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Wilhelm Löhes Leben (Band 2)/Löhes Lage nach dem Schluß der Generalsynode

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« Die Generalsynode des Jahres 1849 Johannes Deinzer
Wilhelm Löhes Leben (Band 2)
Verhandlungen mit der theologischen Fakultät in Erlangen »
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Löhes Lage nach dem Schluß der Generalsynode.
 Von solchen Urteilen über die Generalsynode des Jahres 1849 und die Resultate ihrer Beratungen kam Löhe zu den ernstesten praktischen Schlußfolgerungen. Er erwog ernstlich den Gedanken des Austritts aus der Landeskirche, der ihm unter solchen Umständen als Gewissenspflicht erschien. Der Schluß des mehrfach schon erwähnten Schriftchens: „Beleuchtung der Synodalbeschlüsse“ ist eine offene Ankündigung dieses Schritts. „Wenn wir – heißt es da – bei der Landeskirche und ihrer Genossenschaft bleiben, können wir allerdings sporadische Vorteile gewinnen; vielleicht dringen wir durch unsre Beständigkeit ihr und den Behörden noch manch freundlich Wort für Lutheraner, noch manche Konzession ab, vielleicht thut und läßt man uns aus Furcht – denn es ist doch Furcht zur Rechten wie zur Linken – noch dies und das. Aber was ists? Wir bleiben in einer Gemeinschaft, die wieder mit Irrlehrern Gemeinschaft hat..., wo die Irrlehre auch ferner durch Lehre, Gesangbuch und Agende wuchern kann, wo die Zucht nicht einmal am| letzten Ende, ja kaum im Prinzip, Anerkennung findet. Ist das Treue gegen Jesum, ist’s Bruderliebe, ist’s allgemeine Liebe?

 Wenn wir ausscheiden, wenn wir uns auf dem Bekenntnis neu und treu vereinen, werden sie uns vorwerfen, eine Kirchenspaltung hervorgerufen zu haben. Aber was hat unser Schritt mit dem des Felicissimus, des Novatian, des Donatus gemein? Wir scheiden um keiner Bischofswahl willen, um keines einzelnen Falles der Zucht, nicht einmal um der Zucht als solcher willen, obschon sie nicht einmal grundsätzlich angenommen wurde. Wir würden uns der Zucht wegen vielleicht ganz beruhigen und aus ihr für die Zukunft ein catonisches ceterum censeo machen. Was uns nicht ruhen läßt, ist der Art. VII der Augustana, die klaffende Spaltung zwischen ihm und der Synode und ihren Beschlüssen. Es ist aus mit kirchlicher Gemeinschaft, wo das lutherische Minimum der Eintracht fehlt; in solchem Falle ist nicht aus Einem, sondern aus allen Worten Christi, aus klaren Zeugnissen seiner Apostel, zumal aus denen des Jüngers der Liebe, der, weil der lichteste, auch der größte Feind der Finsternis ist, zu erweisen und wir werden es auch erweisen, daß man ausgehen müsse nicht von der lutherischen Kirche, sondern zu ihr! „Ein Glaube“, der Einen Seligkeit alleinige Quelle, muß festgehalten werden von allen, die ihn erkennen, von allen, die sich und ihre Brüder und die Welt selig machen wollen. Jesusliebe, Bruderliebe, allgemeine Liebe ermächtigt uns, die Thränen, die menschlichen, vom Auge zu wischen und nicht aus Hartnäckigkeit, denn sie ist nicht da, nicht aus Eigensinn, sonst blieben wir, sondern aus Liebe, eine Landeskirche zu verlassen, in der wir Ihm, unserm ewigen Trost, und seiner Braut die volle Treue, die wir ohnehin so oft versäumen, nicht halten können, weil sie selber untreu ist und es für nötig hält also zu bleiben.

 Wir werden vielleicht ganz vereinzelt sein, vielleicht auch bleiben, jedenfalls eine kleine Sekte heißen, der allenthalben widersprochen| wird. Wir werden nicht bloß, am Ende wollen wir uns auch drein ergeben. Wir wissen, daß nur wenige mit uns gehen können. Es fehlt die Zuversicht, die Glaube heißt, von der geschrieben stehet: „Was nicht aus dem Glauben kommt ist Sünde.“ Wir begehren niemand zu verlocken. Wir thun was wir nicht lassen können, und stellen den Segen unsers armen schwachen Thuns Dem anheim, der überschwenglich thun kann über alles Bitten und Verstehen, mit dem wir aber auch anbetend und feiernd zufrieden sind, wenn Er unseren Herzen Frieden hier gibt und dort seine ewigen Freuden! Amen.“
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 Hätte Löhe an einer Abschlagszahlung sich genügen lassen können, so durfte er das durch die Generalsynode von 1849 Erreichte als Anfang und Bürgschaft eines größeren Erfolgs und als eine feste Position ansehen, von der aus er bis zur völligen Restitution des Bekenntnisses in seine Rechte weiter kämpfen konnte. Stellten jedoch die in seiner Petition an die Generalsynode erhobenen Forderungen ein untrennbares Ganzes und zugleich das Minimum dessen dar, was ihm zur konfessionellen Ausgestaltung der bayerischen Landeskirche nötig erschien, so durfte er von seinen im Namen des lutherischen Bekenntnisses gestellten Forderungen sich nichts abmarkten lassen. Von letzterem Gesichtspunkte aus beurteilte Löhe die durch die Generalsynode geschaffene kirchliche Lage und sah sich dadurch veranlaßt, den Gedanken des Austritts aus der bayerischen Landeskirche aufs ernsteste zu bewegen. Nicht ohne reifliche Ueberlegung und nicht ohne den Rat einsichtiger, gesinnungsverwandter Freunde gehört zu haben, wollte Löhe diesen folgenschweren Schritt thun. Er legte seinen Entschluß den beiden lutherischen Pastoren Nagel und Ehlers in Preußen zur Begutachtung vor. Das vom 2. März datierte Antwortschreiben von Ehlers ist nur eine besonnene, gewissenhafte Erwägung der für und wider Löhes Austritt sprechenden Gründe, welche es Löhe überläßt, die praktische Schlußfolgerung zu| ziehen. Ehlers meinte, die preußischen Lutheraner müßten sich hüten, andere (zum Austritt) zu drängen, denn bei ihnen habe es der HErr so gefügt, daß für den, der kirchlich-lutherisch sein und bleiben wollte, keine Frage geblieben sei. „Es wird uns – schreibt er – mit unserm Herzen voll Sehnsucht und Verlangen nach Völligerem leichter hinauszuspringen und die Lumpen dieser Welt, die wir etwa verlieren müßten, im Gefängnis hängen zu lassen, als zu bleiben. Das macht uns, in der Furcht vor unserm eigenen Herzen, bedenklich. Das aber auch allein.“ Sind das ohne Zweifel Aeußerungen, die mehr berechnet erscheinen zu zügeln als zu spornen, so stimmt Ehlers doch andrerseits Löhe zu, daß die Generalsynode die wohlbegründeten Forderungen, die er aus dem Herzen der lutherischen Kirche heraus that und thun mußte, „nicht befriedigt habe, und daß ihre Zugeständnisse in die Kategorie des in Preußen von dem unierten Kirchenregiment gegen die lutherisch gesinnten Pastoren geübten leidigen Konzessionswesens gehörten. Gegenüber der Behauptung, daß in Bayern die lutherische Kirche de jure noch bestehe, fragt er: Was nützt mir ein jus, das nicht gehandhabt wird, auf das man sich fruchtlos beruft? Schließlich spricht er die Hoffnung aus, es werde sich das Wort bewahrheiten, welches ihm vor Jahren einmal ein Amtskommissär in Weimar gesagt habe: „Die preußischen Lutheraner sind der Kopf, der herausgekrochen ist aus der Schale, in den andern lutherischen Ländern werden die übrigen Glieder nachkommen.“ Welchen Eindruck Löhe von diesem Brief bekam, zeigt eine Tagebuchnotiz vom 6. März. „Ehlers schrieb so, daß ich sah und las, er billige unser Bleiben in der Landeskirche nicht. Ein ernster Brief, der eine ernste Stimmung hervorrief. Diese Stimme ist mir zwar lieber als jede andere, denn ich seufze nach Befreiung von diesen Zuständen. Aber es war mir doch die Wiederaufnahme der seit 14 Tagen in den Hintergrund getretenen Gedanken eine sehr ernste Sache.“ etc.
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|  Viel bestimmter als Ehlers Brief lautete die Antwort Nagels. Er schreibt unter dem 7. März 1849 an Löhe: „Nach dem was vorliegt, kann kaum ein Zweifel darüber sein, daß Sie für jetzt zu bleiben haben und mit gutem Gewissen bleiben können. Das Bekenntnis, die publica doctrina, ist gewahrt. Damit haben Sie das ausreichende Mittel, um alle Mißbräuche anzugreifen und mit Gottes Hilfe zu entfernen. Nehme ich dazu, daß im Grunde Ihnen die Erfüllung aller Ihrer Bitten mit Ausschluß der Aufhebung des Summepiskopats des Landesherrn in Aussicht gestellt ist, so, dünkt mich, haben Sie sich mehr zu freuen über das Erreichte als zu betrüben über das nicht Erreichte oder noch nicht Erreichte. Dieser Summepiskopat, falls er in den Schranken des Westfälischen Friedens ausgeübt wird, scheint mir nicht genügend zu einem casus belli. So wenig katholische Patrone darum, weil sie Pfarrer dozieren, die Pfarrer selbst sind, so wenig sind die Fürsten darum, weil sie Bischöfe und Konsistorien setzen, diese selbst.“

 Für den Fall des Bleibens – schreibt Nagel weiter – werde Löhe, um die angefangene Rettung des Bekenntnisses durch alle Stadien fortzuführen und in allen Konsequenzen zu vollenden, mit allem Ernst darauf zu halten haben

1) daß mit Erfüllung des bei Ziffer 4 a und b seiner Petition Verheißenen sofort vorgegangen werde, „wovon dann c und d notwendige, die Probe auf das Exempel machende Folgen sein müssen. Hintertreibt man die Erfüllung von a oder verzögert sie in infinitum, so dürfen Sie nicht bleiben, sondern müßen weichen“... „Sie haben
2) die Trennung des Kirchenregiments je nach Konfessionen zu fordern und können die gegenwärtige Kombination höchstens nur dann ertragen, wenn in Absicht auf Examen, Ordination, Beaufsichtigung der (lutherischen) Pfarrer dem reformierten Rate alle und jede Mitwirkung verpönt wird... Dies scheinen mir zunächst| die beiden Hauptpunkte zu sein, von welchen die Erhaltung der Einheit und Reinheit der Lehre abhängen dürfte.

 Aber was ich fürchten muß nach Ihrem Briefe ist eben dies, daß diejenigen, in deren Hand es zuvörderst liegen wird (das Bekenntnis in seine Rechte einzuführen), zu beidem zu feig sein werden: Ihnen zu widersprechen und Ihnen zu willfahren. Ich kenne das an dem Landeskirchenregiment in Preußen. Da ringen neben uns die Lutherischgesinnten in der Landeskirche. Sie fordern ungeheuer viel, um die lutherische Kirche zu restituieren. Das Kirchenregiment ist viel zu feige, ihnen nachzugeben, aber auch viel zu feige, zu widersprechen. Sie werden mit den schönsten Phrasen gekirrt, und ohne daß auch nur ein Steinchen von der Mauer Babels weggenommen würde, werden die Armen so verzaubert, daß sie mitten in der unierten Kirche – keine Union mehr sehen, sondern eine fix und fertige lutherische Kirche. Darum bleibt die große Hauptsache in solchen Kämpfen die, daß man auf Thaten dringe und sich nicht mit diplomatischen Redensarten abspeisen lasse. Eine That – wenn auch noch so klein und gering an sich – wiegt die Protokolle einer heurigen Generalsynode zehnfach auf.“ etc.

 Gehen oder bleiben, das war also die Alternative, vor der Löhe stand. Durch die verschieden lautenden Ratschläge der beiden von ihm befragten Freunde war ein Gewicht in jede der beiden Wagschalen geworfen worden. Nach welcher von beiden Seiten sich Löhes Entschluß neigte, kann nach dem schon Gesagten nicht zweifelhaft sein. Daß er aber nicht „leichten Herzens“ den Entschluß des Austritts faßte, mag eine Aeußerung aus seinem Tagebuch vom 29. März beweisen. „Mein Aufsatz über die Generalsynode wäre nun im Druck. Das wird für mich das Signal zum Aufbruch sein. Es gilt ein Stück Sterben. Wie manchen Tropfen Wermut werde ich zu genießen bekommen. Verleihe mir der barmherzige Gott, dem ich gerne dienen möchte, daß ich ihm diene mit vergnügtem| Herzen und im Frieden. Ich armer, elender Mensch bitte um die Gnade, in Einfalt vorwärts gehen zu dürfen zu meines HErrn Preis. Meine Seele bleibe und komme zu Ihm im Bündlein der Lebendigen! HErr Jesu! Amen.

 Der hier erwähnte Aufsatz ist die von uns schon mehrfach benützte Beleuchtung der Synodalbeschlüsse, welche Löhe zunächst als Manuscript einer am 21. März in Nürnberg tagenden Versammlung gleichgesinnter Geistlicher und Laien zur Beratung vorlegte. In einem von 26. April 1849 datierten Brief an Dr. Petri in Hannover berichtet er über diese Konferenz folgendermaßen: „Die Beleuchtung der bayrischen Synodalbeschlüsse habe ich einer aus gleichgesinnten Geistlichen und Laien bestehenden Konferenz in Nürnberg vorgelesen. Ich gab, wie Sie am Schlusse lesen können, mein Votum ganz einfach für den Austritt aus der Landeskirche, ganz im Interesse der Lehreinheit, im Angesicht großer in der Broschüre nicht oder kaum berührter Uebel. Ueber unsere Lage waren wir alle einig; auch für den Austritt stimmten eine Zahl, unter ihnen Wucherer aus Nördlingen, der noch von besonders schweren Amtslasten niedergedrückt und, wie er glaubte, zum Austritt gezwungen war. Andere waren bedenklich wegen so mancher Rücksicht auf Leute und Dinge, v. Tucher sah wohl alles Elend und sagte es vor allen, daß er, der selbst Synodaldeputierter gewesen, dasselbe in meinem Votum noch zu schwach geschildert finde. Doch erinnerte er, wie man in andern ähnlichen Fällen ein Langsamthun finde. Ich schlug hierauf eine vierwöchige Bedenkzeit bis 18. April, Mittwoch nach Quasimodogeniti vor, während welcher wir die Briefe der Apostel in Betreff der Gemeinschaft mit Irrlehrern (also auch mit einer Kirche, die sie dulde) noch einmal prüfen und Gott um Licht bitten wollten. Manche nahmen ungern Bedenkzeit, doch nahmen sie sie.“

 Noch während der Konferenz wurde der Druck des Löheschen Vortrags beschlossen. Da man bei der Veröffentlichung versäumte| zu bemerken, daß die Denkschrift zunächst nur das zur Diskussion gestellte Votum eines Einzelnen sei, und daß die Teilnehmer an jener Konferenz sich wegen ihres definitiven Entschlusses vier Wochen Bedenkzeit genommen hätten, so erregte die Broschüre großes Aufsehen und wurde allgemein als die Ankündigung des unmittelbar bevorstehenden Austritts Löhes und seiner Gesinnungsgenossen aufgefaßt. Von verschiedenen Seiten her erhielt Löhe Briefe, die dringend von dem Austritt aus der bayrischen Landeskirche abmahnten. Die Professoren Hofmann und Thomasius in Erlangen und Delitzsch in Rostock schrieben in diesem Sinne an ihn. Der Erstgenannte sagt in seinem Briefe unter anderm: „Du willst eine Gemeinde bilden, welche des christlich-lutherischen Namens würdig sei. Zu dem Ende scheidest Du mit andern aus derjenigen Gemeinschaft aus, welche bis jetzt christlich-lutherisch heißt, und machst einen neuen Anfang neben ihr. Auf solche Weise ist aber weder die christliche, noch die lutherische Kirche entstanden. Die Jünger des HErrn zu Jerusalem blieben in der Tempelgemeinde, und wo immer das Wort von dem Gekreuzigten sich eine Stätte suchte, da wandte es sich vor allem an die Synagoge. Noch als Paulus, welcher doch längst erkannt hatte, daß das Reich Gottes zu den Heiden sich übersiedeln wolle, und welcher sich gerade hiefür vom HErrn begnadet wußte, in den Banden, in welche ihn die Feindschaft der Juden gegen sein Evangelium gebracht hatte, nach Rom kam, wo doch schon Gemeinden des Namens Jesu bestanden, machte er einen letzten Versuch, die Synagoge zur Stätte dieses Namens zu machen und also die neben ihr entstandenen Gemeinden desselben in die Gemeinschaft des alttestamentlichen Israel einzupflanzen. Und daß es Luther, als er die Kirche erneuerte, auch nicht anders gehalten, brauche ich nicht zu erinnern... Die Erneuerung der verderbten christlich-lutherischen Kirche will also in der Art geschehen, daß innerhalb derselben, nicht neben ihr ein Anfang richtigen Gemeindelebens gemacht| werde. Wie solche Erneuerung zu geschehen habe, ergibt sich einerseits aus der Natur des kirchlichen Handelns überhaupt, andererseits aus der Natur der eigentümlichen Verderbtheit, von welcher die Kirche im einzelnen Falle befreit sein will. Was die letztere betrifft, so ist es nicht die öffentlich geltende Lehre, in bezug worauf es einer Erneuerung der Kirche bedarf, sondern das ihrer Lehre nicht entsprechende Gemeinleben... Fragst Du mich nun, welche Stelle des bisherigen christlichen Gemeinwesens ich für die vor allem der Erneuerung bedürftige ansehe, so antworte ich: diejenige, an welcher sich immer noch zeigt, wie wenig bewußt und richtig die Kirche zur Volkskirche geworden, und welche fortwährend in der lutherischen Kirche ein dunkler, der sonstigen Lehrklarheit unteilhaftiger Punkt ist. Jede Erneuerung des kirchlichen Gemeinlebens, welche nicht von der Konfirmation ausgeht, kann nur vorübergehend oder in kleineren Kreisen Gestalt gewinnen. Hätte die Kirche, als sie Volkskirche ward, das richtige Verhältnis dieser Handauflegung zur Taufe erkannt, so hätte sie Volkskirche sein können, ohne doch zu verweltlichen. Und wird dieses Verhältnis jetzt erkannt und richtig in’s Werk gesetzt, so erhalten wir Gemeinden, wie Du sie mit Recht begehrst, ohne daß doch die verderbten Volksmassen ausgeschlossen oder verlassen werden müssen. Das Verhältnis der engeren und weiteren Gemeinde, der fideles und der catechumeni, dient dazu, so lange die Kirche in dieser heidnischen Welt zu leben hat, ihre Volksmäßigkeit und ihre Heiligkeit zu versöhnen.“
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 Der Brief des Professors Thomasius vom 30. März 1849 ist wesentlich desselben Inhalts mit dem Briefe Hofmann’s, nur in wärmerem Tone gehalten. Er beklagt die unsägliche Verwirrung in den Gemeinden, die notwendig entstehen würde – und zwar gerade bei den frommen und bekenntnistreuen Gliedern, wenn ein Teil der besten Glieder der lutherischen Kirche von derselben ausgehen wolle und zwar nicht von den Lästerern und Widersachern| ihres Bekenntnisses, sondern zugleich von denen, mit welchen sie bisher unter Einem Panier zusammengestanden hätten. Und wie solle man es verstehen, daß diese Trennung beabsichtigt werde in einem Augenblick, wo die Synode den Rechtsbestand eben dieses Bekenntnisses ausgesprochen, die Verbindung mit den Pfälzern abgewiesen und wider die Lichtfreunde ein gutes Zeugnis abgelegt habe? Was die Verfassung der Kirche anlange, so sei er, Thomasius, ganz damit zufrieden, daß in dieser Uebergangszeit der beginnenden Lösung der Kirche vom Staat die Generalsynode soweit an dem landeskirchlichen Summepiskopat festgehalten habe, daß die künftige Neugestaltung der Kirche dadurch nicht gefährdet werde. Was aber die Zucht betreffe, so sei er mit Löhe darin einverstanden, daß die Einführung derselben ein in der Gegenwart alles Ernstes zu erstrebendes Ziel sei, der richtige Weg aber zu diesem Ziel sei nach seiner Meinung der, daß zunächst die einzelnen Hirten, ohne auszuscheiden, in ihren Gemeinden Hand anlegten und in Ernst und Liebe an der Einführung der Zucht arbeiteten, etc.
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 Auch Professor Delitzsch – damals noch in Rostock – richtete an Löhe ein ebenso herzliches als dringendes Wort der Abmahnung vom Austritt aus der Landeskirche. Das landesherrliche Summepiskopat hält er zwar für ein unleugbares Mißverhältnis, aber seinen Fortbestand für keinen Grund zum Austritt aus der Landeskirche. Auch habe bisher trotz der unionsartigen Gestalt der bayerischen Landeskirche kaum ein bekenntnistreuer Lutheraner in Deutschland gezweifelt, daß in Bayern die lutherische Kirche zu Recht bestehe. Es sei ein Unterschied, ob in einer Landeskirche die förmliche ordinatorische Verpflichtung auf die Symbole usuell abhanden gekommen sei oder ob sie abgeschafft werden solle. Er, Delitzsch, würde nicht einen Augenblick in einer Kirche bleiben, welche die Verpflichtung mit quia abschaffte oder auf quatenus herabsetzte, aber wo die Verpflichtung mit quia usuell nicht bestehe, würde er| so lange keine Freudigkeit haben auf sie zu dringen, als nicht die Kirche zu einer bündigen Erklärung gekommen sei darüber, was ihr als das Wesentliche, Unveräußerliche an ihren Symbolen gelte. Was aber die Kirchenzucht anlange, so sei das Wesentliche derselben da gewahrt, wo der Pastor vermöge der Schlüsselgewalt die Macht habe, von den Gnadenspenden der Kirche auszuschließen. Erst wenn diese nicht von Menschen, sondern vom HErrn stammende Macht ihm genommen oder ihm die Hände gebunden werden sollen, sei es für den treuen Hirten Zeit zum Austritt und auch dann erst, wenn er auf die Gefahr der Suspension und Absetzung hin das Äußerste versucht habe. „Verzeihen Sie mir, – fährt er dann fort – aber mich jammert der tausend und aber tausend Menschen, die nicht wissen Unterschied was rechts oder links ist. Es ist ein Verwerfungsgericht Gottes über ein Volk, wenn die lutherische Kirche Landes- oder Volkskirche zu sein aufhört.“ Er spricht sodann den Wunsch aus, daß es zwischen Löhe und den Erlanger Freunden zu einer Verständigung komme und in Folge dessen Löhes Bleiben in der Landeskirche ermöglicht werde und schließt mit den Worten: Der Gott des Friedens segne alle Ihre Verständigungsversuche, der Vater des Lichtes gebe Ihnen helles ungetrübtes Licht in dieser heiligen Sache, der Auferstandene sei mitten in Ihrer Versammlung nach Quasimodogeniti und gebe Ihnen im Hinblick auf das Feld der Totengebeine Gedanken des Heils und Machtworte des Geistes aus der Fülle seiner sanften barmherzigen Liebe etc.





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