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Seite:Ueber die Dresdner Kunstausstellung (1806).djvu/18

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gemalt von dem Prof. Tischbein ist in der unkräftigen Manier, die der Künstler seit einigen Jahren angenommen zu haben scheint, und die so sehr gegen die Energie seiner frühern Portraite absticht. Sonderbar fällt der nur im höchsten Sonnenlicht mögliche Schlagschatten von den Kirschen auf, die ein kleiner Knabe in der Hand hält. Das Kind hat dadurch einen Schmuzfleck aufs Knie bekommen. Vorzüglich zu tadeln sind die grünen Tinten, die wir am stärksten an dem Brustbilde der Erbprinzessin von Weimar aufgetragen finden. An diesem letztern fallen auch die Spitzen an der linken Brust auf, die unanständig herausgerissen zu seyn scheinen.

Aus den Kinderportraits des Hrn. Vogel, Mitgl. d. Akademie, sieht man allerdings, daß er den raschen, lieben Kinderblick und überhaupt den ganzen freundlichen, lebendigen Charakter dieses Alters mit Gefühl aufzufassen und darzustellen weiß; aber in Rücksicht der Ausführung ist manches zu wünschen übrig. Die Umrisse snd zu schwankend und unbestimmt, und die Farben zu unrein, wie mit einem Nebel überzogen, welches wir auch ganz besonders an einer historischen Komposition desselben Meisters wahrnehmen.

 Der Künstler und die Schnitterin.

S. Wer der schlanke Jüngling,
     der im wallenden Thal
     durch der Felsen Steilpfad
     mühsam klettert?
     Schmiegend bewegen seine zarten,
     lieblichen Glieder sich;
     durchs luftige Ringelhaar
     blickt das lose Auge,
     wie durch Wolkengekraus
     äugelnd der Mond sieht.

K. Lebendige, grünenden Fluren,
     euch hab’ ich im stillen Grund
     treuen Herzens bewahrt.
     Fühlend redet das rege Bret!
     O! Dank, euch Götter,
     daß ihr die Kunst verlieht,
     eure schönste Gabe.

S. Wenn er heraufstieg’
     aus der bergenden Tiefe
     der Zarte, daß ich mich satt säh’
     am schlanken Leib’
     am klaren Blick!
     Gern reicht’ ich ihm, gern
     die letzte Labe des Steinkrugs,
     gern die dürftige Vesper.

K. Wie alles lebt und webt,
     glückliche Mutter Natur!
     Ueberall ist dein blühendes Haus,
     deine zarte Jugend
     regt sich überall
     in voller Lust.
     Noch räuschelt die Saat,
     bald geht sie zum Menschen
     ins todte Haus;
     aber, ewigsäugende Natur,
     ewig ziehst du frische
     blühende Kinder!

S. O! wie glücklich bin ich!
     hinter dem Strauch, den roth
     fliehender Sonnenglanz malt,
     seh ich ihn kommen.
     Seh ich recht, seh ich nicht?
     Soll ich warten, soll ich fliehn?

K. Heiß floh der Tag,
     Frischung lechzt der dürre Mund,
     ich steig’ hinauf zur Schnitterin,
     Wo die Natur blüht,
     wohnet der gute Mensch!
     Willkommen, Liebe,
     reich’ mir den Labekrug
     daß ich Kühlung nehme,
     Seelenerquickung.

S. Wie die Stirn dir glüht,
     armer, junger Mann!
     Hier auf der vollen Garbe,
     die ich mühsam band,
     setze dich, Fremdling,
     neben den Kränzen.

K. O ich ertrag’ es nicht?
     das drängende Glück!
     Ein Gott seh’ ich die Opfer
     rings mich umduften;
     Heben, die mir den Nektar reicht!

S. Wie mir das Herz pocht,
     wenn er spricht!

K. Holdiges Mädchen,
     o, wem wandst du
     ordnend den Blumenschmuck?
     Ach, er ist glücklich!

S. Ach ich habe keinen,
     dem ich sie brächte
     von Herzen,
     der zum schlagenden Herzen
     sie wiedernähm’.
     Meines Bruders vollen Knaben
     sind sie zum Garbenspiel,
     daß die rothe Wange lächle,
     der kleine Fuß hüpfe!

K. Wie es mich tief ergreift
     und das Herz anweht!
     Ihr Götter, was ist mir?
     Ist es Furcht, ist es – ?

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Ueber die Dresdner Kunstausstellung (1806). Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1806, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_die_Dresdner_Kunstausstellung_(1806).djvu/18&oldid=- (Version vom 24.3.2025)