren Erledigung bevorstand, die Zwietracht zwischen Vater und Sohn hervorgerufen hat. Durch seine Mutter war E. der Großneffe des letzten kinderlosen Königs Rudolf III. von Burgund: [321] nähere Ansprüche als er konnte nur Rudolfs Schwestersohn, der Graf Odo von der Champagne, dann Ernst’s älterer Stiefbruder Liudolf und vielleicht sein Vetter, eben Herzog Konrad von Worms, als Sohn einer Schwester Gisela’s geltend machen, welche beiden letzteren aber, soviel ersichtlich, kaum daran gedacht haben, Ansprüche auf Burgund zu erheben. Nun hatte aber Konrad II., so wenig er auch persönlich und aus privatrechtlichen Titeln ein Erbrecht auf das Land besaß, doch schon im Sommer 1025 deutlich genug gezeigt, was seine Absicht mit Bezug auf dasselbe sei. Er sah jene Abkunft, die Heinrich II. einst mit Rudolf geschlossen und wodurch er sich die Erbschaft gesichert, offenbar als fortbestehend, sich als den Rechtsnachfolger seines Vorgängers an: von diesem Gesichtspunkt aus hatte er im Juni 1025 Basel eingenommen und hier das gerade erledigte Bisthum besetzt, also ein königliches Hoheitsrecht ausgeübt. Hat dieser Vorgang E. zur Erhebung veranlaßt, so dürfte dieselbe in den Spätsommer des Jahres zu setzen sein. Ueber ihren Verlauf erfahren wir nichts, nur die Bemerkung eines Schriftstellers der Zeit, daß die Verschworenen – vergeblich – viele Befestigungen angelegt hätten, dürfte sich auch auf Herzog E. beziehen. Wie die große Coalition auseinanderfiel, ist hier nicht im einzelnen darzulegen, es genüge zu erwähnen, daß im Winter 1025 die französischen Theilnehmer von derselben zurücktraten, die lothringischen sich unterwarfen, daß damit jede Aussicht auf ihren Erfolg geschwunden war, der König ungehindert seine Vorbereitungen zur Romfahrt und zur Unterwerfung Italiens treffen konnte. Auch Herzog E. beschloß das aussichtslose Unternehmen aufzugeben; als der König sich nach Augsburg begab, wo sich das zur Romfahrt aufgebotene Heer versammeln sollte, folgte er ihm dorthin und erlangte im Februar 1026 nach vielem Widerstreben von Konrad Verzeihung, da sich seine Mutter, sein Stiefbruder, der junge Heinrich III., und andere Fürsten kräftig für ihn verwandten. E. folgte nun dem König auf seinem italienischen Zuge, ward aber von demselben nach einiger Zeit nach Deutschland zurückgesandt, nachdem ihm Konrad durch die Verleihung der reichsunmittelbaren Abtei Kempten, deren Güter E. an seine Vasallen vertheilte, einen Beweis seiner wiedergewonnenen Gnade gegeben hatte. Die Zeit dieser Rücksendung läßt sich nur durch eine Combination ermitteln. Wir wissen, daß in demselben Jahre, und zwar am 15. Septbr., der Abt Burchard von Kempten und Rheinau starb und daß der König nur die letztere Abtei wieder besetzte. Es ist danach der Schluß erlaubt, daß die Verleihung Kemptens an Herzog E. bei gerade eingetretener Erledigung des Klosters erfolgt ist: dann kann, da E. dasselbe bei seiner Entlassung aus Italien erhielt, die letzteren nicht wol vor Anfang des Octobers stattgefunden haben: E. hat also an den italienischen Kämpfen des Königs länger, als gewöhnlich angenommen wird, Theil genommen. Andererseits läßt sich auch der Grund der Rückkehr des Herzogs dadurch errathen. Schon bald nach des Kaisers Abzug war es in Schwaben zu offenem Kampfe zwischen dem noch nicht unterworfenen Grafen Welf und dem Bischof Bruno von Augsburg, dem Verweser des Reichs und Erzieher des jungen Heinrich, gekommen. Auch Konrad von Worms rührte sich wieder und Herzog Friedrich von Lothringen war ebenfalls nahe daran aufs neue loszubrechen. Man hat bisher angenommen, daß E. von vornherein an diesen Bewegungen betheiligt war: ist unsere obige Annahme über die Zeit seiner Rückkehr richtig, so ist das nicht der Fall gewesen, im Gegentheil gewinnt dann das Wort Wipo’s, E. sei von seinem Stiefvater, um sein Vaterland zu schützen, heimgesandt worden, erhöhte Bedeutung; der König übertrug dem Herzog die Niederwerfung des Aufstandes zunächst in seiner schwäbischen Heimath. Indem er dem heißblütigen, leicht erregbaren Jüngling so großes Vertrauen schenkte, hatte er sich freilich [322] schwer in ihm getäuscht. Kaum war E. wieder in seiner Heimath, in der Umgebung seiner alten Genossen, so vergaß er schnell der Gnade, die ihm der König jüngst hatte widerfahren lassen; anstatt die Empörer zu bekämpfen, erhob er selbst die Fahne des Aufruhrs. Er hatte den König in Italien von vielen und mächtigen Feinden bedroht gesehen, er mochte glauben, daß während seiner Abwesenheit die Möglichkeit gegeben sei, die alten Pläne durchzuführen. So verwüstete er zunächst das Elsaß und zerstörte insbesondere mehrere Burgen des Grafen Hugo von Egisheim, eines Blutsverwandten Konrads. Dann brachte er einen starken Heerhaufen, hauptsächlich junge Leute, zusammen, drang in Burgund ein und begann in der Nähe von Solothurn eine Insel (wie man vermuthet hat, die Petersinsel im Bielersee) mit Wall und Mauer zu befestigen. Wenn er dabei auf die Unterstützung seines Großoheims, des Königs von Burgund, gerechnet hatte, so hatte er sich freilich getäuscht; Rudolf hatte um diese Zeit den Gedanken an Feindseligkeit gegen Konrad wol schon völlig aufgegeben; er hinderte den Herzog, seine Befestigung zu vollenden und nöthigte ihn dadurch zum Abzuge. E. kehrte darauf nach Schwaben zurück, setzte sich in einer Burg oberhalb Zürich (vielleicht der Kyburg) fest und verheerte von hier aus die Güter der reichen königstreuen Klöster Reichenau und St. Gallen. Die großen Entwürfe, die er gehabt haben mochte, waren zunächst gescheitert, auf kleine und nicht sonderlich ehrenvolle Dimensionen war seine Empörung zurückgeführt. So standen die Dinge, als König Konrad, dessen Haupt jetzt die Kaiserkrone zierte, im J. 1027, froh der glänzenden Erfolge, die er in Italien errungen hatte, nach Deutschland heimkehrte. Nachdem er noch auf dem Wege durch Confiscation der Lehen des Grafen Welf diesen die Strenge der Gesetze hatte fühlen lassen, nachdem in Baiern die Ruhe hergestellt war, begab er sich nach Schwaben, hielt zunächst mit seinen Vertrauten eine Zusammenkunft zu Augsburg und berief dann einen öffentlichen Reichs- und Landtag nach Ulm. Wahrscheinlich wurde auch E. hierhin geladen, um sich über seine Vergehen zu verantworten. In Begleitung einer großen Zahl trefflicher Ritter, die zu seinen Vasallen gehörten, erschien er; es war nicht seine Absicht, wie im vorigen Jahre, des Kaisers Gnade sich zu unterwerfen, vielmehr hoffte er, entweder einen ihm gutscheinenden, wol gar vortheilhaften Vergleich durchzusetzen oder mindestens den unbehinderten Rückzug nöthigenfalls mit Waffengewalt erkämpfen zu können. Aufs neue aber sollte er hier erfahren, wie wenig überlegt das Unternehmen war, in das er sich eingelassen hatte. Waren seine burgundischen Pläne daran zerschellt, daß seine Hoffnung auf König Rudolfs Beistand gescheitert war, so zeigte sich jetzt, daß er auch über die Gesinnungen seiner eigenen Vasallen und Landsleute schlecht unterrichtet war. In einer Unterredung, die er mit ihnen hatte, erinnerte er sie an ihren ihm geleisteten Eid und den alten Ruf schwäbischer Treue, forderte sie auf, ihn nicht zu verlassen und stellte ihnen, wenn er auf sie zählen könnte, reiche Belohnungen in Aussicht. Zwei Grafen, Friedrich und Anselm, antworteten ihm namens der Uebrigen. Sie erinnerten ihn daran, daß sie nicht seine Knechte seien, die jedem Befehl bedingungslos zu gehorchen hätten, sondern freie Männer, die in dem Kaiser den höchsten Schirmherrn ihrer Freiheit auf Erden hätten, den sie nicht verlassen könnten, ohne die letztere zu verlieren. Seiner Berufung auf ihren Vasalleneid gegenüber hoben sie mit Recht hervor, daß sie ihm in demselben zwar Hülfe gegen jedermann versprochen hätten, daß aber der Kaiser davon ausdrücklich ausgenommen sei. In allem, was Recht und Ehre gestatte, bereit ihm zu gehorchen, würden sie sich doch nicht Anforderungen fügen, die beide verletzten. Nach diesen Worten blieb E. kaum eine Wahl: von den Seinen verlassen, mußte er sich dem Kaiser auf Gnade und Ungnade ergeben; auf Schloß Giebichenstein an der Saale, dem gewöhnlichen [323] Staatsgefängniß jener Tage, wurde er in Haft gehalten. So seines Hauptes beraubt, erlosch der Aufstand in Schwaben schnell. Graf Welf und andere Theilnehmer desselben traf ein ähnliches Schicksal; die Burgen, die sie besetzt hielten, wurden genommen, am längsten hielt sich die Kyburg, die ein Graf Werner vom Thurgau, zu dessen Erbgut sie vielleicht gehörte, vertheidigte: es bedurfte einer dreimonatlichen Belagerung, um ihrer Herr zu werden: Werner selbst scheint entkommen zu sein.
Ernst II., Herzog von Schwaben, ältester SohnUeber das weitere Schicksal Ernsts liegt uns vor allem ein Bericht Wipo’s vor, dem die meisten Neueren gefolgt sind, der aber in sich widerspruchsvoll und mit anderen glaubwürdigen Zeugnissen nicht übereinstimmend, durchaus der Berichtigung bedarf. Seine Haft dauerte nicht lange. Die Fürsprache seiner kaiserlichen Mutter, deren er wol noch immer sicher sein konnte, war von zu großem Gewicht: bereits am 1. Juli 1028 hatte er seine Freiheit wieder erlangt; in einer an diesem Tage zu Magdeburg ausgestellten Urkunde es Kaisers erscheint er mit seinem Stiefbruder Liudolf, der wol auch ein Wort für ihn eingelegt hat, als Zeuge, und der Herzogstitel, den ihm die Reichskanzlei in demselben beilegt, beweist, daß er auch Schwaben zurückempfangen hatte. Mehr als ein und ein halbes Jahr scheint er dann mit Konrad in leidlichem Einvernehmen gestanden zu haben; es ist nicht unmöglich, daß er durch Abtretungen von seinem väterlichen Erbgut in Franken dessen Gunst wiedergewonnen hatte. Da trat, als 1030 der Kaiser zu Ingelheim das Osterfest beging, ein neuer Zwiespalt zwischen ihnen ein. Jener Graf Werner, über den inzwischen die Reichsacht ausgesprochen zu sein scheint, hatte sich noch immer nicht unterworfen, vielmehr hatte er sich bemüht neue Unruhen zu erregen: trotzdem muß E. wieder Verbindungen mit ihm angeknüpft haben, wie denn auch ein gleichzeitiger Geschichtsschreiber den Grafen noch jetzt als seinen Vasallen bezeichnet. So erklärt es sich und so erscheint es auch vom Standpunkt des Kaisers als ein nicht nur rechtmäßiges sondern auch billiges Verlangen, wenn Konrad zu Ingelheim seinen Stiefsohn aufforderte, ihm eidlich zu geloben, daß er fortan den Aechter, wie das unzweifelhaft die Pflicht des Inhabers eines der höchsten Reichsämter war, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln verfolgen wolle. Wir haben bis jetzt nicht eben einen günstigen Eindruck von dem jungen Herzog erhalten: das allerdings etwas zu seinen Ungunsten gefärbte Bild, das unsere Quellen uns von ihm geben, läßt ihn als einen unbotmäßigen, in seinen Entschlüssen unbedachtsamen, im Verhältniß zum Kaiser undankbaren Jüngling erscheinen: allein der Zug seines Charakters, den er hier entfaltete, sichert ihm unsere Sympathie ebenso, wie er ihm die Theilnahme der Mitwelt verschafft zu haben scheint und ihm einen ehrenvollen Platz in der Erinnerung der nachlebenden Geschlechter erworben hat. Obwol er sich die volle Tragweite seiner Entschließung nicht verborgen haben kann, scheint er keinen Augenblick geschwankt zu haben, mit unwandelbarer Treue hielt er an dem Freunde fest und wies das Ansinnen des Kaisers zurück. Nun brach das härteste Geschick über ihn herein. Als Beschützer eines Aechters wurde er selbst für einem Reichsfeind erklärt, sein Herzogthum wurde ihm aberkannt und auf seinen jüngeren Bruder Hermann übertragen; mit wenigen Begleitern verließ er Ingelheim. Zu der Reichsacht gesellte sich der Bann der Kirche, den die anwesenden Bischöfe auf Beschluß der Fürsten und des Kaisers über ihn und seine Anhänger verhängten; ihr Gut wurde confiscirt. Kaiserin Gisela selbst, in die traurige Alternative versetzt, zwischen Sohn und Gemahl zu wählen, entschied sich gegen den ersteren: feierlich gelobte sie allen, was E. geschehe, an niemandem rächen niemandem nachtragen zu wollen. E., der sich jetzt mit seinem Freunde Werner vereinigte, begab sich zunächst mit ihm und wenigen Begleitern nach Frankreich zu Graf Odo von der Champagne; [324] noch immer scheint die burgundische Hoffnung ihn nicht verlassen zu haben. Wie so oft vorher, sah er sich auch diesmal betrogen: Graf Odo war viel zu sehr Staatsmann, um seine Sache an die des vaterlands- und länderlosen Flüchtlings zu knüpfen; ohne Trost entließ er ihn. Dem unglücklichen Jüngling blieb kaum noch eine Aussicht als die auf einen ehrenvollen Untergang. In sein Stammherzogthum zurückgekehrt, verbarg er sich in den Wäldern und Schluchten des Schwarzwaldes, von elendem Brote sein Leben fristend; Burg Falkenstein bei Schramberg, auf steilem Fels gelegen, war sein letzter Zufluchtsort; von hier aus suchte er mit Werner die umliegende Gegend mit Raub und Plünderung heim. Bald aber umstellten die Mannen des Kaisers ihn von allen Seiten: es gelang denselben sich der besten Rosse des Herzogs und seiner Genossen auf der Weide zu bemächtigen. Da beschloß E. den Todeskampf herbeizuführen: er brach mit allen Seinigen, die er so gut es ging wieder beritten machte, aus dem Schwarzwald hervor und lagerte sich in der weiten Ebene östlich des Gebirges, die Baar genannt. Hier trafen sie bald auf die Spuren der Feinde. Eine Schaar schwäbischer Krieger, befehligt vom Grafen Mangold (von Nellenburg?), der großes Lehen aus Reichenauer Gut vom Kaiser empfangen hatte, war von Bischof Warmann von Constanz, dem Verweser Schwabens, in diese Gegend gesandt, um sie vor Plünderungszügen zu schützen; E. langte am Morgen in dem Lager an, das Mangold mit den Seinen die Nacht zuvor beherbergt hatte. E. verfolgte die Verfolger, bald traf man zusammen: auf Seiten Mangolds war die Ueberzahl. Nach heißem Kampf fiel E. von vielen Wunden bedeckt: auch der Führer der Gegner, Graf Mangold, kam um, nach einem Bericht sollen die beiden sich gegenseitig die Todeswunde beigebracht haben. Graf Werner, um dessen Willen dies alles geschehen war, und zwei edle Männer Adalbert und Werin werden uns noch unter den Opfern dieses traurigen 27. August[1] genannt. Der Leichnam Herzog Ernsts wurde nach Constanz gebracht und hier in der St. Marienkirche beigesetzt, nachdem der Bischof ihn von dem Banne absolvirt hatte, später ist er vielleicht nach Roßstall in Franken, der Heimath des Geschlechts, dem E. angehörte, übertragen worden. Die St. Galler Mönche trugen zu diesem Tage in ihr Todtenbuch ein: es starb Ernst, der Herzog und die Zierde der Alamannen; Kaiser Konrad aber soll, als er die Nachricht vom Tode erhielt, das harte Wort gesprochen haben: „Bissige Hunde haben selten Junge.“ E. war wie es scheint nie vermählt: die oft wiederholte Angabe, daß er aus einer Ehe mit einer Gräfin von Egisheim eine Tochter Ida hinterlassen habe, beruht auf dem Mißverständniß der Nachricht eines späteren Annalisten.
In Lied und Sage hat sich das Andenken Ernsts lange erhalten: sein Geschick verschmolz in der Ueberlieferung mit dem des Herzogs Liudolf, des Sohnes Otto’s I., mannigfach erweitert durch die orientalischen Fabeln des Zeitalters der Kreuzzüge. Ernsts Treue bis zum Tod und sein wahrhaft tragisches Ende sind aber noch in neuester Zeit durch einen unserer besten Dichter poetisch verklärt worden.
- Vgl. Stälin, Wirtemberg. Gesch. II[2], 474 ff.; Giesebrecht II4, 238 ff. 252 ff. 264 ff. Ueber die Sagen von Herzog Ernst handeln Uhland, Schriften zur Gesch. der Dichtkunst und Sage, Bd. V; Haupt in dessen Zeitschrift für deutsches Alterthum Bd. VII und Dümmler, ebenda Bd. XV; Bartsch, Herzog Ernst, Wien 1869.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 324. Z. 27 v. o. l.: 17. (st. 27.) August. [Bd. 11, S. 794]
- ↑ S. 324. Z. 10 v. u. l.: I. (st. II.) 474. [Bd. 11, S. 794]