Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen/Von Mosul nach Baghdad
← Khorsabad. Rabban-Hormis. Verschiedene Bemerkungen | Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen von Paul Müller-Simonis |
Babylon → |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext. |
Von Mosul nach Baghdad.
Abreise. Hammam-’Ali. Ein Wehr oberhalb Nimruds. Die Ruinen von Nimrud. Zweites Wehr. Der große Zab. Unser Auffahren auf den Strand; wieder flott. Kalaat-Scherliat. Kalaat-Makhul. Der Dschebel-Hamrin; eine klimatische Schutzwehr. Art der Kellekdschis, zu schwimmen. Maschinen zum Schöpfen des Wassers. Die Grotte des Dschebel-Makhul. Tekrit. Samarra. Die Stadt: die heilige Moschee; die Pilger; die Ruinen. Der Tschibuk. Die Brücke von Kadhmein. Baghdad.
Wir sind am Ende unseres angenehmen, aber leider zu kurzen Aufenthaltes in Mosul. Es sind mehr als Wirte, die wir verlassen, sie sind unsere Freunde geworden; sie geleiten uns bis zu unserm Kellek; noch einige herzliche Händedrücke, und wir stoßen langsam vom Ufer ab. Ein Minaret Mosuls nach dem andern verschwindet am Horizont, und als die Nacht hereinbrach, landeten wir in Hammam-’Ali.
Hammam-’Ali hat eine heiße Quelle, deren Ausströmungen weithin bemerkbar sind. Mit Beginn des Sommers kommen die Bewohner Mosuls in Menge hierher; ein nahe bei der Quelle errichtetes Dorf soll ehemals aus der Badesaison vielen Nutzen geschöpft haben; heute sind von dem Dorfe nur mehr Ruinen übrig, und die Badegäste müssen in Zelten logieren. Und trotzdem ist diese Warmbadstation bloß vier Wegestunden von Mosul entfernt. Diese Ruinen legen Zeugnis ab für die Sicherheit des Landes.
Die Schwefelquelle sprudelt inmitten des Badehauses in einer kleinen Vertiefung, die mit einem großen, kreisförmigen Bassin in Verbindung steht, das von Kuppelsälen, Diwans u. s. w. umgeben ist. Das Ganze ist aber, wie alles in der Türkei, in einem schlechten Zustande, zur Hälfte verlassen und sehr primitiv.
Mit dem schwefelhaltigen Wasser wirft die Quelle auch eine bedeutende Menge Theer aus, der auf der Oberfläche des Wassers schwimmt und diesem dadurch ein unappetitliches Ansehen giebt. Der Weiher ist – wenigstens für diese Gegend – ziemlich gut angelegt, da das Wasser stets abfließt. Einige Kranke, von denen die meisten an Hautkrankheiten litten, badeten im Augenblick unseres Besuches; das Thermometer zeigte 45° im Weiher. Wahrscheinlich ist die Temperatur der Quelle einige Grad höher; aber da die Zugänge zur Quelle sehr schlüpfrig waren, wollten wir uns nicht weiter darüber informieren, da wir keine Neigung zu einem unfreiwilligen Bade hatten.
Anderthalb Stunden, nachdem wir Hammam-’Ali verlassen hatten, überschritten wir ein leider halb ruiniertes Wehr, das sehr wahrscheinlich von den Assyriern herrührt.[1] Durch das sehr seichte Wasser müßte die Passage schwierig sein, und man könnte hier ganz leicht eine gute Zahl Schläuche zum Platzen bringen; jetzt aber ist die Reise nur mehr ein Kinderspiel, das durch die raschen Bewegungen noch angenehmer gemacht wird. Es ist eine Freude, pfeilschnell über das Wasser hinzurudern, dessen Gegenströmungen allerdings zuweilen das Holzwerk des Kelleks zum Krachen bringen.
Weiter entfernt in der Ebene erhebt sich eine regelmäßige Pyramide; es sind dies die Ruinen des alten Stufenturmes, des Zigurrat von Nimrud, der zweiten Hauptstadt der assyrischen Könige. Wir legten um 9¾ Uhr an und erreichten in einer halben Stunde den Schutthaufen von Nimrud, nachdem wir einige Minuten vom Flusse entfernt das gleichnamige Dorf durchschritten hatten.
Die erste assyrische Dynastie hatte in Kalaat-Scherkat (Ellassar) regiert; sie wurde ausgerottet, wahrscheinlich durch eine Verschwörung. Salmanassar II., einer der ersten Könige der neuen Dynastie, verlegte seine Hauptstadt nach Kalah oder Nimrud (ungefähr im Jahre 1000 vor Christus). Die Erinnerungen an die alten Könige, die überall durch die auf den Mauern des Palastes in Ellassar angebrachten Inschriften wachgerufen wurde, war ohne Zweifel für Salmanassar lästig. Bei dem Verlegen seiner Residenz gehorchte er aber wahrscheinlich auch einem strategischen Grunde. Ellassar war den Handstreichen der Babylonier zu sehr ausgesetzt, die ohnehin durch die Wirren in Assyrien schon zu mächtig geworden waren. Kalah, am Zusammenfluß des Zab mit dem Tigris etwas unterhalb Ninive gelegen, war außerdem, daß es weiter von der Grenze entfernt war, auch durch seine natürliche Lage besser verteidigt als Ellassar; der Tigris, der heute in einiger Entfernung von den Wällen fließt, floß damals unmittelbar zu ihren Füßen, der Zab schützte die Stadt im Süden: die Hügel, auf denen die Stadt erbaut war, machten eine Belagerung schwierig; und von der Nordseite her war die Stadt durch solide Wälle gegen jeden Überfall geschützt.
Einer der wildesten Nachfolger Salmanassars, Assurnasirbal (882 bis 857 v. Chr.), machte zunächst Ninive zu seinem Hauptquartier, von wo aus er mit seinen Horden die Länder Vorderasiens zum Zwecke der Plünderung überschwemmte und sich an Siegen und Blut sättigte; dann faßte er den Entschluß, einen Palast zu errichten, der alles übertraf, was seine Vorgänger nur träumten, und er bestimmte eine Stelle in der Stadt Kalah, die ganz besonders die Stadt seiner Dynastie war.
Die englischen Archäologen, die besonders die Ruinen von Kalah durchforscht haben, waren ganz erstaunt über die Reichtümer, die unter dem Grabhügel von Nimrud zu finden sind, und sie haben versucht, nach den vorhandenen Dokumenten eine Hauptansicht der Stadt zu Zeiten Assurnasirbals wieder herzustellen, der seinen Namen und seine Inschriften überall angebracht hat. „Die neue Hauptstadt“, sagt Rawlinson, „lag in einer gesunden und von der Natur befestigten Gegend auf einem kleinen Ausläufer des Dschebel-Maklub und von beiden Seiten durch einen Fluß beschützt. Palast erhob sich neben Palast auf diesem Hochplateau; jeder war prächtig verziert mit Holzwerk, goldenen Platten, Malereien, Bildhauerarbeiten und Emaillesachen; jeder wetteiferte an Glanz mit den schon von den alten Königen erbauten Palästen. Steinerne Löwen, Sphinxe, Obelisken, Heiligtümer, geheiligte Türme verschönerten das Ganze und brachten Abwechslung hervor. Die große Pyramide oder Zigurrat,[2] die mit dem Tempel des Adar verbunden war, ragte über die ganze Stadt empor und vereinigte um sich den ganzen weiten Wald von Palästen und geheiligten Gebäuden. Der Tigris, der im Westen die Mauern der Terrasse bespülte, spiegelte in seinem Wasser die Stadt ab, und indem er die Höhe der Mauern augenscheinlich verdoppelte, verbarg er ein wenig das Erdrückende, was ein Fehler in der Konstruktion war. Wenn die untergehende Sonne ihre Strahlen über die Stadt sandte, bildeten sich solch eklatante Farbenschattierungen, wie man sie nur unter dem orientalischen Himmel sehen kann, und Kalah mußte dem Reisenden, der die Stadt zum ersten Male sah, als eine feenhafte Erscheinung vorkommen.“[3]
Die Ausgräber, die jeden einzelnen Stein dieser Ruinen befragt haben, haben in ihrer Einbildung die Stadt wieder aufleben lassen. Für den Reisenden, der dort vorbeikommt, ist Kalah nur ein Schutthaufen, den die erwähnte Pyramide überragt; nur durch Zufall findet der Reisende die Spuren der alten Paläste da, wo die Ausgrabungen nicht schon wieder verschüttet sind.
Die Ruinen scheinen sorgfältig durchforscht worden zu sein; nahe bei der Pyramide sieht man noch zwei geflügelte Stiere, deren Köpfe bloß fehlen. An vielen Stellen sind die Marmorplatten, die ehedem die Zimmerwände schmückten, an ihrem ursprünglichen Platze geblieben, und man kann sich einen Grundriß der Zimmer zurechtlegen, die aber alle durchweg sehr eng gewesen zu sein scheinen.
Beinahe alle Winkel der Zimmer haben als Ornament den heiligen Baum. Die wenig weiter sieht man noch zwei Paare geflügelter Stiere und eine kolossale, halb in der Erde steckende Statue.
Der Schutt der Pyramide bildet einen ziemlich hohen Kegel. Die unteren Lagen aus schönen, gehauenen Steinblöcken sind durch die Gänge der Ausgräber noch recht sichtbar.
Um halb ein Uhr begaben wir uns wieder auf die Reise. Gegen zweiundeinhalb Uhr mußten wir ein zweites Wehr, den Zikr-Ismael, überfahren, das viel bedeutender ist als das erstere. Schon geraume Zeit vorher, ehe man das Wehr sieht, hört man bereits das Rauschen des Wassers. Das Wasser hat hier eine sehr große Schnelligkeit und starke Gegenströmungen, die jedoch einem gut gebauten Kellek nichts anhaben können. Im ganzen schienen mir diese beiden Wehre viel weniger gefährlich als die schlimme Passage, die wir zwischen Dschesireh und Mosul passieren mußten.
Gegen vier Uhr erreichten wir den Zusammenfluß des großen Zab mit dem Tigris; das ungestüme, gräuliche Wasser des Zab reißt das trübe Wasser des Tigris[4] mit fort und giebt ihm ein weniger schmutziges Ansehen. Auf dem linken Ufer des Zab trug ein isolierter Hügel ehemals eine Festung.
Die Gegend wird immer ebener; nur einige Hügelreihen laufen an den Ufern des Flusses aus.
Wir fuhren noch, als die Nacht schon angebrochen war; da hörten wir plötzlich ein Geräusch, das von den Schläuchen herrührte, die sich am Kies rieben. Ganz plötzlich wurde Halt gemacht: wir waren auf einer Sandbank mitten im Flusse festgefahren.
Die Kellekdschis versuchten zunächst – aber ohne Erfolg – das Fahrzeug wieder flott zu machen; dann nahmen sie eine Entdeckungsreise vor: Die Sandbank dehnt sich ziemlich weit aus. Da der Kellek gründlich fest lag, so war das beste, daß wir an dem Abende weiter nichts mehr versuchten, sondern uns ruhig dem Schlafe überließen.
Mit Tagesanbruch wurde dann auch wieder Hand ans Werk gelegt. Der Fußboden des Kelleks – allerdings ein beweglicher – besteht aus sehr schweren Knütteln. Es ist dies eine Spekulation der Kellekdschis, die in Baghdad das Holz zum Heizen zu einem guten Preise verkaufen wollen. Um den Kellek wieder flott machen zu können, mußte er vor allem erleichtert werden. Wir wählten einen günstigen Ort an der Grenze der Sandbank und transportierten eine Anzahl der Hölzer dorthin und bildeten damit ein Gerüst, auf das nun die schwersten Teile unseres Gepäcks gebracht wurden. Nachdem dies geschehen war, versuchten die Kellekdschis, das Fahrzeug wieder flott zu machen. Da sich die Sache in die Länge zog, so setzte ich meinen photographischen Apparat auf dem Haufen Gepäck zurecht und schickte mich an, die ganze Szene zu photographieren.
„Halloh, Halloh, eingestiegen, der Kellek geht ab!“ rief mir plötzlich Hyvernat zu. Mit dem Photographieren war es also nichts. Wir mußten ganz verzweifelte Anstrengungen machen, um den Kellek festzuhalten, damit er uns nicht entschlüpfte. Es wäre eine schöne Sache geworden, wenn der Kellek forttrieb, und wir allein mitten im Wasser gesessen hätten. Hyvernat, Huschannah und ich klammerten uns an den Kellek fest, während die andern das Gepäck wieder einluden. Das Wasser reichte uns kaum über die Knöchel, so daß ich mich fragen mußte, wie der Kellek, selbst ohne Last, hier schwimmen konnte.
So wurden wir also glücklich wieder flott, aber nicht ohne daß eine große Zahl Schläuche dabei geplatzt wäre. Der Kellekdschi hatte fünf Stunden notwendig, um sie wieder auszubessern. Es war dies ein netter Zwischenfall, der aber auch sehr leicht ein Unfall hätte werden können.
Wieder große Bewegung. Unsere Gans war durch alle die Manöver so erschreckt worden, daß es ihr gelang, aus dem Käfig zu kommen. Sie schwamm ganz ruhig stromaufwärts. Ein Schuß schien wohl hier das Richtige zu sein, und deshalb verlangsamten wir unsere Fahrt, um abzuwarten, bis die Strömung uns auf Schußweite von ihr brachte.
Um elf Uhr kamen wir an Tell-Hadsch-’Ali auf dem linken Ufer und ein wenig später an Arguba auf dem rechten Ufer vorbei. Der Himmel war bedeckt, und es regnete ein wenig.
Um dreiundeinhalb Uhr legten wir Kalaat-Scherkat gegenüber an.
Während des ganzen Tages floß der Tigris in einer Ebene zwischen steilen ziemlich hohen Ufern; infolgedes war die Aussicht sehr beschränkt.
Wir begannen unsere Reise mit einer kleinen Überfahrt im Kellek, um unterhalb der Ruinen von Kalaat-Scherkat zu landen; aber das Landen hielt schwer und kostete uns wieder einige Schläuche. Plötzlich brach das Tau. Ohne die Geistesgegenwart Huschannahs, die sich mit einem Hilfsstrick ins Wasser warf, hätte unser Kellek ohne uns die Weiterreise angetreten. Indem wir den Hügel hinaufkletterten, jagten wir ein schönes Wildschwein auf, konnten es aber leider nicht in Schußweite bekommen.
Im ganzen ist von Kalaat-Scherkat nichts zu sehen als eine Pyramide aus Erde und Trümmer des Zigurrat, der ehemals die Spitze des Hügels krönte.
Dieser Hügel fällt in sehr zerrissenen Formen in das Wadi-Meheih;[5] die Landschaft dieses weiten Thales, in dem die ganze Vegetation aus Gestrüpp und Dornen besteht, ist außerordentlich melancholisch, aber großartig. Auf dem Hügel finden sich zahlreiche Löcher, die von den Ausgrabungen herrühren; aber aller ausgegrabener Marmor, den wir sahen, war nichts weiter als unförmliche Stücke.
Nahebei befindet sich ein Pachtgut, das Farhan Pascha gehört; es scheint verlassen oder doch nur von Dieben besucht zu werden – eine Partie dieser Herren hatte in der letzten Nacht hier logiert, denn das Feuer war kaum erloschen.
In dem Hofe fanden wir noch Bruchstücke einer Säule, die eine vierzeilige pehlevische Inschrift trägt.
Das Wetter war sehr trübe. Zunächst fuhren wir einer Hügelreihe auf dem rechten Ufer entlang. Diese Hügel fallen senkrecht in den Fluß ab und bieten besonders bei der Beleuchtung durch die Mittagssonne herrliche Anblicke. Eine hohe Pyramide von Felsen trägt stolz auf ihrem Gipfel eine zerstörte Festung, Kalaat-Makhul.
Diese Hügel führen den Namen Dschebel-Khanuka.
Da das linke Ufer immer mehr eben wird, so fuhren wir dem rechten Ufer entlang, dessen ziemlich hohe Felsenklippen in den unteren Lagen aus Trümmergestein, in der obern aus Erde zu bestehen scheinen.
Gegen halb drei Uhr passierten wir die Mündung des kleinen Zab; er fließt langsamer und ist nicht so wasserreich als der große Zab, doch immerhin sehr bedeutend.
Bis zur Aufnahme des Zab fließt der Tigris ruhig zwischen seinen stillen und verlassenen Felsenklüften, wo nur einige Vögel ein Lebenszeichen von sich geben; nach dem Zusammenfluß der beiden näherten nur uns dem Dschebel-Hamrin,[6] einer Kette von hohen und felsigen Hügeln oder, besser gesagt, Bergen mit fremdartigen Formen und phantastisch geschnittenen Thälern. Der Tigris hat sich durch diese Felsenbarriere einen Durchgang gebrochen; freilich ist sein Bett eng und sein Lauf dadurch rasch. Diese Landschaft ist sehr schön und bietet einfache Formen.
Diese Schlucht bildet die „chaldäische Pforte“. Da uns viel daran gelegen war, diese Gegend bei Tage zu durchreisen, so suchte der Kellekdschi beim Einbruch der Nacht eine günstige Stelle zum Anlegen; aber zwischen den Felsen sind diese Gestade selten. Wir fanden bloß eines, das aber leider mit einem Lager arabischer Schammaren besetzt war. Da mit diesen nicht gut fertig zu werden ist, so mußten wir, ob wir wollten oder nicht, die chaldäische Pforte durchfahren bei der Dunkelheit und eine Meile stromabwärts landen.
Der Abend hatte übrigens einen köstlichen, poetischen Zauber; am Ufer des Flusses warfen die Feuer der Nomaden ihren unbestimmten Schein auf die Felsenklippen des Dschebel-Hamrin, von dessen schwarzen Gipfeln sich prachtvoll die funkeln, den Sterne abhoben. Die Kellekdschis begleiteten ihre Thätigkeit mit einem melancholischen, angenehmen Rhythmus, dessen einförmige Wiederholung durchaus nicht ermüdet, sondern mit der ganzen Natur im Einklange steht.[7]
Der Zabtieh hatte die ganze Nacht aus Furcht vor den Arabern nicht geschlafen.
Diese unerschrockenen Räuber wenden bei der Plünderung eines Kelleks ein sehr geistreiches Verfahren an. Da die Nacht in Arabien sehr dunkel ist, so kommt ein Araber, der eine gewisse Strecke oberhalb des Kelleks in das Wasser geht und ein paar Schläuche besteigt, auf diese Weise, wobei er sich freilich möglichst nieder hält, an den Kellek; in dem Augenblick, wo er den Kellek erreicht, taucht er langsam unter denselben und zerschneidet mit einem Dolche so viel Schläuche, als er eben erreichen kann, worauf er sich schnell in Sicherheit bringt.
Nun beginnt der Kellek zu kentern; befindet er sich im Gange, so muß er anlegen, um seine Havarie auszubessern; liegt er irgendwo an, so kann er vor Ablauf einiger Stunden die Stelle nicht verlassen. Er ist also der Gnade der Araber vollständig überlassen, die auch bald zur Plünderung herbeieilen.
Gegen zwei Uhr des Morgens wurden wir durch einen Schuß alarmiert, der aber nichts zu bedeuten hatte; der Zabtieh hatte ein Wildschwein gefehlt, das zur Tränke kam.
Gegen Morgen wurde das Wetter endlich schön. Bei unserer Abreise von Mosul hatte man uns schon benachrichtigt, daß wir in Tekrit ein anderes Klima finden würden; in Wirklichkeit bildet die „chaldäische Pforte“ eine klimatische Grenze, oder vielmehr der Dschebel-Hamrin, dessen felsige Kämme die nackte Wüste in der Mitte durchschneiden und auf diese Weise für Chaldäa eine fortgesetzte Schutzmauer sind gegen die aus den kurdischen Bergen und der persischen Hochebene wehenden rauhen Winde. Endlich sahen wir einen richtigen orientalischen Himmel, hatten auch eine orientalische Temperatur, nämlich 25° +.
Obgleich das Klima von Mosul im Sommer außerordentlich warm ist, so sind doch die Winter dortselbst kalt und feucht, und selbst Schnee fällt in jenen Gegenden. Palmbäume wachsen dort nur in geschützten Höfen; bald sollten wir aber in die eigentliche Zone der Palmbäume eintreten.
Die Landschaft bewahrt immer noch ihren malerischen Charakter; der Dschebel-Makhul sendet nach Süden eine lange Verzweigung mit ziemlich steilen Abhängen, an deren Fuße der Fluß vorbeifließt; gegen die mesopotamische Wüste scheinen sich die Hügel langsam abzudachen.
Auch die Ufer bieten mehr leben; von Zeit zu Zeit sieht man einige Kelleks am Ufer liegen; die Mannschaft des einen sammelt Holz, um es nach Baghdad zu bringen, während die des andern Süßholzwurzeln sammelt, das in Menge am Tigris wächst. Es scheint, daß die Kellekdschis, die von Mosul kommen, von Hause aus Lebensmittel für ihre Landsleute mitbringen, denn beinahe jeder dieser Handelskelleks sandte uns einen Mann, um bei unsern Ruderern Brot zu erstehen.
Diese Leute schwimmen, indem sie sich zweier verbundenen Schläuche bedienen. Sie ziehen das Hemd bis zu den Achselhöhlen hinauf und machen aus ihrer übrigen Kleidung einen Turban, den sie um den Kopf rollen; dann stützen sie sich mit den Händen auf die Schläuche und lenken sich mit den Füßen; obwohl in dieser Jahreszeit das Wasser des Tigris bereits eisig war, so blieben diese Leute doch stundenlang in dem Wasser.
In dem Maße, wie wir uns Tekrit näherten, schien das linke Ufer angebaut; etwas Bestimmtes konnten wir aber wegen der Erhebung der Ufer nicht sehen. Doch die beträchtliche Menge der Schöpfmaschinen, die sich längs des Ufers befinden, ließen auf die Kultur schließen.
Fast überall gestalten die drei bis fünf Meter hohen Ufer die Anlegung der Bewässerungskanäle zu einem sehr verwickelten Problem. Die früheren Monarchien im Islam haben solche Bewässerungsanlagen ausgeführt, und die Reste dieser alten Kanäle – Nahr oder Schatt genannt – zeigen heute noch, welche Summe von Arbeiten zu einer solchen Anlage erforderlich war. Heute leisten diese zerstörten oder verstopften Kanäle keinen Dienst mehr, und man darf auch von der türkischen Regierung nicht erwarten, daß sie diese Anlagen wieder herstellen läßt.
Als Ersatz dafür haben die jetzigen Bewohner der dortigen Gegend eine sehr ingeniöse Art der Bewässerung eingeführt, die ich in Nachstehendem zu erklären versuchen will.
Sie höhlen in das Ufer des Flusses eine zwei bis drei Meter tiefe und breite Vertiefung aus. Die Skizze giebt einen senkrechten Durchschnitt an, so daß man nur eine der Seitenwände des Grabens erkennen kann. Über diesen Einschnitt bringt man auf einem Rahmengestell von Balken C F F1 dem vorn an der Einrichtung ein zweites symetrisches Gestell gegenübersteht, zwei große Wellen oder noch besser zwei Flaschenzüge an (C D).
Der Apparat, mit dem das Wasser geschöpft wird, ist eine Art großer Trichter aus Kupfer (A B). Dieser Trichter wird durch Stricke aufrecht gehalten, die über die Wellen laufen und sich bei E vereinigen. Will man den Trichter mit Wasser füllen, so läßt man ihn in das Wasser des Flusses hinab. Sobald sich der Trichter zwischen den Flaschenzügen und dem Niveau des Wassers befindet, erhebt sich das enge Ende über das Niveau des größeren A und bildet aus diesem eine Vase. So bald die Vase mit Wasser gefüllt ist, zieht ein an E angespannter Ochse an den Stricken. Durch die verschiedene Höhe der beiden Öffnungen verändert sich die senkrechte Stellung der engen Röhre B, sobald sie den Flaschenzug oder die Welle bei D erreicht, in eine wagerechte (B1), während der Teil A noch bis zur Welle C zu steigen hat; dadurch läuft das Wasser bei B1 in den Kanal G.
Ist das Wasser ausgegossen, so läßt man den Ochsen zurückkommen, der Trichter wird von neuem zur Vase, füllt sich im Flusse mit Wasser, und das vorige Manöver geht von neuem los.
Man könnte sich freuen, an dem Ufer des Flusses einem Zeichen von Leben zu begegnen, wenn die hölzernen Wellen dieser Art von Maschinen auf ihren hölzernen Unterlagen nicht unaufhörlich ein schreckliches Krächzen hören ließen.
Eine Stunde oberhalb Tekrit öffnet sich in den hohen Felsenklippen des rechten Ufers eine unzugängliche Grotte. Nach der Sage diente sie früher einem bösen Wasserungeheuer als Zufluchtsort; ein Held, dessen Name nicht mehr angegeben werden kann, vertilgte das Ungeheuer von der Erde. Zur Erinnerung an diesen Sieg giebt jeder Reisende einen Flintenschuß gegen die Grotte ab, ein Gebrauch, dem wir gewissenhaft nachkamen.
Tekrit liegt an dem rechten Ufer des Flusses auf einem senkrecht abfallenden Felsen, der einen Teil der bereits erwähnten Verzweigung des Dschebel-Makhul bildet. Von dem Flusse aus gesehen, ist der Anblick der Stadt überaus malerisch; im Innern herrscht in den Straßen, wie überall im Oriente, dasselbe langweilige Einerlei.
Um unsern Besuch angenehm zu gestalten, hatten die ungastlichen und fanatischen Einwohner ganze Banden von Straßenjungen aufgehetzt, die uns unaufhörlich mit ihrem Geschimpf und Gespött verfolgten.
Tekrit war früher eine bedeutende Stadt und ist in den Jahrbüchern der chaldäischen Christen berühmt. Heute noch sieht man auf der Spitze der Stadt Ruinen von Kirchen, und eine Moschee steht an Stelle einer christlichen Basilika, die den „vierzig Martyrern“ geheiligt war. Sie wurden unter Sapor gemartert, wie es auch die Geschichtsschreiber erzählen. Maruthas war Bischof von Tekrit; selbst die Mohammedaner ehren noch heute ihr Andenken. Dieser Bischof Maruthas sammelte eine so große Zahl Reliquien von Martyrern (die meisten derselben waren Perser), daß Tekrit eine Zeit lang Martyropolis hieß.[8]
Später hatte Tekrit die Ehre, dem schrecklichen Saladin das leben zu geben.
Heute teilt die Stadt das Los der meisten türkischen Städte, nämlich des Verfalles, unser Kellekdschi erzählte, daß es in Tekrit 1200 Häuser gebe, wonach sich die Bevölkerung auf 8000 bis 10000 Seelen belaufen wird.
Die Einwohner Tekrits genießen außer ihrer bekannten Böswilligkeit auch noch den Ruf, die schlimmsten Diebe der ganzen Gegend zu sein, weshalb der Zabtieh uns beschwor, nicht an dem Ufer zu übernachten. Da wir auch keine Lust hatten, ausgeplündert zu werden, so folgten wir seinem Rate.
Vorher wollte ich noch die günstige Lage des Gestades benützen, um unsern Kellek zu photographieren. Anfangs verzweifelte ich fast an dem Gelingen, denn eine ganze Schar Araber, der eine Teil aus Neugier, der andere aber in böswilliger Absicht, drängte sich um mich herum, alles berührend und umstoßend. Um sie zurückzudrängen, mußten wir schließlich ganz ernsthaft drohen.
Ein wenig später verließen wir das Diebesnest.
Die Nacht versprach sehr klar zu werden, und da unterhalb Tekrit der Tigris viel ruhiger wird, so hatten wir den Nutzen davon, daß wir ohne Unterbrechung bis Samarra fahren konnten.
Gegen neun Uhr des Abends stießen wir wieder mitten im Flusse auf eine Sandbank, doch gelang es unsern Fährleuten, den Kellek bald wieder flott zu machen.
Um vier Uhr des Morgens hielt der Kellelk Samarra gegenüber an. Die Nacht war sehr kühl und das Thermometer auf +2° gesunken. Samarra ist, ich weiß nicht mehr aus welchem Grunde, eine der heiligen Städte der schiitischen Mohammedaner. Wir wollten die Stadt besuchen, soweit es uns der Fanatismus der Einwohner gestattete, wovon man uns eine sehr düstere Schilderung gemacht hatte.
Die Stadt liegt ungefähr eine Viertelstunde von dem Flusse entfernt an der Grenze der Wüste; ihre Mauern, die noch ziemlich neu sind, bieten einen angenehmen Anblick. Aber bei den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne zieht ein anderer Gegenstand den Blick an und fesselt ihn, nämlich die Kuppel der heiligen Moschee. Sie hat die Form einer Tulpe[9] mit all den mohammedanischen Gebäuden im indisch-persischen Stil gemeinsam. Als Nasr-ed-din-Schah eine Pilgerreise nach Samarra unternahm, wollte er der Stadt ein Zeichen seiner Freigebigkeit hinterlassen und ließ die Moschee restaurieren; Kuppel und Unterlage sind ganz mit vergoldeten Dachziegeln bedeckt, die herrlich in der Sonne funkeln. Der große Portikus, der Vorhof, der äußere Portikus und die beiden Minarets sind mit reizender Fayencearbeit geschmückt, ein wenig grell zwar, aber die Farbentöne harmonisieren mit den warmen Farbenschattierungen des orientalischen Sonnenlichter
Ein Einwohner stellte sich in sehr liebenswürdiger Weise zu unserer Verfügung, um uns als Führer zu dienen; ein Imam machte uns sogar eine Art Einladung, die Moschee zu besuchen. Ganz sicher ist der Fanatismus der Einwohner nicht so furchtbar, wie er uns geschildert wurde; aber der der Pilger wird wohl um so größer sein, weshalb wir es vorzogen, sie nicht in ihrer Andacht zu stören.
Neben der großen Moschee findet sich noch eine kleinere, die aber in gerade entgegengesetzter Richtung erbaut ist; leider geht die Kuppel, die mit wunderhübscher Fayence bekleidet ist, in Stücke, und niemand nimmt sich ihrer an. Die von Nasr-ed-din-Schah restaurierte Moschee wird bald dasselbe Schicksal ereilen, denn im Oriente wird eben nichts unterhalten.
Auf einer großen weiten Fläche innerhalb der Wälle lagerte eine Karawane von persischen Pilgern. Im Mittelpunkte des Lagers sind auf einem Erdhaufen die Fahnen aufgepflanzt. Die Kadschawas (Schlafräume der Frauen) bilden ein großes Rondell an der Grenze des Lagers und zugleich eine Verschanzung. In diesem Kreise gehen nun bunt durcheinander Männer, Frauen und Kamele. Gewöhnlich sind diese im Kreise von acht oder zehn Stück um einem Strohhaufen gruppiert, an dem sie friedlich fressen und ihr Geschäft nur zeitweise durch ihr unmelodisches Geschrei unterbrechen.
Nach der Angabe des Einwohners von Samarra, der uns führte, zählt die Stadt tausend Häuser, darunter vierhundert persische.
Außerhalb der Stadt, eine Strecke weiter nach Nordosten, Finden sich sehr merkwürdige Ruinen. Es ist dies zunächst ein großes Rechteck von hohen Mauern umgeben, die mit hervorspringenden Halbtürmen geschmückt sind; dann steht hinter diesem Rechteck, aber vollständig isoliert, ein großer Turm mit konischem Gewinde. Der untere Teil des Turmes ist viereckig und, so viel ich es ohne Kompaß abschätzen konnte, genau nach den vier Haupthimmelsgegenden gerichtet. Die Windungen selbst sind auf der Nord> und Südseite leicht abgeplattet, so daß sie mehr eine Ellipse als einen Kreis beschreiben. Der Anblick dieses Monuments ist sehr eigentümlich, und vergebens fragt man sich, welchem Zweck dasselbe wohl gedient haben mag.
Ich war versucht, in ihm die Ruinen einer Sternwarte aus den Zeiten der Khalifen zu erblicken.
Da unser Besuch so weit beendet war, gingen wir zum Kellek.
Das Wetter war herrlich; der Fluß fließt langsam und majestätisch in der Mitte einer großen Ebene, wo die Landschaft zwar einförmig ist, aber bei der Beleuchtung durch die Sonne ist diese Einförmigkeit großartig und durchaus nicht ermüdend.
Während der Nacht hatte sich das Wetter verschlechtert und unter einem Himmel, der uns von Zeit zu Zeit einen Platzregen bescherte, wurde die Reise sehr langweilig. In einem solchen Falle hat man keinen anderen Trost als einen Tschibuk nach dem andern zu rauchen.
Unsere Reise-Tschibuks sind nur vierzig Centimeter lang. Aber in einem türkischen Diwan würde man sich schämen, jemand einen Tschibuk zu präsentieren, der kürzer als anderthalb Meter ist. Das Rohr des Tschibuks ist in der Stadt gewöhnlich mit bunter Baumwolle oder Seide umwickelt und endigt in einem sehr großen Mundstück aus Bernstein, gegen welches man die Lippen hält, um den Dampf einzusaugen.
Ein großes Talent eines Dieners besteht darin, den Tschibuk regelrecht zu reichen. Er nähert sich bedächtig, hält die Pfeife in der vorgeschriebenen Form, den Pfeifenkopf auf den Raucher zugewandt. Dann legt er den Pfeifenkopf auf die Erde auf eine kleine Tasse; durch eine drehende Bewegung, die rasch und doch zierlich ausgeführt werden muß, muß er dann die Spitze (wenn man es so nennen will) genau den Lippen des Rauchers darbieten. Die Ausführung dieser Handlung verlangt einen gewissen Scharfblick.
Der alte Bediente der Dominikaner-Mission in Mosul besorgte dieses Geschäft mit außerordentlicher Geschicklichkeit. Wenn der uns in dem Diwan zehn Tschibuks gereicht hatte, so nahm unsere Vereinigung das ehrwürdigste und wichtigste Aussehen an.
Man gebraucht für den Tschibuk beinahe vollständig gepulverten Tabak; da dieser natürlicherweise schlecht brennt, so muß man immer auf dem Pfeifenkopfe ein Stück glühender Kohle haben.
Der Tschibuk bietet eine außerordentliche Zerstreuung im Oriente. Der Form nach nicht bequem und dazu noch schwierig zu handhaben, absorbiert er alle Aufmerksamkeit, und die Stunden vergehen in einem dolce far niente (Kief), wo man keine andere Beschäftigung hat, als den Rauchwolken nachzusehen.
Die Wasserhebe-Maschinen unterbrechen mit ihrem abscheulichen Krächzen die Monotonie des Tages; sie sind wirklich nicht zu zählen, zuweilen konnten wir deren fünfundzwanzig von einem Punkte aus sehen. Die immer noch hohen Ufer hemmten die freie Aussicht. Wir kamen an einigen Wäldern von Palmen vorbei; aber ein Palmbaum ohne belebendes Sonnenlicht macht keinen besondern Eindruck. Um die Langeweile zu erhöhen, ging der Kellek seit dem vorigen Abend mit einer verzweifelten Langsamkeit, da die Strömung schwach war und der Wind uns entgegen wehte.
Wir bemerkten gegen Abend eine Segelbarke den Fluß hinauffahren – die erste, die wir sahen. Als wir am andern Morgen aufwachten, waren wir an der Schiffbrücke von Kadhmeïn angelangt, zwei Stunden oberhalb Baghdad; der Ort besitzt reizende Gärten mit hohen Palmen und einem Unterholz von Granatbäumen und Orangen, die den Fluß einfassen. Auf der Brücke ist der Verkehr sehr lebhaft; auf dem Wasser bemerkten wir eine Menge Kuffehs, ganz merkwürdige Fahrzeuge. Da ich keinen bessern Ausdruck habe, so bezeichne ich die Kuffehs als Barken; in Wirklichkeit sind sie aber große, runde Körbe aus Fasern des Palmbaumes angefertigt und sorgfältig mit Erdharz verklebt.[10] Das Fahrzeug ist außerordentlich leicht, aber in Anbetracht seiner Form sehr schlecht zu lenken. Die Ruderer müssen eine große Kraft anwenden, um es vorwärts zu bringen; auch müssen sie gut aufpassen, daß die Kuffeh sich nicht um sich selbst dreht, wozu sie stets große Neigung zeigt.
Unterhalb Kadhmeïn fassen unaufhörlich Palmenwälder den Fluß ein. Endlich kamen wir an das Ende unserer Schiffahrt, und nach einer Krümmung des Flusses bot sich das reizende Panorama Baghdads, wie es sich mit seinen Minarets und Palmbäumen in dem Wasser des Tigris spiegelt, unsern Augen dar.
Die Stadt badet wirklich in dem Flusse, von wo aus sie langsam bergan steigt. Auf der Brücke ging es lebhaft zu; die Kleidung der Einwohner ist malerisch zu nennen. Das Landen geschah inmitten einer Menge Kuffehs, deren jedes einen lästigen Bittsteller besitzt.
Ich empfand beim Eintritt in Baghdad weniger Täuschung als bei den anderen orientalischen Städten. Man fühlt sich hier gleich in einem Zentrum, in einer alten Hauptstadt. Die Bazars, obgleich wegen des Freitags weniger belebt als sonst, sind sehr schön.
Die Karmeliterpatres, die bereits von unserer Ankunft benachrichtigt worden waren, boten uns eine angenehme Gastfreundschaft. Mag die Reise im Kellek auch noch so malerisch sein, nachdem man sie aber acht Tage lang gemacht hat, freut man sich doch, wenn man wieder festen Boden unter den Füßen hat.
- ↑ Chesney nennt dieses Wehr Zikru-l-awaz. Er legt es achtundzwanzig englische Meilen von Mosul dem Flusse entlang (in gerader Richtung sollen es zwanzig sein) und zwölf Grad östlich. Das zweite Wehr, liegt sieben Meilen tiefer und heißt Zikr-Ismael. Nimrud liegt 2¾ Meilen südöstlich von dem ersten Wehr und 4½ Meilen nord-nordöstlich von dem zweiten. (Eine englische Meile ist gleich 1609,32 Metern). Chesney. Expédition, I. eh. 2.
- ↑ Diese stufenförmigen Pyramiden scheinen vor allem der Ort gewesen zu sein, wo sich die Wahrsager aufhielten, um das Horoskop zu stellen. Neben dieser vorgeblichen Beobachtung der Sterne waren die Chaldäer und Assyrer auch bekanntlich zu einer bedeutenden Kenntnis in der eigentlichen Astronomie gelangt. Diese heiligen Türme ahmten auch die Wohnungen der Götter nach, die sich auf einem Berge des Orients oder eines anderen Landes (je nach der Nationalität) befanden. Vergl. Lenormand et Babelon V, 172.
- ↑ Rawlinson, The five Great Monarchies, II. 99. Lenormand et Babelon, Histoire ancienne des peuples de l’Orient. Band IV.
- ↑ Man rühmt viel das Wasser des Nils. Ich fand durch eigenen Vergleich, daß das Wasser des Tigris dem des Nils unendlich weit vorzuziehen ist. Das Wasser des Tigris ist das beste, das ich jemals getrunken habe. Nur muß man es eine Weile stehen lassen, damit die erdigen Bestandteile Zeit zum Sinnen haben.
- ↑ Das Wadi-Meheih (Thal Meheih) endigt bei den Ruinen von el Hadr (Hatra).
- ↑ Der Zabtieh nannte diesen Teil der Kette auf dem rechten Ufer des Flusses Dschebel-Makhul.
- ↑ Hier folgt der Gesang, so gut ich mich dessen noch erinnere:
Die Silbe an wird lang gezogen und durch die Nase gesungen. Von einem eigentlichen Takt ist keine Rede. - ↑ Prop. de la Foi III. 138.
- ↑ Das heißt einer Tulpenzwiebel.
- ↑ Herodot beschreibt schon die Kuffehs; auch der Kellek war schon ein Fahrzeug der alten Assyrer. Neben dem Kellen gebrauchten sie jedoch auch viele vervollkommnete Barken mit Rudern und Segel. Vergl. Lenormand Babelon V. 132. Botta, Les monuments de Ninive Pl. 33,24 ff. Nach Herodot scheint es, daß die Kuffehs mehr in dem obern Thale des Tigris gebräuchlich gewesen sind, während wir die ersten in Samarra sahen.