War spinnen will, der spinn. Ich habs ihm aufgesaat.
Ich bin die Fraa im Hauß, und nicht die Spindel-Maad.
Mein Käte, nicht also. Sey nicht so gar verbolgen.
Auf solche Worte pflegt auch solcher Lohn zu folgen.
Die widerspricht, hat Schuld. Auch merckte diese Lehr:
Kein Arbeit ist so groß als wie der Frauen-Ehr.
Im Fall ein truncken Weib auch mit dem Mann will prassen;
So hilft kein Gut noch Rath. Du must auch dieses faßen:
Bist du nicht eben Magd; so dienst du doch dem Mann.
Und steht dir ia so gar die Herrschaft treflich an;
So thu nur was er will. Kanst du dich darin finden;
So kanst du, Delila, den starcken Simson binden.
Das mutzig sauer sehn bringt nichtes gutes ein.
Nur mit der Freyheit will ein Mann gefangen seyn.
O eine güldne Kunst! da beyde Theil sich schicken,
Und weiß im Fall der Mann vernünftig sich zu bücken,
Hängt keinen Eifer nach, legt mit den Kleidern hin,
Was ihm des Tages hat gekräncket Muth und Sinn.
O eine güldne Kunst! doch wenigen gegeben.
Und daher rühret auch solch Lieb- und Treuloß Leben.
Und wenn ein geiles Weib den Glauben einmahl bricht;
So hütet Argus sie mit hundert Augen nicht.
Ja wo sie einmal kommt auf so verkehrte Thaten;
So wird sie Mann und Kind, ia Leib und Seel verrathen.
Daher die Weißheit selbst so ernste Warnung thut:
Auch hüte dich für der, die dir in Armen ruht.
So geht es in der Welt. Noch wird an allen Orten,
Nichts als die Liebe nur geübet in den Worten.
Ein Andachts-voller Schalck spricht seinem Völcklein zu:
Ihr Lieben, liebet euch. Die Lieb ist GOttes Ruh.
Die Lieb ist das Gesetz. Aus Liebe kan man kennen,
Ob iemand GOttes Kind und gläubig sey zu nennen.
So spricht der liebe Herr und ist doch selber wol
Von Grimm und bittern Haß gestopft, gepfropfet voll.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)