Zum Inhalt springen

ADB:Beetz, Wilhelm von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Beetz, Wilhelm von“ von Egbert Ritter von Hoyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 332–334, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Beetz,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 17:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Beeger, Julius
Band 46 (1902), S. 332–334 (Quelle).
Wilhelm von Beetz bei Wikisource
Wilhelm von Beetz in der Wikipedia
Wilhelm von Beetz in Wikidata
GND-Nummer 116108991
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|46|332|334|Beetz, Wilhelm von|Egbert Ritter von Hoyer|ADB:Beetz, Wilhelm von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116108991}}    

Beetz: Dr. Wilhelm v. B., Physiker, geboren am 27. März 1822 zu Berlin, † am 22. Januar 1866[1] zu München, hatte das Glück schon sehr früh, unmittelbar nach Beendigung des Elementarschulunterrichts, auf dem s. Z. berühmten Köllnischen Realgymnasium unter den Lehrern der Physik August und Seebeck einen außerordentlich anregenden Unterricht auf dem Gebiete der Naturwissenschaften zu genießen und sich für die Universität vorzubilden, welche er in Berlin 1840 bezog. In der Absicht sich der Chemie zu widmen, betrieb er zuerst das Studium dieser Wissenschaft unter Heinr. Rose und Mitscherlich. Seine angeborene Vorliebe für Physik aber, in hohem Maaße durch die Vorlesungen bei Magnus, Poggendorff, Rieß, Erman und Dirichlet geweckt und gefördert, führte ihn dem Studium der Physik mit solchem Eifer zu, daß er bereits am Schlusse seiner Studienzeit (1843) als Assistent in das Laboratorium von Magnus aufgenommen werden konnte, das als Schule zahlreicher tüchtiger Physiker große Bedeutung hatte. Nach Beendigung seiner Studien erhielt B. gleichzeitig eine Berufung als Chemiker nach Edinburg und als Physiker an das Cadettenhaus in Berlin. Er entschied sich für letztere Lehrstelle (an einer Anstalt, an welcher zugleich sein Vater Lehrer der Geographie war) und somit zugleich endgültig für seinen zukünftigen Beruf als Physiker. Schon zu Beginn desselben nahm er an einer folgenreichen That theil, nämlich an der Gründung der Berliner physikalischen Gesellschaft, so daß Beetz, Brücke, Heintz, Karsten und Knoblauch als Stifter einer Gesellschaft zu gelten haben und mit den bald eintretenden Männern Clausius, Helmholtz, Lamont, Quincke und Wiedemann einen Bund bildeten, dem später fast jeder deutsche Physiker angehörte. B. übernahm zugleich die Redaction der von dieser Gesellschaft ins Leben gerufenen „Fortschritte der Physik“, welche die physikalische Litteratur der ganzen Welt zu einem Jahresbericht vereinigten und zu großem Ansehen gelangten. Nachdem B. sodann 1844 promovirt, 1845 die venia legendi an der Berliner Universität erworben und 1850 die Professur am Cadettencorps erhalten hatte, folgte er 1856 einem Rufe [333] als Professor der Physik an die Universität Bern, die er 1858 mit Erlangen vertauschte.

Als 1868 die polytechnische Schule zu München mit ganz neuer Organisation ins Leben trat, wurde B. für den Physikalischen Unterricht an derselben gewonnen und ihm zugleich Gelegenheit gegeben, mit Aufwendung reicher Mittel ein physikalisches Institut von Grund aus neu und mustergültig einzurichten und infolge des großen Aufschwunges der Technik eine große Zahl von Studirenden für das tiefergehende Studium der technischen Wissenschaften auf dem Gebiete physikalischen Wissens und Forschens vorzubereiten. Außerdem trug B. während seiner 17jährigen Thätigkeit an dieser Anstalt auch ein Triennium (1874–1877) die Ehre und die Last des Directors.

B. war mit einer außergewöhnlich großen Lehrbegabung ausgestattet, ein ruhiger vorzüglicher Experimentator und daher als Lehrer ebenso erfolgreich als geschätzt. Sein Wissenschafts- und Forschungsgebiet war sehr ausgedehnt; seine früheren chemischen Studien legten ihm indessen das Grenzgebiet Chemie-Physik, insbesondere die Elektrochemie nahe, während zugleich die Zeitströmung ihn zum eifrigen Mitarbeiter auf dem Gebiete der Elektricitätslehre, namentlich des Galvanismus machte, dem die Physik werthvolle Aufschlüsse über verschiedene Vorgänge verdankt, zu welchen B. durch geistreiche Experimentaluntersuchungen gelangte. Hierher gehören u. a. jene Untersuchungen, welche die Vorstellungen über die Elektricitätsleitung klärten, vor allem aber diejenigen, welche die Bestätigung von der Theorie Ampère’s erbrachten, „daß der Magnetismus auf elektrische Ströme zurückzuführen sei“.

Da B. als Lehrer einer technischen Hochschule die Entwicklung der Technik unmittelbar vor Augen hatte, so konnte es bei seinem hohen Interesse für alle Fortschritte nicht ausbleiben, daß er mit großem Eifer namentlich jene Errungenschaften verfolgte, welche mit der Fortentwicklung der Physik in Wechselwirkung stehen. In hervorragender Weise zeigt sich dieser Eifer bei jenen zahlreichen Veranstaltungen, welche mit der Elektrotechnik zusammenhängen. Sein Besuch der elektrischen Ausstellung in Paris 1881, für die er vom deutschen Reiche als Preisrichter ernannt war und wo man ihn zum Vicepräsidenten einer Abtheilung wählte, hatte die hauptsächlich von B. geleiteten elektrotechnischen Versuche im Münchner Glaspalast zur Folge, aus denen sich die epochemachende elektrische Ausstellung zu München 1882 entwickelte. B. leitete diese Ausstellung als Vorsitzender des Ausstellungscomités mit solcher Umsicht und Gewandtheit, daß die Ergebnisse derselben nicht nur nach jeder Richtung zufrieden stellten, sondern die Ausstellung selbst als erste ihrer Art zum Markstein der Elektrotechnik wurde. Namentlich gebührt B. das Verdienst, bei dieser Gelegenheit Männer der Wissenschaft und Praxis versammelt zu haben, welche mit vereinten Kräften die verschiedenartig gestalteten Messungsmethoden auf dem Gebiete der Elektrotechnik in ein festgefügtes System brachten, welches dauernd bestehen dürfte. B. hat bei dieser Gelegenheit die schwierige Untersuchung des Leitungsmaterials selbst eingehend durchgeführt.

Da B. 1869 zum Mitglied der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften ernannt wurde, so ist es begreiflich, daß er von 1869 an die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Thätigkeit hauptsächlich in den Sitzungsberichten dieser Körperschaft niederlegte; nebenbei finden sich auch Veröffentlichungen in den Annalen der Physik. Im ganzen veröffentlichte B. mehr als 50 Aufsätze, unter welchen diejenigen von den Untersuchungen über Thermosäulen, die mechanischen und elektrischen Eigenschaften der Kohle, den Einfluß von Stimmgabelbewegungen auf deren Tonhöhe und die Farbe des Wassers zum Theil ganz neue Ansichten vertreten. Sein kleiner „Leitfaden der Physik“, welcher eine musterhafte gedrängte [334] Darstellung dieser Wissenschaft bietet, erschien in acht Auflagen. Der inhaltreiche, 1884 erschienene Bericht über die Münchner Elektricitätsausstellung, welcher u. a. eine systematische Prüfung der neueren Mittel für die Hervorbringung elektrischer Ströme und elektrischen Lichtes und der Beschaffenheit der Leitungsmaterialien enthält, ist eine der letzten Arbeiten von B., dem vor allem nachzurühmen ist, daß er dem Zeitgeist zu folgen verstand und durch seine emsige Thätigkeit als Lehrer und Forscher einen erheblichen Beitrag zum Ausbau der Physik lieferte. – Aeußere Anerkennung fand B. durch zahlreiche Ordensverleihungen von Bayern, Preußen, Oesterreich, Frankreich und Italien, unter welchen der kgl. bayerische Kronenorden mit der Verleihung des persönlichen Adels besonders erwähnt werden mag, sowie durch Ernennung zum Ehrenmitgliede und Mitgliede zahlreicher Vereine (Leopoldinisch-Karolinische deutsch. Akad. der Naturf., Akad. d. Wiss. Stockholm, Phys. Ges. Berlin, Naturw. V. Halle, Schweiz. Naturforscher-Ges., Phys.-medic. Soc. Erlangen u. Würzburg, Phys. V. Frankfurt a./M., Naturforsch. Ges. Bern, Elektrotechn. V. Berlin, Soc. nat. d. sciences naturelles etc. Cherbourg etc.).

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Beetz, Wilh. v. XLVI 332 Z. 26 v. o. l.: † am 22. Jan. 1886 (statt 1866). [Bd. 56, S. 395]