Nur eine gute Eigenschaft hatte sie noch an sich, sie war immer so sauber und rein gewaschen, daß jeder sie gern ansah. Obgleich sie oft mitten aus dem Scheuern heraus die Treppe hinablief, um die Lappen abzuspülen, – ihre Jacke war immer wie neu und ihre Hände, obgleich dick und rot, waren, wie auch die Arme, so appetitlich anzusehen, daß ihn immer die Lust anwandelte, sie zu kneifen. Auch ihr Kopf war nicht übel und das Haar so glatt gescheitelt und gekämmt und an den Schläfen so glänzend wie ein Spiegel, wie er es liebte.
Wahrhaftig, es war jammerschade, daß sie dumm genug war, einzutrocknen und immer solch sauertöpfiges Gesicht zu machen, anstatt das Leben zu genießen.
So umkreisten Johanns Gedanken sie beständig, um neue Reize herauszufordern, die er dann aber zu ihrem Nachteile auslegte, indem er sie sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber im schlimmsten Lichte zeigte.
Seine eifrigste Helfershelferin war dabei die Mary aus dem zweiten Stock.
Dieselbe war zwar klein und stämmig, aber doch von zierlicher Figur, weil sie sich mit einem alten Korsett ihrer Herrin fest schnürte.
Mit Johann hielt sie enge Freundschaft, deren Quelle jedoch nicht allzu lauter war.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)