ADB:Cilli
Ulrichs von Liechtenstein, in der Geschichte des höfischen Minnegesanges auch mit einer Rolle bedacht († zwischen 1237–1255). Die Prädicate Soune und Lengenburg (Lengenberg, jetzt Lemberg bei Neuhaus in Untersteier) verschwinden mit dem 13. Jahrhunderte und nur Sounek, Suneck behauptet sich. Ulrich Freier von Suneck (1255–1316), aus dessen Zeit wir erfahren, daß die Souneker oder Sunecker Lehen von Aquileja trugen, vermählte sich mit der Erbtochter des reichen Grafen Ulrich II. von Heunburg, aus dessen Ehe mit Agnes, Wittwe Ulrichs III., des letzten Sponheimer Herzoges von Kärnten († 1269) und was die Bedeutung dieser Ehe erhöhte – Tochter der Babenbergerin Gertrude von Mödling, Nichte des letzten Herzoges von Oesterreich-Steiermark, Friedrichs des Streitbaren († 1246). Ulrichs von Souneck und Katharina’s von Heunburg Sprößlinge waren Friedrich I. und Anna. Ulrich II. von Heunburg † um 1308; seine beiden Söhne Friedrich und Hermann starben kinderlos 1314 und 1322 und so blieben als Erben von weiblicher Seite die Pfannberger und Sounecker übrig, neben den Hohenlohe’s, die da minder in Betracht kommen. Bei der Theilung des Heunburger großen Erbes wählte und erhielt Friedrich von Souneck die seinen Stamm- und Lehnsgütern benachbarten Besitzungen in Untersteier sammt der Hälfte der uralten in ihrer ehemaligen Bedeutung arg verkümmerten Stadt Cilli (Celeja), dazumal zum offenen Orte mit Marktrecht geworden. Bald erwarb Friedrich von Souneck auch die andere Hälfte von Cilli und zahlreiche andere Besitzungen. Seit 1341 schrieben sich Friedrich von Souneck und seine Nachkommen „Grafen von Cilli“ und die Benennung „Freie von Souneck“ räumt ganz den Platz. Im Wappen des Hauses findet sich nunmehr das Sounecker Wappen: zwei rothe horizontale Balken im weißen Felde mit dem Wappen der erloschenen Heunburger, drei goldenen Sternen im blauen Felde – verbunden. Die Grafen von Cilli, mit den mächtigsten Adelsfamilien Innerösterreichs und der Nachbarschaft, mit den Pfannbergern, Montforts, Ortenburgern und Görzern, den Schauenbergern, Abensbergern etc., mit den von Modrusch und Veglia oder den Frangepani’s, mit den Gara’s u. a. verschwägert, in verwandtschaftlichen Beziehungen zu den bosnischen und serbischen Fürstenhöfen, zu den Anjous, Piasten, Jagellonen, Luxemburgern, Wittelsbachern und Habsburgern, hochstrebenden und thatkräftigen Sinnes, der sich über alle Rücksichten hinwegzusetzen verstand, – erscheinen im Besitze einer Gütermasse, zu der sich 1422 das große Ortenburger Erbe, nach dem Erlöschen dieses Hauses, in Kärnten und Krain, gesellte und die allgemach in Steiermark, Krain, Kärnten, Croatien (Ungarn), Oesterreich an 70 Herrschaften aufwies. Seit Hermann II. begegnet uns der Titel „Grafen von Cilli, Ortenburg und im Seger“ als der ständige. Die Grafschaft von Cilli war durch einen Gnadenbrief Kaiser Karls IV. vom Jahre 1372 am 30. September als solche erklärt und gefreit worden, mit Zustimmung der habsburgischen Landesherzoge Albrecht III. und Leopold III. (vom 7. Nov. 1372), die nichtsdestoweniger die Rechte landesfürstlicher [258] Gewalt den Cilliern gegenüber festhielten. Als daher 1436 die Cillier von ihrem Verwandten, K. Sigismund, in den Reichsfürstenstand erhoben wurden, protestirten die in ihren Hoheitsrechten geschädigten innerösterreichischen Habsburger. – Der Mannsstamm der Cillier erlosch 1456 am 9. Nov., die weibliche Descendenz mit Margaretha, Herzogin von Teschen (Glogau), 22. Juli 1480. Die Hauptmasse der erledigten Besitzungen, um die sich mehr als 20 Prätendenten bewarben, fiel an die steiermärkische Linie der Habsburger.
Cilli: Grafen von C., Ortenburg und im Seger (Zagorien), das durch Machtaufschwung, Würden und Güterbesitz, Einfluß und tragischen Ausgang glänzendste Adelshaus Innerösterreichs. Es erscheint zunächst seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts (ca. 1129) urkundlich mit dem Prädicate Soune, das sich auf das Gebiet, die Mark an der Saan (ältere Form Soune) in Untersteier bezieht. Gebhard II. schreibt sich von dem Schlosse im Saanthale (de Sewnekke welche Form mit Sounek und Sunek wechselt, aber auch von Lengenburg. Ueberdies erscheint er als nobilis = liber, daher sich um 1262 die Souneker die „alten Freien von Suneck“ schrieben, um anzudeuten, daß sie, wenngleich lehenspflichtig, jeder Ministerialität ledig, von Beginne an Edelfreie waren. Das Prädicat liber de Sounekke = Freier (Freiherr) von Suneck gebraucht zunächst Konrad I., Zeit- und StandesgenosseFriedrich I., Freier von Souneck (1322–1341), sodann 1341, 11. April von Kaiser Ludwig dem Baiern zu München als Graf von Cilli urkundlich anerkannt, – schließt die Reihe der Sounecker und beginnt die der Cillier. Zu dem bedeutenden Güterbesitze der Sounecker gesellte sich 1322–1335 die reiche Heunburger Erbschaft (s. o.) und die Würde eines Krainer Landeshauptmanns. In erster Ehe mit Anna von Heunburg, in zweiter mit Dietmut (von Walsee) vermählt, hinterließ er zwei Töchter, Anna und Katharina, und zwei Söhne, Ulrich II. und Hermann I. Anna heirathete Otto von Ortenburg, Katharina erhielt in erster Ehe Albrecht IV. Grafen Görz († 1374), in zweiter Johann Truchseß von Waldburg zum Gatten. – Graf Friedrich I. † 1359, 10. Aug.
Friedrich II. Graf von C. (geb. um 1370, † 9. Juni 1454), 1. Sohn des Altgrafen Hermann II., um das Jahr 1400–1405 mit Elisabeth von Veglia-Modrusch (Frangepani), Tochter des Grafen Stephan, vermählt und vom Vater mit Eigengütern und dem Hofhalte in Gurkfeld bedacht. Aus dieser Ehe stammt Ulrich II., der letzte Graf von Cilli (der Verlobungspact datirt vom 30. September 1388!). Die wachsenden Zerwürfnisse mit seiner Gattin, an denen die Leidenschaft des stark sinnlichen Grafen für das schöne croatische Edelfräulein Veronica von Desnic (Teschenitz), die Hauptschuld tragen mochte, endigten nach vergeblichen Aussöhnungsversuchen mit dem Gattenmorde um 1422. Vom Neffen der ermordeten Gattin, Grafen Hanns, zu Ofen, vor Kaiser Sigmund, seinem Schwager, der Blutschuld angeklagt und zum Zweikampfe ausgefordert, – sah sich endlich Graf Friedrich dem zürnenden Vater Altgrafen Hermann II. als Verbrecher in Ketten und Banden ausgeliefert und in der festen Burg Ober-Cilli eingekerkert. Hermann II. verzieh dem Sohne eher den Mord der Gattin als die heimliche Ehe mit Veronica, faßte den Entschluß seinen Erstgebornen zu enterben und verfolgte die Deschnitzerin mit unauslöschlichem Hasse (s. u. bei Hermann II.). Der plötzliche Tod seines zweiten Sohnes Hermann III. und die durch Kerkerhaft und Gram über das tragische Ende Veronica’s gebrochene Gesundheit Friedrichs II. beschleunigten die Aussöhnung des letzteren mit seinem Vater (um 1428). Doch mußte er zwei Jahre hindurch eine Art Internirung mit dem Sitze in Radmannsdorf sich gefallen lassen, nachdem der angebliche Plan, ihn zum Statthalter des siebenbürgischen Burzenlandes zu machen, vereitelt wurde. Nach Hermanns II. Tode (1435) wurde Friedrich II. Altgraf des Hauses; 1436, 30. Nov. zu Prag in Gemeinschaft mit seinem Sohne Ulrich II. von Kaiser Sigmund in den Reichsfürstenstand erhoben und nach dem Tode König Albrechts II. (1439) als Parteigänger seiner Nichte, der Königswittwe Elisabeth und ihres Sohnes Ladislaus Posthumus, in die ungarischen Thronwirren verflochten. Doch tritt seine Bedeutung immer mehr hinter der politischen Rolle seines Sohnes, Ulrich II. zurück, so in dem ungarischen Thronkampfe, in den Fehden mit den Habsburgern und ihren Schützlingen, in den Kämpfen mit der corvinischen Partei etc., desgleichen auch in dem Kriege der Ständepartei gegen Kaiser Friedrich. – Graf Friedrich II. von Cilli unternahm zwei Romfahrten; die eine in der Zeit zwischen 1427–1430, offenbar zur Sühnung der tragischen Katastrophen, deren Urheber er geworden; die andere 1447, im vorgerückten Alter. Bei der ersteren gerieth er in die Gefangenschaft [259] des Markgrafen von Ferrara, aus der ihn sein Schwager, Graf Heinrich IV. von Görz, löste. – Er starb im hohen Greisenalter, zwischen 80–90 Jahren, 1454, am 9. Juni. Die Geschichtsschreibung des Aeneas Sylvius stellt ihn als ein wahres moralisches Ungeheuer dar, voll frecher Sinnenlust und cynischer Unbefangenheit im Lasterleben, als vollendeten Materialisten, mit sardanapalischer Genußsucht, dessen Gesellschaft Wahrsager, Schwarzkünstler, Giftmischer, Falschmünzer und anderes Gelichter ausmachten. In dieser Charakteristik steckt viel Uebertreibung und Absichtlichkeit; es ist eine Caricatur und kein geschichtstreues Bild. Schon die Klösterwidmungen, Romfahrten und Bewerbungen um päpstliche Licenzen sprechen gegen den Vorwurf materialistischer Freigeisterei. – Ein außerehelicher Sohn Friedrichs II., nach Allem zu schließen, kein Sprößling aus der Verbindung mit Veronica von Deschnitz, – Namens Johann – wurde mit Urkunde des Papstes Nikolaus V. vom 15. Nov. 1447 legitimirt. Es fällt dies in das Jahr der zweiten Romfahrt des Grafen Friedrich II. und steht damit wol auch im innigen Zusammenhange.
Hermann I. († 1385 am 21. März), jüngerer Sohn Friedrichs I., vermählt mit Katharina, Tochter des Fürsten von Bosnien, Muhme König Ludwigs von Ungarn. 1368 starb sein älterer Bruder Ulrich I., mit Hinterlassung eines Sohnes, Namens Wilhelm, und nun waltete Hermann I. als Altgraf des Hauses Cilli. 1377, angesichts der im Gefolge Herzog Albrechts III. von Oesterreich beabsichtigten Preußenfahrt, ließ Hermann I. am 15. Mai seine letzte Willenserklärung urkundlich aufsetzen, wonach, wenn er, sein Neffe Graf Wilhelm und sein Sohn Hermann II., aus der Ehe mit der Bosnierin, bei dieser Unternehmung den Tod fänden, alle Cillier Güter dem Grafen Friedrich von Ortenburg als Sohn seines Schwagers Otto von Ortenburg zufallen sollten, unbeschadet der Legate zu Gunsten seiner Frau, Schwägerin und Schwiegertochter. Die Preußenfahrt der drei Cillier, deren Schilderung wir der Feder des zeitgenössischen Reimdichters, Peter Suchenwirt, verdanken, ging über Breslau gegen Thorn, Marienburg, sodann an die Memel und nach „Sameit“ (Samogitien). Ueberall erwarb das Banner von „Steyerlant“ Ruhm und Ehre. In Samogitien ertheilte Hermann I. dem Herzoge von Oesterreich den Ritterschlag, worauf dann dieser 74 Kampfgenossen zu Rittern schlug. In „Russenia“ (Rothrußland) bewirthete der Cillier den Herzog sammt 82 Rittern und ließ sie heimathlichen Wein, den „Luttenberger“ verkosten. Ueber Schweidnitz, Polen und Mähren erfolgte die Rückkehr gen Oesterreich. – Der wichtige Erbvertrag zwischen Cilliern und Ortenburgern kam 1377 am Tage vor Katharine endgültig zu Stande. Hermann I. starb 1385 am 21. März. Sein Erstgeborener, Hanns, seit 1369 mit Margarethe von Pfannberg, im Wege aquilejischer Ehedispens, vermählt, war ihm bereits am 29. April 1372 im Tode vorangegangen. Ihn beerbte der zweitgeborene Sohn Hermann II.
Hermann II., Graf von C. (1385, † 1435, am 13. October). Zweiter Sohn Hermanns I., vor 1371 urkundlich neben dem älteren, Johann, genannt und im letzteren Jahre laut Urkunde vom 27. Januar 1371 mit Gräfin Elisabeth, des Schaunbergers Wittwe, vermählt. Seit 1377, wo er die Preußenfahrt Herzog Albrechts III. mitmachte, in der Oeffentlichkeit genannt, 1389–1395 als Erbe seines Vaters und jüngerer Genosse des Cilliers Wilhelm, seines Vetters, in wichtigen Angelegenheiten als Schiedsrichter und Zeuge erwähnt – darf Hermann II., besonders seit dem Tode Wilhelms (1395), als Altgraf v. Cilli, den Ruhm in Anspruch nehmen, die Machthöhe seines Hauses begründet zu haben. 1396 machte er die Schlacht bei Nikopolis mit und die treue Waffengenossenschaft, die er hier, im gefahrvollen Kampfe und auf der Flucht, dem Luxemburger, Kaiser Sigmund von Ungarn, bewährte, erwarb ihm die folgenreichen [260] Sympathien dieses Herrschers, welchem er bald einen noch wichtigern Dienst erweisen sollte. – Ohnehin war das persönliche Ansehen Hermanns II. im raschen Steigen. Landeshauptmann von Krain; durch die Heirath seines Vetters Wilhelm dem piastischen und durch die Verlobung der Tochter des Verstorbenen mit Wladislav I. von Polen (1400) dem jagellonischen Königshause verschwägert, erhielt Hermann II. 1398 (9. Sept.) Güterschenkungen seitens Königs Sigmund „für die tapfere Vertheidigung der ungarischen Krone“, gleich darauf 1399 (27. Januar) die Grafschaft Zagorien (Seeger) als erblichen Besitz. – König Wenzel von Böhmen, Sigmunds Bruder, belehnte ihn 1400, am 24. August mit der Schloßherrschaft Rorau. Der entscheidende Wendepunkt im politischen Leben Hermanns II. war jedoch das Jahr 1401. Als nämlich damals Ende April König Sigmund von Ungarn, von einer starken Gegenpartei angefeindet, mitten im stürmischen Landtage gefangen gesetzt und von den Ständen auf der Felsenburg Siklós von den Gara’s in Verwahrung gehalten wurde, spielte Hermann II. von Cilli die Rolle des Vermittlers, dem wol dabei die eigene Absicht der Gara’s entgegenkam. König Sigmund erlangte die Freiheit und wie stark der Cillier auch sonst bei den politischen Entwürfen der Luxemburger betheiligt war, beweist die Vollmacht Wenzels und Sigmunds vom 1. Januar 1402, dat. Kuttenberg, kraft deren Hermann II. mit den ihm verschwägerten Ortenburgern und Görzern über die Offenhaltung der Wege und Pässe gen Italien verhandeln und Kriegsvölker zu Diensten der Luxemburger herbeiführen sollte. Es galt nämlich eine Unternehmung gegen Ruprecht von der Pfalz, der Wenzeln vom deutschen Throne verdrängt hatte. Als bald darauf Sigmund seinen Bruder, den böhmischen König, zum zweiten Male ränkesüchtig gefangen nahm, 1402, brachte dieser kurze Zeit auf Schaunburg unter der Obhut Hermanns II. zu, bevor er nach Wien in die Gewahrsame Herzog Albrechts IV. geschafft wurde. Auch als Gewaltträger des Patriarchen Anton von Aquileja erscheint (um 1404) unser Cillier. – König Sigmund, der die Dienste des Cilliers aus den Jahren 1396, 1401–1402, besonders aber in der Zeit der ungarischen Gefangenschaft nicht vergessen hatte, entschloß sich alsbald zur Verlobung mit Hermanns II. drittältester Tochter Barbara (s. dort) und nahm sie, als sie mannbar geworden, um 1406 oder 1408 zur Frau. In der Stiftungsurkunde des ungarischen Drachenordens aus dieser Zeit (1408) erscheint Graf Hermann II. als Schwiegervater des Königs am ersten Platze unter den Magnaten des ungarischen Reiches. Schon früher wurde ihm und seinen Erben die Murinsel (Muraköz) an der ungarisch-steiermärkischen Grenze für 48000 Goldgulden verpfändet, auch das Banat von Slavonien war ihm zugedacht, mit welchem Amtstitel er dann zeitlebenes ausgerüstet erscheint; überdies besaß er das Recht der Besetzung des Agramer Bisthums. In einer Urkunde vom J. 1406 bereits erscheint Hermann II. als Graf von Cilli und Zagorien, Ban von Dalmatien, Croatien und Slavonien. Auf dem Constanzer Concile 1414 bis Frühjahr 1415 erscheint er im Gefolge des Königspaares mit seinem Sohne Friedrich. Kurz zuvor, 1412–1413, hatte er dem luxemburgischen Könige im Venetianerkriege wichtige Dienste erwiesen. Die Friedensteidung vom 28. April 1413 war sein Werk gewesen. – Er selbst aber stak in zeitweiligen Fehden mit den Klosterleuten des Stiftes St. Paul im Lavantthale, mit dem Gurker Bisthum und den habsburgischen Dienst-Lehensleuten im Kärntner Lande, die sich seit 1406 verfolgen lassen und in der großen Ortenburgischen Erbschaft (1422) neue Nahrung fanden. Der letzte, kinderlose Ortenburger hatte den aller Wahrscheinlichkeit nach drittgebornen Sohn Hermanns II., Ludwig (1420?), adoptirt und zum eventuellen Erben eingesetzt. Derselbe starb jedoch (1417 oder 1420, wenn das Datum der Adoption richtig) und bald darauf 1422, angeblich von seiner [261] Gattin vergiftet, der letzte Ortenburger. Hiemit fiel eine große Erbschaft im Kärntner und Krainerlande, hier z. B. die Gotschee, den Cilliern in die besitzgierigen Hände. – Für glänzende Verbindungen seines Hauses hatte Hermann II. zu sorgen verstanden. Seiner jüngsten Tochter, Barbara, war bereits gedacht; die älteste, Elisabeth († 1426), hatte den Görzer Grafen Heinrich IV. geheirathet, die mittlere (Anna) wurde vor dem Jahre 1405 Gattin des ungarischen Palatins Niklas Gara, des jüngern. Der zweitgeborne Sohn, Hermann III., ehelichte in erster Ehe die Gräfin Elisabeth von Abensberg († um 1424), in zweiter die Tochter des bairischen Herzogs Ernst, Beatrix, starb jedoch frühzeitig 1426 (30. Juli?), durch einen Sturz vom Pferde tödtlich verletzt, mit Hinterlassung einer einzigen Tochter Margaretha, die in erster Ehe den Grafen Hermann von Montfort-Pfannberg, in zweiter den Herzog Ladislaus von Glogau-Teschen ehelichte und als letzter Sprößling des Hauses Cilli starb. – 1427, am 2. September, stellte Stephan Tvartko, Fürst von Bosnien, im Schlosse Bobawec, auf Veranlassung König Sigmunds eine Urkunde aus, worin seinem „Bruder“ und „Blutsverwandten“ Grafen Hermann II. von Cilli und allen seinen rechtmäßigen Manneserben der eventuelle Anspruch auf das Reich Bosnien zuerkannt wird. – Diesem glänzenden Außenwesen der Cillier in den Tagen des Altgrafen Hermann II. steht die Familientragödie der Jahre 1422 bis 1428 als grelles Widerspiel gegenüber, der Gattenmord seines erstgebornen Sohnes Friedrich und dessen geheime Ehe mit Veronica von Deschnic (s. bei Friedrich II. v. C.). Der ganze unversöhnliche Haß des Altgrafen entlud sich nun auf Veronica. Er läßt ihr nachspüren, sie gefangen nehmen und als der Plan mißlungen, sie zu Cilli durch ein Gericht als böser Zauberränke schuldig verdammt zu sehen, durch verläßliche Dienstmannen auf dem Schlosse Osterwiz im Saanthale im Bade ertränken (1428?). Der unerwartete Tod seines Zweitgebornen, Hermann III. (s. o.), kreuzte den Plan der Enterbung Friedrichs II. und spätestens 1428–1429 fand die Aussöhnung statt. – Trotz seines hohen Alters sehen wir Hermann II. im öffentlichen Leben an der Spitze seines Hauses, wo es sich um die Erwerbung und Bestätigung ungarisch-croatischer Pfandrechte, und die verwickelten Beziehungen der Cillier zu den Habsburgern handelte (1433, 15. April, Grazer Teidung mit den letztern). Auch seinem Schwiegersohne Kaiser Sigmund blieb er mit Rath und That zur Seite. Er starb zu Preßburg 1435 (nicht 1434) am 13. October und wurde in der Karthause zu Plettriach, in Krain, auch „Neustift“ genannt, seiner Gründung aus den Jahren 1407–1410, bestattet. Die Cillier Chronik sagt von ihm: „Nach dem was große Clag, dann er was gar ein frommer Mann und ein rechter Sühner undt Friedmacher, wo er mocht zwischen armen und reichen.“ Doch tritt das Berechnende seiner Handlungsweise und die Rücksichtslosigkeit seiner Entwürfe, neben der hohen Klugheit und Kraft des Wollens weit entschiedener hervor. – Ein außerehelicher Sohn Hermanns II. gleichen Namens und nicht mit dem ehelichen Sprossen Hermann III. (s. o.) zu verwechseln, wurde 1412, am 25. Juli, Bischof von Freising; im Jahre 1421 zum Bisthum Trient abberufen, starb er am 13. September ohne diese Stadt noch betreten zu haben.
Ulrich I. († 1368). Erstgeborner Sohn Friedrichs I. – Die Spruchdichtung des Zeitgenossen Peter Suchenwirt und urkundliche Andeutungen lassen uns ein reges Thatenleben dieses Cilliers, noch bei Lebzeiten des Vaters (1345 bis 1359), erkennen. Zunächst zog er mit dem Heerbanne des Ungarnköniges Ludwig I. vor das von den Venetianern hart bedrängte Zara an Dalmatiens Küste, half er dem Wittelsbacher Ludwig dem Baiern als Landesherrn Tirols in der Bekämpfung des trotzigen Vasallen Engelmars von Villanders (1346), kriegte weiterhin in der Mark Brandenburg gegen die Partei des falschen [262] Waldemar (1347) und erwarb sich den „Rittersegen“ auf der Fahrt gegen die heidnischen Preußen (ca. 1350?). In der Fehde des Herrn von Wallsee mit dem böhmischen Adelsgeschlechte der von Neuhaus stand der streitbare Cillier auf der Seite des ersteren (ca. 1351). Bald gewahren wir ihn als Genossen der Romfahrt Kaiser Karls IV. (1354) und der wechselvollen Kämpfe des Ungarnköniges mit der Signoria, vor Treviso. Ludwig I. wußte auch die Dienste des ritterlichen Cilliers zu schätzen, den die Lust zu kriegerischen Abenteuern bis vor Widdin, in den Kampf gegen die aufständischen Bulgaren und Serbier führte. – Als der Vater starb (1359, 10. August), vertrat Ulrich neben seinem jüngern Bruder Hermann I. die Angelegenheiten des Hauses als Altgraf der Cillier. Urkunden aus den Jahren 1362–1368 deuten an, daß Ulrich I. und Hermann I. in den italienischen Händeln der Habsburger, besonders unter Herzog Rudolf IV. († 1365), – in dessen Fehden mit den Wittelsbachern – die wichtige Rolle von Söldnerwerbern spielten. Auch in die Angelegenheiten des Patriarchates von Aquileja, zu dessen vornehmsten Lehensleuten sie zählten, griff Ulrich I. ein. Herzog Rudolf IV. nennt ihn 1362 seinen Landeshauptmann in Krain, als Nachfolger des Vaters in dieser Würde. – Graf Ulrich I., dessen Name „weit erchennet“, wie Suchenwirt sagt, starb am 26. Juli 1368. In erster Ehe mit Adelhaide, Gräfin von Oettingen, in zweiter mit Adelhaide von Ortenburg vermählt, hinterließ Ulrich I. einen nahezu mündigen Sohn, Wilhelm, mit welchem seine Nachkommenschaft im Mannsstamme erlosch.
Ulrich II. (geboren um 1406, † 1456, am 9. November). Der letzte des Mannesstammes der Cillier, des Hauses bedeutendster Sprosse und der eigentliche Träger seines epochemachenden Einflusses. Als Sohn Friedrichs II. und der Tochter des Grafen Stefan von Veglia-Modrusch (Frangepani), Elisabeth, mochte er um 1406 beiläufig geboren worden sein, da ihn der Zeitgenosse, Aeneas Sylvius, im Jahre der tragischen Ermordung (1456) als einen Fünfziger bezeichnet. Eine der ersten urkundlichen Spuren für die Geschichte seiner Jugend, deren dunkeln Hintergrund die Ermordung der Mutter durch Ulrichs Vater bildet, findet sich in dem Schuldbriefe Ulrichs II. vom 1. November 1429 über eine bedeutende Summe, die ihm sein Vater Friedrich II. zur „Ritterweihe“ dargeliehen habe. Aeneas Sylvius, der jedenfalls befangene Tadler der Cillier, weiß nicht genug von dem ausschweifenden Leben zu erzählen, das Ulrich mit einer Unersättlichkeit getrieben, welche selbst in dem gleichgearteten Vater Scham und Sorge für den Bestand des Hauses erweckt habe. Ulrichs II. Ehe dürfen wir in die Zeit von 1430–1440 setzen. Sie war ein Seitenstück zu der Heirath Hermanns I.; dieser wählte eine Bosnierin, sein Urenkel eine Serbin, die Tochter des Fürsten Georg Brankowich, Katharina, zur Frau, die ihrem nicht unirten Glauben auch in der neuen Heimath, in der Steiermark, getreu blieb. 1436, am 30. November sah sich Ulrich II. in Gesellschaft seines Vaters zu Prag in glänzender Fürstenversammlung zum Reichsfürsten erhoben. Es war dies die Quelle ernstlicher Zerwürfnisse mit den dadurch in ihren landeshoheitlichen Rechten sich verletzt fühlenden Habsburgern. Seither tritt Ulrich II. in allen Hausangelegenheiten auf den Schauplatz und nimmt deren Leitung immer mehr in eigene Hand. Es beginnen Fehden, die sich bis in das Jahr 1443 erstrecken und nach einigen Jahren wieder entbrennen. Zwischen diese Ereignisse, die in dem Waffenbunde der Cillier mit dem Herzog Albrecht VI., Bruder des habsburgischen Königes Friedrich III. und den Kämpfen in Untersteier und Krain gipfeln (1440–1441), fallen andere Begebenheiten hervorragenderer Bedeutung. So zunächst die noch wenig aufgehellte Verschwörung Ulrichs mit seiner Tante, der Kaiserin Barbara – gegen Kaiser Sigmunds Erbfolgeplan (1437), seine Flucht aus dem Gefolge des zürnenden Kaisers und – nach dem Tode des [263] letzten Luxemburgers – die kurze Rolle als Statthalter König Albrechts II., des Gatten Elisabeths, der Kaiserstochter und Muhme Ulrichs II., im Lande Böhmen; eine Rolle, deren Zweideutigkeit allerdings den Albrechtiner bewog, ihr rasch ein Ende zu machen (1438–39). Noch hervorragender zeigt sich alsbald das Eingreifen Ulrichs in die ungarische Thronfrage, nach Albrechts Tode (1439). Die Grafen von Cilli waren die Hauptstützen der habsburgischen Ansprüche, Ulrich namentlich die Seele der Kriegsanstalten wider den Jagellonen Wladislaus I. zu Gunsten seines Neffen Ladislaus Posthumus, sowie er bei der Krönung dieses Kindes die Hauptrolle spielte (1440). In diesen Händeln gerieth er auch in vorübergehende Gefangenschaft (April-November 1440). Wladislaus und der tüchtige Feldhauptmann der Cillier, Jan Witowec, schlugen die Ungarn (1441, am 1. März) bei Samabor in Croatien in blutigem Treffen. Die langwierigen Zwistigkeiten der Habsburger und Cillier wurden endlich zu Wiener Neustadt im August und September 1443 äußerlich geschlichtet; die Cillier verpflichten sich die Habsburger als „unsere gnädigen Herren“ zu tituliren; Erbeinigungen, Bündnisse werden ausgetauscht und um dieselbe Zeit (Nov.–Dec.), auch die Verwicklungen zwischen dem Görzer Grafen Heinrich IV. und den Cilliern leidlich verglichen. Um so gehässiger trat das Verhältniß der letzteren gegen Johann Hunyady hervor. Schon in dem ungarischen Thronstreite waren Ulrich von Cilli und der Corvine politische Gegner. Aber der Gegensatz wurzelte tiefer, in persönlichen Interessen, besonders seitdem (1446) Hunyady Reichsverweser geworden war, den Serbenfürsten Georg Brankovich, Ulrichs von Cilli Schwiegervater, wegen seiner türkenfreundlichen Haltung im Jahre 1444 anfeindete, die bosnischen Ansprüche der Cillier, seit Stephan Tvartko’s Tode († 1443), durch Begünstigung eines andern Prätendenten kreuzte, überdies ihre Stellung in Croatien-Slavonien zu erschüttern bemüht war. So kam es zu einem neuen heftigen Ausbruche der Feindseligkeit zwischen den Cilliern und der corvinischen Partei, das Haus Thallóczy an der Spitze, in Croatien 1445 und 1446, wobei Ulrich von Cilli und sein Feldhauptmann Witowec nicht ohne Glück fochten. Bald darauf erschien jedoch der Gubernator Hunyady mit bedeutender Kriegsmacht in Croatien, verwüstete die Besitzungen der Cillier und brach auch in die Steiermark, in die Grafschaft Cilli verheerend ein. Den Gegenanstrengungen der Cillier glückte es, dem Gegner auf dem Rückzuge manchen Schaden zuzufügen (1446). – Die Niederlage des Ungarnheeres bei Kossowo oder am Amselfelde (1448) gegen die Türken, in Folge deren Hunyady auf seiner Flucht in die Gefangenschaft des Serbenfürsten Brankowich fiel, bot dem Cillier Anlaß, seinen Gegner, den Corvinen, zum Aufgeben der alten Feindseligkeiten zu zwingen. Hunyady mußte einen Vertrag eingehen, wonach er in die Verlobung Elisabeths, Ulrichs von Cilli Tochter, mit seinem gleichfalls noch unmündigen zweiten Sohne, Matthias, willigte. Doch konnte dies diplomatische Spiel den alten Groll nicht bannen. – Zunächst war es jedoch der Handel um die Fortdauer der vormundschaftlichen Gewalt König Friedrichs III. über Ladislaus Posthumus, der unsern Cillier, kurz nach seinem im Dienste Oesterreichs unternommenen Zuge gegen Pongrácz von Sz. Miklós auf Holitsch, einen der gefürchtetsten adelichen Räuber Ungarns (1450), in hervorragender Weise beschäftigte. Dieser Kriegszug gab Anlaß zu späteren Mißhelligkeiten mit König Friedrichs Hofregierung. Ulrich von Cilli und sein Vater Friedrich verbanden sich mit der ständischen Bewegungspartei in Oesterreich, als deren Seele wir Eiczinger betrachten müssen. Sie traten (1451, den 14. Oct.) in die Martberger Einigung, die, hinter dem Rücken Friedrichs III. geschlossen, die Romfahrt und Bräutigamsreise des letzteren zur Befreiung des jungen Albrechtiners aus vormundschaftlicher Gewalt benutzen und mit allen Mitteln dies Ziel erreichen [264] wollte. Schon auf der Reise durch Kärnten nach Welschland wurde dem Habsburger die bedenkliche Haltung Ulrichs von Cilli klar. Nicht bloß die ablehnende Antwort auf Friedrichs Einladung, die Romfahrt als Dienst- und Lehensmann des Königes mitzumachen, noch mehr die gereizte Zurückweisung der gegen ihn erhobenen Anklagen, ließen Ulrich als Unzufriedenen erscheinen. In der That wurde dieser Eiczinger’s rührigster Verbündeter, denn ihm winkte das glänzende Ziel, nach Befreiung Ladislaus’, des Sohnes seiner Muhme, die Hauptrolle an dem Hofe des jungen Königes zu spielen, für dessen ungarische Ansprüche der Cillier seit 1440–1445 eingetreten war. Ulrich war es, dessen Händen (im Sept. 1452) der durch die Belagerung in Wiener Neustadt eingeschüchterte Kaiser sein Mündel auslieferte, allerdings unter einer Bedingung, welche der Cillier nicht einhalten wollte oder konnte. Er wurde nun der eigentliche Regent, der allmächtige Rathgeber des zwölfjährigen Königes, in dessen Schoß das Geschick das habsburgische Kernland Oesterreich und die Kronen Böhmens und Ungarns gelegt hatte. Gewiß ist die Erzählung des Aeneas Sylvius, Ulrich von Cilli habe Körper und Geist des frühreifen Jünglinges durch raffinirten Sinnengenuß erschlaffen und jeder Selbstthätigkeit unfähig machen wollen, eine der tendentiösen Uebertreibungen des kaiserlichen Historiographen; sicherlich aber war der genußsüchtige und prunkliebende Graf nicht gewillt, die nüchterne und bürgerlich einfache Lebensweise des Kaisers, die „Steiermärkerei“, wie er sie spöttisch nannte, an dem Hofleben des jungen Königes eingehalten zu sehen. Die heikeln Unterhandlungen mit Böhmen, die schwierigen Auseinandersetzungen mit Johann Hunyady, dem Reichsverweser Ungarns, seinem bedeutendsten politischen Gegner, geben Zeugniß von der staatsmännischen Begabung des Cilliers, dessen Seele von dem Gedanken an eine kräftige, einheitliche Regierung erfüllt war. Auch dem römischen Stuhle gegenüber trat Graf Ulrich in die Schranken mit der Appellation an ein allgemeines Concil gegen die über Oesterreich verhängten päpstlichen Censuren. Da Eiczinger sich allen Einflusses beraubt sah und die österreichischen Autonomisten die Herrschaft des „Ausländers“ am Hofe immer unerträglicher fanden, so reifte eine Verschwörung gegen den Cillier unter Eiczinger’s Führung, die auf dem Korneuburger Landtage 1453 (Sept.) kurz vor der Königsreise nach Mähren und Böhmen, mit der Anklage des Cilliers offen auftrat und bald darauf zu Wien den Sturz Ulrichs ganz unerwartet durchsetzte. Von der Wuth des Wiener Volkes gefährdet, das in dem gestürzten Regenten einen verrufenen Lüstling haßte, verließ der Cillier Wien, schien nochmals den Versuch zu wagen, mit dem Könige zusammenzutreffen, wandte sich dann heimwärts, trug den Venetianern seine Kriegsdienste an, ja er soll sogar den Versuch gemacht haben, bei König Friedrich unterzukommen, dem er doch früher übel mitgespielt. Weder das Eine noch das Andere gelang. Aus der verhaßten Unthätigkeit riß den Grafen erst der Wechsel der Verhältnisse am Wiener Hofe. Eiczinger war beim Könige durchaus unbeliebt und den andern als herrschsüchtiger Emporkömmling bald verhaßt geworden. So wurde im Sommer des Jahres 1454 der triumphirende Einzug des Cilliers in die Mauern Wiens möglich, unter den Jubelrufen der wandelbaren Menge. Seit dem 9. Juni 1454, an welchem Tage sein hochbejahrter Vater Friedrich, mit Hinterlassung großer Reichthümer, gestorben, war Ulrich II. der alleinige Gebieter über die Macht und Besitzfülle seines Hauses; als neuberufener Minister des letzten Albrechtiners, begünstigter und allmächtiger denn zuvor, stand er damals auf der Höhe seines Lebens. Daß er die Parteiherrschaft des Corvinen im Ungarnlande zu stürzen bemüht und nach der Würde eines königlichen Stellvertreters (locumtenens) daselbst lüstern war, unterliegt keinem Zweifel und findet auch in den staatsmännischen Anschauungen des Cilliers seine Erklärung. Doch muß man die Anekdoten des [265] Aeneas Sylvius von den Ränken und Fallen, die Graf Ulrich dem Corvinen gelegt haben soll, mit äußerster Vorsicht aufnehmen. Beide politische und persönliche Gegner benehmen sich, wie urkundliche Andeutungen nahe legen, gegen einander wie geschickte, vorsichtige Fechter und Geschäftsleute, welche sich vor jedem Schaden decken und die wahre Gesinnung hinter gefügigen Redensarten verschleiern wollen. Wir begegnen Urkunden, in welchen der Cillier Bündnisse mit den Gegnern Hunyady’s eingeht, andrerseits werden Verbriefungen der Freundschaft zwischen ihm und dem Corvinen gewechselt. Eine solche datirt z. B. noch aus dem Frühjahre 1456, worin Johannes Hunyady, sein älterer Sohn und der Cillier sich wider alle ihre und des Landes Feinde verbinden. Im Jahre 1455 (15. Januar) wird noch der Mitgift und Aussteuer der Tochter des Cilliers, Elisabeth, Verlobten Matthias’, des jüngern Sohnes unsers Corvinen, gedacht; doch starb sie bald darauf im zarten Alter. Ihre Brüder, Georg und Hermann, waren früher, noch als Kinder oder Knaben, dahingeschieden, – so stand denn Ulrich II. da, ohne Familiensegen, das Erlöschen seines Hauses vor Augen, jedoch getragen von stolzem Selbstgefühle als rechter Arm des jungen Königes, gehaßt aber auch gefürchtet und im Besitze großer Mittel, mächtiger Verbindungen. Im August 1456 starb der Corvine, der sich in der Belgrader Vertheidigung und Schlacht die letzten Lorbeeren erworben, des Cilliers gewaltigster Widersacher, ihm an Erfolgen und gutem Leumunde weit überlegen. Jetzt winkte dem Grafen auch in Ungarn das höchste Gewaltziel. An der Spitze eines Kreuzheeres zog er im Spätherbste 1456 in Gesellschaft des jungen Königes nach Ungarn. Zu Futak ernannte ihn Ladislaus zum Locumtenens. Die corvinische Partei, Ladislaus Hunyady und Szilágyi, der Mutterbruder der jüngern Corvinen vor allen argwöhnten nun das schlimmste, nämlich Gewaltstreiche des verhaßten Cilliers. Ladislaus Hunyady, Ban von Croatien, der mit seiner Partei die Reichsfestungen in Händen hielt, verschleierte den grollenden Argwohn, indem er freundschaftliche Ergebenheit für den König und den Grafen von Cilli zu Futak eidlich bekräftigte. Die Ermordung desselben wurde als Act politischer Nothwendigkeit geplant und nachträglich als halbe Zufallssache, selbst mit Erfindungen (so das Bonfin’sche Histörchen von des Cilliers Briefe an seinen Schwiegervater Brankowich) ausgeschmückt, von ungarischer Seite bezeichnet. Graf Ulrich ging den 8. November mit dem Könige in die bereitete Falle – bei aller sonstigen Vorsicht. Als er das Belgrader Festungsschloß betreten, mochte er wol Schlimmes argwöhnen, ja er wurde bereits früher gewarnt, doch es war zu spät. Morgens, den 9. November (das ist das sichergestellte Datum), fiel er nach tapferem Widerstande unter den Säbeln und Messern der Verschwörer. Zu Cilli, in der Familiengruft beigesetzt, schloß er den Stamm der hochstrebenden Cillier. Der Streit um das Erbe währte an vier Jahre. Sein Zeitgenosse Aeneas Sylvius schildert ihn als imponirende Erscheinung, mit dem Gepräge des Wollüstlings, geistig gewandt und redemächtig.
Wilhelm († 1392, 19. Sept.). Einziger überlebender Sohn des Grafen Ulrich I.; urkundlich neben seinem Ohme Hermann I. seit 1371 erwähnt. 1372, den 30. September empfing er zu Brünn, neben seinem Oheime, Hermann I., den kaiserlichen Gnadenbrief als Graf von Cilli und Mitinhaber der gefreiten Grafschaft dieses Namens. 1373, den 24. October verlobte sich Wilhelm mit Gräfin Elisabeth von Görz; doch kam es nicht zum Vollzuge der Ehe, wie sich nach allem schließen läßt. Ein wirkliches Ehebündniß schloß Wilhelm sicher um 1382, durch Vermittlung König Ludwigs I. von Ungarn († 1382), des Gönners und Dienstherrn Ulrichs I., mit Anna, der Tochter des letzten Piastenköniges von Polen Kasimir († 1370). In einer Urkunde, datirt von Ofen, 27. März 1382, wird die Mitgift der Piastin vom König Ludwig auf 20000 [266] Goldgulden beziffert. – Von der Preußenfahrt des Jahres 1377 in Gesellschaft seines Oheims und Vetters, Hermanns des I. und II., war bereits die Rede. Im Jahre 1392 betheiligte sich Wilhelm an dem Türkenzuge König Sigmunds von Ungarn und starb auf der Rückreise zu Wien den 19. September d. J. Die hinterbliebene Tochter Anna, aus der Ehe mit der gleichnamigen Piastin, wurde zu Folge des Wunsches, den Wladislavs Jagello erste Gattin, Hedwig, am Todtenbette ausgesprochen haben soll, bald nach deren Tode (1400) von dem Polenkönige gefreit, im November 1400 der Verlobungspact zwischen den Bevollmächtigten des Jagellonen und dem Grafen Hermann II. von Cilli ins Reine gebracht und die Braut nach Polen geleitet, wo sie zunächst durch acht Monate zu Krakau die polnische Sprache lernte. Wladislav war jedoch bald von den Reizen der Braut nicht befriedigt und hätte gern die Ehe gelöst, ließ sich aber endlich beschwichtigen. 1402 wurde Anna gekrönt und starb 1416, den 21. März.
- Vgl. die zeitgenöss. Quellen zur Geschichte der Grafen von Cilli, von Dr. F. Krones; Graz 1871, im 8. Heft der Beitr. z. K. stm. G. und dessen Abh. über d. Cillier Chronik im 50. Bde. des Arch. f. K. oe. G. der Wiener k. k. Akad. d. W. 1873. E. Fröhlich, Genealogica Sounekiorum comitum Celejae et comitum de Heunburg. Viennae 1755. Bergmann, Abhandlung über das Münzrecht der Cillier in den Wiener Jahrb. für Litt. und Krit. 101. Bd. Aschbach, Gesch. König Sigismunds. 4 Bde. 1838–1845. Birk’s Materialien und Ausführungen in den Quellen und Forschungen zur vaterl. Gesch. 1849. Muchar, Gesch. des Herz. Steiermark. 6.–8. Bd. 1859–1867. Tangl, Die Freien von Suneck, Ahnen der Grafen von Cilli im X. Heft der Mitth. des hist. Vereins für Steiermark. Graz 1861. G. Voigt, Enea Silvio de Piccolomini als Papst Pius II. und sein Zeitalter. 3 Bde. Berlin 1856 bis 1863. G. Supan, Die letzten vier Lebensjahre des Grafen Ulrich II. von Cilli. Wien 1868.