Zum Jubelfeste des Erzherzogs Karl
Zum Jubelfeste des Erzherzogs Karl.
Prolog,
gesprochen in Wien am 17. April 1843.
Schnell ist die That dem Aug’ des Tags entschwunden,
Doch ist sie nicht verloren und zunichte,
Sie bleibt, als hätt’ ein Zauber sie gebunden,
Gefesselt von dem Auge der Geschichte.
Vor dieses ernsten Auges Zornesgluthen
Ist das Gewölk der Lüge bald zerronnen,
Das hüllend um den Frevler ward gesponnen.
Gesegnet und gefeiert sey der Mann,
Und wenn es freudig ihm entgegenglänzet,
Verdient er, daß die Menschheit ihn bekränzet.
Napoleon stand auf den Marchfeldsflächen
Mit seinen Heldenschaaren, Heeresmeistern,
Und fest entschlossen, Deutschlands Herz zu brechen!
Wie bebte dieses Herz vor seinem Tritte,
Das Völkerband vor seinem Todesschnitte!
Sein Wort gebot den Mächten dieser Erde,
Galt seines Munds ein Hauch, sein Wink, der Hand
Beglückende – vernichtende Geberde.
Vom Königszittern schwankten rings die Thronen,
Und eine Wanderlust ergriff die Kronen,
Als er die alte Welt in Trümmer schlug.
„Bald stürzt vor mir und meinem starken Heer
Der Leopard Britannia’s ins Meer,
Der Britten Stolz verwandle ich in Gram,
Hispania liegt zu meinen Füßen zahm,
Und wischt den Schlachtenstaub mir vom Kothurne
Mit ihrem weichen aufgelösten Haare,
Auf Lisbons Zinnen setz’ ich meine Aare,
Wie deutsche Herzen, deutsche Schwerter schlagen.
Dort zeigt sich’s bald in blutigen Gewittern,
Ob du ganz ungelehrig für das Zittern!
Dort steht ein Fürst, ein gottgeadelt ächter,
Der Brennpunkt jeder Freude, jedem Schmerz
Des Vaterlands ist sein geweihtes Herz.
Er ist an Heldenkraft selbst dir gemessen,
Doch Eines schmückt ihn schön, was dir gebricht:
Und nie hat er der Menschlichkeit vergessen.
Napoleon stand auf dem Marchfeldboden,
Für sich die Welt gewaltig umzuroden.
Schon lag erobert Wien zu seinen Gnaden,
Geharnischt ritten durch die bange Stadt
Napoleons erlesne Kürassiere,
Die Erde bebte vom Gestampf der Thiere,
Der Schrecken sah an ihnen sich nicht satt.
Und gern beglänzt vom deutschen Sonnenstrahle,
Furchtbar dahin in blanker Eisenschale
Des Kaiserheeres tödtlich bittrer Kern.
Und als sie kamen auf das Feld der Schlacht,
Da stemmten Oestreichs tapfre Bataillone
Wie felsgequadert sich dem Reiterheer,
Sie standen still, geschultert das Gewehr
Auf wenig Schritte noch, als wie zum Hohne.
Erstaunt, als zweifelten sie scheu und bange,
Ob nicht in dieser starren Männerwand
Ein furchtlos Geisterheer sie kalt empfange.
Doch sollten sie bald bitterlich erfahren,
Denn Feuer! schallt’s und Salvendonner schmettern
Und rasselnd stürzen Roß und Mann zum Grunde,
Der, weithin schütternd von den Todeswettern,
Vor Freude bebt in dieser großen Stunde.
Wo er die Seinen sieht im Streite wanken,
Im wildesten Getümmel hier und dort,
Schnell, feurig, wie von Gott ein Siegsgedanken;
Die Fahne schwankt im dichten Pulverdampfe,
Wie hat er stets das rechte Wort gefunden,
Die Herzen seiner Krieger zu entflammen!
Da raffte Mancher letzte Kraft zusammen
Und trug zum neuen Sturm die Todeswunden.
Zehnmal gestürmt, verloren und genommen
Ward jedes Haus, der Kirchhof, jede Scheune;
Man focht um einzle Bäume, Mauern, Zäune,
Den besten Helden aller Zeiten gleich,
In Rauch und Blut schien sich die Welt zu baden,
Die Trommeln wirbeln ohne Rast zum Laden,
Im Qualme blitzt der Schüsse rother Schimmer,
Ein Strom von Donnern rollt das Feuer immer,
Dem Vaterland zu brechen seine Kette.
Wie rang in Wien die Hoffnung mit dem Trauern!
Sie lauschten dem Verhängniß von den Mauern,
Ob ferner die Kanonenschüsse grollen,
Nun ward es still; die Luft muß müde seyn
Vom tausendstimmig wilden Todesschrei’n;
Nur manchmal ruft ein Posten, eine Wacht,
Ein Stöhnen, aus der Wahlstatt ausgestoßen
Dann wieder schweigt es, finster ist die Nacht.
Er ist besiegt, der Revolution
Gewalt’ger muttermörderischer Sohn,
Der Riesige, der Frankreichs Freiheitsbäume
Der Herkules, der wilder Freiheitsträume
Stymphalisches Geflügel hat vernichtet.
Er ist besiegt! ihn trägt in leichtem Kahn
Die Donau rettend nach der Inselbucht,
Zu Füßen liegt ihm sein zerbrochner Wahn.
Gleichgültig blickt er nieder auf die Leichen,
Die mit den Wellen ihm vorüberstreichen;
Da lischt die Fackel aus im Windeswehen,
Noch wollte ihn der dunkle Strom erhalten,
Er trug ihn eigenmächtig an’s Gestade,
Denn damals waren die Naturgewalten
Noch nicht verschworen gegen seine Pfade.
Weiß nur des Schicksals Liebling, nur ein Held,
Der auch wie er den Degen in der Hand,
Und Gottes Geist im Haupt, für’s Vaterland
Mit solchem Helden rang und es gerettet
Mag immerhin nach Asperns blut’ger Schlacht
Der stolze Feind erheben seine Macht,
Aufwerfen siegreich seine Heldenfahne:
Sie blieb doch krank vom schüttelnden Orkane.
„Er ist besiegbar!“ unvergeßlich Allen,
Und Leipzig wird die Donner wiederhallen;
Napoleons Waffenzauber war gebrochen.
O Karl, es war dein schönster Heldentag!
Der Feldherr gab dem Frieden seine Wehre;
Und weiter schuf an seinem edlen Bilde
Im Stillen das Geschick; der Schreck der Heere
Steht nun vor uns ein Held an frommer Milde.
Lebt einer, dem er freundlich wohlgethan.
Er zeichnete, entrückt den Thatenflügen,
Gedächtnißblätter, Kriegern zur Belehrung,
Und schauen wird die Nachwelt mit Verehrung,
Ihm ward auch Gram zu seinem Theil gegeben
Und Bitterkeit geträufelt in das Leben;
Doch unverkümmert blieb der edle Mann,
Denn seine Seele hielt die Welt umschlossen,
Wie man das Weltmeer nicht vergiften kann.
Und Freude muß die Seele ihm bewegen,
Erblickt er seines Hauptes reichen Segen,
Und wie sein Volk ihn hoch im Herzen hielt,
Wir sind beglückt, daß wir sein Heldenbild
Nicht aus der Hand des Todes erst empfangen.