ADB:Bernatz, Johann Martin
Ludwig I. zu [391] zeichnen. Auch entstanden zahlreiche Oelgemälde und Aquarellen, welche in ihrer Verbindung von Architektur und Landschaft und durch die gewissenhafte Treue und sorgfältige Durchbildung die Aufmerksamkeit des Hofraths und Professors Dr. G. H. v. Schubert erregten, da dieser 1836 für seine längst geplante Orientreise einen tüchtigen Maler und Zeichner als Begleiter suchte. So zog B. mit Schubert und dem so früh vollendeten Dr. Erdl über Konstantinopel durch Kleinasien, Palästina und die Sinai-Halbinsel nach Aegypten, alle merkwürdigen Gegenden, Bauwerke, ihre Ansichten und Trachten mit seinem Stifte festhaltend. Eine Auswahl davon auf 40 Blättern gab B. nach seiner Rückkehr unter dem Titel „Bilder aus dem heiligen Lande, nach der Natur gezeichnet“ (Stuttgart 1839 bei Steinkopf) heraus. Infolge dieser musterwürdigen Leistung erging eine Einladung aus England an B., sich mit Dr. Johannes Roth einer nach Ostindien bestimmten Expedition anzuschließen. Als die Reisenden nach halbjähriger Seefahrt zu Neujahr 1841 in Calcutta eintrafen, legten sich unübersteigliche Hindernisse dazwischen. Dagegen betheiligte sich B. im Auftrag der englisch-indischen Regierung an einer wissenschaftlichen Durchforschung Abessiniens. Endlich nach mehr als dreijähriger Abwesenheit kehrte unser Zeichner zurück und publicirte die Früchte seines Fleißes unter dem Titel „Scenes of Ethiopia“ (London 1852, in Steindruck des Münchener Peter Herwegen); eine deutsche Bearbeitung erschien zu Stuttgart 1854 und Hamburg 1855 bei R. Besser unter dem Titel: „Bilder aus Aethiopien. Nach der Natur gezeichnet und beschrieben von Joh. Martin Bernatz, Maler der brittischen Gesandtschaftsexpedition nach Schoa in den Jahren 1841–43. Gewidmet mit besonderer Erlaubniß der Königin Victoria von England.“ Das Prachtwerk zerfällt in zwei Abtheilungen: 1. Aden und das heiße vulkanische Tiefland des Danakil. 2. das Hochland von Süd-Abessinien und Schoa. – Durch Vermittelung von A. v. Humboldt malte B. eine kostbare Sammlung der merkwürdigsten „Skizzen zur Länder- und Völkerkunde“ in Oel für das Album König Friedrich Wilhelm’s IV. von Preußen. Von da galt B. gleich einer wissenschaftlichen Autorität: Humboldt, Schubert, Barth und Petermann erwiesen ihm Beifall, Anerkennung und Hochachtung; sein Lob verkündeten Karl Ritter und Dr. G. Parthey in Berlin (Vortrag in der Sitzung des Geographischen Vereins vom 15. December 1852). Kein Reisewerk erschien ohne wenigstens mit einigen Illustrationen von seiner Hand, so die „Palästina-Beschreibung“ von Fr. Adolf und Otto Strauß („Die Länder der heiligen Schrift. mit 100 Bildern nach Zeichnungen von Halbreiter, Bernatz, Strähuber und Meermann“ (Leipzig 1861 ff.), Barth’s „Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika“ (Gotha 1857), W. v. Harnier’s „Reise am oberen Nil“ (herausgeg. von Adolf v. Harnier, mit Vorwort von A. Petermann. Darmstadt 1866, mit 27 Blatt in Farbendruck) u. s. w. – Seit 1846 hatte B. sich bleibend zu München niedergelassen. Regelmäßig zeigte er auf den großen Kunstausstellungen (1858 ff.) seine Aquarelle und Oelbilder, z. B. den „Bahr-Assal im vulkanischen Tieflande der Danakil“ (1864); „Die nubischen Salzseen“, das Prachtbild mit der „Innenansicht der Kirche auf dem Sinai-Kloster“ (1871 und 1877), den „Vorhof der Suleiman-Moschee in Constantinopel“ (1874). Auch bei der Verloosung zum Besten der allgemeinen deutschen Invalidenstiftung spendete B. eine werthvolle artistische Ehrengabe („Fluß Rossi im Hochlande von Schoa“). Uebrigens litt der Künstler doch unter diesen wissenschaftlichen Bestrebungen: seine Bilder trugen vorwiegend das Gepräge der Wahrheit, häufig auf Kosten des malerischen Eindrucks und die Farbe wurde hart und schwer; auch bei der Wiedergabe von architektonischen Denkmalen überwog nicht die poetische Stimmung, sondern die Treue. Was sie also auf der einen Seite für die Wissenschaft gewannen, ging freilich theilweise für die Kunst [392] verloren. Dessenungeachtet blieben seine überaus fleißigen Arbeiten doch ein Zeugniß und eine Zierde deutscher Ausdauer und Beharrlichkeit. B. entschlief am 19. December 1878 nach längerem, zuletzt schwerem Leiden.
Bernatz: Johann Martin B., Landschaftsmaler, geboren am 22. März 1802 zu Speyer als der Sohn eines Maurermeisters und Schlottsteinfegers, war anfänglich zu der letztgenannten Hantirung des Vaters bestimmt (während der ältere Bruder Matthäus das Baufach erwählte), bis 1826 eine Lungenentzündung der Ausübung dieses Handwerkes Einhalt gebot. Johann Martin B., damals schon ein tüchtiger Zeichner, besuchte mit seinem Bruder die Polytechnische Schule zu Wien, versuchte unter Kellerhofen’s Leitung in Speyer die Oelmalerei und ging während seines zweiten Wiener Aufenthaltes (1827–29) zur Architekturmalerei über. Im August 1829 kam er nach München und durchstreifte, um Studien zu sammeln, das altbaierische Hochland und Niederbaiern, woselbst er zu Straubing durch den Regierungspräsidenten von Mulzer beauftragt wurde, verschiedene alte, historisch merkwürdige Denkmale für König- Vgl. die Nekrologe in Beilage 28 d. Allgem. Ztg. v. 28. Januar 1879 u. in Nr. 148 des Augsburger Sammler v. 21. Dcbr. 1878. – Kunstvereins-Bericht f. 1878, S. 74. – Julius Meyer, Künstler-Lexikon, 1885. III, 650. – Müller-Singer, 1895. I, 112. – Fr. v. Boetticher, Malerwerke, 1895. I. 84.