ADB:Aribo IV.
Kaiser Heinrich II. blutsverwandten Pfalzgrafen Aribo aus dessen Ehe mit Adala, welche sich ebenso wie ihr Gemahl ein dauerndes Andenken hauptsächlich durch die Gründung der Klöster Seon (im bairischen Chiemgau) und Göß (in Steiermark) gesichert hat. Die [525] Vollendung von Göß sollten freilich beide nicht mehr erleben, sondern diese war das Werk ihres Sohnes Aribo, der inzwischen zum Geistlichen ausgebildet und 1020 urkundlich als Diakon der Salzburger Kirche und zugleich als kaiserlicher Capellan begegnet, im Sept. 1021 aber von Heinrich zum Nachfolger des am 17. Aug. d. J. verstorbenen Erzbischofs Erchanbald von Mainz ernannt wurde. Als Erzbischof von Mainz hat A. fast zehn Jahre lang regiert, und zwar in einer Weise, welche vielfach an die Zeit und das Verfahren seines großen Vorgängers Willegis (978–1011) erinnert. So vor allem darin, daß A., kaum zum Erzbischof erhoben, gegen Bischof Bernward von Hildesheim bezüglich der Territorial- und Diöcesanverhältnisse des Klosters Gandersheim dieselben Ansprüche geltend machte, für welche einst Willegis so lange und so eifrig, aber schließlich doch ohne Erfolg gekämpft hatte. Auch A. erreichte zunächst nichts, weder von Bernward noch von dessen Nachfolger Godehard (seit 2. Dec. 1022), und mußte sich noch dazu gefallen lassen, daß Kaiser Heinrich II. sein Auftreten öffentlich rügte. Weiter berührte sich A. mit Willegis nahe in dem Streben nach einer streng episkopalen, von dem Papste möglichst unabhängigen Gestaltung des kirchlichen Lebens in Deutschland, wenn auch zunächst nur für sich und seine zahlreichen Suffraganbischöfe, mit denen er am 13. Aug. 1022 in Seligenstadt eine Synode hielt und u. a. beschloß, daß Niemand ohne die Erlaubniß seines Bischofs oder dessen Vicar nach Rom reisen dürfe, sowie daß Jeder, dem wegen eines Capitalverbrechens eine kirchliche Buße auferlegt sei, erst die Buße ableisten müsse, bevor er sich um Absolution nach Rom wende. Wie der Papst, – es war damals Benedict VIII., der erste aus dem Hause Tusculum – sich theoretisch zu diesen Beschlüssen stellte, wissen wir nicht mehr; gewiß aber ist, daß er ihnen im J. 1023, als A. auf einer Synode in Mainz die auch in seinen Augen rechtswidrige Ehe des Grafen Otto von Hammerstein mit der ihm naheverwandten Irmengard endgültig trennte und die letztere zugleich excommunicirte, praktisch entgegentrat. Denn angetrieben von Irmengard schritt Benedict jetzt gegen A. ein und entzog ihm das Pallium, während er gleichzeitig den Erzbischof Piligrim von Cöln, übrigens einen Vetter Aribos, bedeutend im Rang erhöhte. Die Folge war, daß die Mainzer Suffragane, Bischof Godehard nicht ausgenommen, nur um so entschiedener zu ihrem Metropoliten hielten und auf einer Synode zu Höchst (Mai 1024) Beschwerde für ihn erhoben, in einem an den Papst gerichteten Collectivschreiben, welches ebenso kühn wie ehrerbietig gehalten, von Benedict schwerlich unerwidert gelassen wäre, wenn er nicht kurz vorher das Zeitliche gesegnet hätte. Ferner starb am 18. Juli d. J. Heinrich II., der letzte von den Königen und Kaisern des sächsischen Hauses und damit begann nun zunächst eine Zeit der Unruhe und der Schwankungen, während welcher alle übrigen Kämpfe und Interessen zurücktraten vor der einen Frage nach der Wiederbesetzung des Thrones. A., Erzkanzler für Deutschland und mit der Kaiserin Kunigunde, der thatsächlichen Reichsverweserin schon früher eng verbunden, unterstützte, wie es scheint, mit ihr von Anfang an die Bewerbung des älteren fränkischen Konrad (von Worms) gegen den jüngeren dieses Namens, worauf denn auch die Wahlversammlung zu Kamba am Rhein auf der Grenze der Diöcesen Mainz und Worms mit großer Mehrheit jenen wählte. Am 8. Sept. in Mainz von A. gekrönt, bestieg er als Konrad II. den Thron und zögerte nicht, obwol A. sich nicht herbeiließ, auch Konrads Gemahlin Gisela zu krönen, den Hauptförderer seiner Wahl reich zu belohnen. So erwarb A. damals in Sachsen eine Grafschaft, welche früher dem Bischof von Paderborn gehört hatte; ferner mußte Bischof Eberhard von Bamberg zu Aribos Gunsten als Erzkanzler für Italien zurücktreten, so daß jener wie ehedem Willegis wieder die Oberleitung der gesammten Reichskanzlei in Händen hatte; endlich selbst in [526] der Gandersheimischen Sache, als A. zu Anfang 1025 auf seine früheren Ansprüche zurückkam, zeigte sich der König in soweit entgegenkommend, daß er beiden Theilen, Godehard von Hildesheim sowol als A. die Ausübung bischöflicher Rechte in Gandersheim untersagte und einen unparteiischen Dritten, den Bischof Branthog von Halberstadt, interimistisch zum Ordinarius des Klosters bestellte. Indessen, obwol Godehard unmittelbar darauf jenes Verbot gröblich verletzte, so gereichte doch dieser Umstand Aribos Sache keineswegs zum Vortheil: vielmehr erging schon auf einer Synode in Grone 1025 Ende Januar oder Anfang Februar, vielleicht unter Einwirkung der dem Erzbischof feindlichen Königin Gisela, eine für Godehard durchaus günstige Sentenz, welche dann allen Gegenanstrengungen Aribos zum Trotz am 23.–25. Sept. 1027 auf einem vom Kaiser selbst geleiteten Nationalconcil zu Frankfurt bestätigt und nachträglich durch eine Synode zu Pöhlde vom 29. Sept. 1029 wenn überhaupt, nur unwesentlich im Interesse von Mainz modificirt wurde. Damit aber war Aribos Stellung bis auf den Grund erschüttert, er selbst bot jetzt die Hand zum Frieden, söhnte sich unter Verzicht auf seine Ansprüche im Juni 1030 mit Godehard aus und trat dann, man darf wol sagen in tragischem Gegensatz zum Beginn seiner Laufbahn eine Pilgerfahrt nach Rom an, von der er nicht wiederkehren sollte, da er auf dem Rückwege in Como am 6. April 1031 starb. – Unter den zeitgenössischen Geschichtschreibern, welche über A. geurtheilt haben, äußert sich am günstigsten Wixo in der „Lebensbeschreibung Konrads II.“, wo er ihn als „weise und staatsmännisch“ lobt; aber auch ein so erklärter Gegner, wie der hildesheimische Geschichtsschreiber Wolfhere, Godehards Biograph und Anwalt, kam trotz aller Klagen über Aribo’s Streitsucht und Uebermuth nicht umhin, ihn als eine edle, durch Sittenreinheit und geistlichen Eifer ausgezeichnete Persönlichkeit hinzustellen. Wir haben hier noch zu erwähnen, daß A. nicht bloß in praktischen Dingen sondern auch in Bezug auf theoretische Bildung vielen seiner Mitbischöfe überlegen war. Selbst Verfasser eines Tractats über die Psalmen, galt er als ein besonders gründlicher Kenner der h. Schrift und wurde deshalb als solcher wiederholt zu Rathe gezogen, wie dies zwei heortologische Abhandlungen beweisen, welche ihm der ebenso gelehrte wie schreibgewandte Abt Bern von Reichenau (1027?) zuschickte. Auch mit St. Gallen, dem andern Hauptsitze der Wissenschaften in Schwaben, stand A. in Verbindung und zwar durch Vermittlung eines Notker’schen Schülers, des Mönches Eckehart IV., der unter A. in Mainz die Schule leitete und auf dessen Antrieb nicht nur zu den Wandgemälden des neuen Doms Verse biblischen Inhalts dichtete, sondern auch den lateinischen Waltharius seines Klosterbruders Eckehart I. sprachlich verbesserte. Das Andenken Aribos ehrte Eckehart durch ein kleines poetisches „Epitaphium“, aber leider nicht durch eine Biographie, wie denn eine solche überhaupt nicht entstanden zu sein scheint, weder im Mittelalter noch in der neueren Zeit. Stoff dazu liegt vor in einigen Briefen von und an A. (zuletzt herausg. von Jaffé Mon. Moguntina), ferner kommen in Betracht Ueberreste von Synodalacten (Mansi XIX) und die auf ihn bezüglichen Papst- und Kaiserurkunden; endlich die einschlagenden Abschnitte in den Werken zeitgenössischer Geschichtschreiber: der allerdings gegen A. parteiischen Hildesheimer Thangmar und Wolfhere, Wixo, u. A.
Aribo, Erzbischof von Mainz, geb. spätestens 991, † 6. April 1031, einer von den drei Söhnen des bairischen, mit