ADB:Correns, Erich
J. Victor v. Scheffel’s „Gaudeamus“ diese sonnigen Tage abschildern, wie sie auch v. Redwitz in seinem „Hermann Stark“ in so fesselnder Weise der Nachwelt überlieferte. Zu Köln hatte C. schon früher die Bildnisse des dortigen Anwalts Richard v. Hontheim und F. E. Freiherrn v. Mering (1843), des Pädagogen Fr. Christ. Kapp, des nachmals im Frankfurter Parlament vielgenannten Franz Raveaux (1844) gezeichnet, auch sein eigenes Conterfait (lithographirt von Jenichen) und in dankbarer Erinnerung die Figur seines ersten Lehrers Everhard Bourel (1847, gedruckt bei C. Meißner in Bonn) und viele andere. In München verkehrte C. mit dem Landschaftsmaler Aug. Löffler, welcher sich damals schon zu seiner Orientfahrt rüstete, mit dem Bildhauer Hans Gasser aus Wien, dem Maler Ludwig Thiersch, dem wackeren Julius Zimmermann: sie schlossen ein [530] Componirkränzchen, wohin jeder seine neuesten Sachen brachte und sich mit der Kritik wahrhafter Freunde behalf. Correns, der nicht nur ein Stab und Trost für seine alte Mutter war, sondern auch mit zärtlicher Fürsorge an seinem jüngeren Bruder hing, lithographirte viele Porträts, darunter etliche Philhellenen und einen ganzen Cyclus aus der Gesellschaft „Alt-England“. Bald hatte sein Name – ein Bildniß in geistreicher Bleistiftzeichnung erschien 1847 zuerst im Kunstverein – einen guten Klang auch in den für einen Neuling schwer zugänglichen höheren Kreisen, man verlangte Miniaturporträts und Aquarelle von ihm, worunter dem Maler in ersterer Technik ein Bildniß der Königin Marie (1849,) in letztgenannter Manier ein Porträt der Gräfin v. Quadt-Isny und des Dichters Oskar v. Redwitz zu neuem Ruhme gereichten. Jetzt erst eilte C., wie plötzlich von einer gelinden Angst überrieselt, als sollte er etwa mit solchen „Düpfeleien“ sein ganzes Leben versplittern müssen, in die Schule des seiner Zeit coloristisch weit voraus arbeitenden liebenswürdigen Professors Karl Schorn (1802–1850), wo er die beiden Piloty[WS 1] im vollen Zuge fand, dazu Anselm Feuerbach, Thiersch, Willich, Jos. Molnár u. a. C. begann jetzt erst in Oel zu malen; es machte ihm Vergnügen; rasch ging es vorwärts. Als er etliche Jahre darauf von einem Ausfluge nach seiner Heimath zurückkehrte, überraschte er das Publicum durch die zu Köln gemalten Porträts, darunter in erster Reihe das Bild der Frau La Valette und des Bankiers Stein. Nun wollte alles von ihm gemalt sein und C. that, trotz seiner minutiösen Ausführung und der liebevollsten Durchbildung des Details, sein möglichstes, den an ihn gerichteten Anforderungen gerecht zu werden. Er malte beispielsweise eine Jagdgesellschaft für Freiherrn v. Malsen, von ungezierter und freier Gruppirung, worüber C. die Genugthuung erfuhr, daß ein Kritiker das Ganze für ein beliebiges Genrestück, etwa nach dem Vorbild von L. Knaus „Ein Fest im Walde“, erklärte und darüber vergaß, daß alle Personen, nebst den Hunden, nur aus Porträts bestanden; dann die Erbprinzessin Helene von Taxis und ihren Gemahl, überhaupt alle Glieder der Familie des Herzog Maximilian in Baiern, die Herzogin von Sachsen-Meiningen, das durch Ingenmay’s Lithographie vervielfältigte Porträt der schönen Gräfin Arco-Valley und das große Familienbild des genannten Hauses, ein ganz à la van Dyck gehaltenes Bildniß der, als Malerin hervorragenden Gräfin Marie v. Pocci und, damals noch eine unerhörte Leistung, nach einem verblichenen Daguerrotyp die verstorbene Lady Granville, die Mutter des am 15. Juni 1902 zu Tegernsee verstorbenen Lord Acton. Nach ähnlichen Vorbildern malte C. auch das Bildniß der schönen Ada Geibel, der so frühe verstorbenen Gattin des Dichters (vgl. Nr. 36 Ueb. Land u. Meer 1884, LII, 723 und Litzmann: Emanuel Geibel 1887, S. 104). So gewann er nach dem Vorgang „König Maximilian im Kreise seiner Familie“ (lithogr. v. J. Wölfle) plötzlich die ganze Crême der Aristokratie unter seinen Pinsel, man stritt ordentlich um das Vorrecht von ihm gemalt zu werden und fügte sich nur ungern in die einmal nach Tagen, Monaten und Jahren hinaus vorgesteckte Ordnung der Dinge, bis es C. satt bekam, immer nur „Gesichter“ zu malen und seinen Unmuth darüber den Verdutzten Originalen zu erkennen gab. Da lichtete sich endlich der Zudrang und die Masse verlor sich. Nur mit Mühe war es ihm inzwischen gelungen, eine lang herumgetragene Composition zu Heinrich Heine’s „Wallfahrt nach Kevelaer“ auf die Leinwand zu bringen. Bald folgten ein „Badendes Mädchen“ und einige Genrebilder, ebenso eine liebliche religiöse Scene mit der unter einem Palmbaum rastenden „Madonna“. Eine Menge Ideen wogten durch sein Haupt und drängten nach Form und Gestaltung, insbesondere war es die Landschaft welche ihn mächtig anzog, [531] darunter am liebsten Motive aus den vulcanischen, großartigen Gebilden des Eifellandes. Aber es wurde ihm nicht so wohl, nach seines Herzens freiem Willen schaffen zu können. Wieder pochten Porträts an seine Thür und ließen sich um so weniger abweisen, als C. mit einer hochbegabten Schülerin sein eigenes Heim begründet hatte. Inzwischen war im Gebiete der Porträtmalerei nach der früheren Periode, gegen welche C. selbst in verständige Opposition getreten war, ein neuer Umschwung und Rückschlag erfolgt: es kam jene antiquarische Liebhaberei, alles durch die Brille der späteren Niederländer zu sehen oder lieber gleich die Natur in größtmöglicher alltäglicher Nüchternheit nachzubilden. C., welcher das Einseitige dieser Manier nebst den unvermeidlichen Consequenzen fühlte, zog sich verstimmt zurück, zumal da selbst in jenen Regionen, welche seither seine unbestrittene Domäne schienen, ein langsam verkühlender Uebergang erfolgte. Je weiter die neue Methode zur Mode wurde, desto ängstlicher wich C. diesem angeblichen Realismus aus und verfiel dabei, ohne es vielleicht je zu bemerken, gleichfalls einem Dämon, einer süßlichen Eleganz. Aus diesem unerquicklichen Dilemma riß den Künstler endlich eine lang ersehnte Reise nach Italien, welche er mit seinem talentvollen Schüler Wilhelm Marc antrat; hier begeisterten seinen für die Farbe so empfänglichen Sinn aufs neue die Venetianer. Das aufrichtige Streben, ihnen näher zu kommen, trat in den historischen Bildern von C. zu Tage; darunter eine „Grablegung Christi“, eine „Heilige Familie“ und „Kain und Abel“. Bei längerem Leben wäre es seinem regen Geiste leicht geworden, einen zwischen den hadernden Parteien liegenden Mittelweg zu betreten. Allein seine anscheinend blühende Gesundheit war durch ein tückisches Herzleiden untergraben, welches am 14. Juni 1877 sein Leben beendete. Sein letztes, unvollendetes Bild hätte einen „Versehgang“ behandelt. Unter seinen zahlreichen Schülern standen ihm J. M. Ingenmay, Julius Jury und Wilhelm Marc am nächsten. Zu seinen älteren, durch Steindruck vervielfältigten Werken gehören die Bildnisse des herzoglich Leuchtenberg’schen Administrationsrathes Xaver Karl Berüff, des Reichsraths B. v. Niethammer (1847), Dr. Rottmund und Forstmeister Schenk (1848), der Herzog Maximilian von Baiern (erst in Civilkleidung und in Brustbild, dann an einem Baumstamm sitzend und Cither spielend, ersteres lithographirt von Hanfstängl, letzteres als Kniestück galvanographirt von Leo Schöninger), ebenso Joh. Petzmayer der Cithervirtuose, der Botaniker Fr. v. Ledebour, Ministerialrath G. v. Bezold, Frhr. v. Gumppenberg, Medicinalrath Dr. v. Schrettinger, König Maximilian II. (lithographirt von Piloty und Löhle), dann derselbe auf dem weitverbreiteten Familienbilde mit der Königin Marie und den Prinzen Ludwig und Otto im Schloßgarten zu Hohenschwangau (lithographirt von J. Wölfle), der Botaniker Hofrath v. Martius (1850), der Dichter Oskar v. Redwitz (gestochen 1851 von Schultheiß), Generalmajor v. Kretschmann (1852), General Graf Wilhelm v. Ysenburg (1853), Frhr. v. Schlettheim, Staatsrath v. Zenetti (1854) etc.
Correns: Erich C., Porträt- und Genremaler, geboren am 3. März 1821 zu Köln a. Rhein, war als der Sohn eines Appellationsgerichtsrathes zum Juristen bestimmt, fand aber durch den Maler Everhard Bourel, welcher am Gymnasium als tüchtiger Zeichnungslehrer fungirte, die rechtzeitige Pflege seiner Kunstbegabung. Während C. zu Bonn dem Studium der Jurisprudenz oblag, zeichnete und lithographirte er Studentenporträts und andere Compositionen, welche bei seiner Uebersiedlung nach München als offener Geleitsbrief für seinen künftigen Künstlerberuf galten. Indeß vertauschte C. die Isarstadt bald wieder mit dem fröhlichen Heidelberg, wo er das heitere Studentenleben in Bildern festhielt, welche ebenso beredt wie- Vgl. Nekrolog in Beil. 192 d. Allg. Ztg., 11. Juli 1877. Nr. 40. – Lützow’s Zeitschrift, 13. Juli 1877, S. 644. – Reber Gesch. d. neueren Kunst. 1876 S. 641.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Gemeint sind der Lithograf Ferdinand Piloty und sein gleichnamiger Sohn